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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ramos-Horta, José



Bartholmy
04.12.2002, 01:33
Ich wollte mit der Taxe nachkommen, zum Essen nach dem Event. Aber es gab noch den diplomatischen Reservewagen (fotokopiertes "R" an Frontscheibe gepappt), und der war noch leer. Also im Staatstross von Mitte nach Kempinski mit Motorradpatrouille. Auch gut, weil es kostet nichts und ist schneller als Taxi, da an Kreuzungen folgende Funktion eingebaut ist: "Bitte halten sie an, es folgt ein Konvoi. Bitte fahren sie erst nach der grünen Fahne weiter." Eine gute Funktion, leider auf dem freien Markt nicht erhältlich.
Von der Fahrerin bekommt man interessante Infos über diplomatische Routen (unterschiedlich, je nach Wichtigkeits- und Gefährdungsgrad, soso) und Arbeitspraxis in fremden Bereichen ("Wenn ich heute den R-Wagen fahre, habe ich gute Chance, nächstesmal den Frontwagen zu bekommen." Einen Filmstar hat sie auch schon gefahren, weiß den Namen aber nicht mehr: "Der, der immer mit seiner Mutter unterwegs ist. bei der Berlinale.")

Nett auch, dass die Leute schauen 'Wer sitzt da denn drin?' Und man kann sich freuen 'Haha, ich bin's, und ich bin völlig unwichtig, wundert euch weiter, ha.'
Im Kempinski ins Separee, Dinner für acht Personen. Immerhin ist es, glaube ich, mein erster Außenminister, obwohl? Auf jeden Fall aber mein erster Friedensnobelpreisträger. Leider ist er vom Nichtrauchen sehr überzeugt, weshalb dann erst, nachdem er sich zurückgezogen hat, wir verbliebenen Sieben paffen können. Und die Weinreserven austrinken (ist ja eh bezahlt, wozu verschenken?)

Er ist angenehm. Er ist auch müde. Termine, Termine, Termine; Fischer, Besichtigung, Wiczorek-Zeul, Empfang, Rede. Die Rede war recht gut gewesen. Jetzt plaudert er ein wenig und schwankt dabei immer zwischen Rolle (Außenminister) und wer er sonst so ist und war - bis vor kurzem Widerstandskämpfer und Oppositioneller.
Es ist ein angenehmes hin und her zwischen staatsmännisch - 'aha, so sehen die das' - und Privatschwatz - 'oh, so sind die eigentlich'. Und für jemanden, der Außenminister des neuesten Staats der Welt und eines der allerärmsten ist, dann auf Staatsbesuch in einem der reichsten Länder ... na, ich wollte das ja nicht machen wollen. Und könnte es bestimmt nicht so gelassen ertragen.

Im Frühjahr geht er in die Mongolei. 'Man hat mich zu einer UN-Konferenz eingeladen, Thema weiß ich nicht mehr. Ich habe sofort zugesagt. Sonst komme ich nie mehr in die Mongolei.'
Schade. Da wäre ich gerne dabei, mit dem Außenminister Ost-Timors in der Mongolei. Könnte man noch den Enkeln von erzählen. Aber welchen Enkeln? Egal.