iodin
08.02.2002, 01:35
Ich hielt mich immer für einen von denen, die dazu verurteilt sind, in ihren ganzen Leben keinem einzigen Promi zu begegnen. Nie habe ich irgendeine bekannte Visage zufällig gesehen, immer nur gegen Eintritt, aber das zählt ja wohl nicht. Das wurmte mich gelegentlich, wenn ich mal wieder von irgendeinem Bekannten noch so eine glmouröse Sichtungs-Story hörte, aber im Großen und Ganzen trug ich dieses Schicksal mit einigermaßen angemessener Ergebenheit.
Dies vorweg. Aber dann! Wie groß war meine Freude, als folgendes geschah. Es war während der letztjährigen Frankfurter Buchmesse. Meine Gefährtin und ich hatten unseren Messetag gerade beendet und marschierten erschöpft, aber glücklich (ich hatte auf einer Lesung gerade den verehrungswürdigen Georg Klein entdeckt), zurück gen Innenstadt.
Als wir uns der nächsten Strassenkreuzung näherten, bot sich uns ein leicht exzentrischer Anblick: An der roten Ampel wartete, eingekeilt zwischen mehr oder weniger (meist aber mehr) blitzenden Karossen, ein rotgesichtiger Mann mit Wuschelhaar im gleichen Farbton, in einem zerknautschten „äh, ich hätt da noch mal ne Frage“ – Trenchcoat, auf einem auch nicht mehr ganz neuen Fahrrad. Ich weiß nicht, ob einer weiß, wie es in der Umgebung der Frankfurter Messe aussieht? Wahrscheinlich recht viele, es scheint ja hier ein gebildetes und Literaturinteressiertes Publikum zu verkehren… Jedenfalls, da sieht es industriemäßig großspurig und hässlich aus, hohe Häuser, breite Strassen, damit man schnell wieder weg ist, vermute ich mal. Das nur um zu verdeutlichen, wie sich gerade dort ein Mensch auf einem ziemlich klapprigen Fahrrad ausnimmt – wie ein Penner oder ein aus der Blütezeit der Hausbesetzung Übriggebliebener (oder beides).
Beim Näherkommen – glücklicherweise war die Ampel offenbar noch weit davon entfernt, auf Grün umzuschalten - konnten wir den komischen Kerl näher in Augenschein nehmen. Und, tja, dann kam er uns irgendwie bekannt vor… ich glaube, es war meine Gefährtin, die mich darauf aufmerksam machte: Du, der sieht ja aus wie Daniel Cohn-Bendit!, mögen ihre Worte gewesen sein. Da fiel es mir auch auf – diese Kartoffelnase, dieses Wuschelhaar, diese recht schratige Erscheinung... Aber eingedenk meines schlechten bisherigen Promi-counts blieb ich skeptisch. Die ur-Frankfurter rote Socke Dany, mitten in Frankfurt, auf einem echten antikapitalistischen, unglobalisiert-gruppendynamischen, ich hätte fast gesagt: makrobiotischen Fahrrad, das wäre nun wirklich zu schön gewesen, um wahr zu sein. Nun aber holte der komische Mann ein Handy aus der Tasche und fing mitten auf Kreuzung lautstark an zu telefonieren. Und zwar auf französisch, silwupläh! Nicht gerade akzentfrei, aber auch nicht übel. Das erhärtete den Verdacht. Denn hatte Dany le Rouge nicht soeben für les Verts fürs Europaparlament kandidiert, und hatten wir ihn nicht, teils aus Überzeugung, teils weil uns die ganzen konkurrierenden Franzosen nix sagten, gewählt, ja, waren sogar auf einer Wahlkampfveranstaltung gewesen, auf der er zu uns sprach? Ja, so war das gewesen. Ergriffen tauschten wir Erinnerungen aus. Also, nur wir beide, nicht der rote Korsar, der allenfalls in Rufweite weilte.
Aber so weit weg war er dann doch nicht - er schien sich jedenfalls erkannt zu fühlen, schaute in unsere Richtung, und – ja, jetzt war die Sache endgültig klar. Die wasserhellen blauen Augen, in denen das Feuer der Revolution… na ja, also, jedenfalls war er es ganz sicher, und er hatte auch schon diesen geschmeichelt-huldvollen erkanntwerd-Blick drauf, von dem ich mir immer vorgestellt habe, bekannte Leute könnten ihn haben, wenn ihnen Ihre Prominenz mal wieder vor Augen geführt wird.
Dann wurde es aber bald schon grün, Danny konnte weiterfahren, hatte damit aber ein paar Probleme, kam nicht so richtig vom Fleck, die Karossen hinter ihm wurden schon merklich ungeduldig – aber die wussten ja auch (vermutlich) nicht, wen sie da – im wahrsten Sinne des Wortes – vor sich hatten. Schliesslich war das schwer, so gleichzeitig Weltpolitik machen, den Trenchcoat bändigen und in die Pedale treten, kann man verstehen. Doch bald schon war er entschwunden und liess uns beglückt zurück.
Ja, so war das. Seitdem habe ich mein Soll an Paparazzitum auch erfüllt, endlich.
Dies vorweg. Aber dann! Wie groß war meine Freude, als folgendes geschah. Es war während der letztjährigen Frankfurter Buchmesse. Meine Gefährtin und ich hatten unseren Messetag gerade beendet und marschierten erschöpft, aber glücklich (ich hatte auf einer Lesung gerade den verehrungswürdigen Georg Klein entdeckt), zurück gen Innenstadt.
Als wir uns der nächsten Strassenkreuzung näherten, bot sich uns ein leicht exzentrischer Anblick: An der roten Ampel wartete, eingekeilt zwischen mehr oder weniger (meist aber mehr) blitzenden Karossen, ein rotgesichtiger Mann mit Wuschelhaar im gleichen Farbton, in einem zerknautschten „äh, ich hätt da noch mal ne Frage“ – Trenchcoat, auf einem auch nicht mehr ganz neuen Fahrrad. Ich weiß nicht, ob einer weiß, wie es in der Umgebung der Frankfurter Messe aussieht? Wahrscheinlich recht viele, es scheint ja hier ein gebildetes und Literaturinteressiertes Publikum zu verkehren… Jedenfalls, da sieht es industriemäßig großspurig und hässlich aus, hohe Häuser, breite Strassen, damit man schnell wieder weg ist, vermute ich mal. Das nur um zu verdeutlichen, wie sich gerade dort ein Mensch auf einem ziemlich klapprigen Fahrrad ausnimmt – wie ein Penner oder ein aus der Blütezeit der Hausbesetzung Übriggebliebener (oder beides).
Beim Näherkommen – glücklicherweise war die Ampel offenbar noch weit davon entfernt, auf Grün umzuschalten - konnten wir den komischen Kerl näher in Augenschein nehmen. Und, tja, dann kam er uns irgendwie bekannt vor… ich glaube, es war meine Gefährtin, die mich darauf aufmerksam machte: Du, der sieht ja aus wie Daniel Cohn-Bendit!, mögen ihre Worte gewesen sein. Da fiel es mir auch auf – diese Kartoffelnase, dieses Wuschelhaar, diese recht schratige Erscheinung... Aber eingedenk meines schlechten bisherigen Promi-counts blieb ich skeptisch. Die ur-Frankfurter rote Socke Dany, mitten in Frankfurt, auf einem echten antikapitalistischen, unglobalisiert-gruppendynamischen, ich hätte fast gesagt: makrobiotischen Fahrrad, das wäre nun wirklich zu schön gewesen, um wahr zu sein. Nun aber holte der komische Mann ein Handy aus der Tasche und fing mitten auf Kreuzung lautstark an zu telefonieren. Und zwar auf französisch, silwupläh! Nicht gerade akzentfrei, aber auch nicht übel. Das erhärtete den Verdacht. Denn hatte Dany le Rouge nicht soeben für les Verts fürs Europaparlament kandidiert, und hatten wir ihn nicht, teils aus Überzeugung, teils weil uns die ganzen konkurrierenden Franzosen nix sagten, gewählt, ja, waren sogar auf einer Wahlkampfveranstaltung gewesen, auf der er zu uns sprach? Ja, so war das gewesen. Ergriffen tauschten wir Erinnerungen aus. Also, nur wir beide, nicht der rote Korsar, der allenfalls in Rufweite weilte.
Aber so weit weg war er dann doch nicht - er schien sich jedenfalls erkannt zu fühlen, schaute in unsere Richtung, und – ja, jetzt war die Sache endgültig klar. Die wasserhellen blauen Augen, in denen das Feuer der Revolution… na ja, also, jedenfalls war er es ganz sicher, und er hatte auch schon diesen geschmeichelt-huldvollen erkanntwerd-Blick drauf, von dem ich mir immer vorgestellt habe, bekannte Leute könnten ihn haben, wenn ihnen Ihre Prominenz mal wieder vor Augen geführt wird.
Dann wurde es aber bald schon grün, Danny konnte weiterfahren, hatte damit aber ein paar Probleme, kam nicht so richtig vom Fleck, die Karossen hinter ihm wurden schon merklich ungeduldig – aber die wussten ja auch (vermutlich) nicht, wen sie da – im wahrsten Sinne des Wortes – vor sich hatten. Schliesslich war das schwer, so gleichzeitig Weltpolitik machen, den Trenchcoat bändigen und in die Pedale treten, kann man verstehen. Doch bald schon war er entschwunden und liess uns beglückt zurück.
Ja, so war das. Seitdem habe ich mein Soll an Paparazzitum auch erfüllt, endlich.