Treutwein
19.04.2002, 11:32
Wenn man sich als Journalist zur Hure des Lifestyle macht, wird man manchmal eingeladen, zu Restauranteröffnungen zum Beispiel. Viele Menschen, wichtige Menschen, wichtigtuerische Menschen, in einem Käfig eine Tänzerin, ein recht guter DJ legte auf, ein recht guter Barkeeper mixte recht gute Cocktails. In der Ecke eine Gruppe tätowierter Glatzköpfiger, zwecks Buntheit der Gesellschaft eingeladen, die zu fortgerückter Stunde das State of the Art-Pissoir begeistert mit "Geil, ich wollte schon immer mal gegen einen Wasserfall pissen" bedachten. Solch ein Ambiente war das, mir war langweilig, ich lümmelte im Sofa und trank, als sie mir auffiel. Das konnte sie aber nicht gewesen sein, doch, das war sie, Topffrisur, verhärmter Blick, eingekreist von drei Bodyguards. Merkel, kein Zweifel mehr. Aber: Merkel passte hierher, sie war sich vollkommen sicher, keine zukurzgekommene Ost-Wehleidigkeit, ein Fisch im Wasser, eine eingespielte Protagonistin dieser dummen, obszönen Szene. Schon war sie vorbei.
Aber fuck, die Cocktails waren gut, das Essen lecker, am anderen Elbufer sah man den nächtens beleuchteten Hamburger Hafen. Cool, Staplerfahrer, die verdienen ordentlich, die verdienen ein Vielfaches von mir. Ein Schiff tuckerte vorbei, nach Osten, in Richtung Innenstadt, hinter mir war der Abend am Kochen, das ist die Welt, in der wir uns heute zurechtfinden müssen.
Aber fuck, die Cocktails waren gut, das Essen lecker, am anderen Elbufer sah man den nächtens beleuchteten Hamburger Hafen. Cool, Staplerfahrer, die verdienen ordentlich, die verdienen ein Vielfaches von mir. Ein Schiff tuckerte vorbei, nach Osten, in Richtung Innenstadt, hinter mir war der Abend am Kochen, das ist die Welt, in der wir uns heute zurechtfinden müssen.