Murmel
08.01.2003, 11:36
Der Tischlerwirt in Reith bei Kitzbühel ist eine der wenigen Institutionen der Umgebung, die hält, was man sich von ihr verspricht. Es gibt z.B. ein sehr gutes 4-Gänge-Menue um 40 Euro, was bei der Qualität des Essens wirklich preiswert ist. Im eigentlichen Wortsinn. Hier wird man nicht so enttäuscht wie z.B. von den Bergen, die einfach mal nicht schneebedeckt sind, wenn sich tausende von Menschen auf den Wintersport freuen. Wer an den Weihnachtsfeiertagen im Tischlerwirt einen Tisch bekommen möchte, muss sich diesen schon ein paar Wochen vorher reservieren. Meine Mutter hatte das dieses Jahr schon Ende November getan und so saßen wir am zweiten Weihnachtsfeiertag um halb acht schwer hungrig an einem Tisch nahe der Eingangstür der Gaststube.
Wir hatten gerade den Hauptgang, ein sehr feines Lammkarree, le carré d'agneau, serviert bekommen, als eine junge, blonde Frau, la jeune femme blonde, die Gaststube betrat. Am Nebentisch saß eine Amerikanerin mit ihrern beiden Töchtern und vermutlich dem Vater, einem glubschköpfigen Trachtensakkoträger, sowie ihrem kleinen weißen Hund, der irgendwo zwischen Zwergpudel, caniche nain, und West Highland Terrier, terrier blanc du West Highland, anzusiedeln war. Das Hündchen kam unter dem Tisch hervorgekrochen, schnupperte der jungen Dame am Bein und verkroch sich schnell wieder. Ich bilde mir ein, das Tier kurz die Nase rümpfen gesehen zu haben.
Die junge Dame war natürlich nicht alleine erschienen. Neben ihr stand ein Herr, der gerade damit beschäftigt war, die Chefin des Hauses mit der Frage "ob es denn ginge" davon abzuhalten, unsere leeren Teller abzuräumen. Ich blickte zu dem Herrn und erkannte ihn sofort, den Udo. War ja auch kein Problem, hatte ihn erst im letzten Jahr mit Tex in Wien beobachtet.
Die Chefin führte Udo durch den Saal an einen Tisch - ich konnte noch die Worte "Um 21 Uhr haben wir eine Reservierung..." erhaschen. Es war dreiviertel neun. Udo setzte sich so, dass ich ihn unweigerlich beobachten musste. Seine Begleiterin wurde leider die meiste Zeit von einem noch älteren Herren verdeckt, der wohl ebenfalls mit Udo und der Dame gekommen war.
Ich wäre unhöflich gewesen, hätte ich versucht jedes Detail, jede Bewegung meines Opfers genau zu beobachten, um nun einen möglichst exakten Bericht abliefern zu können. Alles, was ich sah, waren Udos unbegreiflich schlechten Manieren. Wenn ich mit einem Menschen niemals an einem Tisch essen möchte, und seien es nur Salzstangen, dann ist es Udo Jürgens.
Er beißt in ein Stück Bagutte und tränkt es im Mund mit Wein, um es dann zu zerkauen. Er hält sein Weinglas wie eine Zigarette zwischen Mittel- und Zeigefinger, so dass es leicht nach vorne kippt und ihm zu entgleiten droht. Er spricht mit vollem Mund und füllt ihn während seiner Rede erneut. Er steckt seine Nase in alles, was auf dem Tisch steht, vermutlich sogar in das, was mit ihm am Tisch sitzt.
Das Schlimme an diesem Benehmen ist eigentlich nur, dass es so gewollt aussieht. Die kleine Rebellion eines Schlagergreises. Selbst wenn er damit nur eine junge, blonde Dame beeindrucken möchte, vor deren Geruch es selbst einen kleinen Hund graust, kann ich das nicht verstehen. Aber ich drohe gerade in Unhöflichkeiten abzuruschten. Das möchte ich nicht.
Ich sah noch einmal zu Udo, bevor ich ging. Er saß da, hielt sein Schnapsglas zwischen Mittel- und Zeigefinger, ließ es lässig so hängen, hob es dann an und steckte seine große Nase in das kleine Glas, um den Geist zu inhalieren. Dabei stieß das Glas ungewollt an seine blaugetönte Brille, welche er den ganzen Abend nicht einmal abgenommen hatte. Mir war er unangenehm.
Wir hatten gerade den Hauptgang, ein sehr feines Lammkarree, le carré d'agneau, serviert bekommen, als eine junge, blonde Frau, la jeune femme blonde, die Gaststube betrat. Am Nebentisch saß eine Amerikanerin mit ihrern beiden Töchtern und vermutlich dem Vater, einem glubschköpfigen Trachtensakkoträger, sowie ihrem kleinen weißen Hund, der irgendwo zwischen Zwergpudel, caniche nain, und West Highland Terrier, terrier blanc du West Highland, anzusiedeln war. Das Hündchen kam unter dem Tisch hervorgekrochen, schnupperte der jungen Dame am Bein und verkroch sich schnell wieder. Ich bilde mir ein, das Tier kurz die Nase rümpfen gesehen zu haben.
Die junge Dame war natürlich nicht alleine erschienen. Neben ihr stand ein Herr, der gerade damit beschäftigt war, die Chefin des Hauses mit der Frage "ob es denn ginge" davon abzuhalten, unsere leeren Teller abzuräumen. Ich blickte zu dem Herrn und erkannte ihn sofort, den Udo. War ja auch kein Problem, hatte ihn erst im letzten Jahr mit Tex in Wien beobachtet.
Die Chefin führte Udo durch den Saal an einen Tisch - ich konnte noch die Worte "Um 21 Uhr haben wir eine Reservierung..." erhaschen. Es war dreiviertel neun. Udo setzte sich so, dass ich ihn unweigerlich beobachten musste. Seine Begleiterin wurde leider die meiste Zeit von einem noch älteren Herren verdeckt, der wohl ebenfalls mit Udo und der Dame gekommen war.
Ich wäre unhöflich gewesen, hätte ich versucht jedes Detail, jede Bewegung meines Opfers genau zu beobachten, um nun einen möglichst exakten Bericht abliefern zu können. Alles, was ich sah, waren Udos unbegreiflich schlechten Manieren. Wenn ich mit einem Menschen niemals an einem Tisch essen möchte, und seien es nur Salzstangen, dann ist es Udo Jürgens.
Er beißt in ein Stück Bagutte und tränkt es im Mund mit Wein, um es dann zu zerkauen. Er hält sein Weinglas wie eine Zigarette zwischen Mittel- und Zeigefinger, so dass es leicht nach vorne kippt und ihm zu entgleiten droht. Er spricht mit vollem Mund und füllt ihn während seiner Rede erneut. Er steckt seine Nase in alles, was auf dem Tisch steht, vermutlich sogar in das, was mit ihm am Tisch sitzt.
Das Schlimme an diesem Benehmen ist eigentlich nur, dass es so gewollt aussieht. Die kleine Rebellion eines Schlagergreises. Selbst wenn er damit nur eine junge, blonde Dame beeindrucken möchte, vor deren Geruch es selbst einen kleinen Hund graust, kann ich das nicht verstehen. Aber ich drohe gerade in Unhöflichkeiten abzuruschten. Das möchte ich nicht.
Ich sah noch einmal zu Udo, bevor ich ging. Er saß da, hielt sein Schnapsglas zwischen Mittel- und Zeigefinger, ließ es lässig so hängen, hob es dann an und steckte seine große Nase in das kleine Glas, um den Geist zu inhalieren. Dabei stieß das Glas ungewollt an seine blaugetönte Brille, welche er den ganzen Abend nicht einmal abgenommen hatte. Mir war er unangenehm.