DerCaptain
23.10.2001, 00:23
Eben war ich was essen. Faul, wie ich bin, hier gleich um die Ecke. Der gleiche Laden, in dem ich einst Palmen verschacherte und Heiner Lauterbach paparazzte. Es war voll, sehr voll. Der TIP hatte meine Kneipe auf Platz 1 der Geheimtips gesetzt. Danke.
Wenig später tauchte Michael Verhoeven auf. Mein Jugendheld. Was Rolf Giesen ('Kino wie es keiner mag') für Special Effects war, das war Verhoeven für Kino Allgemein, immer im SFB, mein Berliner Kino-Held. Alt genug, um seriös zu wirken, jung genug, um cool zu sein. Aus Berlin. Im SFB. Ich verehrte ihn früher, bis sein selbstreferentielles Geschwätz in der Berliner Enklave selbst mich nervte. Aber immerhin.
Verhoeven teilt sein Schicksal mit vielen Berliner Promis. Mir fällt immer das Wort 'Kiezgröße' ein: Juhnke, Handtke (Edith natürlich), Pfitzmann etc., alles Leute, die sich und uns vormachten: Wir könnten noch viel größer sein, national, international, aber wir bleiben hier, hier im (Frontstadt!) subventionierten Berlin. Ewig unterfordert. Aber wir machen hier unsern Stiefel. Für Euch. Wenn ich nur an die 'Jederman'-Inzsenierung von Brigitte Grothum denke. Mit Wolfgang Gruhner als Mephisto. In der Gedächtniskirche, meiner Taufkirche. Ich dachte immer, das Stück kann man nicht verhunzen, das nicht. Weit gefehlt. Das merkte sogar ich als junger unbeleckter Student.
Naja, so einer ist Verhoeven für mich. Man hat sich etabliert, eingelebt in der Schicki-Gesellschaft West-Berlins, Mitte interessiert einen schon nicht mehr, warum auch. Als er eintrat, begrüsste ihn jemand, an der Tür auf einem Hocker sitzend mit einem vierfachen(!) 'Michael, Michael, Michael, Michael' - der Mensch bekam seine Streicheleinheiten und ein Küsschen. Verhoeven strebte zu einer Geburtstagsfeier weiter hinten. Er fühlt sich wohl dabei, so er nur. Ein zufriedener Mensch.
Währenddessen setzte sich an den Nebentisch ein einsamer, unscheinbarer Mann, den ich im Folgenden 'FDP-Man' nennen möchte. Denn so sah er aus. Ende 50, leicht ergraut, schlank, gelb-blaue Kravatte, teurer Anzug, aber - goldfarbene Knöpfe am Jacket. Also, Geld da, Geschmack nicht. Ich war mir sicher, das ist ein FDP-Bezirksvorsitzender, der zur Wahl nach Berlin gekommen ist. Er bestellte Riccola als Vorspeise und ein Wiener Schnitzel. Dann zog er eine Ansichtskarte raus und beschrieb sie. Vermutlich an Mutti.
Dann passierten viele Kleinigkeiten. Er war höflich. Er war leise. Er lächelte. Es störte ihn nicht, daß wir rauchten. Er zuckte nur unmerklich, als ich lauthals meiner Begleitung eröffnete, ich habe heute erfahren, mit Frank Steffel 2 Jahre die Schule geteilt zu haben. Er wartete auf sein Essen, bis wir mit unserer Nachspeise fertig waren. Er hielt sich am Tisch fest wie an einem Rednerpult, er trommelte nervös wartend auf dem Tisch, weil ALLES zuspät kam, er lächelte, als die Wirtin ihm erklärte, die Vorspeise verzögert sich noch etwas, er blickte entsetzt auf das Entschuldigungs-Amuse-Gueule, weil er keine Meeresfrüchte vertrug, er freute sich über mein 'Gottchen, sie haben aber wirklich Pech heute!', er lächelte und antwortete 'Ach, das macht nichts, ich könnte hier ewig sitzen.'.
FDP-Man hatte sich in einen liebenswürdigen und interessanten Tischnachbarn verwandelt, ganz ungekünstelt, 3 Mal holte er sein Handy raus, nicht, weil es bimmelte, nein, weil er SMSte, er war dezent, ruhig unspektakulär, ein Segen. Nebenan amüsierte sich Verhoeven, in seiner 'crowd'.
Wir scherzten mit den Wirtsleuten, FDP-Man scherzte mit uns und seinem anderen Nebentisch, er stürzte sich in die Linguini, danach das Wiener Schnitzel, schaffte die Hälfte und fragte dann die Wirtin, ob er am Tisch seine Cigarre rauchen dürfe oder ob er dafür an die Bar müßte. Ein Schatz. Er war vermutlich der Vorsitzende der Kugellagerproduzierenden Industrie Nord-Baadens und garnicht in der FDP. Aber ich glaubte das immer noch. Er holte eine zusammengedrehte, blaue Gefriertüte aus der Jackeninnentasche, in der eine teure Cigarre lag. Während er die teure Cigarre auspackte, lächelte er zu uns rüber und sagt leise 'Mein Melitta-Humidor'. Ich wurde rot vor so viel Größe.
Er rauchte. Wir gingen. Verhoeven feierte. Meine Interessen hatten sich verschoben. Ich traute mich nicht zu Fragen, wer das war. Ich mochte diesen Mann.
Sorry, keine Pointe.
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'd'oh!'
Wenig später tauchte Michael Verhoeven auf. Mein Jugendheld. Was Rolf Giesen ('Kino wie es keiner mag') für Special Effects war, das war Verhoeven für Kino Allgemein, immer im SFB, mein Berliner Kino-Held. Alt genug, um seriös zu wirken, jung genug, um cool zu sein. Aus Berlin. Im SFB. Ich verehrte ihn früher, bis sein selbstreferentielles Geschwätz in der Berliner Enklave selbst mich nervte. Aber immerhin.
Verhoeven teilt sein Schicksal mit vielen Berliner Promis. Mir fällt immer das Wort 'Kiezgröße' ein: Juhnke, Handtke (Edith natürlich), Pfitzmann etc., alles Leute, die sich und uns vormachten: Wir könnten noch viel größer sein, national, international, aber wir bleiben hier, hier im (Frontstadt!) subventionierten Berlin. Ewig unterfordert. Aber wir machen hier unsern Stiefel. Für Euch. Wenn ich nur an die 'Jederman'-Inzsenierung von Brigitte Grothum denke. Mit Wolfgang Gruhner als Mephisto. In der Gedächtniskirche, meiner Taufkirche. Ich dachte immer, das Stück kann man nicht verhunzen, das nicht. Weit gefehlt. Das merkte sogar ich als junger unbeleckter Student.
Naja, so einer ist Verhoeven für mich. Man hat sich etabliert, eingelebt in der Schicki-Gesellschaft West-Berlins, Mitte interessiert einen schon nicht mehr, warum auch. Als er eintrat, begrüsste ihn jemand, an der Tür auf einem Hocker sitzend mit einem vierfachen(!) 'Michael, Michael, Michael, Michael' - der Mensch bekam seine Streicheleinheiten und ein Küsschen. Verhoeven strebte zu einer Geburtstagsfeier weiter hinten. Er fühlt sich wohl dabei, so er nur. Ein zufriedener Mensch.
Währenddessen setzte sich an den Nebentisch ein einsamer, unscheinbarer Mann, den ich im Folgenden 'FDP-Man' nennen möchte. Denn so sah er aus. Ende 50, leicht ergraut, schlank, gelb-blaue Kravatte, teurer Anzug, aber - goldfarbene Knöpfe am Jacket. Also, Geld da, Geschmack nicht. Ich war mir sicher, das ist ein FDP-Bezirksvorsitzender, der zur Wahl nach Berlin gekommen ist. Er bestellte Riccola als Vorspeise und ein Wiener Schnitzel. Dann zog er eine Ansichtskarte raus und beschrieb sie. Vermutlich an Mutti.
Dann passierten viele Kleinigkeiten. Er war höflich. Er war leise. Er lächelte. Es störte ihn nicht, daß wir rauchten. Er zuckte nur unmerklich, als ich lauthals meiner Begleitung eröffnete, ich habe heute erfahren, mit Frank Steffel 2 Jahre die Schule geteilt zu haben. Er wartete auf sein Essen, bis wir mit unserer Nachspeise fertig waren. Er hielt sich am Tisch fest wie an einem Rednerpult, er trommelte nervös wartend auf dem Tisch, weil ALLES zuspät kam, er lächelte, als die Wirtin ihm erklärte, die Vorspeise verzögert sich noch etwas, er blickte entsetzt auf das Entschuldigungs-Amuse-Gueule, weil er keine Meeresfrüchte vertrug, er freute sich über mein 'Gottchen, sie haben aber wirklich Pech heute!', er lächelte und antwortete 'Ach, das macht nichts, ich könnte hier ewig sitzen.'.
FDP-Man hatte sich in einen liebenswürdigen und interessanten Tischnachbarn verwandelt, ganz ungekünstelt, 3 Mal holte er sein Handy raus, nicht, weil es bimmelte, nein, weil er SMSte, er war dezent, ruhig unspektakulär, ein Segen. Nebenan amüsierte sich Verhoeven, in seiner 'crowd'.
Wir scherzten mit den Wirtsleuten, FDP-Man scherzte mit uns und seinem anderen Nebentisch, er stürzte sich in die Linguini, danach das Wiener Schnitzel, schaffte die Hälfte und fragte dann die Wirtin, ob er am Tisch seine Cigarre rauchen dürfe oder ob er dafür an die Bar müßte. Ein Schatz. Er war vermutlich der Vorsitzende der Kugellagerproduzierenden Industrie Nord-Baadens und garnicht in der FDP. Aber ich glaubte das immer noch. Er holte eine zusammengedrehte, blaue Gefriertüte aus der Jackeninnentasche, in der eine teure Cigarre lag. Während er die teure Cigarre auspackte, lächelte er zu uns rüber und sagt leise 'Mein Melitta-Humidor'. Ich wurde rot vor so viel Größe.
Er rauchte. Wir gingen. Verhoeven feierte. Meine Interessen hatten sich verschoben. Ich traute mich nicht zu Fragen, wer das war. Ich mochte diesen Mann.
Sorry, keine Pointe.
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'd'oh!'