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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Gott, Karel (Meine Begegnung mit dem lebendigen Gott)



hofukusochi
14.10.2002, 08:02
Vor meiner Begegnung mit dem lebendigen Gott war mein Leben vergangen, ohne dass ich seinen Einfluss gespürt hatte. Ich hatte sogar vergessen, dass es ihn überhaupt gab, obwohl in meiner Kindheit seine Stimme öfters erklungen war. Später wurden aber andere Dinge wichtiger, und ich hatte anderen Stimmen gelauscht.

Als ich dem lebendigen Gott begegnete, steckte ich mal wieder mitten in einer Identitätskrise, die bei mir immer mit der Abwesenheit einer Frau beginnt. Sie war schon sehr lange zu Besuch gewesen, als sie plötzlich ohne einen Grund anzugeben ihre Koffer packte und verschwand. Ich hatte mich so sehr an ihre Anwesenheit gewöhnt, dass die plötzliche Leere in meinen Räumen schmerzte. Erst jetzt, wo ich alleine wohnen musste, fiel mir auf, wie groß meine Wohnung wirklich war.

Mit einem Freund besprach ich oft die Frage, was mit den leeren Räumen anzufangen war. Einfach nur neu streichen schien mir zu wenig. Ich wollte Wände einreißen und neue, größere Räume schaffen. In dieser Zeit war unsere Lieblingsbeschäftigung diskutierend durch die Stadt zu spazieren. Deshalb parkte ich auch an diesem Abend das Auto auf einem Parkplatz etwas Abseits der Reeperbahn. Der Weg zur abendlichen Vergnügung eignete sich hervorragend für Problemlösungsgespräche, das hatte sich schon oft gezeigt. Außerdem liefen wir an diesem Tag hintenrum und nicht an der Hauptstrasse. Hintenrum stehen überall Backsteinhäuser, und es ist ruhiger, dachte sich auch Herr Gott.

Karel Gott kam uns in Begleitung eines Herren und einer Dame entgegen. Die Dame trug einen Pelzmantel, hatte diese Art von blondierten Haaren, bei denen die Spitzen immer explodieren, und war auch sonst ganz fürchterlich geschminkt. Der Herr trug eine Halbglatze und war sehr unauffällig gekleidet. Herr Gott marschierte in einer Lederjacke, einer bayrischen Tracht nachempfunden, an uns vorbei. Wir bemerkten ihn zuerst nicht, da wir sehr in unser Problemlösungsgespräch vertieft waren. Die, etwas zurückhängende, Dame hielt aber auf unserer Höhe an und bat um Entschuldigung.

Sie wären auf der Suche nach einem Fischrestaurant etwas vom Weg abgekommen, ob wir ihnen nicht helfen könnten. Dann mischte sich Herr Gott ein: „Ja, Herr Gott noch mal, irgendwo muss es hier doch zum Hafen gehen!“, polterte er herum. Ich schaute zuerst erstaunt auf Herrn Gott, dann in die Augen meines Freundes, der wissend nickte. Sie seien wirklich schon weit vom Weg abgekommen, sagte mein Freund und schickte sie auf einer komplizierten Route zurück zum Hafen. Ob es da denn wirklich gute Fischrestaurants gäbe, fragte Herr Gott noch, worauf wir wissend nickten und uns mit einem gemurmelten haufenweise glucksend verabschiedeten.

Der restliche Spaziergang war angefüllt mit Erinnerungen an die Stimme Gottes, die immer erklungen war, bevor wir Biene Maja hatten sehen können. Es fiel uns aber nicht viel mehr zu diesem Thema ein, deshalb ergingen wir uns in Spekulationen um das Beziehungsnetzwerk des Herrn Gott. Hatten wir der Anbahnung einer Dreiecksbeziehung beigewohnt? Die Erklärung, Herr Gott habe nur mit einem befreundeten Paar essen gehen wollen, befriedigte uns nicht. Wir wollten uns Problemgespräche ausmalen.

Die Begegnung mit dem lebendigen Gott hat mir bei der Lösung meiner Identitätsprobleme nicht geholfen. Ich kann daher andersartigen Erzählungen nur mit der größten Skepsis begegnen.

Angelika Maisch
14.10.2002, 11:03
hofukusochi hat Gott auf den rechten Weg zurückgebracht.
Lob, Preis und Dank, hofukusochi.
Erhebet eure Herzen.

DREA
14.10.2002, 13:12
Klasse Geschichte, Herr Hofukosochi. Was mir dabei gerade einfiel...
...Es mag so um die Zeit der 'Neonbabies' gewesen sein, als ich mit einem davon in Berlin einen Touristenbeguckausflug zum Ku'damm machte: Wir sind in Kichergackermodus und lästern über Alles und Jeden. Irgendwann kommt uns ein Mann in Kamelhaarmantel entgegen, der sich in bester James Dean-Pose gegen den Winterwind stemmt. "Himmel, schau mal, die arme Sau da vorne sieht aus wie Karel Gott" fällt mir auf. Während der Mann näher kommt, prusten wir über das gemeine Schicksal so auszusehen wie das goldene Stimmchen von Prag, und stupsen uns gegenseitig in die dick verpackten Taillen. Der Mann versteht das irgendwie falsch, denn als wir auf gleicher Höhe sind, bleibt er stehen, lächelt uns strahlend an und zückt Autogrammkarten. Dabei wirkt Herr Gott so herzlich und erfreut, dass wir es einfach nicht fertig bringen, ihn über unseren Anti-Fan Status aufzuklären. Stattdessen plaudern wir ein bisschen über Babuschkas und Bienen und lassen uns Autogramme für Margot und Gernhild schreiben.

Streithaehnchen
14.10.2002, 14:10
DREA, diese Geschichte hat mich augenblicklich in den Kichergackermodus versetzt!

vir
14.10.2002, 15:01
Ich habe Karel Gott vor einigen Monaten im Fernsehen gesehen, wie er 'Moon River' auf tschechisch sang. Ich habe ihn zuende singen lassen, bevor ich weiterzappte.

le_reptile
14.10.2002, 15:26
ahh,

"eiiiiinmal um die ganze welllt und die daschen voller geld...."

karel ist gott.

Aporie
14.10.2002, 15:37
ein schöner Gottesbeweis

Herr Uffelmann
14.10.2002, 15:40
Hofu & Drea,
vielen Dank für dieses göttliche Doppelpack!

Peter Bean
14.10.2002, 15:53
Virchow - der Meister der kleinen Gesten. Rührend! ich sage nur: "Fang das Licht, halt es fest!". Schluchz...

DonDahlmann
14.10.2002, 18:05
Eines meiner ersten Erlebnisse mit der "ZDF Hitparade" ist ein Auftritt von Karel Gott dort. Ich habe ihn einfach verabscheut. Er sah aus, als ob er in einem Vaselinefass leben würde.
Gott sang also vor sich hin und meine Mutter meinte plötzlich: "Das Lied ist ja schlimm, aber der Mann hat eine tolle Stimme". Das war hart. Ich muss bis heute zugeben, dass er eine gute Stimme hat.
Das macht keinen Spaß. Ich konnte schon Bata Illic wegen seiner hübschen Warze nicht verteufeln und Adamo auch nicht, weil er so cool war. Aber jetzt auch noch Karel Gott nicht schlecht finden zu müssen, weil er eine gute Stimme hat, schlimm. Was kommt als nächstes? Das ich Matthias Reim Respekt zolle, weil so traurig gucken kann?

ab, an seinem Hasspotential schraubend

roger
15.10.2002, 23:04
don, wer kann dem "kleine dieter" denn böse sein.

verdammt, wieder einer weniger!

DonDahlmann
16.10.2002, 01:34
Genau DAS dachte ich auch