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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Bono (Bonos Mahl am Abend)



Bogdan Calavera
15.10.2001, 17:45
Ob es allein der Hunger war oder eine anders einzuordnende Vorbestimmung, ist im Nachhinein ja doch nebensächlich. Sicher ist jedoch, daß ich mein erstes Imselbenraumsitzen mit einer Person, die etwas mehr aktuelle Berichterstattung in den Medien verdientermaßen eingeräumt bekommt als ich, beinahe über einem ebenso großen wie guten Schnitzel vergEssen hätte. Vor etwa zwei Jahren wurde mir die wohlwollende Duldung eines Kurzbesuches meiner Eltern in Berlin durch das Inaussichtstellens eines Abendessens in einem Lokal abgerungen, das unbestritten die besten Schnitzel in dieser Stadt serviert. So hatte ich mich also schon halb durch die herrliche Tellerabdeckung - die ein anständiges Schnitzel ja darstellen soll - gewerkt, als mein Vater leicht irritiert die Gabel sinken ließ. Der Ausdruck 'Trampolintheater', verbunden mit einem vagen Deuten seines sich noch in der anderen Hand befindenden Messers in Richtung der Glaswand, die den Speisesaal des Lokals von der Straße trennt, veranlaßte mich im Schlingen innezuhalten und mich ebendieser Glaswand zuzuwenden. Das Glas, das bis zum Boden herunterreicht, ist bis zu einer Höhe von 1,70 Meter aus eher undurchsichtigem Material. Hinter diesem Sichtschutz - also auf der Straßenseite - hüpften und hopsten wiederholt und ganz gummiballhaft Gesichter hinauf und hinab. Befremdlich angetan suchte ich den Gastraum nach der Ursache dieser springenden Neugierde ab. Und so erblickte ich einen Tisch - langezogen, tafelhaft - an dem zwölf (sic!) Meschen sich um einen zentral plazierten Herren scharten, der mit langen, zurückgekämmten Haaren sich hauptsächlich dadurch auszeichnete, eine fliegenaugenartige Sonnenbrille zu tragen. Assoziativ eher behebig kombinierte ich dann doch noch: Bono - U2.
Ruhig aber sehr bestimmt unterhielt er seine Jünger und - ich hoffe er war sich seiner Gestik bewußt - ließ es sich nicht nehmen, zwar nicht das Brot zu teilen, aber doch zumindest den Brotkorb herum zu reichen.
Für den Rest des Abendessen wurde mein Vater dann gezwungen mit mir Platz zu tauschen und ich durfte bewundernd mit Bonoblick mein excellentes Schnitzel beendigen.


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Mit der Zeit

bastifantasti
15.10.2001, 17:58
Fein. Ich liebe Schnitzel und ich mag diese Geschichte.

yellowshark
15.10.2001, 18:02
fliegenaugenartig, für heute mein Lieblingswort.
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ys

Goodwill
15.10.2001, 18:15
Das Trampolintheater hat es mir angetan. Wie die Gesichter da im Takt in die Höhe gewuchtet werden, um jeweils einen verwischten Blick auf einen Bombast-Rocker mit Jesus-Appeal zu werfen... das ist für mich das Salz in der Suppe der Erzählung.
Die ebenfalls darin enthaltentenen Bitterstoffe: Kettensätze, BinnenGroßschreibung, ein Ende ohne Schlussakkord - wie es sich doch gerade bei Musikern geziemen würde. Aber mach« es wie Du willst. Wie hieß denn das Restaurant: Borchardt?

oha
16.10.2001, 01:44
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