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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Eros Ramazotti, indirekt



Lilith rennt
13.01.2003, 17:58
Gildet das eigentlich, wenn man nicht den Prominenten, sondern seine Anhängerschaft paparazzt? Egal. Diese Geschichte beginnt mit einem Geständnis: Einmal war ich einer Kölner Shopping Mall. Und das, obwohl sämtliche dieser Vorortmonster stets zu meiden seien. Junge Leute, die entweder sehr früh schon Eltern wurden oder von Perspektivenlosigkeit stark gekennzeichnet sind, verbringen dort ihre Freizeit. Durch ihre Verzierung des Marmorbodens mit schleimigen Auswürfen läuft man Slalom. Verhärmte Legging-Frauen mit Gesundheitsschlappen tragen die Zutaten karger Mahlzeiten in Kunststofftaschen. Die Einkaufsmöglichkeiten reduzieren sich auf die geballte Ansammlung in Europa beheimateter Bekleidungs- und Schnickschnackketten. Individualität ist unerwünscht, wer hier kauft, will Polyester-Kreationen im zeitlosen Design. Aufkommender Hunger kann nur mit teurem, schlechten Fast Food gestillt werden und zwielichtiges Wachpersonal versucht, Blicke in Umkleidekabinen zu erhaschen.

In diese Tristesse bat der Herr Ramazotti zu einer Autogrammstunde. Wie es sich gehört, war er kleiner und schlanker als im Fernsehen. Ich bekam ihn allerdings nur sehr kurz zu Gesicht, denn die Menschen scharrten sich immer dichter um ihn. Zwischen Springbrunnen und Popcornmann ließ ich mich nieder, um zu beobachten. Interessanter als der Schlagersänger war nämlich seine Fangemeinde. Damen, deren Brut mindestens aus dem Gröbsten raus ist und die allmählich wieder anfangen, sich selbst etwas zu gönnen. Dieses Gönnen-Können nach jahrelanger Selbstaufgabe muss anscheinend aber erst wieder mühsam erlernt werden, sonst wären die stilistischen Fax-Pas der Fangemeinschaft nicht erklärbar. Ein Hauch von Gold war leider immer mit im Spiel. Mütterliche Entbehrung, demonstrativ zur Schau gestellt, kann ja die schlimmste Form emotionaler Repressalien bedeuten. Mit Michelle Hunziker hatte niemand Ähnlichkeit, trotz blondierter Haare. Doch das Leuchten in so manchem Aug war wirklich rührend. Kölsches Geschnatter ist ja weitaus fröhlicher als beispielsweise das Rumgegrantel einer Berliner Kioskbetreiberin. Der Funke Heiterkeit sprang auch zu mir über und bester Stimmung trat ich die Heimreise an.