hippe
28.02.2002, 21:45
handlungsbedarf
vor zwei stunden hatte chris t. beschlossen, schriftsteller zu werden. jetzt waren schon elf seiten des romans fertig. elf von vierhundert seiten. die literarische qualität war irgendwo zwischen umberto eco und benjamin v. stuckrad-barre anzusiedeln. dessen war sich chris t. absolut sicher. sechzehn figuren bewegten sich, hart aber gefühlvoll gezeichnet, durch den neuen deutschen herbst, darunter ein professor für politische geschichte; seine junge, hübsche frau; sein schwuler sohn; vier studenten aus moslemischen ländern, die gerne schliefen; ein innenminister; sieben hochmotivierte beamte des bka und ein unbekannter soldat. ort der handlung war stuttgart, die schwäbische metropole mit dem fernsehturm. chris t. hatte sich vorsorglich für einen runden turm entschieden. viereckige türme besaßen zur zeit eine fast beklemmende eigendynamik, eine zwanghafte authentizität, die kaum gestaltungsspielraum ließ. während also die moslemischen studenten schliefen und die bka-leute daraus wichtige erkenntnisse gewannen, während der professor und seine junge, hübsche frau mit unterschiedlicher intensität versuchten, den sohn auf den richtigen weg zu bringen, liebäugelte der innenminister damit, flugstunden zu nehmen. den turm zu umfliegen, den turm zu beschützen, immer wieder, rund um die uhr. als leuchtendes beispiel sozusagen. das wort leuchtend strich chris t. dem innenminister aus den gedanken. das wort leuchtend war nur noch in verbindung mit augen zu gebrauchen. augen von zivilisierter haut umgeben. an diesem punkt könnte man ohne nennenswerten widerstand den unbekannten soldaten ins spiel bringen, dachte chris t.. am besten mit grab. denn es musste unbedingt noch der satz laura, ich liebe dich hinein in den roman. wenn nicht jetzt, dann wo. also flüsterte der soldat kurz vorm sterben laura, ich liebe dich. während der innenminister um den fernsehturm flog und den besuchern zuwinkte.
vor zwei stunden hatte chris t. beschlossen, schriftsteller zu werden. jetzt waren schon elf seiten des romans fertig. elf von vierhundert seiten. die literarische qualität war irgendwo zwischen umberto eco und benjamin v. stuckrad-barre anzusiedeln. dessen war sich chris t. absolut sicher. sechzehn figuren bewegten sich, hart aber gefühlvoll gezeichnet, durch den neuen deutschen herbst, darunter ein professor für politische geschichte; seine junge, hübsche frau; sein schwuler sohn; vier studenten aus moslemischen ländern, die gerne schliefen; ein innenminister; sieben hochmotivierte beamte des bka und ein unbekannter soldat. ort der handlung war stuttgart, die schwäbische metropole mit dem fernsehturm. chris t. hatte sich vorsorglich für einen runden turm entschieden. viereckige türme besaßen zur zeit eine fast beklemmende eigendynamik, eine zwanghafte authentizität, die kaum gestaltungsspielraum ließ. während also die moslemischen studenten schliefen und die bka-leute daraus wichtige erkenntnisse gewannen, während der professor und seine junge, hübsche frau mit unterschiedlicher intensität versuchten, den sohn auf den richtigen weg zu bringen, liebäugelte der innenminister damit, flugstunden zu nehmen. den turm zu umfliegen, den turm zu beschützen, immer wieder, rund um die uhr. als leuchtendes beispiel sozusagen. das wort leuchtend strich chris t. dem innenminister aus den gedanken. das wort leuchtend war nur noch in verbindung mit augen zu gebrauchen. augen von zivilisierter haut umgeben. an diesem punkt könnte man ohne nennenswerten widerstand den unbekannten soldaten ins spiel bringen, dachte chris t.. am besten mit grab. denn es musste unbedingt noch der satz laura, ich liebe dich hinein in den roman. wenn nicht jetzt, dann wo. also flüsterte der soldat kurz vorm sterben laura, ich liebe dich. während der innenminister um den fernsehturm flog und den besuchern zuwinkte.