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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Klestil-Löffler, Margot - selbstzupfend



mercury
15.09.2002, 21:41
Mehr aus Zeitknappheit denn aus Überzeugung wurde ich Kundschaft in einem kleinen Friseursalon der Wiener Innenstadt. Der Laden hat einigen Modernisierungswellen getrotzt und wird nach alter Sitte geführt: Frischondulierte Damen stöckeln, nach Bezahlung an der Theke und bereits in Strassengarderobe, zu ihrem „Fräulein“ zurück, um eilig ein Trinkgeld in die Tasche des weissen Arbeitskittels zu stecken, worauf das Fräulein laute Dankesbekundungen erklingen lässt, das ist noch immer so üblich hier, auch dass das Klingeln der Eingangstüre eine Begrüssung durch die Geschäftsinhaberin hervorruft, die den Platz der eintretenden Dame in der österreichischen Gesellschaft verlautbart, freundlich aber gnadenlos. Den einzigen Schutz der samt ihrer Unfrisur/Kopftuch zum unfreiwilligen Mittelpunkt des Salons Gewordenen, bietet die hiesige Gepflogenheit, den Namen bei der persönlichen Anrede fortzulassen - „Grüss Gott, Frau Hofrat!“, „Küss’ die Hand, Frau Professor!“ genügen.

Und so blieb auch eine schlanke Gestalt namenlos, die das Etablissement betrat, und nicht mehr als ein „Grüss Gott“ flog Richtung Türe, und hätte die Chefin nicht hektisch zu einer Angestellten „nehmen Sie der Frau Doktor den Mantel ab!“ gezischt, so hätte ich wohl meinen Kopf nicht aus dem Waschbecken gehoben. So aber sah ich sie, die als Second Wife zur First Lady gewordene Margot Löffler, und schon hatte sie am Lavabo neben mir Platz genommen, machte kurz mit der sie bedienenden Chefin Konversation, die mir -zu Recht, wie ich glaube- völlig entfallen ist, und schon war ich fertig mit Waschen und saß vor dem Spiegel, bereit zum Schneiden und konnte mir nicht verkneifen, das vorüberhuschende Fräulein Ivanka, Spezialistin hier für Augenbrauen, zu fragen, ob sie es denn wäre, die der Frau Bundespräsident die Brauen in Form bringen würde - worauf diese glucksend erwiderte „Nein, das macht die Frau Doktor selber“, was sehr lustig ist, wenn man weiss wie die Augenbrauen der Frau Doktor aussehen, wer es nicht weiss, kann sich hiermit helfen, http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/541224/KlestilLoeffler_Russische-Seele-gibt-es-wirklich oder achtet mal beim zappen drauf.

Ignaz Wrobel
16.09.2002, 10:59
Ich sehe keine Augenbrauen auf dem Foto. Ach so.

Larry Erbs
16.09.2002, 11:28
Das Wort Lavabo ist mir neu. Sind die Waschbecken? Ist La - va - bo eine Abkürzung?

Gibts eigentlich spezielle Augenbrauentrimmer?

Goodwill
16.09.2002, 16:12
Angesichts der Tatsache, dass dies mercurys 1. Beitrag war, und weil dieser Beitrag auch noch eine gelungene, gediegen formulierte und zudem höfliche Paparazzierung darstellt, möchte ich es nicht versäumen, der Autorin ein zurechtgezupftes "Grüß Gott, habe die Ehre, Frau Geheimrätin" zuzuraunen. Angenehmer Einstand hier.

henriette mayr
17.09.2002, 20:37
interessante geschichte! wäre es unhöflich, wenigstens die gasse zu nennen, in der sich dieser damenfriseursalon befindet? chefin... weiße mäntel... grüß gott...

manche friseure in wien heißen ja "coiffeure". das ist bei der wiener friseursinnung glaubich was besseres.

lavabo... eine grauenvolle wiener wortschöpfung. passt perfekt zum beschriebenen salon. das sagen leute, die fein sein wollen, so wie "tableau" zu einem tablett. lavoir, weniger fein als "lavabo", aber ebenfalls wiener nicht-französich... lawuua...

vir
18.09.2002, 11:59
Lavabo sagt man in der Deutschschweiz auch. Ich kann mir vorstellen, dass das Wort tatsächlich ein Akronym ist - aber für was? La-ver, va-schen, bo-ttich vielleicht?

Also gut, nachgeschaut:

Lavabo s. (-wa-, lat.) sinnbildliche Handwaschung des Priesters vor der Messe und Gefäss dazu.

Sehr, sehr schöne, elegante Geschichte übrigens.

Herr Cohn
19.09.2002, 00:48
Bei Artaud im Badezimmer, in dem sich ein Surrealist nach dem anderen wusch, war ein Schild mit der Aufschrift "Le lavabo doit rester bo". Im schönen Wiener Frisörsalon versteht sich das natürlich von selbst.

henriette mayr
19.09.2002, 17:21
danke für die hinweise. ich hielt "lavabo" für ein parallel-phänomen zu "lavoir", das meines wissens anderswo als in wien nicht verstanden wird. so wird "lavabo" katholisch-rituell und sürrealistisch. die konnotation im alltäglichen wortgebrauch empfinde ich aber unverändert.

ich finde die geschichte nach wie vor interessant und sehr schön kühl erzählt. es bleibt aber die frage: in welcher, wenn schon nicht gasse, so doch innenstadt-gegend befindet sich dieser friseur-salon?

henriette mayr
19.09.2002, 17:37
so. jetzt müsste das mit dem attachment funktionieren:

arbor
22.09.2002, 06:22
Zur Lavabo-Frage:

In Baden (vielleicht auch sonstwo ? ) gibt es seit alters her das "Wasch-lavor" [sic]. Also die "Wasch-Wasch-Schüssel".

Aporie
22.09.2002, 11:31
lavabo heisst "ich werde waschen", Herr ultra posse. Und sprechen Sie hier nie mehr postmodernes Kirchenlatein.

poldi
23.09.2002, 16:44
lavabor...

mercury
26.09.2002, 00:35
danke für die aufmunternden worte!

aber: (ja hol mich doch die stasi) fände es hier wirklich irgendjemand unterhaltsam, wenn ich die adresse des salons, den die frau doktor jede woche, möglicherweise alle 3 tage, oder gar täglich aufsucht, posten würde?

------ sista's sure protectin' ourselves

poldi
26.09.2002, 17:04
keine angst, mercury, ich laufe ihnen nicht in ihren nächstgelegenen friseursalon nach.

stasi - na wissen Sie! einer der militärischen dienste ist sowieso der meinung, habe ich als gerücht gehört, frau löffler sei eine russische spionin. ich kann ihnen versichern, dass ich nicht in staatsdiensten stehe.

mich interessiert aus allgemeiner neugierde sehr, in welcher gegend der innenstadt ungefähr dieser wundersalon ist. also: mehr richtung stadiongasse-josefstadt; oder mehr richtung judenplatz-färbergasse; oder mehr umgebung stephansplatz richtung fleischmarkt; oder nähe schwedenplatz; oder textilviertel, und so weiter.

hm, ich sehe, sie haben diskreterweise auch keinen hinweis auf die tageszeit angebracht. jaja: darf eine beamtin des außenamtes (zufällig ehefrau des bundespräsidenten) in der dienstzeit stundenlang einfach so zum friseur gehen, auch wenn sie in beiden funktionen immer tadellos ausschauen muss? wenn es so wäre, und wenn das die kronen-zeitung erführe!

allerdings: im hof des ehemaligen heeresministeriums (riesiger amtsgebäudekomplex mit drei ministerien) gibt es einen friseur für die bediensteten. ganz offiziell.

also lassen wir das. in einer semi-fiction macht sich sowieso am besten, dass frau löffler einen friseursalon direkt in der hofburg besucht oder in dieselbe kommen lässt.

Alberto Balsam
08.07.2004, 14:47
Seltsames Bild gestern im TV: die schmierige Margot untergehakt von seinen Kindern vor dem aufgebarten Sarg in der Hofburg, wie sich wohl die erste Frau und Mutter (Edith) gefühlt haben muss, "jetzt nimmt mir die Hexe auch noch die Kinder weg".
War das auch bei Willy Brandt so? Vorne Brigitte Seebacher mit den Kindern, und hinten irgendwo versteckt Rut?
Eben am Heldenplatz gewesen, in allen Lokalen ringsherum, Volksgartenpavillon, Meierei, Kanzleramt sitzen fröhliche Politiker in schwarz und trinken Bier, bei 35 Grad Hitze, wartend auf den Abtransport (der Leiche)

Nicki Tuete
08.07.2004, 14:58
Meinte damals nicht die Margot zu K. über Edith vor einem öffentlichen Empfang: „Aber den Drachen loss ma scho zhaus?“ Fällt aber eh wahrscheinlich unter die Rubrik „Übles Gerücht“!

vir
08.07.2004, 16:22
Auch die österreichische Generalkonsulin in Zürich trug heute Staatstrauer, ein schwarzes Kostüm. Dazu aber so breitmaschige Netzstrümpfe. Keck.

pfaffenheini
08.07.2004, 20:09
Hat in den letzten Tagen irgendwer irgendwas von Edith Klestil gehört oder gelesen.

(Wusste nicht, dass hier so viele Österreicher, ja sogar Wiener im forum sind.)


pfaffenheini

Herr Genista
08.07.2004, 21:05
Die Kraft, einen brunzdummen Namen wie Pfaffenheini auch noch überall drunterzuschreiben, bezieht man die eigentlich aus dem Glauben selber? Oder wird die quasi indirekt aus dem Leiden des Menschensohnes destilliert, dem Blutsafte gleich?

____________________
Herr vergib ihnen, denn sie wissen nicht, wie höflich geht.

Alberto Balsam
08.07.2004, 21:43
Ich hab heute aus erster Hand erfahren, wo gestern und heute Edith Klestil war, habe aber keine Lust einem Irren zu antworten, "ein Irrer gibt einem anderen Irren keine Antwort", 2. Buch Lukas

Jan Friedrich
08.07.2004, 21:55
Nee, das war aus dem ersten Buch. 6:42.

pfaffenheini
09.07.2004, 20:08
Ganz liebe Grüße an die gigahöflichen Paparazzi.

Vielleicht interessiert auch noch jemand anderen das Schicksal von Edith Klestil, die auf dem Papier des Standesamts mehr als vierzig Jahre mit Thomas Klestil verheiratet war.

http://www.orf.at/040709-76147/index.html


Ist Höflichkeit nur eine Zier?
pfaffenheini

Der Teufel
09.07.2004, 20:18
Höflichkeit ist eine Zier doch besser lebt sich ohne ihr!

Tschüss!

Dein Teufel

Klugscheisser
09.07.2004, 20:21
Nein.
"Höflichkeit ist ein Luftkissen: es mag wohl nichts drin sein, aber es mindert die Stöße des Lebens."
Kalenderspruch.

Fixi Popogott
09.07.2004, 20:22
Für den Nick Der Teufel als Antwort auf Pfaffenheini ist das ja wohl die maueste Replik, die man sich überhaupt denken kann.

Ich hatte geile Blasphemien erwartet! Ich dachte, es gibt witzige Kotspiele mit Jesus! Ich hoffte, Mel Gibson würde dereinst aus dem Posting von Der Teufel einen Film drehen! Aber so?!?

Frau H aus B
09.07.2004, 20:25
Es gibt derzeit zuviele scheissetriefende Kackstränge in diesem Pissforum.

Der Teufel
09.07.2004, 20:28
Blasphemien? Von mir? Hä? Ich bin doch der Teufel!

Lotta Krach
09.07.2004, 20:29
Herrjeh, Kinder, geht Buchstaben tanzen.

Jeremy
09.07.2004, 20:32
Ich muss bemerken, dass die Berufsbezeichung *glitzer* im Blinkmodus von Lotta mich hochgradig erfreut! Ich stehe quasi total auf dieses Blinken!

Frau H aus B
09.07.2004, 20:34
He, Teufel, schick mal einen Schwarm Killer-Pferdebremsen.

Lotta Krach
09.07.2004, 20:36
Ich weiß, hier kein chat, aber:

Frau H.! Hallo!

Frau H aus B
09.07.2004, 20:39
Holla! Jetzt aber raus hier, bevor er SIE loslässt.

mercury
10.07.2004, 14:30
@balsam

also mich würde das sehr interessieren, denn du müsstest ja - wenn ich nicht irre - mit Edith K. selbst gesprochen haben, oder ist die "erste Hand", aus der man Informationen bezieht, die eigene ?

Dr. Geist
14.07.2004, 08:30
Letzte Woche waren wir in Wien, die Stimmung wurde als heiter empfunden. Kein Wunder, wenn alle Morbiden am Rechner sitzen.

Pfaffenheini, Ihr Name ist passend.