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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Sawallisch, Wolfgang: Ich schenke dem Dirigenten eine Milchschnitte



Valmont
27.04.2002, 21:44
Prélude
Es war zu jener Zeit, als ich noch an meine künstlerische Mission glaubte. Ich wollte die musikalische Welt mit meinen Cello-Künsten beglücken, die Klassik-Aficionados mit meinem edlen Ton zum Schluchzen bringen. Soviel Motivation war selten in meinem Leben: statt Kunstgeschichtlerinnen auf den allgegenwärtigen Uni-Feten anzuknabbern, übte ich bis spät in die Nacht Etüden, Solostücke und Orchesterstellen. Es war eine Zeit des calvinistischen Verzichts – der Lohn sollte später folgen, in Gestalt von jubelnden Philharmonien, akklamierenden Tonhallen, begeisterten Musikvereinssälen.

Allemande
Aus einer puren Laune heraus hatte ich mich auf eine Stelle als Cellist bei der Münchner Staatsoper beworben. Die Anzeige in dem einschlägigen Fachblatt „Das Orchester“ war ganz putzig formuliert – da war zunächst die Rede vom hohen Freizeitwert der Stadt; davon hatte ich mich bei diversen Abstürzen im „Park Café“ bereits überzeugen können. Außerdem hatte ich das geforderte Vorspiel-Stück, Haydns D-dur-Konzert, recht gut parat. Allerdings: ich rechnete mir keine ernsthaften Chancen aus – weder hatte ich nennenswerte Orchestererfahrung, noch war mein Spiel ausgereift genug, um vor einem solchen Orchester bestehen zu können. Aber die Aussicht auf ein, zwei schöne Tage in München stimmte mich milde. Ein wenig Cello spielen, ein paar Helle im Augustiner in der Arnulfstraße – nicht der schlechteste Tagesinhalt im Leben eines Jungstudenten. Zu meiner Überraschung erhielt ich tatsächlich eine Einladung zum Probespiel. Frohgemut ging’s mit dem Zug nach München: my Cello, my Pony and me.

Courante
Das ehrfurchteinflößende Posen der Nationaltheater-Säulen blendete mich ein wenig, und unwillkürlich schlich ich geduckt vor Ehrfurcht zum Künstlereingang des hohen Hauses. Drinnen sah das schon ganz anders aus: abgeschrubbelter 60er-Jahre-Chic, kleinmütige Verlautbarungen der DOV am Schwarzen Brett, der Geruch von Bohnerwachs und billigem Glasreiniger in den endlosen Gängen – so ähnlich kannte ich das auch aus Hildesheim, Rendsburg und Kassel. „Des dauert fei scho noch an Augenblick“, meinte die Dame im Orchesterbüro – ich möge doch bitte solange in einem der Stimmzimmer warten und in einer knappen Stunde erneut nachfragen. Also auf zu dem XXL-Flur. Ich öffne die erste Tür – und blicke in drei feindselige Konkurrenten-Gesichter. Hier muss ich nicht rein, wirklich. Ein Zimmer weiter: zwei Cellistinnen von der allseits hochgeschätzten Kurzrock-Fraktion haben sich hier niedergelassen, und es wäre höchst unklug, sich in die Hände diese blutrünstigen Spezies zu begeben. Auch aus dem nächsten Zimmer tönt Cello-Gedudel, und so laufe ich bis ganz ans Ende des Flurs. Ist denn hier keine Herberge für mich? So bin ich denn einigermaßen überrascht, als ich eine leicht angelehnte Tür aufstoße – und dahinter eine recht kommode Wohnsituation vorfinde: Fernseher, Flügel, eine riesige, wenn auch ästhetisch höchst fragwürdige dunkelbraune Cord-Couch. Sogar Ölgemälde hängen an den Wänden. In Sekundenbruchteilen entscheide ich: alles meins! Bevor ich mein Cello auspacke, um mich warm zu spielen, verstaue ich meine mitgebrachten Fressalien in dem milde brummenden Kühlschrank. Zwei Milchschnitten, ein Käsesandwich, zwei Dosen Sprite sowie meine temperaturempfindliche Augensalbe finden Platz in dem nussbaum-furnierten Etwas, das bis zu diesem Zeitpunkt nur einige Piccolos und die damals noch selten anzutreffende „Lätta“ beherbergt hat. Ich stimme mein Instrument, spiele der sanft dahindämmernden Couch ein wenig Bach und Haydn vor. Ein wenig aggressives Zappen durch die eigenartig sortierten Fernseh-Programme (Sat.1, ARD, 3sat, RTL, ZDF), dann reihe ich mich in die Schlange derer, die gleich vorspielen müssen. Schaun’mer mal! Meine feuchten Handflächen hinterlassen deutliche Spuren auf dem Hals des Instruments.

Sarabande
Wie erwartet, ist für mich bei dem Probespiel nichts zu reißen. Mein Ton ist widerborstig, wenig charmant. Noch vor der Wiederholung bricht der Zeremonienmeister ab, sagt gelangweilt „Dankeschön“. Rausgeflogen in der ersten Runde. Naja. München halt.

Bourée I und II
Ich bin nicht wirklich enttäuscht – eher erleichtert. Nun rasch das Cello verpackt, und dann ab in den Biergarten. Als ich in mein Zimmer poltere, zucke ich zusammen: da sitzt jemand auf der Couch! Ich spüre einen Blick aus zusammengekniffenen Augen auf mir ruhen: „Guten Taaaaaaaaag!?!“. Auweia. Diesen distinguierten Weißhaarigen kenne ich doch – von diversen CD-Booklets. Wolfgang Sawallisch. Chefdirigent des Bayerischen Staatsorchesters. Schlagartig wird mir klar, warum dieser Raum so luxuriös ausgestattet ist – es handelt sich um das Zimmer des Generalmusikdirektiors. Na bravo. Noch kann ich so tun, als hätte ich mich einfach nur in der Tür geirrt. Dummerweise räkelt sich mein Cello-Koffer lasziv vor dem Flügel. Kein Entkommen möglich. Dafür weitere stechende Blicke. Was ich denn hier wolle? Ööööh. Hab hier gerade vorgespielt, und fands eigentlich ganz gemütlich. Ein Versehen, ja, doch. Packe nur rasch mein Instrument ein. Sawallisch begleitet meine hektischen Pack-Versuche mit Blicken, als hätte er mich beim Masturbieren ertappt. „Bin mal weg“, zwitschere ich verlegen. Als ich in der Tür stehe, fällt’s mir siedend heiß ein: im Kühlschrank ist ja noch mein Zeugs! Um die Ess-Sachen wäre es ja nicht tragisch, aber meine Augensalbe brauche ich dringend. Ich gehe in Zeitlupe rückwärts zu dem Kühlschrank. Sawallisch kann kaum glauben, was er da sieht. Mit einem Ruck reiße ich die Kühlschrank-Tür auf, klaube hektisch meinen Proviant und meine Augensalbe zusammen. So ähnlich müssen sich die Typen gefühlt haben, die 1989 in Nizza den Tresor des Credit Agricole ausgeräumt haben. Sawallisch betrachtet mich mit einer Mischung aus Faszination und Widerwillen. Jetzt sag doch was. Ich halte eine Milchschnitte in die Höhe, schmunzele den Maestro an und sage: „Ich lass Ihnen das mal da, ja? So als kleine Nutzungsgebühr.“ „Das ist sehr nett, vielen Dank“, meint Sawallisch bedrohlich lauernd. Ich flüchte.

Gigue
Es war das letzte Probespiel für mich. Schon bald ließ ich ab von dem Gedanken, Musiker zu werden. Es folgte ein lange Episode als Nachtwächter in einer Pfeffermühle. Dann Kulturjournalist. Keine nennenswerte Verbesserung. Doch auch heute noch spüre ich ab und zu den Phantomschmerz von Wolfgang Sawalllischs Blicken, als ich ihm eine Milchschnitte schenkte.

Tiffany Nudeldorf MD
27.04.2002, 22:12
Schade, schade ! Das Gesicht (der Augen Blick!) von Herrn Sawallllisch wären sonst auch interessant gewesen, wenn er unerwartet die Augensalbe gefunden hätte. Musiker lesen ja Symbole ! Beleidigung, Eklat, Orchestervorstand, Ultimatum, vorzeitige Kündigung...

Saß er übrigens dort neben dem Cellokasten in Erwartung der Kurzrock-Fraktion ? Oder machte er nur grad eine kreative Pause, zunächst ohne Milchschnitte ?

Schöne Geschichte. Vorbildlich strukturiert, allerdings unnötigerweise - sei es denn gegen den bohrenden Blick von Sawallisch im Hirn.

DerCaptain
28.04.2002, 01:57
Sehr schön, wie fast alle Geschichten von Ihnen mag ich die sehr. Nur eine klitzekleine Mäkelei: Sie können vom Geruch billigen Glasreiniger von teurem Glasreiniger unterscheiden?

Benzini
28.04.2002, 02:33
Wahrscheinlich hat er den absoluten Geruch.

Elpenor
28.04.2002, 04:23
Es gibt eine Anekdote von Martial Solal (Jazzpianist, der öfters zeitgenössische Musik spielt): Was für ihn der Unterschied zwischen E-Musik und U-Musik sei. Antwort. Bei E-Musik schlafe ich in besseren Hotels.

Hat nix mit dem Strang zu tun. Was mehr mit dem Strang zu tun hat. Warum sich Valmont direkt von seinem Treiben distanziert: "Ich wollte die musikalische Welt mit meinen Cello-Künsten beglücken, die Klassik-Aficionados mit meinem edlen Ton zum Schluchzen bringen. ". Na, ganz so abgebrüht wird es nicht von statten gegangen sein, und warum nachträglich eine Lebensphase lächerlich machen, die doch seine Berechtigung hat. Schön erzählt, es gibt eine Reminiszens an Piatigorsky im der Geschichte, es sollte mehr im Piatigorskygefühl geschrieben sein, weniger Bitterkeit, mehr Anteilnahme an den Übestunden und an allem was damit zusammenhängt. Leidenschaftsloser Zynismus ist zu viel unterwegs.

Valmont
28.04.2002, 10:28
Grrr. Nicht mal in der Bahnhofsbuchhandlung gab es heute einen Tagesspiegel. Sowas.

@ Frau Nudeldorf: Ich hatte nicht den Eindruck, dass sich Maestro Sawallisch im Zustand der Gefechtsbereitschaft befand - ich denke mal, dass er der Kurzrockfraktion eher gleichgültig gegenübersteht. Tutti-Arbeiterbienen und gescheiterte 2. Vorspieler sind da anfälliger.

@ Cap: Mon capitain, wenn man einmal diesen Geruch wahrgenommen hat, wird man ihn nicht mehr los. Es ist ein Geruch, den man der Notaufnahme eines kirgisischen Unfallkrankenhauses zuordnen würde - aggressiv, stechend, mit rigoroser Kopfnote und leichten Anklängen vom spätabendlichen Klaus Löwitsch. Unvergessen, ungesühnt.

@ Elpenor: Jetzt, Sie's sagen - stimmt eigentlich. Jedenfalls war mein musikalisches Sendungsbewusstsein damals recht ausgeprägt, mein Selbsteinschätzungsvemögen dagegen eher weniger. Ich habe den Eindruck, dass heute eher diejenigen an den wirklich guten Pulten sitzen, die damals schon in Bodennähe segelten - und nicht die Phantasten. Schön übrigens, dass Sie den Piatigorsky-Anklang identifiziert haben.

Nachsatz: nach Auskunft eines Berliner Kollegen wurde Maestro Sawallisch in der Pause einer Bruckner-Einspielung anno 1993 mit einer Milchschnitte erwischt. Es scheint fast so, als gebühre mir der zweifelhafte Verdienst, den Dirigenten angefixt zu haben, so man dieses Wort im Zusammenhang mit Süßkram verwenden darf.

slam
28.04.2002, 14:46
wer will schon zu dem münchner philharmonikern?
sexisten (http://www.klassik.com/de/magazine/magazines/vivavoce/artikel01.htm)

Mr. Knister
29.04.2002, 08:55
Bravo Valmont, bravo. Ich war beim Lesen auch an "Mein Cello und ich" erinnert - Sie berühren da beim Schreiben einen feinen Ton.

Ich denke, dieser "Piatigorskyton" hat viel mit einem vernünftigen Verhältnis zur eigenen Biographie zu tun; Bitterkeit wenigstens lese ich bei Ihnen nicht heraus, und diese Form von Selbstkritik zu Beginn finde ich auch nicht weiter schlimm.

Schlimm ist, wenn Cellisten im Casalston schreiben (großherzig), ganz schlimm wird, wenn Sie sich des Mainardi-Tons bedienen (engherzig). Was halten Sie vom Rostropowitsch-Ton (offenherzig?) - fragt Sie interessiert Ihr K.


@slam: Da wollen schon einige hin. Es gibt sogar Männer & Frauen, die Chirurg(in) in der Mayo-Klinik werden wollen. Oder Fliesenleger(in) im Geschäft bei mir um die Ecke. Oder Aufsichtsrat/-rätin bei der Deutschen Bank. Gibt's alles.

Valmont
29.04.2002, 10:02
Der Ton von Cellisten – ein feines, allerdings unerschöpfliches Thema. Mr. Knister, Ihre Beschreibung der Cellisten-Töne war sehr treffend; ich schätze Ihren Sachverstand sehr. Den Rostropowitsch-Ton halte ich in kurzen Texten für erfrischend; allerdings kann ich mir vorstellen, dass sich über längere Strecken eine gewisse Ermüdung bemerkbar macht.

Für alle Nicht-Cellisten, denen diese Diskussion hier befremdlich vorkommen mag: wohl kaum ein Instrument vermag einem Musiker eine derart charakteristische Stimme zu verleihen. Die Färbung dieser Stimme ist sehr persönlich – man hat oft den Eindruck, dass hier sehr viel „Innnenleben“ mitgeteilt werden kann.

Zu abstrakt? Gut, ein Beispiel. Die Aussage „Heute regnet es. Daher werde ich den Spaziergang mit meinem Hund abkürzen.“ klingt in den verschiedenen Cellisten-Tönen so:

Pablo-Casals-Ton: „Regen! Regen! Immer dieser Regen! Naja, es kann nicht immer die Sonne scheinen, was? Das nehmen wir jetzt in Angriff, verdammt nochmal.“

Enrico-Mainardi-Ton: „Ojeeeee! Es regnet. Was mache ich denn jetzt? Wenn ich rausgehe, werde ich nass! Ich könnte mich erkälten. Ich glaube, ich überlege noch einen Moment, ja?!“

Mstislaw-Rostropowitsch-Ton: „Ah, Regen. Nicht gerade wenig, aber es war schon mal schlimmer. Wenn ich mich richtig erinnere, mag ich Spaziergänge im Regen sogar. Ich glaube, dies ist ein großer Tag!“

Gregor-Piatigorsky-Ton: „Heute regnet es. Es kann gut sein, dass ich den Spaziergang mit meinem Hund ein wenig abkürze. Es ist aber auch denkbar, dass ich unterwegs etwas interessantes finde. Dann ist der Regen nicht mehr so wichtig.“

Janos-Starker-Ton: „Ah, Regen. Das muss nicht unbedingt schlecht sein. Komm, wir gehen einfach mal raus, vielleicht gefällt es uns ja.“

Pierre-Fournier-Ton: „Regen. Wir sollten entsprechende Vorkehrungen treffen, um zu verhindern, dass die Nässe in tiefere Kleidungsschichten eindringt. Solchermaßen gerüstet, sollten wir unserer Pflicht ohne Schaden an Seele und Leib nachkommen können.“

Emanuel-Feuermann-Ton: „Potztausend! Das regnet heute mal wieder! Naja, da werden wir halt nass. Vielleicht wird’s ja noch besser. Heifetz, komm!“

Lynn-Harrell-Ton: „Du – ja, Moment mal, ich hör gerade, der Hund jault, ich glaub, der muss raus. Ich ruf Dich gleich zurück, einverstanden? Ich hab heute noch gar nicht rausgeschaut, wenn’s jetzt noch regnet, bekomme ich die Krise. Also, bis gleich, ja?“

Mischa-Maisky-Ton: „Huuuuuch, draußen regnet’s ja! Ich mach gerade mal die Balkontür auf und lasse den Hund raus, ja? Dann können wir weiterkuscheln.“

Mr. Knister
29.04.2002, 10:27
Wie schön, herzlichen Dank dafür! Hier, extra für Sie:

Jaqueline-du-Pre-Ton: „Juchu, Regen! Nix wie raus! Wo habe ich nur den Hund hingelegt?“

Siegfried-Palm-Ton: „Hm. Regen. Wenn ich einen Hund hätte, würde ich jetzt drin bleiben. Aber so muss ich wohl raus. Oder so.“

Natalia-Gutman-Ton: „Regen, gut. Tschaikowskijs Lieblingswetter. Komm, Hund. Soll Dir nicht besser gehen als wie armem Pjotr Iljitsch.“

David-Geringas-Ton: „Es regnet, Tatjana. Ich gehe mit Pablo grad mal um die Ecke. Wo sind denn gleich meine Gamaschen?“

Yo-Yo-Ma-Ton: „Regen, Hund. Komm raus. Don’t worry, be happy. Dum di dum di dum.”

Pauli
29.04.2002, 12:03
Schöne Geschichte, schön erzählt.
Das Cello ist, neben der Klarinette, mein Lieblingsinstrument.

Meine musikalische Ausbildung an der Clara-Schumann -Musikschule endete wie bei so vielen leider nach einigen recht erfolgreichen Jahren ab Mitte der Pubertät.
Schade.

Herr Uffelmann
29.04.2002, 12:20
.

Knallgaszelle
29.04.2002, 18:57
Sehr schöne Geschichte!

Wenn mich mein Gedächtnis nicht so drastisch im Stich lassen würde, könnte ich jetzt auch die ein oder andere Sawallisch-Anekdote hier auftischen, díe mir mein Cello-Lehrer vor ca. ein bis zwei Jahren mal erzählte und die aus der Zeit stammen, als er mit Sawallisch und FP Zimmermann das Brahms-Doppelkonzert aufgenommen hat.

Leider weiß ich lediglich noch, dass ich mich SEHR amüsiert habe.

Tiffany Nudeldorf MD
29.04.2002, 20:31
Auftakte, die länger als das Stück dauern, werden gerade von der Cellogruppe übel vermerkt. Fragen Sie Ihren Lehrer!

Yvonne Caldenberg
30.04.2002, 00:15
Ich kenne Sawallitsch nicht und die Musik sagt mir auch nichts (und die erwähnten Töne - ich komme mir vor wie Maulwurf in der Nationalgalerie).
Egal.

Die Geschichte ist schön. Käme die Milchschnitte nicht darin vor, hätte ich sie, aus Musikdummheit, vielleicht für erfunden gehalten.

Am besten gefällt mir das Ende: Nachtwächter in der Pfeffermühle. Zuhause gab es eine alte pfeffermühle, groß und aus Holz. Wenn man an ihr drehte, dann knirschte es. manchmal habe ich gedacht, sie knirscht auch ganz von alleine, einsam im Küchenschrank. Jetzt weiß ich, es war der Nachtwächter, der darin eingeschlossen saß und dem die Nebenhöhlen knirschten.
Gesundheit und Danke!

Valmont
30.04.2002, 11:31
@ Knallgaszelle: Ah, eine Schiff-Schülerin? Wow! Von Sir Henry sind mir keine Anekdoten bekannt, leider. Von Richard Duven (Berliner Philharmoniker) gibt es allerdings eine schöne Schote (die genau genommen in den "2. Hand Paparazzi"-Strang gehört, aber zwei Cello-Stränge im Forum sind nun doch zu heftig!): der wollte nach einem Konzert in Brüssel via Lüttich nach Hamburg fahren. Allerdings hatte der Zug aus Brüssel Verspätung, so dass er sich nachts um 2 einsam und verlassen auf dem Lütticher Hauptbahnhof wiederfand. Da am nächsten Morgen ein wichtiges Konzert anstand, muss Duven derart rumgetobt haben, dass ihm der völlig eingeschüchterte Bahnhofsvorsteher eine Lokomotive samt Lokführer organisiert hat. Es ist nicht bekannt, was Duven alles getan hat, um den Lokführer zu einer Hochgeschwindigkeits-Vorstellung zu animieren; jedenfalls gelang es, den versäumten Zug zu überholen, und in Aachen konnte Duven seine Fahrt planmäßig fortsetzen.
Herr Mehdorn, bitte lesen!

Mr. Knister
30.04.2002, 11:56
Hallo Valmont, die Duven-Anekdote kenne ich auch - allerdings die gesamte Cellistenschar der Berliner Philharmoniker betreffend (erzählt von Georg Faust).

Von Heinrich Schiff kann ich berichten, dass eine Freundin von mir ihn einmal auf einem Autobahnrastplatz getroffen hat. Er war dort in einen Bogen-Deal verwickelt. Meine Freundin war irritiert, dass die Bögen des Anbieters lose im Kofferraum herumflogen.

Und ein drittes: Rostropowitsch hat mir einmal eine Piatigorsky-Anekdote erzählt. Ich habe kaum verstanden, um was es dabei ging. Und ich hatte sie vergessen, noch bevor ich den Raum verließ. Irgendwas mit Hotelbar. Aber schön erzählt hat er. So wie Sie. Nur, dass ich mir Ihre Sachen merken kann.

Pauli
30.04.2002, 15:03
Mir gefällt besonders, wie dezent hier angegeben wird.

Mr. Knister
03.05.2002, 13:38
Wieso "dezent"? Nur nicht so vornehm, Pauli. Hier wird richtig angegeben.

Apropos: Haben Sie Georg Faust am 1. Mai in der Übertragung des Europakonzerts der Berliner Philharmoniker aus Palermo gesehen? Nein? Dann haben Sie wirklich etwas verpasst.

Pauli
03.05.2002, 14:10
Nö, hab den Bolero gehört und dabei meine Freundin befummelt.

( bin nunmal sehr vornehm! Tchchhh...)

Mr. Knister
03.05.2002, 14:17
Am ersten Mai die Freundin befummelt? Und den Bolero gehört? War doch schon mal da. Probieren Sie doch lieber einmal, zu Schostakowitschs VII. zu fummeln. Oder zu Chatschaturian ("Gayaneh", "Spartacus"). Spitze, sag ich Ihnen.