Vivi Bloomer
11.07.2002, 22:30
Studieren brachte es nicht so richtig. Ganz besonders Volkswirtschaftslehre. Formeln mit vielen Deltas, Sigmas und zweiten und dritten Ableitungen verstellten mir die Sicht auf die wirklich wichtigen Dinge, wie zum Beispiel die Herstellung des Weltfriedens durch eine gerechtere Umverteilung. War ich umsonst nach Berlin gezogen, hatte mich umsonst an der FU in Berlin eingeschrieben. Schmollend hockte ich sommers auf der Wiese vor dem Fachbereich und starrte den geschniegelten Kommilitonen hinterher. Es war ekelhaft. Der Jura-Fachbereich war nur 30 Meter entfernt, die Wiese trennte beide Gebäude und diente gleichzeitig als schwarzes Loch für Individualität und geistigen Reichtum.
Die ganze Wiese? Nein, nicht die ganze. Eine kleine Gruppe von Studenten, eben jene, die nicht studierten, um die Millionen der Eltern weiterzuverwalten, fristeten ihr karges Dasein inmitten von ihnen. Eine davon: ich. Ein anderer: Jens Korte. Er war furchtbar schüchtern. Wenn man ihn anprach, wurde er ein bisschen nervös und gab ganz leise zusammenhangslose Antworten. Er war so sweet. Jürgen, ein gemeinsamer Freund, hob warnend den Finger: "Der ist ganz anständig, und heiratet sicher bald seine Freundin. Vergiss es." O.k.
Ein paar Semester später (wenige Wochen später gab ich das Studium auf, in dem Glauben, dass ich ja bereits eine Ausbildung haette):
Ich stand vor der Bibliothek, um einen Stapel nie gelesener Bücher abzugeben. Korte näherte sich, ich grübelte über Themen, die ihn nicht sofort erröten lassen würden, er trat neben mich und lud mich strahlend zum Kaffee ein. Plauderte charmant, fragte nach meinen Plänen, erläuterte die seinen. Keine Spur von Schüchternheit.
Später berichtet Jürgen mir, dass Korte sein Leben umgekrempelt hätte. Er hatte seiner Freundin den Laufpass gegeben, zog durch das Berliner Nachtleben, riss Bräute auf. Ich biss mir herzhaft in den Arsch, weil ich meine Chance nicht genutzt hatte. Heute kann ich ihn als Börsenkorrespondent an der New Yorker Wall Street bewundern. Die Insiderinformation: Jens musste sich die Haare färben, weil seine Naturhaarfarbe durch die Kamera "wie eine Perücke aussehen würde".
Jens Korte (http://www.n-tv.de/456510.html)
Die ganze Wiese? Nein, nicht die ganze. Eine kleine Gruppe von Studenten, eben jene, die nicht studierten, um die Millionen der Eltern weiterzuverwalten, fristeten ihr karges Dasein inmitten von ihnen. Eine davon: ich. Ein anderer: Jens Korte. Er war furchtbar schüchtern. Wenn man ihn anprach, wurde er ein bisschen nervös und gab ganz leise zusammenhangslose Antworten. Er war so sweet. Jürgen, ein gemeinsamer Freund, hob warnend den Finger: "Der ist ganz anständig, und heiratet sicher bald seine Freundin. Vergiss es." O.k.
Ein paar Semester später (wenige Wochen später gab ich das Studium auf, in dem Glauben, dass ich ja bereits eine Ausbildung haette):
Ich stand vor der Bibliothek, um einen Stapel nie gelesener Bücher abzugeben. Korte näherte sich, ich grübelte über Themen, die ihn nicht sofort erröten lassen würden, er trat neben mich und lud mich strahlend zum Kaffee ein. Plauderte charmant, fragte nach meinen Plänen, erläuterte die seinen. Keine Spur von Schüchternheit.
Später berichtet Jürgen mir, dass Korte sein Leben umgekrempelt hätte. Er hatte seiner Freundin den Laufpass gegeben, zog durch das Berliner Nachtleben, riss Bräute auf. Ich biss mir herzhaft in den Arsch, weil ich meine Chance nicht genutzt hatte. Heute kann ich ihn als Börsenkorrespondent an der New Yorker Wall Street bewundern. Die Insiderinformation: Jens musste sich die Haare färben, weil seine Naturhaarfarbe durch die Kamera "wie eine Perücke aussehen würde".
Jens Korte (http://www.n-tv.de/456510.html)