maki
23.10.2001, 00:41
Ein schöner heller Herbstmittag in Wien, die Bäume auf der Mariahilferstrasse leuchten unbeeindruckt vom grindigen Konsumschmier um sie herum. Kollege Klaus und ich sind auf dem Weg in die Mittagspause, zum Bioladen in der bedeutend ungrindigeren Neubaugasse, der ausschließlich von Frauen in bis heute nicht vollständig ergründeten Ausmaß bewirtschaftet wird. Konstanten in diesem Universum weißbekittelter Weiblichkeit sind Monika aus Norddeutschland, die mich etwas an eine Ordensschwester erinnert, eine Mischung aus kindlicher, manchmal für einen Moment ins Alberne umschlagender Fröhlichkeit und gleichzeitig einem Anflug altersloser Verhärmtheit. Beim Überreichen des Tellers mit der tagestypischen Mischung in Kastenform gebrachter Körnerpampe sagt sie oft 'Sö-chen', was ich noch niemals jemanden habe sagen hören.
Monikas Gegenpol in jeder Hinsicht ist Luzie (sie heißt wirklich so, jedenfalls nennt Monika sie so), eine in der Tat luziehafte Person, mit funkelnden Kohleaugen, die beim Zusammenstellenm des Salattellers mit scharfkantigem slawischen Akzent fragt 'Joghurtdrrressing wollen sie!', d.h. sie fragt nicht, sondern sie stellt fest, und man tut gut daran, ihr nicht zu widersprechen. Das tue ich sowieso nicht, denn ich finde Joghurtdressing total dufte.
Noch sind wir aber nicht in die Neubaugasse eingebogen, als uns ein braungebrannter Mensch in einem in dazu passendem Beige gehaltenen wehenden Mantel entschlossen federnden Schrittes entgegenkommt. Sofort ein Signal in meinem Kopf: Dieser Mann ist prominent!, er strahlt Prominentsein förmlich aus, dezentes Prominentsein. Sein Gesichtsausdruck sagt: Ja, ich bin prominent, ich weiß es, ich weiß, daß Sie es wissen, und habe kein Problem damit. Kein Grund, madonnahaft in unförmigem Schlabbersweatshirt, Sonnenbrille und Baseballmütze herumzulaufen.
'Das war doch der Dings', so mein origineller Kommentar zu Klaus. 'Ja, der Schauspieler'. Ich brauche mehrere Momente, bis mir der Name einfällt - Peter Bongartz. Hm. In der Tat kein funkelnder Glamour-Promi. War er nicht der Vater von Patrik Pacard in der gleichnamigen Weihnachtsserie meiner Kindheit (was ist eigentlich aus den Weihnachtsserien geworden? wo sind die Nachfolger von Madita und Silas?)? Und füllte danach beständig die wohlhabender-Papi- und pittoresk gereifter Rosamunde-Pilcher-Strickpulli-Lover-Rollen aus? (Vielleicht sollte man eher vom Ausstopfen als Ausfüllen sprechen).
Peter Bongartz war schon längst die Mariahilferstraße hinabgefedert, aber in meinem Kopf spannen sich Gedanken fort: Wie ist es wohl, Peter Bongartz zu sein? So ein typisch durchschnittlicher Prominenter, der in jedermanns Personenbewusstsein herumsitzt aber nie auffällt. (An Vergleichbarem fiel mir nur Robert Atzorn ein, auch so ein TV-Serien-Universal-Füllmaterial, allerdings mit geringerem Strickpulliquotient.)
Wäre ein Film erfolgreich, in dem die Protagonisten hinter einem Wandschrank einen Gang entdecken, der in Peter Bongartz' Gehirn führt?
Ich vermute, Peter Bongartz hat ein gutes Leben. Er verbingt es in guten Hotels und Restaurants, und wenn sich das Filmteam nach einem harten Tag Pilcherfilmabdrehen in der knorrigen schottischen Pinte trifft, sieht man Peter Bongartz zufrieden in seinem Strickpulli hinter einem Glas Whisky sitzen, dessen goldener Schimmer perfekt zu seinem, ich sagte es bereits, wirklich ideal gebräunten Gesicht passt. Bestimmt fällt er nie aus der Rolle und tanzt mit den Scriptgirls Polonaise, oder was man so in Schottland tanzt.
Ist Peter Bongartz eigentlich verheiratet? Ins Blaue hinein würde ich vermuten, dass er eine Lebensgefährtin hat, aber schon mindestens 10 Jahre, sie könnte Agnes heißen, 47 sein und durchaus ihr eigenes Leben führen, ein Keramikatelier oder eine Galerie besitzen.
Ich werde aber nun nicht in alten 'Gala'-Jahrgängen forschen, um den Namen seiner Frau herauszufinden. Ich bin Peter Bongartz dankbar dafür, daß er mir Gelegenheit gegeben hat, über das Leben eines durchschnittlichen Prominenten, ja, vielleicht des allerdurchschnittlichsten Prominenten überhaupt zu sinnieren.
PS: Kurz darauf fuhr ich mit meinen mich besuchenden Eltern in das hübsche Weinstädtchen Retz, welches sich, obwohl es das gar nicht nötig hätte, völlig der von Christiane Hörbiger verkörperten Julia aus der Serie 'Julia - eine bemerkenswerte/ungewöhnliche/beeindruckende(genau weiß ichs nicht mehr) Frau' geopfert hat, welche dort gedreht wird. In einer Konditorei gab es sogar ein 'Julia-Museum', Messingplaketten mit der Aufschrift 'Julia-Drehort' hingen überall. Mir gruselte.
Und wie ich mit meinen Eltern in einem Retzer Edelheurigen sitze, lese ich in der Heurigenbroschüre: 'Im angrenzenden Viersternehotel pflegt das Julia-Drehteam Quartier zu nehmen, inklusive der bezaubernden Frau Hörbiger und Peter Bongartz, bekannt aus zahlreichen 'Derrick'-Folgen und Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen, der ihren Gatten spielt'. Und das Hotel entsprach ziemlich genau meinen Vorstellungen eines Peter-Bongartz-Hotels. Diskrete, entspannte, etwas langweilige Noblesse, und goldbraun getüncht.
(zur Erklärung: Das war jetzt nicht als bombastische Schlusspointe gedacht).
Monikas Gegenpol in jeder Hinsicht ist Luzie (sie heißt wirklich so, jedenfalls nennt Monika sie so), eine in der Tat luziehafte Person, mit funkelnden Kohleaugen, die beim Zusammenstellenm des Salattellers mit scharfkantigem slawischen Akzent fragt 'Joghurtdrrressing wollen sie!', d.h. sie fragt nicht, sondern sie stellt fest, und man tut gut daran, ihr nicht zu widersprechen. Das tue ich sowieso nicht, denn ich finde Joghurtdressing total dufte.
Noch sind wir aber nicht in die Neubaugasse eingebogen, als uns ein braungebrannter Mensch in einem in dazu passendem Beige gehaltenen wehenden Mantel entschlossen federnden Schrittes entgegenkommt. Sofort ein Signal in meinem Kopf: Dieser Mann ist prominent!, er strahlt Prominentsein förmlich aus, dezentes Prominentsein. Sein Gesichtsausdruck sagt: Ja, ich bin prominent, ich weiß es, ich weiß, daß Sie es wissen, und habe kein Problem damit. Kein Grund, madonnahaft in unförmigem Schlabbersweatshirt, Sonnenbrille und Baseballmütze herumzulaufen.
'Das war doch der Dings', so mein origineller Kommentar zu Klaus. 'Ja, der Schauspieler'. Ich brauche mehrere Momente, bis mir der Name einfällt - Peter Bongartz. Hm. In der Tat kein funkelnder Glamour-Promi. War er nicht der Vater von Patrik Pacard in der gleichnamigen Weihnachtsserie meiner Kindheit (was ist eigentlich aus den Weihnachtsserien geworden? wo sind die Nachfolger von Madita und Silas?)? Und füllte danach beständig die wohlhabender-Papi- und pittoresk gereifter Rosamunde-Pilcher-Strickpulli-Lover-Rollen aus? (Vielleicht sollte man eher vom Ausstopfen als Ausfüllen sprechen).
Peter Bongartz war schon längst die Mariahilferstraße hinabgefedert, aber in meinem Kopf spannen sich Gedanken fort: Wie ist es wohl, Peter Bongartz zu sein? So ein typisch durchschnittlicher Prominenter, der in jedermanns Personenbewusstsein herumsitzt aber nie auffällt. (An Vergleichbarem fiel mir nur Robert Atzorn ein, auch so ein TV-Serien-Universal-Füllmaterial, allerdings mit geringerem Strickpulliquotient.)
Wäre ein Film erfolgreich, in dem die Protagonisten hinter einem Wandschrank einen Gang entdecken, der in Peter Bongartz' Gehirn führt?
Ich vermute, Peter Bongartz hat ein gutes Leben. Er verbingt es in guten Hotels und Restaurants, und wenn sich das Filmteam nach einem harten Tag Pilcherfilmabdrehen in der knorrigen schottischen Pinte trifft, sieht man Peter Bongartz zufrieden in seinem Strickpulli hinter einem Glas Whisky sitzen, dessen goldener Schimmer perfekt zu seinem, ich sagte es bereits, wirklich ideal gebräunten Gesicht passt. Bestimmt fällt er nie aus der Rolle und tanzt mit den Scriptgirls Polonaise, oder was man so in Schottland tanzt.
Ist Peter Bongartz eigentlich verheiratet? Ins Blaue hinein würde ich vermuten, dass er eine Lebensgefährtin hat, aber schon mindestens 10 Jahre, sie könnte Agnes heißen, 47 sein und durchaus ihr eigenes Leben führen, ein Keramikatelier oder eine Galerie besitzen.
Ich werde aber nun nicht in alten 'Gala'-Jahrgängen forschen, um den Namen seiner Frau herauszufinden. Ich bin Peter Bongartz dankbar dafür, daß er mir Gelegenheit gegeben hat, über das Leben eines durchschnittlichen Prominenten, ja, vielleicht des allerdurchschnittlichsten Prominenten überhaupt zu sinnieren.
PS: Kurz darauf fuhr ich mit meinen mich besuchenden Eltern in das hübsche Weinstädtchen Retz, welches sich, obwohl es das gar nicht nötig hätte, völlig der von Christiane Hörbiger verkörperten Julia aus der Serie 'Julia - eine bemerkenswerte/ungewöhnliche/beeindruckende(genau weiß ichs nicht mehr) Frau' geopfert hat, welche dort gedreht wird. In einer Konditorei gab es sogar ein 'Julia-Museum', Messingplaketten mit der Aufschrift 'Julia-Drehort' hingen überall. Mir gruselte.
Und wie ich mit meinen Eltern in einem Retzer Edelheurigen sitze, lese ich in der Heurigenbroschüre: 'Im angrenzenden Viersternehotel pflegt das Julia-Drehteam Quartier zu nehmen, inklusive der bezaubernden Frau Hörbiger und Peter Bongartz, bekannt aus zahlreichen 'Derrick'-Folgen und Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen, der ihren Gatten spielt'. Und das Hotel entsprach ziemlich genau meinen Vorstellungen eines Peter-Bongartz-Hotels. Diskrete, entspannte, etwas langweilige Noblesse, und goldbraun getüncht.
(zur Erklärung: Das war jetzt nicht als bombastische Schlusspointe gedacht).