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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Beckhaus, Friedrich-Georg



Mr. Knister
19.02.2002, 12:35
Ich war studienhalber Zehlendorfer geworden und wohnte über meine Verhältnisse. Die Nachbarschaft war sehr vornehm und unfreundlich und ich wollte nicht so recht heimisch werden in dieser manierlichen Ecke von Berlin, in der die Welt auch vor der Wiedervereinigung noch in so schöner Ordnung war. Mir wurde gesagt, um mir den Wert meines Wohnumfeldes zu verdeutlichen, ich hätte einen berühmten Nachbarn: Martin Held. Den sah ich nie.

Mir fiel der andere Nachbar auf, den ich gelegentlich traf. Ein stiller, meist in einen dunklen Mantel gehüllter Mann, der die Hände in den Taschen zu verstecken pflegte. Ich sah ihn immer nur ohne Begleitung aus dem Haus gehen. In der kühlen Jahreszeit trug er eine Pelzmütze auf dem Kopf, was mir sehr vornehm vorkam. Ich kannte sein ernstes Gesicht aus dem Fernsehen, aber es ließ sich nicht zuordnen. Er war freundlich, und wir grüßten einander, wenn wir uns begegneten. Er sah immer traurig aus und ich wagte nicht, ihn anzusprechen. Es blieb beim Gruß.

Im nahen Lebensmittelgeschäft konnte mir lange Zeit niemand sagen, wer er war. Irgendwann fiel der Name Beckhaus, und ich sah plötzlich alles vor mir: Die Kommandobrücke vom schnellen Raumkreuzer Orion, die schöne Tamara, Commander McLane, Wolfgang Völz – und eben Friedrich-Georg Beckhaus. Bei Bolle an der Kasse holte mich die Kindheit im ungeliebten Zehlendorf ein. Es war erschütternd. Für diesen Moment bin ich meinem Nachbarn bis heute dankbar.

Heute weiß ich, dass er kaum noch spielt, dafür aber viel synchronisiert. Und manchmal, spät abends, meine ich, seine Stimme aus fremder Leute Gesicht zu hören. Und dann schleichen sich die Gedanken zurück. Vielleicht, denke ich dann, war es in Zehlendorf ja doch nicht so schlecht. Immerhin gab es einen freundlichen Nachbarn.

Klingeltonk
19.02.2002, 14:49
Das ist eine schöne Geschichte.

(Obwohl ich erstmal nachgoogeln mußte, bis der Groschen fiel.)

Kotze
19.02.2002, 15:15
Der Hotelmanager Hector Elizondo aus Pretty Woman: "Manchmal hat die Gabel auch nur drei Zinken." (http://mitglied.lycos.de/Slartibartfast/wav/beckhaus.wav)

Edding Kaiser
19.02.2002, 15:18
Schöne Geschichte, von Kotze auf das Lobenswerteste sekundär unterfüttert.

Mr. Knister
19.02.2002, 15:19
Es tippt sich nicht ganz leicht, aber dennoch: Danke, Kotze!