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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Nannen, Henri (oder warum ich der Tod bin)



zap
05.11.2001, 14:12
Es ist mir überhaupt nicht peinlich, dass meine Eltern überzeugte Winter-Syltfreunde sind. Nicht des FKK-Wesens wegen, es ist eher die gute Luft, die 'bezaubernde Romantik' im Winter (Mami) und das 'Fischangebot im Sparmarkt von Keitum' (Papi). Als Kind wird man gerne mal mitgeschleift.
So spazieren wir durch das schlechte Wetter über den mit eingemummelten Spaziergänger bevölkerten Strand.
Eigentlich gibt es auf Sylt nur einen Strand, und der geht um die ganze Insel drumherum, aber weil die Bewohner es leid waren, sich bei ihren Verabredungen zu verpassen, haben sie den Strand aufgeteilt und mit lustigen Namen versehen, zum Beispiel 'Sansibar'. Doch das nebenbei.
Nach diesen winterlichen Gewaltmärschen über den doofen Sand schreit der Magen nach derber Hausmannskost, welche man entweder selbst zubereitet oder sich in einem Restaurant gegen Geld hinschieben lässt. Restaurants gibt es auf Sylt ja viele. Diese bieten diverse Schweinereien an, Bärenblutwurst und gefüllte Giraffenhälse, aber auch Fischsuppe und Grünkohl. Das letztere entspricht eher der Geschmacksrichtung meiner Eltern, und jeder, der den Norden kennt, weiss, dass man Grünkohl nicht vom silbernen Teller isst.
So standen wir an der Wursttheke von Emil Johannsens Sparmarkt in Keitum und fragten den Mann hinter der Theke, wo man denn den Grünkohl nicht unter Missachtung eines Stehgeigers mampft, 'gutbürgerlich' also.
Neben uns stand ein Herr im Mantel, der gerade irgend eine unansehliche Wurstsorte bestellt hatte. Dieser alte Herr gab uns sehr freundlich einen Tipp, welcher nebenbei sehr gut war.
Und jetzt kommt der Bezug zum Titel:
Es war Henry Nannen, der uns den Weg zum Kohl wies. Henry Nannen war der Herausgeber des Sterns und Gründer der Kunsthalle Bremen, ein wichtiger Mann also. Kurz nach diesem Treffen an der Wursttheke ist er verstorben. Ich will nicht hoffen, dass die Wurst schuld daran ist, denn auch ich habe schon Wurst von der selben Theke verspeist. Interessant ist, dass ich schon viele 'Promis' auf der Insel getroffen habe: Hans-Joachim Friedrichsen, das war der Mister Tagesthemen, ausserdem Petra Kelly und Gert Bastian. Diese Menschen sind jetzt alle tot. Dabei war der Kontakt zu ihnen rein visuell, also ohne anfassen oder ansprechen. Ausser Henry Nannen.

DerCaptain
05.11.2001, 15:05
zap - klappt das nur auf Sylt oder überall? Dann würde ich Sie doch bitten... Nein, das schreib ich jetzt lieber doch nicht.
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standard disclaimer: Ich finde das neue Forum gut und habe unseren Hausmeister lieb.

Ignaz Wrobel
05.11.2001, 16:06
Sehr nett, locker und lesbar erzählt! War die finstere Pointe wirklich nötig? Dies scheint der Montag des Grauens zu sein, ist Halloween nicht schon vorbei?

Homannowa
05.11.2001, 16:28
Ich habe in Demut und Bescheidenheit eine winzige Korrektur anzubringen:Good old Henry ist nicht der Errichter der Kunsthalle Bremens sondern er stiftete seiner Heimatstadt Emden diesen Musentempel.Es ist tatsächlich ein sehr, sehr schönes Museum und die Reise dorthin entschädigt durchaus für die Müh!

gwen
05.11.2001, 17:23
Wenn ich Star wäre, würde ich mir wünschen, Dich niemals zu treffen...
Bedanke mich für die schöne, unkomplizierte Darstellung deiner Feststellung!
Auch wenn sie etwas negativ ist, finde ich sie nicht beängstigend, denn ICH bin ja nicht berühmt und wenn, hüte ich mich selbstverständlich vor Sylt und zap.

Goodwill
05.11.2001, 17:38
Auch ich habe einen Einwand: Der Mann heißt Henri, bzw. hieß so - und nicht Henry. Und der Mister Tagesthemen hieß Hanns-Joachim Friedrichs. Schön fand ich allerdings, dass der Name der Insel - Sylt - tiptop korrekt geschrieben war.

zap
06.11.2001, 00:04
oh, die korrekturen nehme ich beschähmt zur kenntnis. es war wirklich emden, und mein namensgedächtnis...
danke für die freundlichen richtigstellungen.

Tornatzky
06.11.2001, 10:16
räuspert sich leise beschämt...
Abgesehen davon bin ich heute Morgen in so gräuslicher Stimmung, daß mir Geschichte und Pointe ausgesprochen gut ins Gemüt passen.
Hasta la vista, zap!