maki
24.11.2002, 19:39
Also, es fängt an mit Sabeta. Ich traf die goldgelockte Düsseldorferin in der Kunsthalle. Am Ticketschalter wurden wir überredet, gegen einen geringen Aufpreis einem echten Künstler beim Erklären von Bildern lauschen zu dürfen. Na klaro, dachten wir, Maximierung der touristischen Leistungen. Die Führerin sah uns mit dankbar glimmenden Augen an, und da kam auch schon der Künstler, zweifellos ein echter, mit Siegel und Urkunde des Künstlerseins, sprich umschlungen von wehendem Schal und graumeliert bezopft, wie Wiener Künstler per Gesetz zu sein haben müssen. Nein, halt, man kann immerhin wählen zwischen Zopf und Schlapphut, auch Architekten müssen, wenn sie als "arriviert" gelten, schalen oder schlappen, sonst Ruf als ungemütlicher Technokrat, und in TV-Kulturspecials versonnen in die visionäre Ferne gucken unmöglich.
Erstes Bild. Picabia, Akt vor Spiegel, abgemalt aus einschlägigem Magazin, wie die Führerin umständlich andeutete. Der Künstler erklärte, kurzweilig und griffig formulierend. Neben ihm ein Damenduo, die eine kultiviert ergraut, von einer hammbrücherartigen Feinheit, alles bis zur dünnen Brillenbefestigungskordel schien das Wort "wohlprononciert" zu formulieren. Nun war es so, dass das Damenduo den Künstler umgurrte und anhimmelte bis zur Unerträglichkeit. Man könnte es hinter den Brillenrändern rattern sehen, die Bemühung um eine intelligente Frage. Dann Rattern erfolgreich, sie fragte ob die abgemalten Magazine "politischer Natur" wären, worauf die Führerin dann doch etwas deutlicher wurde.
Die andere Dame sagte gar nichts, aber ihre mundumgebenden Muskeln waren in ständiger Bewegung, um das Den-Künstler-Anstrahlen der Augen zu unterstreichen, das ganze Gesicht ein komplexer Beipflichtmechanismus. Sabeta flüsterte: "diese Person ist ja die reine Grinsevermüllung!"
Da mußte ich schon etwas lachen, und die Führerin gab uns diesen ich-sags-noch-einmal-im-Guten-Blick und sagte: "Bei den Kunsthalle-Gesprächen ist es Usus, dass sich die Zuhörer einbringen, Sie dürfen auch gerne sagen, wenn es ihnen zu lange dauert!" Wir so: lächel, nick, augenroll.
Zweites Bild, Kippenberger. Kippenberger und Kumpel vor Straßenszene. Also, Straßenszene ist jetzt etwas übertrieben, man sah nur zwei angedeutete Ladenfronten, trotzdem hatte Sabeta gleich erkannt: die Ratinger Strasse in Düsseldorf, Ratinger Hof, Punk und so, außerdem eine der Ladenfronten Ort des ersten Pappentreffens. Wir versicherten uns der Metahaftigkeit of it all, derweil ging das Gurren weiter, die Wohlprononcierte fragte, ob das Bild mit Airbrush gemalt sei. Die Führerin, mich verständnisvoll anblickend: "Airbrush. Die Maltechnik." Ich so: Augenbraue heb, ach tatsächlich.
Der Künstler erörterte weiter, das Duo pflichtete bei und ratterte, und uns war klar: es geht nur noch um das Abklären von Fluchtmöglichkeiten. Schwierig, weil kleiner Kreis von Zuschauern, und Führerin im gnadenlosen Alle-diskutieren-mit-Modus.
Hier kam uns nun Carla Prunk zur Hilfe, die Sabetas Mobiltelefon klingeln ließ, wir also die Gelegenheit ausnützend, mit Schade-wir-müssen-leider-Gestik davon.
Wir machen jetzt einen kleinen Sprung, keine Angst, nur ein paar Stunden, also jetzt nicht mehr Kunsthalle/Tag sondern Flex/Abend und WIRE-Konzert. Sabeta, Carla, mimimi, l_tu, Tex, Herta, ich, halten Bierflaschen in die Gegend. Ein visueller Schock läßt mich stumm auf Schultern tippen: Schaut mal, da ist Peter Hein. Der Düsseldorfer, Ratingerhof-Ikone, in heller Wildlederjacke, seine blondgelockte Begleiterin ebenso, sie wirkten wie zusammengeschmolzen, nicht nur wegen der Jacken, auch weil ein ständiges gegenseitiges An-sich-drücken im Gange war. Als seien sie eben noch, in ein kuscheliges Schafsfell gehüllt, auf einer irischen Klippe gesessen, dann hergebeamt ohne es zu merken, hell und rein inn einer Welt der eher schwarzen und angeranzten Lederjacken.
Dann Wire, tight, direkt, wütend, weitere Beschreibung siehe Musikforum, Peter Hein neben mir auf- und ab-hüpfend, was die Jackenverschmelzung etwas aufbrach, denn sie hüpfte nicht. Hier konnte ich nun einem, naja, Idol ist das falsche Wort, aber "jemanden, den ich bewundere und für den besten deutschen Sänger halte" groovt nicht so gut, also, einem Idol beim Bejubeln seiner Idole zuschauen.
Dann wieder Bierflaschenhalten. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie sich die zwei Wildlederjacken dem anderen Ende der Bar nähern. OK, ich tu's. Tunnelblick, parallel zur Bar bohre ich mich duch die Menschen, um Peter Hein und Freundin ein Bier auszugeben, einzige Mission meines Lebens. Ich schaffe es gerade rechtzeitig, das Barmädchen hat die zwei kleinen Biere schon hingestellt, die Blondgelockte zückt schon das Portemonnaie, ich wedle mit den Scheinen in den Luftraum zwischen ihnen hinein: "Ich zahle das für die beiden". Die Worte gehen im Lärm unter und ich muss es zweimal wiederholen, bis das Barmädchen mich versteht. Peter Hein zuckt erstaunt mit der Schulter: weiß auch nicht, was der Irre will, aber bitte. Jetzt muß ich erklären, also: "Als Dank. Du bist doch Peter Hein, oder?" Peter Hein: "ja."
Nun war das Problem dies: Mission erfüllt, ich wollte nicht weiter stören, das alles war ja schon peinlich genug, und die beiden turtelten so schön. Nun wollte ich aber auch ein Bier für mich. Das dauerte. Währenddessen schaute ich krampfhaft nach links, um nach rechts zu signalisieren: "ich lasse euch jetzt in Ruhe, vergesst mich, ich wollte nur Danke sagen"
Dann endlich das Bier, Peinlichkeit Ende, da tippt es mir auf die Schulter. Peter Hein prostet mir zu, beide strahlen mich an, sie fragt wie ich heiße, mein Gott, sie wollen tatsächlich REDEN, , er: das Konzert war der Wahnsinn, oder?, ich:hrmja, er: ich hoffe wir sind auch so gut, wenn wir im Februar hier spielen, ich:hrmsicher, und was ich fragen wollte: was macht ihr denn in Wien, und er neigt den Kopf vielsagend zu ihr hin, aha, verstehe, also dann bis Februar.
Viele Stunden und Biere später, auf dem Heimweg von another Würstlstand, versuchten meine Beine immer noch, gleichzeitig vor Scham und Freude in sich zusammenzusinken.
Erstes Bild. Picabia, Akt vor Spiegel, abgemalt aus einschlägigem Magazin, wie die Führerin umständlich andeutete. Der Künstler erklärte, kurzweilig und griffig formulierend. Neben ihm ein Damenduo, die eine kultiviert ergraut, von einer hammbrücherartigen Feinheit, alles bis zur dünnen Brillenbefestigungskordel schien das Wort "wohlprononciert" zu formulieren. Nun war es so, dass das Damenduo den Künstler umgurrte und anhimmelte bis zur Unerträglichkeit. Man könnte es hinter den Brillenrändern rattern sehen, die Bemühung um eine intelligente Frage. Dann Rattern erfolgreich, sie fragte ob die abgemalten Magazine "politischer Natur" wären, worauf die Führerin dann doch etwas deutlicher wurde.
Die andere Dame sagte gar nichts, aber ihre mundumgebenden Muskeln waren in ständiger Bewegung, um das Den-Künstler-Anstrahlen der Augen zu unterstreichen, das ganze Gesicht ein komplexer Beipflichtmechanismus. Sabeta flüsterte: "diese Person ist ja die reine Grinsevermüllung!"
Da mußte ich schon etwas lachen, und die Führerin gab uns diesen ich-sags-noch-einmal-im-Guten-Blick und sagte: "Bei den Kunsthalle-Gesprächen ist es Usus, dass sich die Zuhörer einbringen, Sie dürfen auch gerne sagen, wenn es ihnen zu lange dauert!" Wir so: lächel, nick, augenroll.
Zweites Bild, Kippenberger. Kippenberger und Kumpel vor Straßenszene. Also, Straßenszene ist jetzt etwas übertrieben, man sah nur zwei angedeutete Ladenfronten, trotzdem hatte Sabeta gleich erkannt: die Ratinger Strasse in Düsseldorf, Ratinger Hof, Punk und so, außerdem eine der Ladenfronten Ort des ersten Pappentreffens. Wir versicherten uns der Metahaftigkeit of it all, derweil ging das Gurren weiter, die Wohlprononcierte fragte, ob das Bild mit Airbrush gemalt sei. Die Führerin, mich verständnisvoll anblickend: "Airbrush. Die Maltechnik." Ich so: Augenbraue heb, ach tatsächlich.
Der Künstler erörterte weiter, das Duo pflichtete bei und ratterte, und uns war klar: es geht nur noch um das Abklären von Fluchtmöglichkeiten. Schwierig, weil kleiner Kreis von Zuschauern, und Führerin im gnadenlosen Alle-diskutieren-mit-Modus.
Hier kam uns nun Carla Prunk zur Hilfe, die Sabetas Mobiltelefon klingeln ließ, wir also die Gelegenheit ausnützend, mit Schade-wir-müssen-leider-Gestik davon.
Wir machen jetzt einen kleinen Sprung, keine Angst, nur ein paar Stunden, also jetzt nicht mehr Kunsthalle/Tag sondern Flex/Abend und WIRE-Konzert. Sabeta, Carla, mimimi, l_tu, Tex, Herta, ich, halten Bierflaschen in die Gegend. Ein visueller Schock läßt mich stumm auf Schultern tippen: Schaut mal, da ist Peter Hein. Der Düsseldorfer, Ratingerhof-Ikone, in heller Wildlederjacke, seine blondgelockte Begleiterin ebenso, sie wirkten wie zusammengeschmolzen, nicht nur wegen der Jacken, auch weil ein ständiges gegenseitiges An-sich-drücken im Gange war. Als seien sie eben noch, in ein kuscheliges Schafsfell gehüllt, auf einer irischen Klippe gesessen, dann hergebeamt ohne es zu merken, hell und rein inn einer Welt der eher schwarzen und angeranzten Lederjacken.
Dann Wire, tight, direkt, wütend, weitere Beschreibung siehe Musikforum, Peter Hein neben mir auf- und ab-hüpfend, was die Jackenverschmelzung etwas aufbrach, denn sie hüpfte nicht. Hier konnte ich nun einem, naja, Idol ist das falsche Wort, aber "jemanden, den ich bewundere und für den besten deutschen Sänger halte" groovt nicht so gut, also, einem Idol beim Bejubeln seiner Idole zuschauen.
Dann wieder Bierflaschenhalten. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie sich die zwei Wildlederjacken dem anderen Ende der Bar nähern. OK, ich tu's. Tunnelblick, parallel zur Bar bohre ich mich duch die Menschen, um Peter Hein und Freundin ein Bier auszugeben, einzige Mission meines Lebens. Ich schaffe es gerade rechtzeitig, das Barmädchen hat die zwei kleinen Biere schon hingestellt, die Blondgelockte zückt schon das Portemonnaie, ich wedle mit den Scheinen in den Luftraum zwischen ihnen hinein: "Ich zahle das für die beiden". Die Worte gehen im Lärm unter und ich muss es zweimal wiederholen, bis das Barmädchen mich versteht. Peter Hein zuckt erstaunt mit der Schulter: weiß auch nicht, was der Irre will, aber bitte. Jetzt muß ich erklären, also: "Als Dank. Du bist doch Peter Hein, oder?" Peter Hein: "ja."
Nun war das Problem dies: Mission erfüllt, ich wollte nicht weiter stören, das alles war ja schon peinlich genug, und die beiden turtelten so schön. Nun wollte ich aber auch ein Bier für mich. Das dauerte. Währenddessen schaute ich krampfhaft nach links, um nach rechts zu signalisieren: "ich lasse euch jetzt in Ruhe, vergesst mich, ich wollte nur Danke sagen"
Dann endlich das Bier, Peinlichkeit Ende, da tippt es mir auf die Schulter. Peter Hein prostet mir zu, beide strahlen mich an, sie fragt wie ich heiße, mein Gott, sie wollen tatsächlich REDEN, , er: das Konzert war der Wahnsinn, oder?, ich:hrmja, er: ich hoffe wir sind auch so gut, wenn wir im Februar hier spielen, ich:hrmsicher, und was ich fragen wollte: was macht ihr denn in Wien, und er neigt den Kopf vielsagend zu ihr hin, aha, verstehe, also dann bis Februar.
Viele Stunden und Biere später, auf dem Heimweg von another Würstlstand, versuchten meine Beine immer noch, gleichzeitig vor Scham und Freude in sich zusammenzusinken.