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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Haupt, Herbert (Minister) & Rudolf Salközi (Die Zigarette danach)



Himbeer Toni
31.01.2002, 20:20
Die Zigarette danach


Es muss so etwa vor 2 Jahren gewesen sein, und der Ort war Salzburg. Ein befreundeter Student organisierte eine Diskussion zum Thema „Minderheitenpolitik“, weil er gerade ein gleichnamiges Seminar besucht hatte und ihn das Thema interessierte. Da derlei Engagement bei Studenten meines Jahrganges ohnehin selten vorkam, half ich ihm gerne beim Plakatieren u. Flyer-Verteilen und war natürlich bei der Veranstaltung im Publikum anwesend – außer mir noch ungefähr ein Dutzend andere Menschlein. Am Podium saßen Vertreter von sogenannten „ethnischen Minderheiten“, ich erinnere mich nur noch an einen Obmann der Kärntner Slowenen u. an Rudolf Sarközi, Vorstand des Kulturvereines Österreichischer Roma. Außerdem war Herbert Haupt da, damals aber noch nicht Minister, sondern „einfacher“ Nationalratsabgeordneter und vermutlich Minderheitensprecher der FPÖ. Von dem, was er während der Diskussion von sich gab, blieb mir nur in Erinnerung, dass er als Beleg für seine Minderheitenfreundlichkeit seine Familiengeschichte heraufbeschwor: Oma aus Böhmen, Opa aus Venetien, Tante aus Gallizien, Vater aus Sudentenland – so in dieser Tonart und ohne Gewähr. Die Diskussion verlief friedlich, und hernach ging es daran, die zum Teil extra angereisten u. mit Übernachtungsmöglichkeit versorgten Diskutanten Sarközi u. Haupt noch mit Alkohol zu versorgen. Wir schlugen ein nettes Gasthaus vor und begleiteten sie. Rudolf Sarközi erzählte uns, dass es in Salzburg angeblich mal einen Roma-Kulturverein gab, der, als er mit ihm Kontakt aufnehmen wollte, sich doch als Puff herausstellte. Sarközi muss man erlebt haben: Für mich als Westösterreicher war er so „ur“-wienerisch, wie Mundl Sackbauer. Jahre seines Lebens arbeitete er beim Wiener Abfallwirtschaftsamt, wie es so schön heißt, und zwar als Müllmann. Sein Schmäh ist erprobt und trifft haargenau. Der Weg in die „Politik“ war nur eine Frage der Zeit.
Herbert Haupt, hielt sich derweil abseits an der Bar auf, Gspritzte schlürfend. Erst als Sarközi sich verabschiedete, versuchte er mit uns Studenten ins Gespräch zu kommen, wohlwissend, dass wir einander von vorn herein distanziert gegenüberstanden. Irgendwer von uns lenkte das Gespräch auf unser aller „Lieblings“-Polit-Figur, Jörg Haider, wohl um die schwelende Abneigung in einen offen ausgetragenen Konflikt zu verwandeln. Der Alkohol tat das seinige, und Haupt fing an über Jörgl zu schwärmen: Das Beeindruckenste an ihm sei sein Gedächtnis. Das Kärntner Mütterlein braucht den Jörgl nur ihren Nachnamen und ihren Wohnort zu nennen, und sofort kann er ihre Brüder, Söhne, Nichten, Neffen, Hausmädchen u. Briefträger aufzählen, ohne auch nur den geringsten Fehler zu machen. Ich weiß noch, dass ich mich mit der Bemerkung „Genau wie der Hitler!“ nicht zurückhalten konnte, las ich doch gerade ein Buch über Hitlers „eidetische Fähigkeiten“, dass er nämlich jederzeit Regimentsstärke, Bewaffnung u. Gefechtsbestückung jeder Einheit herunterbeten konnte. Sofort griff der stellvertretende Landesamtsdirektor des Landes Kärnten ein, auch zuvor schon Diskussionsleiter – dieser Vergleich sei natürlich „vollkommen unzulässig“. Es wurde leiser, die Köpfe röter, und Herbert Haupt griff zur Psycho-Waffe: Er, der vorerst nicht Gesundheitsminister wurde, weil er „gesundheitliche Probleme“ hatte, fragte mich nach einer Zigarette. Verblüfft streckte ich ihm meine vor mir liegende Packung „Casablanca“ entgegen. Mit einem Hauch von Verachtung in den Augen nahm er eine, brach den Filter ab, u. steckte sich die filterlose Tabakrolle in den Mund. Nachdem er das abgebrochene Ende angezündet hatte, inhalierte er kräftig und blies mir zusammen mit dem Rauch ein „Die sind mir zu leicht!“ entgegen.
Ein paar Monate später wurde der gelernte Tierarzt Herbert Haupt als „Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen“ angelobt. Zuständig unter anderem für „Frauenpolitik“ und das österreichische Gesundheitswesen.

DerCaptain
01.02.2002, 03:50
Beschissener Nickname, großartige Geschichte. Weitermachen.

rron
01.02.2002, 10:51
Hören Sie nicht auf den Captain, im Gegenteil, großartiger Nickname, mit solchen Geschichten weden Sie auch so schnell nicht zum HT gemacht werden. Einzige Kritik: Der Vergleich Haider-Hitler war nicht gerade originell, aber das ist Haider ja auch nicht.
Herzlich Willkommen!

christoph
01.02.2002, 11:40
Ich kannte zwar niemanden von den genannten Herren außer Haider & Hitler, aber Himbeertoni ist ein netter Name. Allerdings muß man wohl so ehrlich sein, anzumerken, daß die Geschichte inhaltlich etwas dünn ist. Wenns wenigstens der Haider persönlich gewesen wär. Dafür aber launig heruntergeplaudert, die Schnurre. Und meiner festen Überzeugung nach ist auch eine mäßige Geschichte es wert, erzählt zu werden, wenn man sie gut erzählt.

Für Ihr zweites Posting, lieber Toni, würde ich Ihnen den Tip geben, bei der Dichterischen Freiheit etwas mehr Gas zu geben. Schön wäre die Beimengung von etwas Drogenmißbrauch, einem gescheiterten Beischlafsversuch sowie einem persönlichen Nahtoderlebnis.

Freue mich schon.

Goodwill
01.02.2002, 17:42
Hören Sie nicht auf diesen christoph, Herr Toni. Dichterische Freiheit ist was anderes als eine eingespritzte Schmonzette über Drogenmissbrauch oder ein reingedrückter versuchter Beischlaf. Wer hier sowas empfiehlt, hat sein Nahtoderlebnis noch vor sich.

Herr Cohn
01.02.2002, 18:38
Minister Herbert Haupt - ist das der, welcher wie ein Metzgermeister nach dem Schlachtfest aussieht und mit einer erschütternd leisen und sssanften Stimme gesegnet ist? Seine graziösen Handbewegungen übt der vorm Spiegel. Das ist er.
http://www.fpoe.or.at/fpoe/images/haupt.gif

mavel monroe
01.02.2002, 22:39
Ich empfinde die Geschichte keineswegs als dünn. Immerhin ist der Haupt jetzt u.a. auch Frauenminister! Damit übertrifft er einen Haider ja beinahe.
Sehr gut erzählt - toller Name!

Grover Watrous
03.02.2002, 22:19
Jö schau, der Herr Himbeer! Hören sie auf niemanden hier, vor allem nicht auf rron, denn auch der "Vergleich" Haider-Hitler ist im Kontext "eidetische Fähigkeiten" und in diesem Umfeld ebenso originell wie völlig unangebracht. Und deshalb gelungen.

Und Haupt´s Stimme ist tatsächlich von erdrückender Sanftheit. Er ist der einzige Minister dieser Regierung, bei dem ich mich schon ertappt habe, dass ich ihm gerne zuhöre. Ein mit kochendem Wasser gewaschener, abgebrühter elder statesman. Und natürlich auch sehr gaga: Er hat den PC aus seinem Büro entfernen hat lassen, aus Angst davor, dass Internet würde ihn blind machen. Und seine Frau hat mal sinngemäß gesagt: Wir sind zwar beide schiach, aber dafür sehr lustig.

rron
03.02.2002, 22:40
Herr Himbeer, hören Sie keinesfalls auf Herrn Watrous, jedenfalls nicht, bis der gelernt hat, einen Vergleich von einem "Vergleich" zu unterscheiden.
Hören Sie denn überhaupt noch zu, Herr Himbeer?

Grover Watrous
03.02.2002, 22:47
Hören Sie nicht auf sich, rron! Mein "Vergleich" bezieht sich auf den von Ihnen kritisierten und so genannten Vergleich, der meiner Ansicht nach vielmehr ein "Vergleich" ist, also eben kein Vergleich, keine platte Haider-Hitler-Gleichsetzung, sondern in diesem Kontext... eh schon wissen.

Herr Himbeer, so sagen Sie doch auch mal was!

Himbeer Toni
03.02.2002, 22:48
Bin ganz Ohr, wenn auch derzeit "pappenstad".

Grover Watrous
03.02.2002, 23:34
"Pappnstad" muß man wohl erklären. Aber wie? Mir fällt keine Eins-zu Eins-Übersetzung ein....einerseits "sprachlos", vor allem in Momenten peinlicher Dunkelwaldschweigestille, andererseits auch "selbstgewählte Sprachlosigkeit", also Maulfaulheit. Alles klar?

Ihre
Liga für Österreichisch Gefärbtes Idiom (LÖGI)

christoph
03.02.2002, 23:59
Hören Sie am besten auf gar niemanden hier außer mir, vor allem nicht auf Goodwill. Weil ich bin nämlich jemand, der nicht nur schubst und stänkert, sondern der wo richtig konstruktiv ist. Also: Bißchen Lebensgefahr, bißchen mißglückter Sex, und schon werden Ihnen die Pappen zu Füßen liegen.

maki
24.11.2002, 21:54
hochwucht aus aktuellem Anlass, weil gerade Elefantenrunde im ORF ist, und Herbert Haupt, leise, langsam und heiser redend, aussieht, als würde er sofort in Tränen ausbrechen, und ich zum ersten Mal beinahe Mitleid mit einem FPÖ-Menschen habe.

marie battisti
25.11.2002, 09:25
zum ersten mal hatte ich das Gefühl einen wirklich gebrochenen Mann in TV zu sehen und das ruft nun einmal Mitleid hervor.

Aber jippi (unabhängig wer sonst noch gewonnen hat), diese gesprengten blauen Säulen der Stimmauszählung, geil - endlich!
man kann nicht mal halbiert sagen, denn die säulen sind nur mehr ein Drittel so hoch.

"sackte ab" - "geschrumpft" - "totaler Einbruch" - "krachender Misserfolg" -"ausgeweidet" .... wer findet mehr? geht runter wie Öl!

hanswasheiri
25.11.2002, 11:55
'pappenstad' kann offenbar ziemlich lange anhalten. Heisst das, dass man danach ein Jahr lang nichts mehr sagen kann?
Hoffentlich ist auch die fpö lange pappnestad.

henriette mayr
28.11.2002, 23:13
kann mich den wünschen nur anschließen. pappen- und schmähstad.

ich war gezwungen, minister haupt in einem offiziellen frauengremium zuzuhören. er beugte sich vor und sprach ungeheuer schnell und leise. und etwas vernuschelt. es war unmöglich, sich zu wort zu melden, schon hatte er wieder weitergesprochen.

angeblich hängt das mit der art von NLP zusammen, das fpö-politikerinnen lernen. demnach folgen sie beim sprechen einer art innerem film oder inneren tonspur und sprechen nicht zu den anwesenden, sondern zu sich selbst.

haupt sprach und sprach also, aber nur am rand zu dem frauenthema. nachdem er eine dreiviertel stunde hauptsächlich (sorry) über das österreichische und britische rind schnellgesprochen hatte, beantwortete er höchst kurz ein paar fragen, die ihm unverzagte stellten. er verabschiedete sich mit dem hinweis, er entschuldige sich, aber leider müsse er jetzt ins parlament - zu den wirklich wichtigen sachen. bse-krise. das würde das gremium doch verstehen.