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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Rehhagel, Otto: Der Trainer probt mit uns "Hamlet" in einem Café



Valmont
19.04.2002, 14:06
Eigentlich fing es damit an, dass mein Kumpel Frank seine Schauspielrollen immer mehr in der Öffentlichkeit verkostprobte. Verkörperte er in einem Stück zufällig einen Penner, konnte man sicher sein, dass Frank auf der nächsten Fete ungewaschen erscheint, mit völlig zerzaustem Haar und wirrem Blick. Im Lauf des Abends würde mein Wohnzimmer dann zur Bühne werden, und viele Helden des Theaters würden in meiner bescheidenen Hütte auftreten. Auch wenn so mancher Mit-Partygast den Kopf schüttelte – Frank durfte das. Denn durch Frank habe ich Otto Rehhagel kennen gelernt – damals Trainer des 1. FC Kaiserslautern im Jahr nach dem Abstieg aus der 1. Liga

Das war so: ich saß mit Frank eines Nachmittags in der Steinstraße im Café 15, meines Wissens nach die einzige Szenekneipe Deutschlands, die bereits 65 Minuten vor dem offiziellen Schließzeitpunkt keine Gäste mehr hereinlässt. Am Nachmittag ist das Café 15 aber durchaus erträglich, nicht zuletzt, weil dort ein handwerklich korrektes KöPi serviert wurde (nebenbei: kann mir mal jemand erzählen, warum der Begriff „gepflegtes Pils“ noch nicht bei Strafandrohung auf den Geschmacksindex gesetzt worden ist? Jupp selig im Gasthaus Bingert schrubbelte immer mit Babywatte über die vortrefflich gefüllten, aber lausig gespülten Gläser. Das Pils sah immer so aus, als hätte ein Nikolaus mit massivem Haarausfall schon mal dran genippt. Diese Horror-Gläser wurden dann nicht ohne Verzicht auf den wertvollen Hinweis „Ein gepflegtes Pils“ serviert).

Jene Nachmittagsbiere hatten zwei unschätzbare Vorteile: zum einen wurde man ganz sanft in einen Zustand verhaltenen Trunkenseins befördert, zum anderen kam man als Tageslichtsäufer nicht als Opfer in Frage für jene geschiedenen Jungmütter, die im Café 15 Jagd auf solvente Solomänner mit Tagesfreizeit machten. Zu unsolide.

An einem milden Mittwochnachmittag wurde unser Sauf-Colloquium durch die Anwesenheit des heimlichen Herrschers der Stadt aufgewertet: Otto Rehhagel ließ sich wenige Minuten nach unserer Ankunft an dem hintersten Tisch nieder, knappe 2 Meter Luftlinie von uns entfernt. „Nkaffee“, erging Bestellung. König Otto begann dann mit einem höchst ausgefeilten Ritual: mit sicheren Fingern platzierte er auf dem Kaffeelöffel ein Stück Würfelzucker und senkte den Löffel dann langsam und gleichmäßig jeweils soweit ab, dass der Kaffee den oberen Rand des Zuckerwürfels gerade so bedeckte. Dann bewegte Rehhagel den Zuckerfahrstuhl wieder nach oben. Er fixierte das Zuckerstück ernst und gelassen. Nachdem der Kaffeelöffel die Flüssigkeit ca. fünf Mal penetriert hatte, zeigten die Kanten des Zuckerwürfels erste Auflösungserscheinungen, und ein versonnenes, stillvergnügtes Lächeln breitete sich auf Ottos Gesicht aus. Vermutlich dachte er beim Anblick der erodierten Materie an das Mittelfeld von Bayer Leverkusen oder das Nasenbein von Oliver Kahn. Nachdem der Zucker völlig aufgelöst war, hielt Rehhagel kurz inne und begann, das beigegebene Stück Teegebäck an diversen Stellen des Untertellers zu platzieren: erst ganz rechts, bei 3 Uhr also, dann bei 8 Uhr, schließlich bei 2 Uhr. Die letzte Positionsveränderung habe ich leider nicht erkennen können, weil mir eine Schürzennatascha ein weiteres Bier servierte. Was machte der da? Geheime Zahlenbotschaften? Tresorcodes? Vielleicht habe ich mich durch diese Unaufmerksamkeit um die Chance gebracht, Kenntnis von Rehhagels ec-Karten-Geheimzahl zu erlangen, wer weiß das schon?

Frank fühlte sich offenbar vernachlässigt und tat das, was er damals immer tat, um meine Aufmerksamkeit wiederzugewinnen: er zitierte lautstark den Beginn von Rilkes „Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“. Erst wanderte sein Blick nach schräg links zur Decke, so als würde er die wehmütige Erinnerung an eine verflossene Kurtisane wachrufen, und dann schleuderte er mir mit bebenden Nasenflügeln und geschlossenen Augen entgegen: „Reiten, reiten, reiten“. Sichtlich pikiert rutschte die Solo-Mama am Nachbartisch von uns weg. „Durch den Tag, durch die Nacht, durch den Tag.“ Otto wandte sich von seiner Teegebäck-Kabbalistik ab und blickte aus den Augenwinkeln zu uns herüber. „Reiten, reiten, reiten.“ Dann mit offenen Augen: „Und der Mut“ – Pause – „ist so müüüüüüde geworden und die Sehnsucht so groß.“ Stimme fahl werden lassen, zu Boden blicken „Es gibt keine Berge mehr, kaum einen Baum.“ Frank fixierte den Kuchenturm. „Nichts wagt aufzustehen.“ Genau das tat Otto in diesem Moment, und kam an unseren Tisch geschlendert. Unvergleichliche Beinführung! „Fremde Hütten hocken durstig an versumpften Brunnen“. Höhö! Versumpft, wie wahr!

„Entschuldigung, darf ich Sie was fragen?“, ließ sich Rehhagel mit einer erstaunlich leisen Schüchternheit hören. „Sind Sie vom Theater?“ Aber ja doch, beschied Frank knapp ob der Störung. „Ich hab’s ja auch mit der Kultur“, gab sich Rehhagel als Musengeküsster zu erkennen. Wir feierten die Ankunft des Fußballtrainers an unserem Tisch mit verhaltener Frenetik und nahmen einen KöPi-Schluck. Soso. Hm. „Ah ja, und das mit dem Sprechen und so, das haben Sie richtig gelernt?“ Jau. „Ich sag ja ganz oft Goethe-Sachen und so. Die Klassiker, die sind schon wichtig.“ Klaro, sagte Frank, das kann nicht schaden, auch in der Fußball-Branche eine gewisse Kultur-Dosis verinnerlicht zu haben. Auf dem Platz ginge es ja auch oft um Sein oder Nichtsein. „Ah, Hamlet“, lächelte der Meister mit Kennermine: „Sein oder Nichtsein – DAS ist hier die Fraaage!“ Mit keck hochgezogenen Augenbrauen hielt Rehhagel erwartungsvoll inne. Vermutlich wartete er auf Lob angesichts dieser geglückten Identifizierungsleistung.

Aber: auf Franks Gesicht machte sich ein Anflug von schmerzhafter Verstörung breit. „Neiiiiiiin“, sagte er flehend, „das geht doch anders! Das ist nicht hinter dem Wort >Frage< zu Ende, das Zitat. Machen Sie’s doch mal so: >Sein oder Nichtsein? – Das ist hier die Frage, ob’s edler im Gemüt, die Pfeil und Schleudern des wütenden Geschicks erdulden, - oder (?!), sich waffnend gegen einen See von Plagen, durch Widerstand sie enden<“.

Rehhagel war beeindruckt. „Wie, nochmal?“, fragte Otto mit heiserer Stimme.

„Sie können’s auch so machen“, meinte Frank: „>Sein! - Oder Nichtsein! – Das ist hier die Frage: ob’s edler im Gemüt, die Pfeil und Schleudern des wütenden Geschicks erdulden. Oder: sich waffnend gegen einen See von Plagen, durch Widerstand sie enden!<“.

Ottos Begeisterung mündete in wildes Mundwinkelzucken. „Sein oder Nichtsein!!! Das ist hier die Fraaage!!! Obs edler im Gemüüüt!!! – Wie geht’s nochmal weiter?“

Frank war mit den Leistungen seines prominenten Eleven keineswegs zufrieden. „Neee, mehr fließen lassen, Herr Rehhagel!“. Mittlerweile schauten alle Cafégäste gebannt zu uns hin. „>Sein?! - Oder Nichtsein?! – Das ist hier die Frage: ob’s edler im Gemüt, die Pfeil und Schleudern des wütenden Geschicks erdulden!<“.

Otto: „>Sein! Oder Nichtsein!!! Das ist hier die Fraaage!!! Obs edler im Gemüüüt!!!< Besser?“.

„Nicht schlecht, aber Sie sollten noch ein wenig üben“, so Frank in Gönner-Manier. Rehhagel fixierte seine Kaffeetasse und murmelte halblaut den Beginn des Monologs vor sich hin, immer und immer wieder.

Dann hat er unsere Getränke gezahlt und uns „zwei gute Karten“ für ein FCK-Spiel versprochen. Die kamen dann auch zwei Tage später. Das Spiel war an einem Montagabend, FCK gegen Waldhof Mannheim, und ich zog mir mein kariertes Sakko und meine DAKS-Krawatte an, was meine damalige Partnerin zu Zweifeln an meiner Abendgestaltung herausforderte – im Sakko geht man doch nicht zum Fußballplatz! Ich wollte jedenfalls nicht, dass Fritz Walter einen Herzinfarkt bekommt, nur weil ich meine alte, löchrige Jeans anhabe, und bestand auf dem Edel-Look. Gepflegte Kleidung kann doch nichts schaden, und wer weiß – vielleicht sitzen wir ja neben Ministerpräsident Kurt Beck? Die Sorge war jedoch unbegründet, denn Kurt Beck saß vier Reihen hinter uns. Dafür wurden wir mehrfach in Großaufnahme im Fernsehen gezeigt (das Spiel wurde live vom DSF übertragen), und am nächsten Tag schenkte mir der Gemüseverkäufer auf dem Markt einen Strauß Petersilie, weil ich im Fernsehen war. Ich habe dann mehrfach das ansonsten von mir gemiedene „Aktuelle Sportstudio“ im ZDF angeschaut, wenn Otto Rehhagel eingeladen war, aber er hat mir nie den Gefallen getan und die Fernsehrepublik mit den Ergebnissen von Franks kleinem Coaching erfreut: „Sein oder Nichtsein!!! Das ist hier die Fraaage!!! Obs edler im Gemüüüt!!!“

DerCaptain
19.04.2002, 14:17
VOR-BILD-LICH!
Und dazu hochkomisch und wirklich mal was Neues.
Sehr fein.
Schmidtchen, lesen!!!

DonDahlmann
19.04.2002, 14:25
Aber Hallo!

Sabeta
19.04.2002, 14:34
ich habe das ja gleich geahnt. valmont rult, wie man damals hier zu sagen pflegte.

Tristram Shandy
19.04.2002, 14:51
Wunderbar!

rron
19.04.2002, 14:53
Beim nächsten Mal bitte direkt in den Digest schreiben.

Klingeltonk
19.04.2002, 14:57
Perfekt. Aber das haben ja auch schon die anderen gesagt.

DerCaptain
19.04.2002, 15:01
Dazu passend:
Deutsche Theaterfußballmeisterschaften (http://www.radiobremen.de/rb2_archiv/feature/1997/970421.shtml)

DerCaptain
19.04.2002, 15:10
Da tun sich ja Abgründe (http://www.xzeit.de/Artikel%20Nr.%200/Klaus%20Pierwo%C3%9F%20Interview.htm) auf:



Xzeit: Das Bild des Theaterintendanten Pierwoß im Werder-Trikot neben dem Trainer Otto Rehagel im Frack ging nicht nur durch die Medien, sondern brachte Theater und Fußball auf bislang einmalige Weise zusammen. Haben Sie noch regelmäßig Kontakt zu Otto?

Pierwoß: Es gibt nach wie vor freundschaftliche Kontakte. Ich habe ihn in der letzten Spielzeit oft in Kaiserslautern besucht und war Gast beim Championsleague-Spiel gegen Benlica Lissabon. Jetzt muss ich sehen, ob in dieser Spielzeit die Zeit für einen Besuch reicht. Ich hoffe aber, dass wir uns bei nächster Gelegenheit auch mal wieder in Bremen sehen werden.

Edding Kaiser
19.04.2002, 15:13
Otto Rehagel ist übrigens auch ein Duzfreund von Johan Kresnik, also in der Welt des Tanzes ebenfalls ein Auskenner vor dem Herrn. Das nächste Mal, Valmont, wenn Sie ihn treffen, bringen Sie und Ihr Kumpel ihm doch ein paar neue Schrittfolgen bei. Tun Sie mir die Liebe? Das wird eine Geschichte mindestens so schön wie diese. Und diese ist schon verdammt schön.

Tristram Shandy
19.04.2002, 15:19
Otto Rehagel hatte - zu seinen Münchener Zeiten, glaube ich - an seinem Haus ein Klingelschild mit dem Namen "Rembrandt".

Christoph Daum war mal im Sportstudio und hat da seine selbst gemalten Bilder gezeigt, die unfassbar grauenvoll waren.
Er könne dabei wunderbar entspannen. Aha.

DerCaptain
19.04.2002, 15:40
Hab nun ach...

Tristram Shandy
19.04.2002, 16:09
Hmm, das Bild geghört in den "Zwillinge, nach der Geburt getrennt"-Strang im Bilderforum.

Goodwill
19.04.2002, 16:56
Das ist eine tolle Geschichte! Soviel Spielfreude traut man einem Trainer gar nicht zu.

Valmont
19.04.2002, 17:42
Ich danke für die zahlreichen Blumen! Voilà, des vrai amis! Es haben mich zwei mails aus Kaiserslautern erreicht, die Zeugnis davon ablegen, dass Rehhagel in der Tat Gebrauch gemacht hat von den Ergebnissen der oben beschriebenen kleinen Bühnenprobe: laut eines sehr glaubwürdig klingenden Lars soll er in einem Restaurant namens "La Forchetta" die gut besetzte FCK-Tischrunde mit der "extended version" des Zitats zu beeindrucken versucht haben, und ein Peter Matz schreibt mir, dass Otto das "edle Gemüt" in einem Interview für den Südwest-Rundfunk angebracht hat, wo es allerdings eher nach "edelem Geblüt" geklungen haben soll. Tja, Herr R.: Üben! Üben! Üüüüben!

slowtiger
19.04.2002, 17:48
Ich hasse ja Fußball. Aber diese Geschichte ist klasse. Und, was die Vorredner über dem Lob der komischen Begebenheit ganz vergessen haben zu erwähnen, sie ist auch noch verdammt gut beobachtet und geschrieben.

Valmont
19.04.2002, 18:03
Otto hat den Löffel nach den neckischen Zuckerspielchen abgeleckt, ja.

Das Teegebäck hat er nicht aufgegessen.

Wir haben nicht über Fußball gesprochen.

Otto hat das Café vor uns verlassen, wir sind noch eine Weile geblieben. Wir haben uns dann noch ca. 30 Minuten lautstark über das Burgtheater und den Claus unterhalten und dabei die Blicke der Umsitzenden genossen.

Unser "Star für einen Augenblick"-Status ließ sich nicht in den Austausch von Geschlechtsmitteln umrubeln, da die Umsitzenden kollektiv zu dem Ergebnis gekommen sein mussten, dass die Bekanntschaft mit Otto Rehhagel die Untugend des mittäglichen Alkoholgenusses nicht aufwiegen kann. Kaiserslautern halt. Aber gut: den tiefen Teller haben sie dort auch nicht erfunden!

graumauser
19.04.2002, 19:17
Meine Güte! Ich kenne Otto seit bald dreißig Jahren - noch nie wurde er in so wohlgesetzten Worten so trefflich charakterisiert.

Aber er ist trotzdem ein ganz lieber Mensch.

g.

Herr Genista
19.04.2002, 19:26
Das war aber schön, Valmont. Danke.

Frau H aus B
19.04.2002, 19:52
Schapoh, Monsieur Valmont!

Also Moment, ist Rehhagel jetzt ein ganz lieber Mensch, obwohl graumauser ihn seit bald dreissig Jahren kennt oder obwohl er noch nie in so wohlgesetzten Worten so trefflich charakterisiert wurde?

graumauser
19.04.2002, 19:59
Dosenpfand!

Frau H aus B
19.04.2002, 20:03
Flaschenpfand!

graumauser
19.04.2002, 20:12
Jo, ganz gute Replik.

Die Suchmaschine dieses tollen Forums weist (gelogene) 142 Fundstellen für "verfickt*" auf, dagegen aber (geschönte) 923 mal ein "wunderbar*". Grob geschätzt also ein 1:6 des Vulgären gegen die Schönen Künste. Na, mit dem Ergebnis kann man leben, die Saison ist noch lang.

Das würde Otto genauso sehen.

g.

Valmont
20.04.2002, 06:41
"... der Cornet war das unvermutete Geschenk
einer einzigen Herbstnacht, in einem Zuge
hingeschrieben bei zwei im Nachtwind
wehenden Kerzen; das Hinziehn der Wolken
über den Mond hat ihn verursacht..."

Könnte von Otto R. sein, nachdem ihm Reiner Calmund eine Ladung Domestos in den Pausentee geschüttet hat - ist aber von R. M. Rilke: Brief vom 17.8.1924 an H. Pongs

maki
16.10.2002, 01:58
ich beppe das mal an meinen Lieblingsfußballstrang:

mein indisch-tirolerischer Mitbewohner hatte heute seinen britisch-indischen Onkel zu Besuch, der beruflich in Bratislava zu tun hat, ich wurde zum Essen mitgeschleppt ins "Beograd", ein Restaurant mit bastigen Resten thai-gastronomischer Dekoration und stolzen Kellnern, deren karge Worte und stolze Gesichter sagen: "Nicht ich bin dein Diener, Gast, sondern du hast unterwürfig zu danken, daß ich deinem Gaumen Einblick in die Speisen meines großartigen Heimatlandes gewähre."
Der ältere Herr neben uns ließ seinen Grillteller nach wenigen Bissen mit kargen slawischen Worten zurückgehen, anklagend auf die Zwiebeln deutend. Der Kellner fügte sich still, der Herr erklärte uns, er sei Exilzahnarzt aus Beograd, die Sozialisten hätten ihn vertrieben, hier, die Narbe an der Hand, dann war er Zahnarzt in Amberg und Wien, ich fragte ihn, ob die Österreicher bessere Zähne hätten als die Deutschen, er zuckte nur mißbilligend mit dem Kopf, alberne Frage.
Nebenan geigte ein slawischer Geiger sanft und sirupig Wienerlieder, eine englische Familienfeier schwang Reden, dann gingen wir noch dem Onkel Wien zeigen. Da, der Stephansdom. Augen nach oben gerichtet, fast umgerannt von einem Herrentrio, zwei schwarzgekleidet, einer im beigen Trenchcoat, seine berühmten Augen gar nicht mal so viele Zentimeter aus den Augenhöhlen ragend, er strahlt lebensfroh und souverän: Pierluigi Collina, Weltschiedsrichter des Jahres. Diese Augen, die Foulspieler zu Brei starren, um dann nach 2,3 Sekunden aufmunternd zu zwinkern: Hey, ihr Racker, was haben wir doch für einen Spaß hier!

Vielleicht waren die 2 Begleiter seine Linienrichter, ganz sicher würden die drei Racker jetzt noch Spaß haben in einem Beisl und sich kichernd Tricks ausdenken, wie sie morgen Österreicher und/oder Niederländer zur Weißglut bringen können. Meine beiden Halbinder kannten keinen Collina, und wir gingen schnörkel- und säulenerklärend weiter.

rron
16.10.2002, 02:10
Maki, das ist furchtbar groß. Ich lobe jetzt einfach mal so, weil mir partout nichts zum Thema einfallen will, außer, wie ich neben Ali Daei an der Ampel stand, oder wie Schorsch Metzger mein Trikot an der falschen Stelle signierte (über Willi Bierofka, Vater des aufstrebenden Jungnationalspielers). Das ist aber alles Sacheisse.

maki
16.10.2002, 03:23
Wow, geil, ich bringe rron zum honzen.

Im Standard (http://derstandard.at/?id=1101302) stand heute über Collina:
Vor einigen Tagen stürmte er aus einer italienischen TV-Sendung, weil die Moderatoren über seine Glatze gewitzelt hatten, den kurz vorher für seinen Gerechtigkeitssinn erhaltenen Pokal warf er in den Mistkübel. Jetzt spricht er nicht mehr mit Journalisten.

Was für ein großartiger Mann. Kann ihn mal bitte jemand für Berlusconi einwechseln?

Aporie
17.10.2002, 00:18
Ich danke unterwürfig, dass meinen Augen Einblick in das posting des großartigen maki gewährt wurde.

Benzini
17.10.2002, 00:56
Ich möchte bei dieser Gelegenheit meine Bewunderung für Reiner Calmund loswerden, der, bezüglich der unwürdigen Koks-Affaire Daums in einem Interview mehr oder weniger spontan äusserte:
"Kristoff, sach datte krank biss, dann verzaisch dia!"

Delgado
03.09.2003, 00:15
während seiner münchener zeit hatte otto r., wohl in anlehnung an seine lehre als anstreicher und als vorweggenommes schutzschild gegen aufdringliche oder überkritische fussballenthusiasten , für das klingelschpld seiner schwabinger wohnung den namen "rubens" gewählt (obwohl "rembrandt", wie oben berichtet, auch schön wäre). als dieser umstand in der münchener lokalpresse kolportiert wurde, war es mit ottos authorität bei den bayern-millionärskickern dahin, nicht lange danach war seine tätigkeit an der isar beendet. ich glaube , das war, bevor er seine kenntnisse in shakespeare zitaten auffrischen konnte. vielleicht hätte das geholfen.

Goodwill
31.10.2003, 16:35
.

Murmel
31.10.2003, 16:37
Gute Idee, Goodwill.

Der Admiral
09.01.2004, 00:13
Vorhin lief die merkwürdige 20-Jahre-SAT1-Gala und einer der zwei Gäste bei Schmidt war Jörg Wontorra. Das Interessanteste an seinem Gesülze war noch eine Anekdote aus der allerersten RAN-Sendung, die damals noch garnicht RAN hiess, sondern "Bambissimo" oder ähnlich scheisse, als er damals Rehhagel dazu gebracht hat, den kompletten "Handschuh" zu deklamieren. Das fand Wontorra so dermaßen schenkelklopfend, daß er die Erzählung dieser Begebenheit minutenlang als Hammerpointe seiner TV-Karriere ankündigte und Schmidt incl. Publikum danach verstört zurück ließ.
Ich dagegen wurde an diese wunderbare Geschichte von Valmont erinnert und schließlich dadurch veranlasst, sie zu wuchten.
Danke, Jörg Wontorra!

Iron Chef Morimoto
01.07.2004, 08:25
Knackige Geschichte zum Halbfinale!