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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Lurie, John



klak
04.01.2002, 14:25
es muß ende der achtziger jahre gewesen sein (ziemlich sicher 1989), als ich mit meiner damaligen freundin in new york war. im event-programm des new yorker stach uns eine veranstaltung in brooklyn ins auge: eine new music gala in der academy of brooklyn; ja, und karten gab`s auch noch. wir also hin.
schon im foyer ließ laurie anderson masken mit dem gesicht eines sommersprossigen amerikanischen buben verteilen (so ein gesicht, das aus allen poren "mummy, daddy, i love you so" greint). andersons aktion bestand darin, später auf die bühne zu treten, das publikum zu bitten, die masken vors gesicht zu halten und ein foto des auditoriums zu machen. mit unserem sitzplatz hatten wir total glück: eine loge, in der sonst niemand war. und so sassen wir da, lauschten dem kronos quartett, und konnten, während auf der bühne allen ginsberg sprach, sogar ein bisserl fummeln. als die veranstaltung dann aus war, gingen wir zur garderobe und stellten uns an. ein großgewachsener mann vor meiner freundin drehte sich um und trat ihr versehentlich auf die zehen. es war ihm sichtlich peinlich, er faßte sie behutsam mit beiden händen an den schultern und sagte: "o, i`m so sorry, really so sorry!" dann ging er. es war john lurie von den lounge lizards (und von den jarmusch-filmen). tja, schon eine geile stadt, dieses new york.

honz
04.01.2002, 18:38
Das ist wahrscheinlich der Grund, warum ich bisher um New York, dem Mallorca der Intellektuellen, einen so großen Bogen gemacht habe, es ist die pure Angst an jeder Straßenecke auf John Lurie zu treffen.

Ich bin überzeugt, beträte ich auch nur eine halbe Minute den Boden Manhattans, er käme mir in seien coolen Anzügen und Saxofonflunschlippen entgegen, und ich weiß, ich würde mich sehnen nach eine standesgemäßen Spiesserhölle mit Pantoffeln und Silvaner im Fränkischen.

Auch die Vorstellung, in einem einzigen Konzert auf Laurie Anderson, das Kronosquartett und Alan Ginsberg zu treffen , erfüllt mich mit panischer Angst. Wie man dabei fummeln kann ist mir unverständlich, ist das irgendein neuer hipper perverser Sextrend den ich da verpasst habe, sich an talentfreien Blendern aufzugeilen?

Cat woman
04.01.2002, 19:48
Honz, das Kronos Quartett als talentfreie Blender zu bezeichnen kann Ihr Ernst nicht sein...
Wie man dabei allerdings fummeln kann, ist auch mir, einer dem Fummeln ansonsten nicht abgeneigten Person, völlig unklar.

honz
04.01.2002, 19:58
chapeau klak und Gespielin fummelten auf Ginsberg! Auf Ginsberg, den Jarret unter den Lyrikern.

Elpenor
04.01.2002, 23:30
Ach, jetzt wird also auch noch gegen Jarrett gehetzt, na das ist ja sehr interessant. Keith Jarrett ist einer der Chefs momentan. Daß er von einigen Leuten aus der New Age Szene vergöttert wird, ist zwar unangenehm, aber ebensowenig ein Grund ihn abzulehnen wie Wagner, der ebenfalls eine Zeitlang nicht das angenehmste Klientel hatte.
Keith Jarrett hat noch einen Bruder namens Chris, welcher einmal während der Bonnerstummfilmtage die eindruckvollste, souveränste Stummfilmbegleitung darbot, die ich je erleben durfte.

Elpenor
04.01.2002, 23:39
Schöne Geschichte übrigens, wobei mir die Sinatraepisode noch besser gefällt.

Bartholmy
05.01.2002, 01:38
War auch noch nie in New York - allerdings nicht aus Prinzip, sondern aus Faulheit.

Andererseits ist Ginsberg jetzt schon eine Weile tot, das Kronosquartett - nie von gehört, und Laurie Anderson ... ach die. Na die stört mich nicht, ich muss ja nicht zu ihren Konzerten, sollte ich mal da sein.

Und sollte mir John Lurie in New York auf den Fuß treten und sich dafür aber nett entschuldigen, dann wäre mir das recht, wieso auch nicht?

DonDahlmann
05.01.2002, 15:08
Ich weiß, Jarrett hat das nicht verdient, aber allein der Name und die "Cologne Conzerts" erinnern mich immer schrecklich an die Flokatis und Menstruations/Neumond Gespräche die ich führen musste

James Dean Brown
07.01.2002, 02:00
Don, d'accord. Jarrett hat diese Assoziation sehr wohl verdient, zumindest bezüglich der Köln-Konzerte. Allerdings hat er sich in seinen Frühzeiten mit Miles Davis schon so viele Credits freigespielt, dass er sich danach einfach alles erlauben durfte. Eigentlich kein Freund des elektrischen Pianos, spielte er beispielsweise auf "Live-Evil" die Rhodes so, wie wenn sie mit sich selbst spielen würde, wäre sie ein Tierchen.

John und Evan Lurie's Lounge Lizards erlebte ich Anfang der Achtziger während des Berliner Jazzfestes in der Kongresshalle. Es war ihr erstes Deutschlandkonzert. Leider war Arto Lindsay durch einen jungen, etwas hilflos erscheinenden Knaben ersetzt worden, der sein bestes Schlechtestes zurechtzuschrammeln versuchte. Lindsay ist eigentlich nicht zu ersetzen; man kann ihn auch nicht kopieren, nicht als Profi, schon gar nicht als Dilettant, obwohl Lindsay zu jener Zeit auch einer gewesen war, aber eben mit einem ureigenen Stil. Das sich progressiv in Szene setzende, in Wahrheit jedoch in einer Midlife Crisis befindliche, konservative Jazzpublikum, sehr sophisticated, verstand den Quantensprung in Richtung Noise nicht und entrüstete sich über die mutmasslich schäbige Performance des armen Saitenschneiders.

Die Grenzen zwischen gewollt und nicht gekonnt sind diffus.

Cat woman
07.01.2002, 10:58
Nicht umsonst sagt der Franke:
"Ich könnerd scho, wenn ich ner wöllerd!"

Oh, und Herr Dahlmann:
Daß Sie bei Ihren Frauenerlebnissen dieser Spezies nicht schon längst abgeschworen haben, adelt Sie ungemein.

klak
07.01.2002, 11:36
Originally posted by honz
Das ist wahrscheinlich der Grund, warum ich bisher um New York, dem Mallorca der Intellektuellen, einen so großen Bogen gemacht habe, es ist die pure Angst an jeder Straßenecke auf John Lurie zu treffen.

Ich bin überzeugt, beträte ich auch nur eine halbe Minute den Boden Manhattans, er käme mir in seien coolen Anzügen und Saxofonflunschlippen entgegen, und ich weiß, ich würde mich sehnen nach eine standesgemäßen Spiesserhölle mit Pantoffeln und Silvaner im Fränkischen.

Auch die Vorstellung, in einem einzigen Konzert auf Laurie Anderson, das Kronosquartett und Alan Ginsberg zu treffen , erfüllt mich mit panischer Angst. Wie man dabei fummeln kann ist mir unverständlich, ist das irgendein neuer hipper perverser Sextrend den ich da verpasst habe, sich an talentfreien Blendern aufzugeilen?

na, allerweil, der lurie latscht einem über die zehen und die stadt heißt new york. oder ist hier jemand, der eher auf ein belatschen durch elvers-sommer-feldbusch steht?

Peter Bean
07.01.2002, 11:58
Originally posted by klak


na, allerweil, der lurie latscht einem über die zehen und die stadt heißt new york. oder ist hier jemand, der eher auf ein belatschen durch elvers-sommer-feldbusch steht?

Vielleicht wäre es ein Kompromiss, dem Kronos-Quartett zu lauschen und dabei an Ariane Sommer zu fummeln oder sich von ihr befummeln zu lassen.

Zumindest würde es mir mehr gefallen, von den Damen an den Schultern gepackt zu werden und ein "Sorry" entgegen gehaucht zu bekommen, als von - wie heisst der nochmal?

Ich befinde mich nach dem Lesen dieses Stranges in einer intellektuellen Krise: Ich kann mit all den Namen nur bedingt was anfangen (Kronos-Quartett - Heat-Soundtrack?).

Freundlichst
Bean

U_Sterblich
07.01.2002, 18:47
Ich habe zum Glück eine angeberische Antwort parat. Zur Hälfte zumindest. Erstmal Lurie. Den hab ich auch mal gesehen bei einem Konzert im nicht mehr da seienden Berliner Quartier Latin. Musikalisch wars soso.

Der angeberische Teil ist, dass der Lounge Lizards Perkussionist (das war Billy Martin, jetzt bei Medeski, Martin and Wood, ja so ist es) auf den Instrumenten meines Exfreundes spielte, der ging dann anschließend auch mit Lurie und Lizards zum speisen in einem türkischen Restaurant. Er konnte Lurie eh schon nicht so leiden, aber nachdem dieser sich von seiner alleregomanischsten Seite gezeigt hatte, Kellnerinnen angeschnauzt und auf dem Tisch im Essen noch essender Leute tanzen musste, konnte er ihn immernoch nicht leiden. Eine andere Bekannte, die auch dabei war, mutierte vom Lurie-Fan zum nicht Lurie-Fan.

Mehr noch mag ich angeben damit, dass der verehrte Arto Lindsay mich angebaggert hat nach seinem Konzert im Bayerischen Hof. Leider, groupieskes darf man ja nicht, leider, obschon es andersherum war.

Noch Fragen?

James Dean Brown
07.01.2002, 19:25
Liebe U_Sterblich, ja, nämlich: wie war Lindsay's Vorgehensweise: eher dilettantisch?

Obwohl - wenn diese exkavierende Tat zu Zeiten seiner Ambitious Lovers (die ich übrigens ebenfalls in München erlebt hatte, jetzt fällt's mir wieder ein) geschehen sein sollte, wohl eher ambitioniert professionell, der Scharmör.

Walter Schmidtchen
07.01.2002, 19:38
Bonnerstummfilmtage
mein Wort der Woche

Angelika Maisch
07.01.2002, 22:22
Liebe U_Sterblich, ich muß jetzt einfach auch mal angeben, Arto Lindsay hat mir einmal, in Zürich und auch mal in New York allen Ernstes angetragen, in seiner Band mitzuspielen. So, jetzt ist es heraus.
ich wußte damals nicht so recht, ob das anbaggerisch gemeint war oder was.

Edding Kaiser
07.01.2002, 22:55
Unsere Mutter! Ist sie nicht grossartig?

Walter Schmidtchen
07.01.2002, 23:17
War das in Zuerich nicht ich?

Yvonne Caldenberg
07.01.2002, 23:18
Ich habe von noch keinem der erwähnten Musiker gehört. Von New York habe ich schon gehört, ich war aber noch nicht da.

Oder ist das jetzt zu abgeberisch?

Angelika Maisch
08.01.2002, 01:34
Schmidtchen, Hase, ich war davor schon mal in Zürich.
Später war ich dann mal die Beine von M. A. Numminen, aber das ist eine andere Geschichte.

DonDahlmann
08.01.2002, 01:46
Schmidtchen, Du glaubst gar nicht was Bonnerstummfilmtage aus einem Menschen machen können. Und erst die Bonnerfussgängerzone.

James Dean Brown
08.01.2002, 02:01
Hätten, Frau Maisch, Sie das Angebot angenommen, würde Zeena Parkins, nunmehr zweite Liga, ihre Harfe fortan vermutlich als Gemüsehobel verwendet haben.

Angelika Maisch
08.01.2002, 03:13
Als Eierschneider, James, denn dafür wurde sie erfunden.

_____________________________________________

rron und Murmel sollen wieder zu ihren alten Avataren zurückfinden.

U_Sterblich
08.01.2002, 10:49
Angelika, NATÜRLICH war das anbaggerisch gemeint, vor allem wenn Herr Lindsay nichts über deine musikalischen Fähigkeiten weiß. Wenn er doch wusste, dann sowohl als auch. Ich bin nicht so traurig darüber, dass ich jetzt nicht mehr die einzige bin im Forum, die von Arto Lindsay angebaggert wurde, zumal ich mich der in deiner Signatur enthaltenen Forderung umgehend anschließe.

Murmel
08.01.2002, 12:02
Wenn dieser Lindsay nichts über die musikalischen Fähigkeiten von Angelika Maisch weiß, ist er kein Musiker. Anbaggern wollte er sie trotzdem.

Tristram Shandy
09.01.2002, 15:16
Als die "Bonnerstummfilmtage" noch "Bonnerkinosommer" (das war bis zum Bonnersommersemester 92) hießen, war das schön.

Wusstet Ihr übrigens, dass in Bonnerbäckereien "Berliner" (für Ossis: Pfannkuchen) verkauft werden mit Eierlikör drin?
Die heißen dann "Bonner", weil der Eierlikör (Verpoorten) in Bonn hergestellt wird. So viel dazu.

Auf Parties, bei denen die oben genannten Musiker zum Smalltalkthema gemacht werden, stehe ich immer abseits und knibble an meinem Bieretikett. Dann gehe ich früh.

Peter Bean
09.01.2002, 16:16
Originally posted by Tristram Shandy
Die heißen dann "Bonner", weil der Eierlikör (Verpoorten) in Bonn hergestellt wird. So viel dazu.

Ich habe in Bonn studiert und eigentlich kann ich mich an die Bezeichnung "Bonner" nicht so recht erinnern. Aber an das "Bonnersommerkino" schon. Das war toll. Ich habe in Bonn übrigens für Alex Johlig gekellnert damals - im Kaiser-Caffee (Kaffe am Kaiserplatz). Kennt das noch jemand? Inclusive Casa del Gatto?

Freundlichst,
Bean