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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Glatzeder, Winfried (Legende von Paul & Paula)



Buratino
16.10.2002, 15:11
Es war ein wunderschöner und sonniger Juni- oder Julisonntagmorgen des Jahres 1998, und ich befand mich sturzbetrunken, allein und glücklich auf dem Weg nach Hause. Damals wohnte ich in einer 250,- DM Abrissbude hinter dem Rostocker Rathaus, und so schlenderte ich auch vor dem frisch renoviertem "Hotel Sonne" entlang, meinem Bett entgegen. Die Stadt war menschenleer und die Sonne schien, und als ich das Hotel passierte, fiel mir ein entgegenkommendes, sichtlich betrunkenes Pärchen auf, für welches ich spontan Sympathie empfand. Nachdem ich bereits ein paar Schritte weitergegangen war, lichtete sich für einen kurzen Moment der Alkoholdunst in meinem müden Kopf und mir fiel auf: "Mensch, dat war ja der Winfried Glatzeder!" Hätte ich schlechte Laune gehabt, hätte ich wahrscheinlich "Pseudopromiarsch" gebrummelt und meine Schritte weiterhin Richtung Bett gelenkt, aber da ich mit mir und meiner Welt gerade sehr zufrieden wahr, machte ich kehrt. Mit der dämlichen, leicht gelallten Frage "Sind Sie nicht der Winfried Glatzeder?" schwatzte ich die beiden doof von hinten an. Nach ca. 5 Sekunden wortloser Reaktionszeit kuschelte sich die weibliche Begleitung an Winni und lallte glücklich und müde: "Winfried - ein Fan!" und schloss, den Kopf an seine Schulter gepresst, die Augen.
Winfried und ich starrten uns schläfrig, rotgesichtig und schweinsäugig, aber sichtlich zufrieden, an. Wir wechselten ein paar belanglose Sätze, an die ich keinerlei Erinnerung mehr habe, und tolerierten gegenseitig den enormen Alkoholpegel den wir innehatten. Auf die abschließende Frage, ob ich Bock auf ein Autogramm hätte, gingen wir zu seinem Auto (ich glaube ein VW Käfer oder irgend so eine Yuppihutsche) und er ließ mir die Wahl zwischen "einer bunten oder einer schicken schwarzweißen" Autogrammkarte. Ich wählte die Schicke, wir verabschiedeten uns höflich und ich hatte bis zu meiner Bettstatt nur noch 50 Meter zu laufen.
Als ich am Nachmittag zu mir kam, dachte ich: “Wat für ein Mist hast du denn letzte Nacht geträumt, von Winfried Glatzeder? Hoffentlich war es nix mit Erotik..." und dann sah ich auf dem Fußboden das Autogramm liegen.

Seitdem ist mir der Glatzeder sympathisch. Warum, kann ich gar nicht genau sagen - und das war alles was ich über dieses Treffen noch weiß.

honz
16.10.2002, 15:47
klasse! Gefällt mir gut. Eine der wenigen Autogrammjägergeschichten die lustig sind. Herzlich Willkommen.

Angelika Maisch
16.10.2002, 16:40
was honz sagt.

U_Sterblich
16.10.2002, 16:52
Geschichten mit brauchbaren Alkoholfahnen sind hier von jeher willkommen. Ich finde das ehrlich gesagt so mittel, wenn auch die Geschichte ganz gut ist. Paradox.

Buratino
16.10.2002, 17:00
Hmmm... Vielleicht trifft man im alkoholisierten Zustand auf mehr Prominente.
Bei mir zumindest trifft diese These auf jeden Fall zu. Ich gehöre zu der Sorte Menschen, die 95% ihrer Freizeit mit einer prächtigen Alkoholfahne verbringen.

bettyford
16.10.2002, 17:50
Wenn diese Forum ETWAS braucht, dann ist das noch ein Alkoholiker. Aber die Geschichte ist dennoch nett. Schön finde ich ja den Umstand, dass die Höflichkeit dieser Begegnung von der Tagesform abhing.

Buratino
17.10.2002, 08:53
Mir sind noch zwei Dinge aufgefallen:

1.

Die Autogrammkarte des Herrn Glatzeder ist gleichzeitig Werbung für einen sehr teuer wirkenden Herrenausstatter. Auch nicht schlecht. Geld gespart.
Frage: Ist sowas heutzutage normal?

2.

Unglaublich, das ich den Herren trotz meiner Promille überhaupt erkannt habe. Liegt sicher an dem markanten Gesicht. Prominente vom Schlage eines Harri Wijnfort (richtig geschrieben?) würde ich wahrscheinlich nicht mal mehr nach einem kleinen Alsterwasser erkennen, da er aussieht wie jeder zweite mecklenburgische Fleischermeister.