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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Buckley, Jeff (tot) & Moby (lebend)



DonDahlmann
19.09.2002, 16:13
Ich bin ja noch jung. Da gehört es schon zu den überraschenden Dingen im Leben, wenn man plötzlich hört, dass jemand, der gleichaltrig ist, plötzlich tot ist. Jeff Buckley war so ein Fall, als er 1997 mit 30 Jahren starb. Aber auf der anderen Seite war das abzusehen, bei so einem Vater. Denn Tim Buckley war auch Sänger, Freund von Jim Morrison und vor allem nach einer hübschen Nacht mit allerlei Drogen mit 28 mausetot. Da war der Sohn gerade mal sieben Jahre alt. Dieses hatte offenbar zur Folge, dass der Sohn seinem Vater in vielen Dingen nachstrebte, so auch in Sachen Musik, Alkohol, Frauen- und Drogenkonsum.

Moby wiederum erfreut sich einer phänomenalen Gesundheit. Ich traf ihn mehrfach, wir gingen zu Konzerten, Essen und auch mal was trinken. Das mit dem Essen gehen mit Moby ist ganz schön einfach. Er isst als Extrem Veganer einfach nichts und alle anderen essen was sie wollen. Man kann sogar mit ihm zu McDonalds gehen, muss allerdings dann damit rechnen. dass er einen sehr, sehr langen Monolog über die Umweltverschmutzung, probiotische Ernährung und Wale hält. Aber gut, ich habe schon langweiligere Gespräche ertragen müssen. Er isst dann später in seinem Hotel sein eigens für ihn zusammengestelltes Müsli, welches mit Kirsch- lieber aber mit schwarzem Johannisbeersaft angerührt wird.

Jeff Buckley und Moby waren unterschiedlicher, wie man als Mensch nur unterschiedlich sein kann. Es muss im Frühjahr 1996 gewesen sein, als die Plattenfirmen, sowohl Moby als auch Jeff Buckley mehrfach auf Promo-Tour nach Köln geschickt haben. Jedenfalls tauchten sie alle paar Wochen auf, aber nie am gleichen Tag.
Das erste Interview hatte ich mit Moby. Wir gingen was Essen (also die Promoterin und ich gingen Essen, er saß daneben und machte mit ernster Miene Kommentare über die Garnelen, die auf dem Teller der Promoterin lagen und die seiner Meinung nach so mit Schwermetallen vollgepumpt seien, dass sie eigentlich gar nicht mehr schwimmen können). Wo war ich???...Ahja... Moby frug nach, wen ich den in den nächsten Tagen so interviewen würde. Ich ratterte die Liste runter, und als ich Jeff Buckley erwähnte, verfinsterte sich sein Blick und ein "Asshole" wurde gezischt.
Das war nun mal eine Reaktion, die ich nicht von ihm gewohnt war. Ich hatte schon gesehen, wie er sich vor Auftritten ein weinerliches Kind verwandelte, der jeden anbettelte, man möge ihm bitte bestätigen, dass das Publikum ihn nicht ausbuhen würde. Ich hatte ihn besoffen knutschend erlebt und als elektrischen Derwisch auf der Bühne, der vor lauter Energie zu platzen schien. Aber sauer hatte ich ihn, den super ausgeglichen, noch nie gesehen.
Nach ein wenig Bohren, rückte er endlich mit der Geschichte raus. Jeff Buckley sei ein Frauenschwarm, er wisse das, der Jeff würde knapp 50 Meter neben ihm wohnen und so träfe man sich bei diversen Gelegenheiten in diversen Clubs. Und immer, immer, immer würde Jeff reinkommen, 5 Minuten dumm rumstehen, und dann würden schon Trauben von gutaussehenden Damen an den Mantelaufschlägen des Sängerns hängen. Er könne also alle haben. Jede. Egal. Aber das Jeff Buckley ausgerechnet seine Freundin flachgelegt habe, dass sei dann doch zu viel gewesen.
Gut, das war ein Grund sauer zu sein, zumal es wohl auch gerade ein paar Wochen her war. Ich nickte also brav, sagte aber nichts, als sich ein leichtes Lächeln um seine Mundwinkel abzeichnete. Naja gut, meinte er, so richtig sei es nicht mehr seine Freundin gewesen. Man sei immerhin getrennt gewesen. Also schon was länger getrennt. So ein halbes Jahr. Aber trotzdem, das ausgerechnet Jeff der erste gewesen sei, der seine Freundin flachgelegt hat das habe er ihm nicht verziehen, und deswegen damals die Freundschaft gekündigt. Während sich die Promoterin die letzte Garnele in den Mund schob meinte sie: "Stell dich nicht so. Was soll sie denn sonst machen, wo doch Jeff...." weiter kam sie nicht, denn mächtiger Hustenanfall ausgelöst durch einen nicht unerheblich großen Garnelenrest im Rachen ließ sie erstmal verstummen. Moby sah sie belustigt an, murmelte was von der Rache der Garnelen, die auf seiner Seiten seien, und bat mich um einen Zettel und einem Stift. Dann malte er das "Moby-Männchen" und darunter schrieb er "Howdy, howdy Jeff. Hope youre ok. Dont mess around to much. Call me when youre back. Sinc. Moby." Mit den Worten: "Gibs ihm, wenn Du ihn siehst, aber nicht vergessen" überreichte er mir den Zettel.

Während die Interviews, bzw. Treffen mit Moby immer sehr amüsant und vor allem entspannt waren, kann man das von denen mit Jeff Buckley nicht behaupten. Das erstemal kam er nicht zum verabredeten Interviewtermin, dann, als ich ihn am selben Tag nach der Show interviewen wollte, war er so besoffen, dass ein vollkommener Verlust der Muttersprache eingesetzt hatte. Interview unmöglich. Da war ich schon sauer, denn ich hatte das a) verscherbelt und b) einen Promoter an der Seite, der mich inständig bat, nichts dergleichen zu berichten. (Warum hab ich nie verstanden)
Dies war also der zweite Versuch, und als ich den Tourbus bestieg, wußte ich, dass der auch nicht besser werden würde. Mr. Buckley lag in einer Ecke des Sofas, irgendein blondes Girlie im Arm, Sonnenbrille auf, Batterien von Bierflaschen vor ihm und die obligatorische Zigarette. Er sah genauso so aus, wie die Cohn Brüder einen Rockstar inszenieren würden, wenn sie den Zuschauern über drei Metaebnen des Humors zeigen wollen, das es nicht lustig ist, auch wenn das Zerrbild, was man sieht im ersten Moment lustig ist, letztlich aber nur ein Sinnbild für die verkommen, eingerosteten und von Hollywood konditionierten Betrachtungsebenen sind. Oder so ähnlich.
Jedenfalls lag er da. Ich stelle meinen Rekorder auf, spulte ein paar Fragen ab. Nüscht. Es kam "Yess" oder "No" oder "Maybe" oder "I don't know" oder "I like it", während das blonde Girlie in seinem Arm einzuschlafen drohte. Ich gab auf, dachte mir "Ficker" und packte meinen Rekorder wieder ein, als mir siedendheiß der Zettel von Moby einfiel. Den überreichte ich ihm. Die Lektüre löste dann folgende Reaktion bei ihm aus. Leichtes Aufrichten - Ausziehen der Sonnenbrille - Grinsen - Wegschieben des Girlies - Lachen. Er sah mich an meinte nur "I fucked his girl, you know?" Danach wurde das Interview dann erträglich und er gab mir wiederum einen Brief (verschlossen) an Moby, den ich diesem wiederum überreicht.

Ein Jahr drauf traf ich mal wieder Moby, der gerade ein Verhältnis mit Simone Angel von MTV angefangen hatte und eigentlich hätte locker sein sollen. Ich erkundigte mich nach Jeff, bekam aber nur zu hören "He still fucks my girl, but he ist ok - now"
Kurze Zeit später war Buckley tot, gestorben bei dem Versuch besoffen im Missisippi zu schwimmen. Hätte gern noch ein bißchen Postbote gespielt.

Butch Cassidy
19.09.2002, 16:25
Der Don. Auf "Du und Du" mit den Halbgöttern unserer Tage. Sehr schöne Geschichte. Auch wenn Du keinen Kaffee gebracht bekommen hast. Mir hingegen hat ja schon mal keine Geringere als...aber ich will ja hier keinen neidisch machen.

Das wird ein gutes Forum, ich hab das im Urin.

DerCaptain
19.09.2002, 16:27
Das denke ich auch, also das mit dem Urin. Und Don als Promi-Briefträger ist toll. Mannomann. Du rockst, wir rollen.

Edding Kaiser
19.09.2002, 16:30
Du hast den Jeff-Brief nicht heimlich geöffnet? Wie bist Du denn drauf?!

Zerebrum
19.09.2002, 16:34
Für mich existieren diese Menschen nicht, aber ich freue mich über jeden, der sie mal trifft.

Was willze dazu noch groß sagen? Toll Don!

Walter Schmidtchen
19.09.2002, 16:47
Klasse, auch wenn ich Moby zum Kotzen finde.
A propos Kotzen: Gibts eigentlich Bulimische Veganerinnen?

Tobi Wahn
19.09.2002, 16:54
Ich habe mich mal mit einem 16jährigen Punk unterhalten, der auch sagte, dass er Veganer sei.
Für den war das Leben einfach: Morgens kalte Pommes mit Ketchup (der Rest vom Vorabend), Mittags heiße Pommes mit Ketchup und abends ne große Portion Pommes mit Ketchup. Dazu Büchsenbier.

Drauf geklommen bin ich da jetzt, weil ich den kleinen Punk dann ein paar Wochen später auf einem Konzert gesehen habe: Er stand auf der Bühne und steckte sich den Finger in den Hals, er fand es geil, auf die Bühne zu kotzen, vor Publikum. Vielleicht ist das aber auch inzwischen so üblich auf Konzerten. So wie früher Stagediven oder so.
Jedenfalls steckte sich der Bub fast seine ganze Hand in den Hals und würgte ein paar erbärmliche Bröckchen zerkauter Pommes mit Ketchup und Büchsenbier hervor. Nicht sonderlich ekelhaft. Nicht zu vergleichen mit Spaghetti Bolognese oder angedautem Döner Kebap. Da war ich dann froh, dass er Veganer war.

DonDahlmann
19.09.2002, 17:01
Nein, ich habe nicht in den Brief geschaut. Ich hatte damals noch Moral und Rückgrat und gute Erziehung. Jetzt hab ich sowas nicht mehr. Aber gute Zähne hab ich, was ja Veganer angeblich auch nicht haben sollen.

Butch Cassidy
19.09.2002, 17:02
Is klar. Was stand denn nun drin?

DonDahlmann
19.09.2002, 17:09
Gott, seid ihr alle verkommen.

le_reptile
19.09.2002, 17:46
wer ist denn eigentlich jeff buckley? in echt jetzt.

DonDahlmann
19.09.2002, 23:36
Kann man hier nach lesen (http://www.jeffbuckley.com/)

DrMusic
02.10.2002, 21:32
Don, hast Du auch so eine Story über Nick Drake?
Buckley (Tim) und Drake - das waren Songwriter und sie wussten ihre Werke so stark zu interpretieren...

Langsam werden die Tage wieder kürzer und da kann man wieder die schönen Platten auflegen!

Seemannsköpper
08.10.2002, 14:31
Das war aber sehr schön, Don.

Auch ohne Kaffee.

alert
08.10.2002, 14:58
die aufmerksamkeit nicht mehr auf die noch kommenden zeilen gerichtet. immer nur sinniert über diesen satz - unglaublich und in seiner unsäglichkeit ein denkmal wert:

>>Jeff Buckley und Moby waren unterschiedlicher, wie man als Mensch nur unterschiedlich sein kann.<<