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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : bettina



marie battisti
15.12.2001, 12:51
bettina ist ein großer name in der literatur. die tochter meines ersten chefs heißt so. ich mag ihn sehr, ein antiklerikaler alter schule, wohltuend, wenn sich niemand mehr richtig die mühe macht auf die kirche zu schimpfen.

zuerst war ein forumsbild da, das mich an jemanden erinnert hat, aber ich kam nicht drauf.

meine mutter erzählte mir seufzend sie sei schon lange nicht mehr in einem supermarkt gewesen, alles kaufe papa ein, weil er den idealen "superladen" wie er - hach der alte individualist - sagt gefunden habe. er ist ein schwieriger kunde, manchmal stellt er sich dumm, die selbstbedienungswage, die auch für analfabeten über bildchen zu bedienen ist, bleibt ihm so ein kybernetisches ungeheur und die schlichter müssen ran und ihre dosen dosen sein lassen, wenn sie sich weigern oder missmutig zeigen, ist er beleidigt und ward nie mehr gesehn.

niemand hätte je gedacht er würde den idealen "superladen" finden, denn die verhalten sich ja bekanntlich diametral entgegengesetzt zu seinen bedürfnissen.

dass er ihn nun doch gefunden hatte, machte mich misstrauisch, einzig denkbares szenario: weit und breit nur er und verkäuferinnen und kassiererinnen rollen einen roten teppeich aus und geleiten ihn im spalier die stellagen entlang und komplimentemachend holen sie seine wünsche von den regalen noch ehe er sie ausgesprochen hat.
ich machte mir sorgen um die verfallsdaten der wurst. "papa" fragte ich, "kauft sonst noch wer ein in deinem supermarkt?" er dachte nach: "Ja" sagte er ernst, "die frau g."

und da war es genau: bettina, das bild hat mich an bettina erinnert.

frau g. ist die frau meines ersten chefs, die mutter von bettina.
sie ist eine kleine süße aüßerst agile kommunikative frau mit grauen schnittlauchhaaren, die mit dem taxi 800 km nach wien fährt, weil dann der chauffeur mit ihr spricht, was der zugführer nicht macht.
Sie fährt ein riesiges fahrrad, das sie schiebt, wenn sie ihren mann, der groß und stattlich ist, nach hause begleitet. jeden tag treffen sie sich zum cafe bei e., manchmal wird es auch ein glas weißwein. sollte jemand von euch mal in der enoteca - grün und messing drinnen - weißes gewölbe draußen - vorbeikommen, wird sie euch neugierig anschauen und wenn ihr freundlich zurückschaut, wird sie fragen, woher ihr kommt, dann seid ihr alte bekannte und so ihr wollt wird sie euch von bettina erzählen und ihren sorgen.

e. ist ein persönlicher freund von mario adorf, das beweisen die fotos an der wand, auch bettina hat dort einen ehrenplatz und die dinge, die über sie in der zeitung stehen, gegen die süddeutsche hat er einen prozess gewonnen, weil die geschrieben hat er beute die deutsche gäste aus.
wenn e. einen prozess gewinnt oder gerade ein gourmetmagazin grandioses über ihn schreibt, ist er stolz und guter laune und schimpft, wenn ich nicht elegant genug für sein lokal gekleidet bin, zb meine strümpfe nur beim peppo kaufe und nicht bei modissa oder schnupfen habe, denn sein lokal sei kein krankenhaus. Wenn er gerade die steuerprüfer sitzen hat oder die kellereien ihm keinen wein mehr schicken, weil er die rechnungen nicht bezahlt hat, dann ist er lieb und blass und spendiert mir ein glas wein, theatralisch vollendet serviert: vor dem hinstellen ein prüfender schwung nach oben gegen die sonne oder die wienerwerkstättenlampe.

das erste mal traf ich bettina bei e. und ihr vater stellte sie mir vor, ich gab ihr die hand, vielleicht wissen manche wie das ist, wenn man selbst keinen allzu festen handschlag hat, man bemerkt das nur, wenn man die hand jemandem gibt, der einen noch lascheren hat, schlimm das, das heißt kein gutes selbstbewuustsein, ganz schlimm beim bewerbungssespräch. bettinas hand traf auf meine auf den stufen vor der theke, die mit erlesendsten weinen und schnapsen zugebaut ist , das war kein ineinandergreifen, das war ein handinhand hauch, uns war beiden klar: wenn da kein starker mann kommt und zudrückt, gehen wir ein wie rosen die verschimmeln noch ehe die sonne sie geöffnet hat.
ihr freund, leider von kopf bis fuss noch schwächer als unsere beiden händeschläge zusammen, saß in der ecke auf grünem leder.
sie schreibt er schnippe die zigarettenkippen weg als würde er gänse füttern. das stimmt, denn ich habe es gesehn, er war mein lehrer, ihrer auch.

und für forumsjunkies:
links wegen indiskretion gelöscht
(nach bettina fischen)

rron
15.12.2001, 13:23
Das ist wunderschön, Marie.
Ist Peppo ein Second-Hand-Strumpfhändler, oder verkauft er nur Stützstrümpfe?

Dein Link ist auch ein guter, Lotze mischt das Forum auf, noch bevor er seinen ersten Beitrag schreibt. Bewundernswert.

marie battisti
15.12.2001, 22:28
der trafikant von gegenüber, enzo hat scharfe flinke augen, da kannst nicht einfach mal schnell visavi das loch im strumpf stopfen

Herr Cohn
16.12.2001, 01:08
<caradiert>


Marie will gern, dass ich die Parodie caradiere. Nu, mach ich es eben. Gerade eben beim Überfliegen erschien mir der Text aggressiver als gemeint. Und so mögen wir es hier bekanntlich nicht. Höflich und nett ist besser!

marie battisti
16.12.2001, 11:00
es gäbe weniger aufwendige methoden, mir dein anliegen vorzutragen.
ich schätze alle menschen, die in dieser geschichte vorkommen.
anal fabet, deine witzklasse?

postC: vielen dank, das war so merkwürdig und sinnlos es erscheinen mag mir wirklich ein anliegen

Dreizehn Koestlichkeiten
16.12.2001, 11:57
Marie, setz ihn einfach auf ignore.

Ignaz Wrobel
16.12.2001, 13:08
Eine schöne Stimmung, die hier mal wieder durchs Forum weht. Danke, marie! Viele Bilder entstehen hier im Kopf.

Stimmen
16.12.2001, 17:43
Schlage mich auf die Seite von Herrn Cohn. Zum ersten Mal übrigens.

marie battisti
16.12.2001, 20:04
ich schlage einen hübschen dreier mit jessika vor, die toleriert sicher auch nachtragendes pack und ist zu naiv für doppelmoral

Herr Cohn
16.12.2001, 22:29
Och Marie, das find ich aber schade, es war eine Parodie, goutieren Sie so was nicht? (Und wieso nachtragend?) Wer sind die Leute denn?

Stimmen, ich freue mich über Ihren Gruß!

Herr Cohn
16.12.2001, 22:30

marie battisti
16.12.2001, 23:13
tja, so ein pech, ich fand die parodie komplett daneben, humor ist nicht meine stärke weißte, aber das konntest du nicht wissen, du spitzbube

Herr Cohn
16.12.2001, 23:20
Das wollte ich gar nicht so wissen. Freuen Sie sich mal!

Elpenor
17.12.2001, 05:45
Zu unausgegoren, weg damit.

Ignaz Wrobel
17.12.2001, 17:03
Das ist ein Geschichte, die ein bischen Zeit braucht. Ich glaube, marie kennt diese Leute sehr gut, und deswegen war sie auch eingeschnappt. Ich habe Cohns "Parodie" nur überflogen, mir war gleich klar, worauf er hinaus wollte. Mir geht es mit maries Stil wie mit Mariola oder Lottmann oder manchmal mit honz - man ist beim ersten mal verwirrt und hat keine Lust, die Mühen der Entwirrung auf sich zu nehmen. Das kann natürlich nerven, weil man mit Recht erwartet, daß der Text einem entgegen kommt. Schon bei Warren Beatty in Venedig hat sie's einem ja wirklich nicht leicht gemacht, durch die Gassen zu finden. Wenn man sich aber erst mal damit vertraut gemacht hat, lohnt es sich. Bei der Lesung am Samstag wurde übrigens mal wieder überdeutlich, daß sich unterschiedliche Stile für unterschiedliche Medien eigenen oder auch nicht. Da wurde ein Text vorgelesen, der hier über Wochen null Antworten gekriegt hatte (von christophe mit e)! Funktionierte besser als einige gut lesbare Geschichten.

marie battisti
07.01.2002, 18:50
herr kohn, ich habe eben gesehen, dass sie löschen können, wäre es möglich, dieses ding da oben gleich mitzulöschen, ich wäre ihnen sehr verbunden, danke sehr nett