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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Lenz, Hermann (Stadtführung für Hermann Lenz)



Pico Della Mirandola
02.05.2002, 19:50
Ich komme eigentlich erst durch dieses absonderliche Forum auf den Gedanken meine Erinnerung zu scannen, ob und wann ich wohl selbst mit einem mehr oder weniger Prominenten zusammen getroffen bin.

Und tatsächlich hatte ich eine sehr höfliche Begegenung mit dem wohllöblichen und leider schon seit einigen Jahren von uns gegangenen Schriftsteller Hermann Lenz - dem ewig unentdeckten, ungerühmten und unterschätzten Chronisten des letzten Jahrhunderts.

Zu der Zeit , als ich also Hermann Lenz traf, dürfte ich wohl in der Mitte des zweiten Lebensjahrzehntes gestanden haben, den namensgleichen Herrmann Hesse als verzeihliche Jugendlektüre schon abgestriffen haben, wie Eierschalen.

Stattdessen labte ich mich an den Büchern von Hermann Lenz - unprätensiöse, veritable Sagas aus dunkler Zeit und darüber hinaus : Diejenigen die meinen Beitrag angeklickt haben , werden sie kennen.

Man stelle sich also vor ... eine Stadt an der Donau, uralt, ein Palais in dem die Stadt eine Bibliothek zur Ergötzung ihrer Burgerschaft untergebracht hat. Sommer- und zugleich Samstagmorgen, und ich steige die gewundende Wendel hinab und durchschreite einen Tordurchlass. Doch ... was erblicke ich ?

Zunächst erblickte ich Jürgen Habermas. Das kann ich gegenwärtig sagen und ihn nachträglich zuordnen, denn damals - wie auch heute - sagte mir weder Werk noch Person Habermas irgendetwas. Die nachträgliche Zuordnung gelingt mir auch nur deshalb weil die leicht gebogene Gestalt eines - sind wir ehrlich - reichlich häßlichen Menschen im Halbdunkeln des Torbogens sofort ins Auge fiel. Gnomhaft und doch quichottesk. Jedensfalls ungewöhnlich für Torbögen am Sommersamstagmorgen in einer bayerischen Provinzmetropole. ( Sein Anblick würde eine eigene Auspiz rechtfertigen ).

Hinter diesem traurigen Hidalgo jedenfalls nahte pulkhaft eine merkwürdige Schar. Wie ich nachträglich erfuhr handelte es sich um ein Symposium illustrer Schrifsteller und Philosophen, die in meine Heimatstadt zu einem vermeintlichem Zweck geladen worden waren. Egal, denn schon hatte ich unter dieser Schar den verehrten Schriftsteller Hermann Lenz entdeckt, wie er am Rande eher geduckt, der Schar zwar angeschlossen, aber doch eher mitgeschickt, im Begriffe war den schon erwähnten sommerlichen Torbogen zu durchschreiten.

Man würde den Gästen die Stadt fremdenführerisch zeigen wollen, so ahnte ich zurecht.

Zügig weiter. Ich erkannte Hermann Lenz sofort, denn auf den Suhrkampbänden prangte damals sein Haupt stets mit schelmisch-arrogantem Lächeln.

Und denken Sie … ich zögerte keine Sekunde … soeben hatte ich einen weiteren Lenzband in der Bücherei ausgeliehen, und sprach den Schriftsteller wie im Vorbeigehen an :

„ Ja, Herr Lenz, entschuldigens, grad’ hab I mir ein Buch von Ihnen ausgeliehen, … leider nicht gekauft. „

Ja, sagn’ s wosch leschens denn grad, nei ? „

Das Eis war nicht nur gebrochen, sondern sekundehaft verflüssigt. Der damals schon über achtzigjährige, war hingerissen davon, dass da grad durch den Torbögen ein junger leser schreitet, der seine Bücher liest.

Was für ein netter Mensch !

Falls sich jemand für den Rest der Geschichte interessiert … kann er das da kund tun … ich muss leider weg ….

DerCaptain
02.05.2002, 22:39
Ich bin interessiert. Allerdings auch daran, wohin denn Ihre ersten 12 Postings geschickt wurden.