Lilaxista
18.05.2002, 13:17
Der Himmel ist bedeckt, die Luft noch warm und feucht vom sonnenprallen Freibadtag gestern, an dem ich leider nicht schwimmen gehen konnte, sondern im großen, kalten Haus der Burschenschaft Alemannia, die kürzlich ihr 142jähriges Bestehen feierte, mit fünf anderen Personen eine Musikprobe abhalten musste.
Heute Nachmittag wird es bestimmt regnen.
Seit einiger Zeit steht sie wieder täglich auf dem Münstermarkt, die Frau mit den Buchholzer Erdbeeren, das sind die Besten. Sie sehen recht blass aus, aber ich weiß, dass der Schein trügt: sie sind süß und aromatisch. Ich kaufe nur bei dieser Frau, von ihren Erdbeeren wurde ich noch nie enttäuscht. Nicht ein einziges Mal.
Für diese Erdbeeren fahre ich heute sogar extra in die Stadt, sonst habe ich nichts dort zu erledigen. Aber diese Erdbeeren. Und die Pfingstfeiertage. Man muss sich eindecken.
Wenn man durchs Schwabentor gefahren ist und hinüber in die Herrenstraße möchte, muss man vorsichtig sein als Fahrradfahrer, denn wenn man nicht aufpasst gerät man in eine der dort tückisch verlaufenden Straßenbahnschienen und fällt um.
Gerade als ich den kritischen Schwenk vollziehe sehe ich vor mir einen älteren Mann einen Koffer aus seinem Auto nehmen. Der Koffer wirkt kompakt und schwer und der nicht sonderlich große Mann muss mit beiden Händen den auf einer Beinseite hängenden Koffer über die Straße schleppen, wobei er mit kurzen schnellen Schritten zügig den Bürgersteig erreicht. Er sieht nicht fröhlich aus.
Aber irgendwie bekannt.
Das ist doch...Tabori?
Nein, der ist viel hutzeliger.
Dieser hier ist auch nicht mehr jung, aber seine Bewegungen sind flink und wirken kein bisschen müde. Er hatte etwas Energisches, ein wenig Gehetztes, Gestresstes.
Dann diese leicht fleckige Gesichtshaut. Und die in allen Grautönen wallenden Haare. Ich kenne ihn. Irgendwoher kenn ich ihn.
Gadamer?
Nein, kürzlich gestorben.
Dann der...wie heißt er noch...George Steiner??
Mh...ich glaube von dem habe ich überhaupt noch nie ein Bild gesehen.
Aber es war einer von diesen großen alten Herren, bestimmt.
Während ich langsam in die Herrenstraße hineinrolle sortiere ich meine Gedanken.
Wohin wollte der Mann mit dem Koffer?
Keine Frage: Sein Ziel war das Haus zum ‚Roten Bären’, Hotel mit Restaurant gehobener Preisklasse, das sich (ob mit Fug und Recht ist mir nicht bekannt) das älteste Gasthaus Deutschlands nennt, in so einem Haus steigt nicht jeder ab.
Was war mit seinem Auto?
Eine schwierige Sache. Ich hab meine Probleme mit Autobeschreibungen. Meistens kann ich mir nur die Farbe merken. Wenn mich jemand fragt, was für ein Auto war das, dann sage ich: ein Rotes, oder: ein Blaues.
Dieses hier wirkte irgendwie schäbig. Ein bisschen alt. Kölner Kennzeichen. Keine auffälligen Objekte im Innern. Zu seiner Farbe kann ich leider nichts mehr sagen, da ich im Vorbeifahren am Heck die Aufschrift ‚Jaguar’ entdeckte, und wenn ich schon einmal den Autotyp weiß, kann ich mir unmöglich auch noch die Farbe merken. War es Beige? Braun? Blau?
Auf dem Markt finde ich meine Erdbeerfrau und reihe mich in die Schlange vor dem Stand ein. Prächtige Erdbeeren. Wie immer.
Dann taucht mit einem Mal ein neuer Name auf.
Giordano. Ralph Giordano.
Der war’s.
Ja, vielleicht, nein: sicher.
Der Himmel trübt sich immer mehr während ich, zwei Schalen Erdbeeren in der Tasche, nach Hause fahre.
Hier werfe ich meinen Computer an, Internet, Bildergoogle ‚Ralph Giordano’.
Er ist es.
Zweifellos.
Auf keinem Bild sieht man ihn lachen.
Heute Nachmittag wird es bestimmt regnen.
Seit einiger Zeit steht sie wieder täglich auf dem Münstermarkt, die Frau mit den Buchholzer Erdbeeren, das sind die Besten. Sie sehen recht blass aus, aber ich weiß, dass der Schein trügt: sie sind süß und aromatisch. Ich kaufe nur bei dieser Frau, von ihren Erdbeeren wurde ich noch nie enttäuscht. Nicht ein einziges Mal.
Für diese Erdbeeren fahre ich heute sogar extra in die Stadt, sonst habe ich nichts dort zu erledigen. Aber diese Erdbeeren. Und die Pfingstfeiertage. Man muss sich eindecken.
Wenn man durchs Schwabentor gefahren ist und hinüber in die Herrenstraße möchte, muss man vorsichtig sein als Fahrradfahrer, denn wenn man nicht aufpasst gerät man in eine der dort tückisch verlaufenden Straßenbahnschienen und fällt um.
Gerade als ich den kritischen Schwenk vollziehe sehe ich vor mir einen älteren Mann einen Koffer aus seinem Auto nehmen. Der Koffer wirkt kompakt und schwer und der nicht sonderlich große Mann muss mit beiden Händen den auf einer Beinseite hängenden Koffer über die Straße schleppen, wobei er mit kurzen schnellen Schritten zügig den Bürgersteig erreicht. Er sieht nicht fröhlich aus.
Aber irgendwie bekannt.
Das ist doch...Tabori?
Nein, der ist viel hutzeliger.
Dieser hier ist auch nicht mehr jung, aber seine Bewegungen sind flink und wirken kein bisschen müde. Er hatte etwas Energisches, ein wenig Gehetztes, Gestresstes.
Dann diese leicht fleckige Gesichtshaut. Und die in allen Grautönen wallenden Haare. Ich kenne ihn. Irgendwoher kenn ich ihn.
Gadamer?
Nein, kürzlich gestorben.
Dann der...wie heißt er noch...George Steiner??
Mh...ich glaube von dem habe ich überhaupt noch nie ein Bild gesehen.
Aber es war einer von diesen großen alten Herren, bestimmt.
Während ich langsam in die Herrenstraße hineinrolle sortiere ich meine Gedanken.
Wohin wollte der Mann mit dem Koffer?
Keine Frage: Sein Ziel war das Haus zum ‚Roten Bären’, Hotel mit Restaurant gehobener Preisklasse, das sich (ob mit Fug und Recht ist mir nicht bekannt) das älteste Gasthaus Deutschlands nennt, in so einem Haus steigt nicht jeder ab.
Was war mit seinem Auto?
Eine schwierige Sache. Ich hab meine Probleme mit Autobeschreibungen. Meistens kann ich mir nur die Farbe merken. Wenn mich jemand fragt, was für ein Auto war das, dann sage ich: ein Rotes, oder: ein Blaues.
Dieses hier wirkte irgendwie schäbig. Ein bisschen alt. Kölner Kennzeichen. Keine auffälligen Objekte im Innern. Zu seiner Farbe kann ich leider nichts mehr sagen, da ich im Vorbeifahren am Heck die Aufschrift ‚Jaguar’ entdeckte, und wenn ich schon einmal den Autotyp weiß, kann ich mir unmöglich auch noch die Farbe merken. War es Beige? Braun? Blau?
Auf dem Markt finde ich meine Erdbeerfrau und reihe mich in die Schlange vor dem Stand ein. Prächtige Erdbeeren. Wie immer.
Dann taucht mit einem Mal ein neuer Name auf.
Giordano. Ralph Giordano.
Der war’s.
Ja, vielleicht, nein: sicher.
Der Himmel trübt sich immer mehr während ich, zwei Schalen Erdbeeren in der Tasche, nach Hause fahre.
Hier werfe ich meinen Computer an, Internet, Bildergoogle ‚Ralph Giordano’.
Er ist es.
Zweifellos.
Auf keinem Bild sieht man ihn lachen.