Edgar_Biller
27.11.2002, 15:23
Großbritannien im September 1997: Lady Diana Spencer war gerade eine gute Woche vorher in Paris, hauptsächlich aufgrund unhöflicher Paparazzi, gegen einen Pfeiler gefahren. Mit meiner Freundin verbrachte ich zwei Wochen Urlaub in Cornwall, und sowohl Zeitungen als auch TV brachten rund um die Uhr kaum etwas anderes als Berichterstattungen über die Reaktionen aus dem gesamten Vereinigten Königreich zum unerwarteten Tod der Königin der Herzen. Landesweit hatte man sich darauf geeinigt, die Zeit von 11.00 Uhr bis 11.05 Uhr an einem Werktag (das genaue Datum habe ich vergessen) zu nationalen Trauerminuten für Lady Di zu erklären. Die Geschäfte waren geschlossen, und überall sollten die Leute für fünf Minuten in ihrem Tun innehalten und der Verstorbenen gedenken. Wir waren an dem Morgen mit dem Bus nach Mousehole gefahren und wollten ein Stück den kornischen Küstenpfad entlang wandern. Hier muss ich zur Erklärung etwas weiter ausholen: Der kornische Küstenpfad führt einmal rundherum um das spitz zulaufende Cornwall und ist zu großen Teilen ein zwanzig bis dreißig Zentimeter breiter Trampelpfad, der an einigen Abschnitten recht gefährlich an steilen und schlüpfrigen Klippenabschnitten hinunter und wieder hoch führt, mitunter also nicht ganz ungefährlich. Wir waren ungefähr eine Stunde von Mousehole aus gelaufen und seit einer halben Stunde keiner Menschenseele mehr begegnet. Uns den Sitten des Gastlandes beugend wollten wir, obwohl keine Royalisten, um 11.00 Uhr die geforderte Pietät einhalten und sahen uns nach einem temporären Rastplatz um. Der schmale Pfad und die steilen Abstürze ließen ein Verweilen aber nicht zu. Schließlich sahen wir in ca. 100 Meter Entfernung eine kleine Ausbuchtung des Pfades, in der ein Kreis aus drei Steinen zum Verweilen einlud. Beim Näherkommen wurden wir gewahr, dass diese Steine jedoch bereits von drei gedenkenden Leuten besetzt waren. Wir gingen also geschwind vorbei um die nächste Ecke und hielten dort inne, als meine Freundin mir bedeutete, dass eine der Personen auf den Steinen eine unglaubliche Ähnlichkeit mit John Cleese habe. Nun muss man erwähnen, dass meine Freundin öfters Gesichter verwechselt, und so tat ich, der ich nicht näher hingesehen hatte, ihre Beobachtung als Unsinn ab. Nach der Trauerzeit gingen wir weiter, entschlossen uns aber nach fünf Minuten, umzukehren, weil meine Freundin zu diesem Zeitpunkt schwanger war und der Weg immer steiler und gefährlicher wurde. Auf dem Rückweg kamen wir wieder an der Dreiergruppe am Steinkreis vorbei und diesmal schaute ich genau hin: Zusammen mit einer blonden Frau mittleren Alters und einem grauhaarigen Herrn saß dort wirklich und wahrhaftig John Cleese und rüstete sich zum Aufbruch in die Richtung, aus der wir gerade kamen. Man grüßte sich freundlich und nickte einander zu. Dann gingen wir weiter. Der Wunsch nach einem gemeinsamen Foto erschien uns angesichts der gerade verstrichenen Trauerminuten unpassend und die mit dem Codex der höflichen Paparazzi unvereinbare Aufforderung an Herrn Cleese, ein paar "silly Walks" für uns aufzuführen, wäre an dieser exponierten Stelle lebensgefährlich gewesen, ganz abgesehen davon, dass ich gar keinen Camcorder besitze.