Cohiba
22.05.2002, 14:28
Zufälle gibt's. Erst habe ich von den höflichen Paparazzi gehört, sie dann gelesen und dann hörte ich neulich im Radio ein Feature über Brecht von einem, der genauso wie mein ehemaliger Nachbar aus Berlin heißt und da fiel es mir wieder ein.
Vor vielen Jahren lebte ich in Berlin, als es noch nicht entkernt war. Schöneberg, Quergebäude 2. Stock. Das ganze Haus Ein-Zimmer-Wohnungen. Gute Kontakte mit allen. Außer mit Lehmann, der wohnte ganz oben und schmiss manchmal mit Wasser, wenn wir im Hof zu laut gefeiert haben. Mit der Nachbarin vorne rechts teilte ich einen Telefonanschluss. Den Nachbarn einen Stock tiefer haben wir monatelang durchgefüttert, die über mir war Sekretärin und bildete sich weiter. In einem Gespräch ließ sie über ihre aktuelle Arbeit verlauten: „Das ist ja wie im Feudalismus, eh“, worauf meine Geschichte studierende Freundin sagte: „No, no, Mädel, da ist vielleicht doch noch ein Unterschied“. Der im 2. Hinterhaus studierte Theaterwissenschaften. Sein Fenster war 90 Grad und einen Schritt entfernt von meinem Küchenfenster – was das Treppen steigen bei Besuchen erfreulich minimierte.
Wie er an das Praktikum in Bochum kam, ist mir entfallen – jedenfalls habe ich die Gelegenheit zu einer Reise nach Westdeutschland genutzt und bin seiner Einladung gefolgt. Möglich, dass es sich um die Premiere handelte (irgendwie peinlich - ich weiß nicht mal mehr, um welches Stück es ging). Aber es gab andere Aufregungen, die wahrscheinlich mehr mit dem realen Leben zu tun hatten und an die ich mich besser erinnere. Als Erstes wurde ich nämlich gelinkt.
Über die Mitfahrzentrale fand ich jemanden, der nach Bochum fuhr. Wir tankten gemeinsam in Berlin, fuhren nach Bochum und bevor ich ausstieg, tankte der Fahrer noch mal und teilte dann den ganzen Betrag auf. Mein Gefühl sagte mir, dass etwas nicht stimmte, ich konnte aber nicht gut genug rechnen, um dieses Ansinnen messerscharf zu widerlegen. So zahlte ich also und stieg dumpf behumpst aus.
Das Zweite dann im Theater. Mein Nachbar war sicher so freundlich und engagiert, uns alles zu erklären. Ich werde wahrscheinlich so getan haben, als ob so was zu meinem Alltag gehörte. Ausserdem war ich sicher so freundlich und wissensdurstig genug, um interessierte Fragen zu stellen, nur habe ich überhaupt keine Ahnung mehr, worüber und wozu. Ich weiß nur noch, dass ich mich irgendwann umdrehen musste und weiter hinten einen Mann (damals hätte ich Typ gesagt) wahrnahm, der einfach da stand und mich anstarrte.
Das war mal gar nicht so unangenehm, weil er attraktiv war. Irgendwie muss ich dann erfahren haben, um wen es sich handelt - Gert Voss. Und bin wahrscheinlich in die Landei-Promistarre gefallen. Mögen hätt’ ich ja schon wollen, nur getraut hab’ ich mich halt nicht und was ich hätte tun sollen, fiel mir sowieso nicht ein, weil sich ungefähr hunderttausend Vorstellungen in meinem Kopf drängelten. Ich tat also uninteressiert und schaute konsequent weg oder nach unten oder was weiß ich. Tja, und da hat er wohl aufgegeben.
Heute spielt er andauernd in Wien und ich habe mir schon manchmal überlegt, hin zu gehen und ihn mir an zu schauen. Nun ist er ja verheiratet und hat mich wahrscheinlich längst vergessen. Aber was, wenn ich damals richtig cool gewesen wäre?
Vor vielen Jahren lebte ich in Berlin, als es noch nicht entkernt war. Schöneberg, Quergebäude 2. Stock. Das ganze Haus Ein-Zimmer-Wohnungen. Gute Kontakte mit allen. Außer mit Lehmann, der wohnte ganz oben und schmiss manchmal mit Wasser, wenn wir im Hof zu laut gefeiert haben. Mit der Nachbarin vorne rechts teilte ich einen Telefonanschluss. Den Nachbarn einen Stock tiefer haben wir monatelang durchgefüttert, die über mir war Sekretärin und bildete sich weiter. In einem Gespräch ließ sie über ihre aktuelle Arbeit verlauten: „Das ist ja wie im Feudalismus, eh“, worauf meine Geschichte studierende Freundin sagte: „No, no, Mädel, da ist vielleicht doch noch ein Unterschied“. Der im 2. Hinterhaus studierte Theaterwissenschaften. Sein Fenster war 90 Grad und einen Schritt entfernt von meinem Küchenfenster – was das Treppen steigen bei Besuchen erfreulich minimierte.
Wie er an das Praktikum in Bochum kam, ist mir entfallen – jedenfalls habe ich die Gelegenheit zu einer Reise nach Westdeutschland genutzt und bin seiner Einladung gefolgt. Möglich, dass es sich um die Premiere handelte (irgendwie peinlich - ich weiß nicht mal mehr, um welches Stück es ging). Aber es gab andere Aufregungen, die wahrscheinlich mehr mit dem realen Leben zu tun hatten und an die ich mich besser erinnere. Als Erstes wurde ich nämlich gelinkt.
Über die Mitfahrzentrale fand ich jemanden, der nach Bochum fuhr. Wir tankten gemeinsam in Berlin, fuhren nach Bochum und bevor ich ausstieg, tankte der Fahrer noch mal und teilte dann den ganzen Betrag auf. Mein Gefühl sagte mir, dass etwas nicht stimmte, ich konnte aber nicht gut genug rechnen, um dieses Ansinnen messerscharf zu widerlegen. So zahlte ich also und stieg dumpf behumpst aus.
Das Zweite dann im Theater. Mein Nachbar war sicher so freundlich und engagiert, uns alles zu erklären. Ich werde wahrscheinlich so getan haben, als ob so was zu meinem Alltag gehörte. Ausserdem war ich sicher so freundlich und wissensdurstig genug, um interessierte Fragen zu stellen, nur habe ich überhaupt keine Ahnung mehr, worüber und wozu. Ich weiß nur noch, dass ich mich irgendwann umdrehen musste und weiter hinten einen Mann (damals hätte ich Typ gesagt) wahrnahm, der einfach da stand und mich anstarrte.
Das war mal gar nicht so unangenehm, weil er attraktiv war. Irgendwie muss ich dann erfahren haben, um wen es sich handelt - Gert Voss. Und bin wahrscheinlich in die Landei-Promistarre gefallen. Mögen hätt’ ich ja schon wollen, nur getraut hab’ ich mich halt nicht und was ich hätte tun sollen, fiel mir sowieso nicht ein, weil sich ungefähr hunderttausend Vorstellungen in meinem Kopf drängelten. Ich tat also uninteressiert und schaute konsequent weg oder nach unten oder was weiß ich. Tja, und da hat er wohl aufgegeben.
Heute spielt er andauernd in Wien und ich habe mir schon manchmal überlegt, hin zu gehen und ihn mir an zu schauen. Nun ist er ja verheiratet und hat mich wahrscheinlich längst vergessen. Aber was, wenn ich damals richtig cool gewesen wäre?