Herr Cohn
14.11.2001, 22:38
Es war nach einer wirr verbrachten Gewitternacht vor dem Computer, der sich gegen mich und alles verschworen hatte, mit wem blieb im Dunkeln. Vielleicht mit dem inhärenten Ungeist, schlimmer als vier Trolle. Ich installierte Windows schon zum dritten Mal neu, und die Partitionen, das Bios, es war einfach zum Heulen und Jeder weiß das, also kommen keine weiteren Details. Mitten im achten Bluescreen, aber im Hintergrund, da musste sich jetzt irgendwas windoweskes weiter installieren - doch potz ein Schwirr und Dunkelheit schwärzte den Bildschirm, die gelbliche Schreibtischlampe verlosch, der Strom war weg. Eine irre Sekunde lang überlegte ich, ob ich wieder zur Schreibmaschine zurückkehren sollte und wollte losbrüllen, da sah ich durchs Fenster auf der anderen Straßenseite sich komische Lichter spiegeln. Man ist so dankbar für jede kleine Ablenkung, wenn die Tobsucht droht. Ich steckte meinen steifen Hals aus dem Fenster und plierte zu diesen Lichtern. Da lagen dicke schwarze Kabel schräg über dem Bürgersteig, prächtig weiße Lastwagen verstellten die Straße, diese Pracht und diese Straße, wie passten sie zusammen?
Man muss wissen, dass ich in einem ehemals prächtigen Mietshaus wohne, mit der Betonung auf ehemals. Hoffnungslos, dass sich die Säulen an der Fassade vom Ruß des letzten Kriegs erholen, die Statue vor der Belle Etage (der ehemaligen) könnte ebenso auf einem Friedhof im östlichen Estland vermodern, das Treppenhaus zeigt unter undefinierbaren Ablagerungen noch die original grünlichbeige Lacktünche der Zwanziger, oh Zeiten. Trübe Glühbirnen beschummern eine Stiege, vor der ich schaudernd davonliefe, wäre ich ein mitleidiger Einbrecher in dunkler Nacht. Kaum ein Mensch kommt mich mehr besuchen seitdem ich hier wohne, obwohl meine Wohnung selbstredend als das einzige noch und wieder Vornehme an diesem Hause prunkt.
Jetzt weiß jeder, wie es hier so ist. Zurück zu den Lichtern, Lastwägen, armdicken Kabeln draußen. Ich dachte verzweifelt, etwas frische Luft und Kultivierung der Neugier könnten nichts schaden, tat die Jacke an und schob mich die Stiege hinab. Draussen war die Straße ganz zugestellt, überall diese silbernen Kisten, aber es war nichts los, eine kleine Gruppe Leute in teuren Lederjacken lehnte an der Hauswand, die waren nicht von hier. Ungerührt schichtete der türkische Bäcker hinter seinem Schaufenster die Baklavas und wenn hier etwas passiert wäre, hätte er als Erster draussen gestanden. Ich sah in die Durchfahrt hinein, die zum Hinterhof führt - ja, dieses Haus HAT einen Hinterhof. Ich muss nicht sagen, dass es da so trostlos ist wie zweiundsiebzig Jahre nach Zilles Tod oder meinetwegen auch nach dem Begrabensein der Zitronenjette, schließlich sind wir in Hamburg. In den düsteren Eingängen standen ein paar Leute. Ich ging da hin, als ob ich hier wohnte, halb vorbei an einer kleinen Frau in einer einfachen braunen Jacke - und die kannte ich! Moment, Trachtenjacke, Wüste Arizona, einsame Tankstelle in flirrender Hitze! Das war sie, wie hieß sie doch noch... und die hier! Aus der Überschrift weiß man schon, wer's war. Ich zierte mich ein bisschen, weil ich niemanden stören möchte, dann wandte ich mich doch zu der Frau und sagte schüchtern 'guten Tag Frau Sägebrecht, wie schön, dass gerade Sie hier sind.' Sie gab mir die Hand als wäre das selbstverständlich, sagte ein 'jo, dankauch!' und guckte wie in diesem Film mit der Tankstelle. Es war schön! Der Himmel war nicht mehr verhangen und zurück in der Wohnung lief mein Computer einfach 1a.
Man muss wissen, dass ich in einem ehemals prächtigen Mietshaus wohne, mit der Betonung auf ehemals. Hoffnungslos, dass sich die Säulen an der Fassade vom Ruß des letzten Kriegs erholen, die Statue vor der Belle Etage (der ehemaligen) könnte ebenso auf einem Friedhof im östlichen Estland vermodern, das Treppenhaus zeigt unter undefinierbaren Ablagerungen noch die original grünlichbeige Lacktünche der Zwanziger, oh Zeiten. Trübe Glühbirnen beschummern eine Stiege, vor der ich schaudernd davonliefe, wäre ich ein mitleidiger Einbrecher in dunkler Nacht. Kaum ein Mensch kommt mich mehr besuchen seitdem ich hier wohne, obwohl meine Wohnung selbstredend als das einzige noch und wieder Vornehme an diesem Hause prunkt.
Jetzt weiß jeder, wie es hier so ist. Zurück zu den Lichtern, Lastwägen, armdicken Kabeln draußen. Ich dachte verzweifelt, etwas frische Luft und Kultivierung der Neugier könnten nichts schaden, tat die Jacke an und schob mich die Stiege hinab. Draussen war die Straße ganz zugestellt, überall diese silbernen Kisten, aber es war nichts los, eine kleine Gruppe Leute in teuren Lederjacken lehnte an der Hauswand, die waren nicht von hier. Ungerührt schichtete der türkische Bäcker hinter seinem Schaufenster die Baklavas und wenn hier etwas passiert wäre, hätte er als Erster draussen gestanden. Ich sah in die Durchfahrt hinein, die zum Hinterhof führt - ja, dieses Haus HAT einen Hinterhof. Ich muss nicht sagen, dass es da so trostlos ist wie zweiundsiebzig Jahre nach Zilles Tod oder meinetwegen auch nach dem Begrabensein der Zitronenjette, schließlich sind wir in Hamburg. In den düsteren Eingängen standen ein paar Leute. Ich ging da hin, als ob ich hier wohnte, halb vorbei an einer kleinen Frau in einer einfachen braunen Jacke - und die kannte ich! Moment, Trachtenjacke, Wüste Arizona, einsame Tankstelle in flirrender Hitze! Das war sie, wie hieß sie doch noch... und die hier! Aus der Überschrift weiß man schon, wer's war. Ich zierte mich ein bisschen, weil ich niemanden stören möchte, dann wandte ich mich doch zu der Frau und sagte schüchtern 'guten Tag Frau Sägebrecht, wie schön, dass gerade Sie hier sind.' Sie gab mir die Hand als wäre das selbstverständlich, sagte ein 'jo, dankauch!' und guckte wie in diesem Film mit der Tankstelle. Es war schön! Der Himmel war nicht mehr verhangen und zurück in der Wohnung lief mein Computer einfach 1a.