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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Nehberg, Rüdiger



Enn Enn
09.10.2001, 16:16
Rüdiger Nehberg geht natürlich eingentlich GAR nicht. Aber als ich 18 war, machte ich auf dem Rückweg von einer mehrwöchigen Radreise durch Skandinavien in Hamburg Station. Nehberg hielt Abends irgendwo einen Vortrag und auf dem Plakat war er auf einem Rad sitzend abgebildet und da dachte ich eben sowas wie ³Kannmanjamalanschauenã. Das tat ich dann auch. Nach dem Vortrag standen allerlei Wahnsinnige um Nehberg herum und quatschten ihn dicht. Einer redete von den Heilkräften, die Tetraeder haben sollen. Ich wollte Nehberg eigentlich nur sagen, daß mir der Vortrag gefallen hatte, bekam aber Angst, auch für einen Bekloppten gehalten zu werden unter all den Bekloppten und dachte sowas wie ³Kannichjaauchgehenã. Also trank ich im Foyer noch etwas und ging dann zu meinem Rad. Als ich es aufschloß, sagte jemand hinter mir ³Wo kommst Du denn her? Oder willst Du wohin?ã Ich dachte ³Kannjanichtseinã, aber es war Nehberg. Ihn interessierte mein Rad, weil es mit Packtaschen behängt war und nach großer Fahrt aussah. Wir kamen ins Gespräch und dieses endete mit einer Einladung zum Frühstück am nächsten Morgen in seinem Haus ³und dann kannst Du mir von Lappland erzählenã, sagte Nehberg, der wirklich SEHR freundlich war. ³Kannichjamalmachenã, dachte ich.
Vor dem Haus stand ein Lieferwagen der Konditorei Nehberg. Sie warb damals mit dem Slogan ES GIBT SCHLECHTERE, was ich immer noch komisch finde.
Das Frühstück bestand aus Kaffee und Croissants, um hier direkt mal den üblichen Nehberg-Pointen vorzubeugen. Das Haus war eigentlich ganz angenehm eingerichtet (helles Holz, viel Glas, Steinfußboden), wenn nicht überall so gräßlicher Afrikakrempel der übelsten Sorte rumgestanden hätte. Im Bücherbord meterweise Langenscheidt-Lexika.
Wir unterhielten uns prächtig und abgesehen von einem kleinen Moment wird diese Geschichte komplett pointenlos zu Ende gehen.
Nehberg erzählte gerade, daß er im Winter manchmal den Schlafsack nähme und auf seinem zugefrorenen Gartenteich schliefe (³Deristdochnichtganzdichtã, dachte ich), wobei er einmal eingebrochen sei mitten in der Nacht. Plötzlich sprang er auf, rannte zur Terrassentür und rief ³Da sind sie wieder!ã Gemeint waren zwei Elstern, die auf seinem Rasen gelandet waren. ³Die vertreiben mir meine Singvögel!ã Er ging aus dem Zimmer und als er wiederkam, hatte er etwas in der Hand, das wie ein zu klein geratenes Didgeridoo (oder wie der Quatsch heißt) aussah. Er drehte seinen Stuhl zum Fenster (die Elstern waren wieder weg) und setzte sich mit Blick auf den Garten. '³WasistdenndasfüreinGerätã, dachte ich und fragte ³Was ist denn das für ein Gerät?ã ³Blasrohrã, sagte Nehberg, ³die kommen wieder, das tun sie immer.ã
Nehberg hält heute immer noch Vorträge. Was aus den Elstern wurde, entzieht sich meiner Kenntnis.
(Beitrag wurde von Enn Enn am 09.10.2001 um 15:25 Uhr bearbeitet.)

ellroy
09.10.2001, 16:20
Ich habe Rüdiger Nehberg auf einer Rolltreppe am Berliner Kottbusser Tor getroffen. Er war sicher auf dem Weg zu einem Urania-Vortrag,aber selbst hier hatte er diesen wild entschlossenen Gesichtsausdruck: Ich nehme es mit mit Amazonas-Indianern auf, also schaff ich auch die Junkies am Kottie...

Ruebenkraut
09.10.2001, 16:33
Klasse!

DerCaptain
09.10.2001, 16:51
Köstlich - Nehberg scheint bekloppt zu sein, aber die Geschichte ist rund und weich.
------------------
'd'oh!'

Edding Kaiser
09.10.2001, 17:41
Wochenlang lang nur mitlesen. Dann posten. Und dann direkt so eine feine Geschichte erzählen. Neulinge, schaut auf Enn Enn!
Obwohl, Enn Enn, fünf Monate nur mitlesen ist dann ja doch etwas zuviel des Guten... Egal, jetzt sind Sie ja da.

DonDahlmann
09.10.2001, 17:43
Wirklich schön, die Geschichte.
Kannmannichtmeckern

vir
09.10.2001, 17:54
Ich fand Rüdiger Nehberg schon immer sympathisch - er hat zwar diese Karl May-Seite die aber durch seinen Humor und seine Exzentrik gut ausgewogen wird. Die Geschichte finde ich sehr gelungen, auch das Saloppe wirkt nicht anbiederisch. Hätte gerne noch mehr vom Gespräch erfahren.

Tristram Shandy
09.10.2001, 17:59
Schon jetzt: Meine Geschichte des Monats Oktober! Noch besser als die auch schon gute Bill-Clinton-Geschichte von Chuck!

honz
09.10.2001, 18:30
waas, noch besser- dann muss ich sie auch gleich lesen, wie heißt der Kollege nochmal, runterscroll, ahh n.n., den Namem merk ich mir mal

honz
09.10.2001, 18:41
Jetzt wirds natürlich schwierig, ich habe chuck sachon gesgt er sei Neuankömmling des Monats, obwohl, Enn Enn ist ja eigentlich kein Neuankömmling, er müsste mit 'da kommen Sie schon wieder' natürlich Mitarbeiter des Monats sein , abr was solls, ist auch doof, ich finde sie sind die Duodezfürsten der Renaissamce des Forums, man sollte den Doppelthron der k.u.k. Monarchie für sie räumen.

vir
09.10.2001, 19:13
Duodez, honz? Wo sind denn die anderen zehn?

Edmund
09.10.2001, 19:23
Drall und gesund, die Geschichte. Zwei Dinge nur:
1. Ohnediebandwurmwoerterwaersiegenausogut.
2. Wo in Hamburg kann man Tourenraeder in vollem Reisewichs einfach so rumstehen lassen, waehrend eines sicher nicht kurzen Nehbergvortrages?

honz
09.10.2001, 19:27
edmund: Die Wortwürmer sind gut weil sie nur gedacht sind.
virchow: duodez sind halbwissensgemäß zwei Köpfe

Enn Enn
09.10.2001, 19:28
Vielen Dank für die freundlichen Antworten.
Und Edmund: Nirgendwo. Aber man kann seine Packtaschen an der Garderobe abgeben.

vir
09.10.2001, 19:51
Akzeptiert, honz. So sagt z.B. Hekate zum kleinen Janus: 'Noch sone freche Bemerkung, Du Rotzlöffel, und es gibt eins an' Duodez'!
------------------
Ultra posse nemo tenetur
(Beitrag wurde von virchow am 09.10.2001 um 18:52 Uhr bearbeitet.)

Bob Dylan
09.10.2001, 19:53
Der Christoph ist ein kleines Klugscheisserchen...

Ignaz Wrobel
09.10.2001, 20:01
SEHR lustig, Enn Enn! Heute kommt man nicht weg von Computer.
Besonders schön fand ich:
'Wir unterhielten uns prächtig und abgesehen von einem kleinen Moment wird diese Geschichte komplett pointenlos zu Ende gehen.'

Herr Weber
09.10.2001, 21:44
Doch, grossartig!! Unter anderem finde ich auch den Spruch 'Es gibt schlechtere' toll. Der gilt, natürlich, auch für diese Geschichte!

honz
09.10.2001, 21:59
.

Larry Erbs
09.10.2001, 22:30
Kannmanjamalanschauen
Kannichjaauchgehen
Kannichjamalmachen
Deristdochnichtganzdicht
WasistdenndasfüreinGerät
Wasistdenndasfüreinegeschichtedieistjasuper
Der Slogan ist wirklich grotesk, warum nicht gleich: 'ES GIBT ZWAR BESSERE, ABER WIR SIND AUCH GANZ OKAY'

Edding Kaiser
09.10.2001, 23:39
.

Herr Weber
10.10.2001, 00:00
Larry, was macht eigentlich Kirk, Dein kleiner Bruder?

Yvonne Caldenberg
10.10.2001, 01:10
Ich könnte den Namen Nehberg auch googeln, klar. Aber da aller hier zu wissen scheinen, wer das ist, sage ich einfach mal: Keine Ahnung, wer das sein soll.
Aber schöne Geschichte, sehr.

Walter Schmidtchen
10.10.2001, 02:21
Alle kommentare gelesen, machen mich neugierig auf die geschichte, bin gleich wider da

Herr Genista
10.10.2001, 02:24
Ich sah Rüdiger Nehberg mal im Fernsehen, da steckte er bis zum Hals in einem schmutzigen Tümpel voll Kugdung und sagte: Ekel gibt es nicht, das ist alles Einstellung. Dann tauchte er unter und wieder auf, mit einer Mundvoll Kuhdungwasser, das er durch die Gegend spritzte.
Die Geschichte ist aber ganz schön.

Walter Schmidtchen
10.10.2001, 02:26
der Elsternhass hat mir auch gut gefallen, hat was von Walter Kempowski.
aber der hätte die nicht mit dem Blasrohr vertrieben, sondern mit wehleidigem Geschreibe

lacoste
10.10.2001, 02:33
'Wie ich mal Walter Kempowski paparazzte' gehört jetzt wohl nicht richtig hierher, oder?
Hab ihn aber trotzdem mal paparazzt! Nicht richtig paparazzt, also nicht richtig zufällig. Wir besuchten ihn mit unserem Germanistik-Seminar über 'Tadelöser und Wolf' und er erklärte uns anhand einer bestimmt 2 Meter langen Tafel, wie er seine Romane aufbaut. Das hat mich schon beeindruckt, diese ganzen Pfeile und Linien und Striche, das merkt man den Büchern nicht an, was für eine pedantische Arbeit dahinter steckt.
Dann erzählte Herr Kempowski eine Anekdote über Martin Semmelrogge und sich selbst. Die Geschichte spielte während der Dreharbeiten zu 'Tadelöser und Wolf'. In der Serie, ein Vierteiler glaube ich, spielte Martin Semmelrogge, der damals noch ein Knirps war, den Jungen Walter Kempowski. Und Herr Kempowski erzählte uns, Martin Semmelrogge habe in den Drehpausen mit irgendetwas Fußball gespielt, worauf der damals schon recht alte Kempowski ihn streng zurecht wies mit den Worten: 'ICH habe als Junge NIE Fußball gespielt!' Wenn man Herrn Kempowski Glauben schenken darf, war Martin Semmelrogge daraufhin kurzfristig verunsichert.
(Beitrag wurde von lacoste am 10.10.2001 um 01:48 Uhr bearbeitet.)

Tristram Shandy
10.10.2001, 11:29
...und als Petitesse: Das Wort Duodez kommt aus dem Buchdruck und ist ein Format. So wie Quarto, Folio (oder heute DIN A 4). Und zwar ein sehr kleines Format (ein Bogen, zwölfmal gefaltet).
Ein Duodez-Fürst ist also ein Fürst, dessen Königreich nicht größer ist als ein Duodez-Heft. Das gab's nun mal bis 1871.
Ich gehe schon freiwillig ins Klugscheißertöpfchen...
(Beitrag wurde von Tristram Shandy am 10.10.2001 um 10:30 Uhr bearbeitet.)

rron
10.10.2001, 11:45
Tristram, 'ein Bogen, zwölfmal gefaltet'? Ich dachte immer, man könne einen Bogen, egal welcher Grösse, nur siebenmal falten (vielleicht achtmal, aber nur, wenn man ein Austrian Giant ist).

Frau H aus B
10.10.2001, 12:00
Enn Enn ist - neben Chuck - der angenehmste Neuankömmling seit langem, seine absolut stilsicher geschriebene Geschichte läßt Spiegelleser und senfabsondernde Yahootrolle vergessen, und das Tollste: Er ist noch nicht einmal neu, sondern tatsächlich schon seit Mai passiv dabei (ein Beleg für die These, daß Zurückhaltung und Talent sich häufig proportional zueinander verhalten?). Meine einzige Sorge ist, daß er jetzt wieder für fünf Monate verstummt. Bitte tu uns das nicht an, Enn Enn, und sei willkommen!

(Beitrag wurde von Frau H aus B am 10.10.2001 um 12:06 Uhr bearbeitet.)

U_Sterblich
10.10.2001, 12:11
Jetzt will ich auch einfach mal so reinloben.
Erst Clinton und dann Nehberg, da kann man schon zufrieden sein.
Wenn man ein Blatt Papier ich glaub nur 50mal faltet, dann reicht es schon bis zum Mond, rronnie!

Andrea Maria
10.10.2001, 12:15
Der Bogen ist ja schon 'einmal' gebogen, sonst hiesse er ja nicht 'Bogen'. Mindestens Bogen muss es sein, weil man ihn sonst nicht heften kann. Ein Bogen hat also 4 Seiten. Wenn man diesen Bogen nun immer wieder faltet bekommt man 'Bücher', die aus immer doppelt soviel Seiten bei halbierter Seitenfläche bestehen. Ein Duodez ist ein kleines Fibelchen im Format eines Bogens, der über Folio, das heisst vulgärlateinisch 'Blatt' ( 1x gefaltet), Quarto(nochmal), Octav(dreimal) durch 4 Faltungen entstanden ist. Dabei werden nur 12 Blätter verwendet. Vier Falzungen können auch ein Sedez ergeben, mit 16 Blättern.
Das ist so klein, dass Fürsten deren Tümer damit bezeichnet werden, auf nur einem Bein stehend residieren müssen.
--------
Tristrams Sekretärin

Larry Erbs
10.10.2001, 12:17
auch einen grossen Bogen dünnes Seidenpapier kann man nicht mehr als siebenmal falten, behaupte ich ma einfach.
Hier die HP von Sir Vival:
http://www.ruediger-nehberg.de/
(Beitrag wurde von Larry Erbs am 10.10.2001 um 11:17 Uhr bearbeitet.)

honz
10.10.2001, 12:22
Ich mag Klugscheisserei, ich will IMMER wissen was Duodezen wirklich sind, weil ich IMMER geglaubt habe , es hätte was mit einer Doppelherrschaftzu tun, und jetzt krieg ich noch zusätzlich Hauptseminar in Buchbinderei

Tristram Shandy
10.10.2001, 12:54
Andrea Maria gebührt die Krone. Eine Folio-Krone.

Walter Schmidtchen
11.10.2001, 01:39
Lacoste: Tadellöser & Wolff ist ein TV Zweiteiler, in dem Martin Semmelrogge, Kemposwskis Bruder Robert gespielt hat, ich weiss das deswegen, weil ich da auch mitgespielt habe, kann man alles nachlesen im Martin Semmelrogge Strang, aber nicht in dem von Poser Rosenberg

Walter Schmidtchen
11.10.2001, 01:42
Und man bedenke: Andrea Maria hat Medizin studiert, nicht Sedezistik

frosch2
11.10.2001, 01:42
Klasse Geschichte. Dazu noch was aus zweiter Hand.
Einer unserer ehemaligen Tutoren war einst verliebt in Rüdiger Nehberg, kaufte die Bestseller, besuchte seine Vorträge, kam wahrscheinlich ähnlich wie Enn Enn ins Gespräch und wollte schließlich mit ihm in den brasilianischen Urwald. Der Enthusiasmus ging so weit, daß er zur Vorbereitung im Spätherbst von Berlin nach Göttingen wanderte. Mit Schlafsack, ohne Geld. Er wurde bald in den engeren Kreis aufgenommen, lernte Christina Haverkamp kennen und reiste mit beiden zu den Yanomami. Von Frau Haverkamp ist er bis heute begeistert, von Herrn Nehberg nur mit Abstrichen. Seine Bücher seien schlampig zusammengeschossen und teilweise unbrauchbar, beispielsweise versagen die empfohlenen Teelichte in größeren Höhen vollständig ihren Dienst. Sein Wagemut wäre oft der eines Hasardeurs. Sein offenherziges Kumpeltum ende schnell, wenn Kritik geübt werde oder eine scheinbare Wettbewerbssituation entstehe. So trennten sich die Wege wieder. Relativierend muß erwähnt werden, daß besagter Tutor noch im gleichen Jahr zweisam mit Christina Haverkamp durch das Nordmeer segelte.

Elpenor
11.10.2001, 01:42
Wunderbar lakonisch erzählte Geschichte. Dabei war ich immer gegen Rüdiger Nehberg, da für Michael Holzach. Eine Entscheidung die der Geisteshaltung Apple statt IBM, HSV statt Bayern München nahesteht. Es geht steht nur eins von beiden.

Viktor
11.10.2001, 01:42
ho nehberg! trägt der nicht hörgeräte? interessiert mich, weil ich auch welche trage!
weiß wer bescheid?

vir
11.10.2001, 01:42
Andrea, Tristram, rron und honz - wo fängt beim Klugscheisser die Verdauung an?
Im Duodenum, Ihr habts erraten.

------------------
Ultra posse nemo tenetur

Andrea Maria
11.10.2001, 01:42
Die Verdauung beginnt im Mund. Manche nehmen Besteck zu Hilfe.

honz
13.10.2001, 14:49
.

Pamela Buechse
13.10.2001, 14:52
.

honz
06.11.2001, 22:18
Für Enn Enn und Tobler. Es gibt schlechtere.

vir
26.03.2002, 17:15
Enn Enn hat offenbar per 19. Februar Auslöschung begangen und nur diese Geschichte übriggelassen. Weiss Gott besser als nichts.

Angelika Maisch
26.03.2002, 17:42
Danke Virchow, für die Wuchtung. Ist mir damals entgangen, wohl. Hat schier cäsarische Qualitäten.

Tobi Wahn
26.03.2002, 17:54
Das Thema ist zwar um die Eck', aber ich häng mich hier trotzdem noch dran.

Denn ich habe Rüdiger Nehberg auch kennen gelernt, und zwar auf einem dieser großen Pfadfindertreffen, von denen ich schon so oft erzählt habe.

Er hielt einen Vortrag vor einigen hundert Zuhörern, darin ging es um seine Meeresüberquerung per Tretboot, zum Wohle der Yanomami-Indianer.
Was mich daran beeindruckt hatte war sein freimütiges Geständnis, die ganze Reise über seekrank und sozusagen halb tot gewesen zu sein. Dauernd hat er sich zwingen müssen zu trinken und zu essen, obwohl er immer alles gleich wieder auskotzte. Das passte so garnicht zum harten Knochen, Nehbi, dem Wadenbeisser, den man sich immer so vorgestellt hatte.

Er fiel mir außerdem durch seine Unkompliziertheit auf. Übernachtet hat er nämlich nicht im Hotel, sondern in unserem Nachbarzelt, bei irgendwelchen anderen Pfadfindern, die bestimmt genauso stinkige Füße hatten, wie wir selber.
Wir waren ja grundsätzlich zum Feiern dorthin gekommen und ließen uns, nachdem wir seine Anwesenheit bemerkt hatten, nicht weiter beeindrucken. Insgeheim rechneten wir, spätestens nach unsere dritten Flasche Pennerglück, mit einem mürrischen 'Könnt Ihr bitte mal n bisschen still sein da drüben!", aber nichts dergleichen geschah.

Vielmehr war Herr Nehberg viel ausdauernder als wir und seine Geschichten, die er bis in den frühen Morgen hinein seinen Gastgebern erzählte, wiegten uns in einen seeligen Schlaf.

Schade, dass so einer zum Showwurmschlucker verkommen ist.

MC Hausmacherleberwurscht
26.03.2002, 18:39
Rüdiger Nehberg geht in Ordnung. Er erzählte mir, dass er alle Teile seines Körpers unbedingt behalten und später auch mit ihnen begraben werden möchte. Deswegen behalte er jeden abgeschnittenen Fußnagel auf. Im Kühlrschrank lagere er seine vor Jahren abgeschnittene Vorhaut. Das hab ich in einen Artikel reingeschrieben, weil ich es für nachahmungswürdig befand. Eine Redakteurin, die mich danach nie mehr anrief, sagte mir, das könne man nicht drucken, da würde den Lesern ja der Kaffee aus dem Gesicht fallen. Ich fühlte mich geschmeichelt.

Mr. Knister
27.03.2002, 13:59
Verehrter Mc, ich halte ein solches Verfahren ebenfalls für absolut angemessen, danke für die Mitteilung. Wenn ich mir allein die Auferstehung am Tag des Jüngsten Gerichts vorstelle, wo alle wie wild durcheinander rennen und nach ihren Siebensachen suchen werden - da ist es doch schön, wenn wenigstens einer wie Nehberg seinen Kram dabei hat. Oder?

vir
27.03.2002, 15:44
Scheisse, jetzt habt Ihr mich an was erinnert:
Vor 22 Jahren wurden mir an der Uniklinik Giessen unter Lokalanästhesie die Mandeln geschnitten. Noch während der Operation bat ich darum, die entfernten Organe behalten zu dürfen. So brachte mir am Abend die Schwester ein kleines Glasgefäss worin der Chirurg meine Tonsillen in Methanol eingelegt hatte. Da schwebten sie jetzt, schwerelos und seltsam, aufgedunsen und franselig; die abgeschnittenen Blutgefässe wie Tentakel. Man meinte die Vergrösserung zweier Urtierchen vor sich zu sehen.
Nicht viel später schenkte ich die Mandeln mit den Worten "Ein Stück von mir" einem gewissen Peter Happel aus Schotten zum Geburtstag. Ich glaube, seine Mutter hat das Glas samt Inhalt noch am gleichen Tag angeekelt weggeschmissen.

Sie werden mir dereinst fehlen, im Jenseits, die Tonsillen. Genau wie die abgeschnittenen Zehennägel und die ausgefallenen Haare. Na ja, wenigstens habe ich die Vorhaut noch.

Edgar_Biller
19.08.2003, 12:57
1. ist grad sowas von tote Hose hier,
2. hab ich noch nie gewuchtet, Premiere also,
3. hab ich diese wunderbare Geschichte gerade erst entdeckt,
4. hat sich Rüdiger Nehberg letzte Woche von einem Hubschrauber ohne Gepäck nächtens im Amazonas-Dschungel absetzen lassen und will in vier Wochen herausgefunden haben,
5. hat mich der Slogan der Nehberg-Konditorei auch immer schon begeistert.
6. Virchow: Immer noch?

Hat man denn nochmal von Enn Enn gehört?

Reno Schmittchen
22.08.2003, 10:16
Abenteurer Rüdiger Nehberg verschollen

Große Sorge um Abenteurer Rüdiger Nehberg. Der bekannte Überlebensexperte hat sich eine Woche lang nicht aus dem südamerikanischen Urwald gemeldet. Vereinbart hatte er, jeden zweiten Tag über Satellitentelefon anzurufen.

Er hatte sich am 31. Juli im Dreiländereck Amazonas/Para/Roraima nur in T-Shirt, kurzer Hose und Sandalen von einem Hubschrauber abgeseilt. Er wollte alleine und nur mit einer Axt bewaffnet einen 1000-Kilometer-Marsch unternehmen.

Der Admiral
25.08.2003, 14:29
Rausdorf (dpa) - Überlebensexperte Rüdiger Nehberg (68), der seit Tagen im brasilianischen Urwald verschollen war, ist wieder aufgetaucht. Wie sein Büro in Rausdorf am Montag mitteilte, hat sich der Kämpfer für Menschenrechte am Vorabend telefonisch gemeldet. «Es geht mir gut», habe Nehberg seine Mitarbeiter und seine Lebensgefährtin Annette Weber am Telefon beruhigt.

Reno Schmittchen
25.08.2003, 17:17
Er soll ohne Erlaubnis durch ein Indianerreservat getapert sein. Spricht nicht für eine wirklich gründliche Reisevorbereitung. Aber: es gibt schlechtere.

roger
25.08.2003, 17:37
vielleicht war das ja sein ziel: nicht nur lebend, sondern auch unerkannt durch den wald zu kommen. verfolgt von giftpfeilen, papamilitärs mit uzzi und marodierenden goldgräbern.

lt. spiegel online haben die brasinianischen behörden angst, die indianer könnten von der zivilisation verdorben werden und verbieten generell das lustwandeln in diesen gebieten. aber mal ehrlich, nehberg als westlicher missionar? absurd! der frisst sachen, vor denen sich auch die indios ekeln würden.

Ovomaltine
29.08.2006, 01:44
eine meiner lieblingsgeschichten, also rauf damit

Die Wucht
03.04.2020, 14:37
Anläßlich . (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-04/abenteurer-ruediger-nehberg-gestorben-menschenrechtsaktivist) gewuchtet. Den Strang kann man nach all den Jahren aber auch noch gut lesen.

U_Sterblich
03.04.2020, 16:38
Was macht eigentlich MC Hausmacherleberwurscht?

Knorke (Käpt´n)
03.04.2020, 17:06
Was macht eigentlich MC Hausmacherleberwurscht?
Zumindest gibts den noch live.
Ab und zu läuft man sich hier über den Weg - so gerade letztes Wochenende mit seiner Frau draussen bei den Boberger Dünen.
Gerne hätte man sicher etwas mehr über so dies und das länger geplaudert, wurde aber eher schnell abgebrochen - so auf Abstand macht das keinen Spaß wie man dann merkte.

U_Sterblich
03.04.2020, 17:19
Danke! Er kann ja einfach hier mal wieder was reinschreiben.

Knorke (Käpt´n)
08.04.2020, 10:37
Wie es der Teufel will (passiert ja sonst immer vielleicht so einmal im Jahr), aber gestern mittag den MC zufällig wieder im Vorbeigehen getroffen.
Ich richtete ihm aus, dass hier nach ihm gefragt wurde usw., er grinste schief, meinte "Passwort vergessen" und zog weiter.
Allerdings hatte er wohl auch grad andere Sachen im Kopf - so mein Eindruck.