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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kuffour, Sammy und Yeboah (Begegnung am Strand in Westafrika)



Uwe Siemonsmeier
16.10.2001, 20:10
Im Sommer 1999 verbrachten meine Frau Katy und ich auf Einladung meines Schwagers Andreas (er arbeitete dort) unseren Sommerurlaub in Accra, der Hauptstadt des westafrikanischen Staates Ghana.
Am dritten oder vierten Tag (einem Werktag waren wir bereits mutig genug, auf eigene Faust etwas zu unternehmen, und ließen uns morgens in einem Taxi zum Strand der Metropole chauffieren.
Dort am Strand ist an Wochenenden die Hölle los, an einem Werktag vormittag jedoch hat man den Strand praktisch für sich. Üblich ist es, sich einem der vielen Strandbarbesitzer anzuvertrauen, die sowohl Liegestuhl- als auch Handtuch- und Getränkeservice liebevoll bereithalten. Wir fielen als weit und breit einzige Weiße natürlich sofort auf, und waren binnen Minuten umringt von sämtlichen Budenbetreibern, die uns halb zogen, halb stießen, uns also gerne in Empfang nehmen wollten. Nachdem wir uns also entschieden hatten, von welchem der Herren wir uns den Tag über verwöhnen lassen wollten, wurde uns Liegestuhl, Handtuch, Sonnenschirm und ein erstklassiges eiskaltes Bier gereicht, und wir genossen den herrlichen Tag, den Blick auf die Wellen des Altlantischen Ozeans, das hektische Treiben einzeler Händler usw.
Plötzlich flog von hinten ein Fußball an uns vorbei, gefolgt von einer Schar lärmender junger Schwarzer.
Einer der Männer trug ein Trikot des FC Bayern München mit der Rückennummer 4 und der Aufschrift Kuffour. 'Jetzt guck dir die an' sagte ich zu Katy, 'die sind hier genauso verrückt mit den Trikots ihrer Vorbilder, wie bei uns in Deutschland'
'Das ist bestimmt der Kuffour' glaubte meine Frau 'Quatsch, der läuft doch hier jetzt nicht am Strand rum' entgegnete ich.
'Jetzt guck dir den doch mal genau an, was der für teure Turnschuhe anhat'
In der Tat, alle anderen spielten barfuß, während 'Kuffour' in hellen Turnschuhen dem Ball nachjagte.
Trotzdem, ich war der Überzeugung, einen großen einheimischen Fan des Bayern-Stars vor mir zu haben, der eben das Geld für teure Turnschuhe hatte und verfolgte so nebenbei das kleine Fußballspiel vor unserer Nase.
Plötzlich betraten zwei weitere Weiße die Szene, sie winkten 'Kuffour' zu sich, und dieser überließ den Ball den anderen. 'Kuffour' wurde auf einen Stuhl mit einem Palmwedel oben dran gesetzt und fotografiert. Jetzt kam mir die Sache doch spanisch vor und ich ging mal unauffällig in diese Richtung. Einer der Fotografen bemerkte mich und sagte zu mir 'Das gibts doch gar nicht, ein Weißer hier am Strand von Accra?'
'Ja, warum nicht?' Er wandte sich zu seinem Kollegen: 'Ein Deutscher, das gibts doch gar nicht' und dann: 'Was machen Sie denn hier'
Ich erklärte den beiden in knappen Worten, was mich an diesen Ort verschlagen hatte.
Mir wurde es nämlich zusehends unangenehmer, plötzlich Mittelpunkt des Interesses zu sein, während 'Kuffour' allein und unbeachtet auf seinem Stuhl saß.
Ich blickte zu ihm und sagte zu den beiden Deutschen 'Ist das Sammy Kuffour?'
'Ja klar, wir sind von der Bild-Zeitung Hamburg, das ist Sammy Kuffour und der Yeboah rennt hier auch irgendwo rum, mit dem machen wir nämlich ne Homestory. Gestern waren wir bei Yeboah zu Hause, und morgen fliegen wir nach Kumasi, in seine Heimatstadt. Ach, da kommt er übrigens gerade.'
Anthony Yeboah hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bemerkt, er hatte sich nicht an dem Fußballspiel beteiligt, sondern sattdessen einen einsamen Strandlauf gemacht, von dem er jetzt zurückkehrte.
Ich war nun doch platt! Und ich begann mich zu ärgern, ausgerechnet an diesem Tag keine Kamera mitgenommen zu haben, aber die beiden Reporter konnten mir sicherlich helfen.
'Wäre das wohl möglich, ein Foto mit mir und den beiden zu machen und mir dann zu schicken?' fragte ich die beiden Reporter.
'Überhaupt gar kein Thema!' kam es fröhlich zurück, 'Sammy! Tony! kommt mal her!' Kuffour und Yeboah kamen, sich gegenseitig den Ball zu spielend, locker angetrabt, und zeigten vor größer werdender Kulisse einige Kunststückchen.
'Hier!' der Fotograf zeigte auf mich 'Er ist aus Deutschland und hätte gerne ein Foto mit euch, stellt euch mal daneben'
Schüchtern begrüßte ich die beiden, Kuffour sagte Hallo, Yeboah:'Give me Tenthausend Dollars for the photo' Er lächelte nicht mal dabei, ich sagte nur 'Ähm, soviel habe ich jetzt zufällig nicht dabei...', doch dann stellte sich Yeboah neben mich und Kuffour nahm mich dann freundlich in die Mitte.
Die Bild Zeitung machte also am Strand von Accra ein paar hübsche Bilder von mir mit Anthony Yeboah und Sammy Kuffour.
Danach liefen plötzlich alle Richtung Strandhotel, die Bildzeitung-Reporter vorne weg, Kuffour und Yeboah eingerahmt in einer Traube schwarzer junger Männer hinterher, und zuletzt ich, in verzweifeltem Bemühen, den Reportern meine Adresse zukommen zu lassen. (Was mir später dann noch gelang)
Dann drehte sich der Fotograf um und schoss nochmal ein Foto.
Yeboah ist in Ghana ein Volksheld, er hat höhere Popularitätswerte als die Queen, er ist sozusagen der Beckenbauer Ghanas. Dementsprechend distanziert ist er auch, auch zu den Ghanaern. Kuffour hingegen ist absolut volksnah, er ließ sich sofort auf ein kleines Fußballspiel mit den 'Jungs am Strand' ein, war total nett und lieb zu seinen Landsleuten.
Ich habe mich irgendwie nicht getraut, mit den beiden eine Unterhaltung anzufangen, ich war auch so schon ganz überwältigt.
Drei Wochen später erhielt ich die Bilder von der Bild-Zeitung zugeschickt. (Danke nochmal)
Einige Zeit später, zum Beginn der Rückrunde erschien dann die Home-Story mit Anthony Yeboah in der Bild-Zeitung. Aufmacher der Story war ein halbseitiges Foto, auf dem Yeboah und Kuffour mit einigen jungen Schwarzen am Strand entlanglaufen, mit dabei: unser Handtuch- und Getränkeserviceman, unsere beiden selbsternannten Body-Guards, die uns für 'small money' gegen alles mögliche verteidigt hätten, nur ich war nicht drauf, obwohl ich diesem Tross damals doch auch folgte. (wegretouchiert?) Katy ist übrigens drauf. Ganz klein im Hintergrund. Naja, ich trags mit Fassung.

DonDahlmann
16.10.2001, 20:33
Sehr detailliert und klar geschildert. Schönes Ding!

DonDahlmann
16.10.2001, 20:39
Aber dreimal braucht man sie nun auch nicht.

vir
16.10.2001, 20:42
Ich finde Herrn Siemonsmeiers unverhohlene Bewunderung für die beiden Fussballer und die beiden Bild-Reporter, ohne jede ironische Verbrämung, richtig angenehm.
Und natürlich, dass endlich mal Fussballstars paparazzt worden sind.

Larry Erbs
16.10.2001, 20:43
Diese Geschichte ist schön, und sie geht schon in die dritte Auflage.
Wenn Yeboah der Beckenbauer Ghanas ist, was ist dann Kuffour? Der Sepp Maier? Nee der war ja Torwart. Hm.

Goodwill
16.10.2001, 20:48
Kuffour gilt ganz allgemein als der Kohler Westafrikas.

Ignaz Wrobel
16.10.2001, 20:51
Wieso dritte Auflage?

Ignaz Wrobel
16.10.2001, 20:52
ach so.

Ruebenkraut
16.10.2001, 20:54
Hey Uwe, schöne Geschichte - ungewöhnlicher Ort, für dieses Forum ungewöhnliche Promis.
Wäre es möglich, das Beweisfoto ins Netz zu stellen? Wenn Du nicht weißt, wie das geht, wende Dich vertrauensvoll an die Pappen, die das schon mal gemacht haben (findest Du in der Lounge): Einscannen, auf Server hochladen, Link setzen.

Andrea Maria
16.10.2001, 20:59
Eine
Eine
Eine
reichhaltige
reichhaltige
reichhaltige
Geschichte,
Geschichte,
Geschichte,
die ihre Qualitäten ohne profunde Kenntnis des Männersports nicht ganz zu offenbaren vermag. In der Fussballwelt entspräche der Duktus der Erzählung wahrscheinlich einem in der 5ten und 6ten Minute erzielten 1:1, dem bis Abpfiff nichts wesentliches mehr widerfuhr.

Hoeheres Semester
16.10.2001, 21:16
Andrea, wenn Du von Fussball nichts verstehst, dann halt die Klappe.

honz
16.10.2001, 21:16
Na ja , ich weiß nicht merhr genau wie das Skandaspiel 1982 in Spanien Deutschland Österreich abging, aber es hatte doch sicherlich auch ein paar nette Züge , vielleicht nicht ganz so exotische, man darf diese Geschichten NICHT mit den verschurbelten mit Nicht- und Semipromis messen, sondern mit der Artund Ort der Begegnung, und das ist Yeboah UND Kuffour gleichzeitig in Ghana und das mit Dokument natürlich ganz weit vorne. Wobei ein bischen Schwurbel im Ausdruck der Geschichte auch gut zu Gesicht stehen würde.

Uwe Siemonsmeier
16.10.2001, 22:07
T-online hat mich dreimal rausgeschmissen, während ich schrieb. Das ist die einzige Erklärung, die ich dafür habe, schon dreimal aufgelegt worden zu sein.
Beweisfoto folgt, sobald ich meinen technisch wesentlich versierteren Bruder getroffen habe.
What is the meaning of Schwurbel?
Das 1:1 in der sechsten Minute war aber auch ein Traumtor und Jürgen Kohler ist in Ghana völlig unbekannt.

Andrea Maria
17.10.2001, 00:29
Kann mir jemand von Euch erklären, warum Fussballer immer vier Schatten haben?

Die Wucht
17.10.2001, 00:47
4 Scheinwerfer

Pretextat Tach
17.10.2001, 01:00
Habe mal Kamerun - Österreich gesehen: auf der einen Seite wilde, barbarische Urwaldeinwohner, auf der anderen Seite Kamerun.

Hoeheres Semester
17.10.2001, 01:00
Andrea, lass das provozieren! Ich weiss, dass du genau weisst, woher die «Schatten kommen.

vir
17.10.2001, 12:17
Fussballer haben vier Schatten dafür aber kein Spiegelbild! Ausserdem altern sie nie; an Ihrer statt altern die Sammelbilchen in den Einklebealben. Dies alles weil sie ihre Seele dem Teufel bzw. dem Mammon (oder zumindest einem Spielervermittler) verkauft haben.
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Ultra posse nemo tenetur

DerCaptain
17.10.2001, 17:53
Bitte? Fußballer altern nicht? Und was ist mit Bierhoff?!?
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'd'oh!'

Murmel
17.10.2001, 17:56
Bierhoff trifft nicht.

Brettnacher
28.05.2004, 01:42
Wunderbar rührig-schöne Geschichte,

wir Preußen sagen ja auch gerne über den FC Hollywood:
Alles Dreck, ausser Kuffour.
Noah, des is oan Netter, de Sammy, würde der Kaiser sagen

Ich habs immer gewusst, vielen Dank

Angelika Maisch
28.05.2004, 01:47
um Himmels Willen! Nun lesen sie doch nicht in einer Nacht das ganze Forum leer!
Das hat ja noch nicht mal Jeremy geschafft.
Für morgen muß doch auch noch was übrigbleiben, bedenken sie doch!

Herr Genista
28.05.2004, 06:45
Jetzt komm ich wieder ins Zweifeln, ob meine Lösung des vertrackten Rätsels richtig ist. Bettnachar wäre ja auch ein logischer nächster Schritt. Elpe?