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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Rau, Johannes (Der dreizehnte Geburtstag)



bastifantasti
17.10.2001, 15:11
Im Vorfeld möchte ich mich für eventuelle Rechtschreib, Komma und Grammatikfehler entschuldigen.
Lang ist es her, dass ich diese Geschichte erlebte und wenn ich an die Ereignisse an meinem dreizehnten Geburtstag zurück denke, so kommt es mir vor, als sei das geschehene gar nicht so besonders gewesen. War es auch nicht. Ganz genau weiß ich natürlich nicht mehr, was sich an diesem Tag alles zugetragen hat, ich kann auch nichts wesentliches über die anwesenden Polit- Prominenten, ihr Verhalten, ihre Kleidung, ihre Drinks berichten. Nur eine winzig kleine Begebenheit ist mir richtig in Erinnerung geblieben und von dieser möchte ich berichten.
Wir schreiben das Jahr 1989, ich werde am 09.03. dreizehn und der Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, Dr. Dieter Posser am gleichen Tag ein Jahr älter, 65 glaub ich. Mein Vater ist zu dieser Zeit sein persönlicher Referent und die beiden verstehen sich recht gut. Ich kannte den Minister als einen netten älteren Herren der das große Büro gegenüber dem meines Vaters bewohnt. Es hat einen eigenen Kühlschrank und als meine Mutter krank ist und ich ein paar mal die Nachmittage im Büro meines Vaters verbringe, gibt mir der nette Minister-Opa Cassis-Saft aus dem selbigen. Außerdem hat er, im Gegensatz zu meinem Vater, Spielzeug im Büro und er erzählt gerne von seinen Enkeln. Irgendwann stellen der Minister und ich fest, dass wir am gleichen Tag Geburtstag haben, als er mich dann auch noch zusammen mit meinem Vater (obwohl der sowieso eingeladen wäre) zu einer offiziellen Geburtstagsveranstaltung einlädt, platze ich fast vor stolz.
Der große Tag kommt und ich habe schulfrei, bei wem hätte sich die Lehrerin auch beschweren sollen? Beim Kultusminister? Ha. In meinem besten Anzug stehe ich mit ungefähr 100 Politgrößen und Konzernprominenz sowie Semiprominenz in einem festlich hergerichtetem Saal. Mein Vater kümmert sich um verschiedene Menschen, seine Sekräterinnen um mich und ich darf Cola trinken. An einem Flügel werden Lobreden auf das Geburtstagskind gehalten und ich komme mir ein bisschen verlassen, weil relativ unbeachtet vor. Als dann aber Happy Birthday gesungen werden soll, ruft mich der Minister
( im Moment bin ich mir nicht sicher ob er zu der Zeit noch Minister war, oder ob Schleusser schon Minister war, dann wäre mein Vater auch nicht mehr PR gewesen, sondern schon was anderes)
zu sich an den Flügel, stellt mich vor und wir gratulieren uns gegenseitig. Dann spielt er Happy Birthday, er spielt selbst, denn das Klavierspielen ist seine große Leidenschaft.
Danach ist alles wie bisher und ich relativ unbeachtet. Ich streife durch den Saal und beschäftige mich vornehmlich mit dem Nachtisch vom Büffet.
Exkurs: Zwar spielte ich in diesem Alter noch gerne mit Spielsachen, hatte aber durch mein Vorstadtmilieu geprägt, schon Kontakt zu Nikotin. Wir rauchten heimlich auf dem Wasserspielplatz.
Nun fand ich am Ende des Büffets, direkt neben dem Nachtisch, ein kleines Tischchen und auf diesem eine große Auswahl an offenen Zigarettenschachteln und Zigarren verschiedenster Marken. Ich war baff, ich hatte schon viele Büffets gesehen und Zigaretten gab es da nie, das war das Leben, das die oberen zehntausend leben. Das Zigarettentischchen war genau wie ich nicht der Mittelpunkt der Veranstaltung und so dachte ich mir, gönn ich mir doch einfach mal ein paar davon, um sie später auf meiner eigenen Feier am Nachmittag mit meinen Freunden zu teilen. Am einfachsten wäre es gewesen, sich eine der Packungen zu schnappen und in meiner Jackettasche verschwinden zu lassen. Das kam mir aber wie Diebstahl vor. Deshalb mopste ich in günstigen Momenten einzelne Kippen aus verschiedenen Schachteln.
So unbeachtet wie ich dachte, war ich leider nicht, denn gerade als ich zwei weitere Kippen einstecken wollte, fasste mir ein älterer Herr mit seiner freien Hand, in der anderen hatte er rote Grütze, an die Schulter und sagte sowas wie: 'Junge, in deinem Alter sollte man noch nicht rauchen'. Ich wurde knallrot aber der ältere Herr lächelte nur ein sehr väterliches Lächeln und wünschte mir noch alles gute zum Geburtstag. Später, die Sekräterinnen hatten mich wieder unter Kontrolle, fragte ich eine von ihnen wer denn der ältere Herr da vorne sei. 'Das ist Johannes Rau, unser Landesvater', war ihre Antwort. Ich war etwas peinlich berührt davon, dass mich ausgerechnet der Chef von ganz NRW beim Zigaretten mopsen erwischte, aber insgeheim dachte ich: Der ist doch ein netter Landesvater. Denn er hatte mich bei niemanden verpetzt.
So endet diese Begegnung bei der ich viel Prominenz hätte paparazzen können, es aber nicht tat und bei der ich zum Schluss selbst paparazzt worden bin.
P.S: Meine eigene Party war sehr schön, abends waren meine Freunde und ich mit meinen Eltern bei McDonalds und zwischendurch waren wir auf dem Wasserspielplatz und haben Ministerzigaretten geraucht.

(Beitrag wurde von bastifantasti am 17.10.2001 um 15:39 Uhr bearbeitet.)

Doctor Subtilis
17.10.2001, 15:53
Untergehen darf das hier aber nicht!
Für Schmidtchen: Cassis-Saft aus dem Büro-Kühlschrank des Finanzministers, J. Rau verhindert landesväterlich ein Eigentumsdelikt am Rauchwarenbüffet.

Ignaz Wrobel
17.10.2001, 16:11
Bin überfordert, bitte um Verzeihung, aber bastis und goodwills Geschichten müssen bis morgen warten, es ist einfach too much im Moment, Chancen haben nur noch kurze Anekdoten mit vorher erklärter Pointe.

Murmel
17.10.2001, 16:14
Die Geschichte sollte trotzdem alle 30 Minuten gewuchtet werden, bis wir die Zeit finden, sie zu lesen. Schlechtes Timing, basti, aber wir können sie bis zu schlechteren Zeiten floaten lassen.

Walter Schmidtchen
17.10.2001, 16:15
ich schliess mich Wrobi an. Muss mich entgiften

U_Sterblich
17.10.2001, 16:17
Ich hab sie gelesen ihr Penner und sie ist schnucklich.

Ruebenkraut
17.10.2001, 16:22
Tolle Geschichte.
Posser ist eine Ikone. Er hat in der härtesten Zeit (in den 50ern) als Strafverteidiger Kommunisten verteidigt und überhaupt eine geradezu mustergültige Rolle gespielt gegen den Adenauer-Mief. Dabei bescheiden geblieben, wie man so schön sagt.
Rau, schon OK, dass er keine kleinen Jungs beim Smöken verpfeift. Er ist halt ein 'Versöhner', auch zwischen den Generationen.

Walter Schmidtchen
17.10.2001, 16:23
sicher ist sie gut, Basti ist immer gut, aber ich schaff sie heute nicht,

Chavez
17.10.2001, 16:29
Ich mag die Geschichte auch. Wann wird man schon mal vom Landesvater paparazzt... Ich habe es da nicht so weit gebracht, es war damals nur Josef Ertl, aber ich war auch um die 13. Geraucht habe ich zu der Zeit allerdings noch nicht.

bastifantasti
17.10.2001, 16:41
Stimmt timing ist schlecht gewählt, aber während ich dies schrieb konnte ich nicht ahnen das ys einen weiteren Geniestreich veröffentlich.

Pomito
17.10.2001, 17:17
Basti!
Nach all den Jahren - warum zur Hölle hast Du dieses präzise Kleinod nicht schon früher veröffentlicht? Glückwunsch nachträglich zu diesem 13.!

Angelika Maisch
17.10.2001, 17:33
In allem muß ich Pomito anschließen, hochfamos, Bastl.

honz
17.10.2001, 17:35
Eine westfäliche Kaltblutstute, nobler, gut mittelgroßer Kopf, manchmal ganz
leicht geramst. Langer, schön geformter Hals, aus einer schrägen und langen Schulter kommend. Genügend Rist, stabiler Rücken.
Honz, Pferdehändler

bastifantasti
17.10.2001, 17:48
Was wär das in Auto, honz? Ford Capri?

honz
17.10.2001, 18:49
Ja, das kommt ungefähr hin, aber nicht die 1,3 Liter Version sondern der 2000R in orange, mit schwarzer Haube, Sportfelgen und schwarzen Kunstledersitzen.

Walter Schmidtchen
17.10.2001, 18:52
Wieso kommt das Wort KALTBLUTSTUTE, wenn honz es sagt, so schmierig rüber? wieso ist das so?

Pomito
17.10.2001, 18:57
honz - der Fuchsschwanz unter den Pferdekennern.

Chavez
17.10.2001, 19:00
Pferde, wie schön! Unten im Gurkenglas fand ich sogar einen Strang über paparazzte Pferde! Hätte ich meines noch, wäre mein Pseudonym wohl noch schräger ausgefallen.

honz
17.10.2001, 19:02
Wieso schmierig, es gibt Kaltblutstuten und Kaltbluthengste in der westfälsichen Pferdezucht, aus der viele erfolgreiche Rennpferde kommen, nur halt kaum Hensgte, also mehr Stuten, weil Hengste, außer sie sind Superbullen mit Wahsinnsklöten, entweder sofort kastriert werden oder gleich in die Wurst gehen.
Insgesamt wird mir die Debatte in den anderen Strängen auch zu eirig im Moment.

Walter Schmidtchen
17.10.2001, 19:04
Ulrike, die Pferdegeschichte ist toll, lies die bitte mal, versieh sie mit einem Kommentar, dann rutscht sie wieder hoch, ans Licht, an die Luft, ich mach das nicht, Neulinge können auch mal was tun.
Ich hab heute übrigens ein Mail von Mausi Murpel bekommen, er/sie schrieb, er/sie war lange krank, und grüsst alle recht schön

Tristram Shandy
17.10.2001, 19:04
Kaltblutstute hört sich immer obszön an.
So nach eiskalter Nymphomanin.
Ich bin schon ganz erregt. Das kann aber auch an Bastis Geschichte liegen, die wirklich ein Feger ist.

Chavez
17.10.2001, 19:09
Mache ich morgen, Walter, für heute wird abgeschaltet. Ich habe zu Hause wohlweislich keinen PC.
Was mich allerdings befremdet hat, ist die Tatsache, daß die berühmten paparazzten Pferde genau die sind, die ich auch persönlich kannte. Warwick Rex und Rasputin und so weiter. Und damals gab's noch gar keine Kleinmädchen-Pferdeposter-Zeitschriften wie Wendy etc.

Walter Schmidtchen
17.10.2001, 19:17
Ein paar Monate nach Bastis Geburt bin ich das erste mal sitzengeblieben

Walter Schmidtchen
17.10.2001, 19:21
Tolle Geschichte, bei dem Wort ROTE GRÜTZE musste ich lachen, so simpel bin ich gestrickt

Yvonne Caldenberg
17.10.2001, 21:33
Von Posser habe ich zwar noch nie gehört, aber dann taucht ja überraschend aus der Hinterhand gezogen der prädestinierte Bundespräsident auf und bringt die Zigarettenwarnbotschaft.
Und man erfährt endlich einmal, wozu Minister Bürokühlschränke haben und...
Alles sehr groß.

honz
17.10.2001, 21:40
La Caldenberg, die Kaltblutchimäre
Honz, Pferdehändler

Sabeta
18.10.2001, 01:13
basti, jetzt komme ich zu spät zu deinem 13. geburtstag. sowas doofes. glückwunsch nachträglich.

Walter Schmidtchen
18.10.2001, 02:50
ich auch

Walter Schmidtchen
18.10.2001, 02:51
Ich gratuliere nochmal,um Mustermann runterzukeimen

Walter Schmidtchen
18.10.2001, 02:52
Und weil mein daumen blutet

Walter Schmidtchen
18.10.2001, 02:52
und weil tourettiern so einfach geht,es ist einfach zu einfach

Walter Schmidtchen
18.10.2001, 02:53
Murmel kannst Du mich bitte anrufen, ich kannnicht mailen

Walter Schmidtchen
18.10.2001, 02:55
ich brauch dich, ich hab etwas was du kannst, und ich nicgt

Ignaz Wrobel
18.10.2001, 10:32
Schön entspannt erzählt diese Geschichte, ganz gemächlich-unbeeindruckt am Anfang und dann zum Schluß der MP, die Zigaretten, die Kinderparty, McDonalds und wieder die Zigaretten... Die Prioritäten eines 13-Jährigen sind nicht die eines höflichen Papparazzi, logisch. Ich hab als Kind mal mit dem Baden-Württembergischen Justizminister Traugott Bender am Kaffeetisch gesessen, der bei den Baader-Meinhof-Prozessen eine tragende Rolle gespielt hatte. Hat bei mir auch wenig Eindruck hinterlassen, jedenfalls keine Details. Wäre ich mir doch des historischen Moments bewußt gewesen! Aber vielleicht läßt sich da ja doch was rausholen...

Murmel
18.10.2001, 12:36
Was war denn hier los?
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Ich sag nur Saarland.

Max DeRire
18.10.2001, 12:47
kino fantasti, murmel.

Elpenor
18.10.2001, 21:41
Dem Chor der Gratulanten schließe ich mich an. Johannes Rau war für die Bewohner Nordrhein-Westfalens ein Fixpunkt. Als Clemens sein Amt übernahm erschütterte mich dies, da eine der letzten Konstanten der Kindheit verschwand.

vir
02.03.2004, 18:59
@