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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Vig, Butch (drums, loops, noise & no shower)



DonDahlmann
08.10.2001, 17:59
Ich mag ihn sehr, den Butch Vig. Nicht nur, das er seinerzeit Produzent und Mitentdecker von Nirvana war, nein, er hat auch nichts getan, was diesen irren Sänger davon abgehalten hätte, sich eine Schrotflinte an den Kopf zu setzen. Außerdem sieht er aus wie eine Mischung aus Buddy Holly und Elvis (bevor Elvis vor lauter Barbituraten auseinanderging wie ein Topinambur-Souffle). Nachdem sich Kurt Cobain also enthauptet hatte war Butch Vig langweilig und er gründete eine Band names Garbage, die eine dem Namen nach entsprechende Musik macht. Zwar sind alle Konzerte immer restlos ausverkauft, aber das liegt daran, das eine schottische Sängerin (Shirley Manson) gibt. Die sieht immer so gut aus, das sie zwar nicht die männlichen Konzertbesucher platzen läßt, aber dennoch gut genug um über die nicht immer wohlfeilen Arrangements hinwegzutäuschen. Butch Vig, ein Mann, der weiß was er tut, und wie er damit Geld verdient. Ein Mann, der unseren Respekt verdient und unsere Achtung. War ich bis dato aus beruflichen Gründen auf den meisten Konzerten seiner Kapelle gewesen, ließ mich das Hamburger Konzert kalt, zumal ich am Vormitag ein längeres Interview mit Herrn Vig hatte.
Stattdessen schlich ich Röcken nach, bzw. einem Rock, der besonderns knusprige Beine umhüllte. Es waren nicht goldbraune Beine mit Papierhütchen, die man gebratenen Hühnchen über die Knochen schiebt, welche mich unuhig werden ließen, sondern echte, weibliche, einer schwarzhaarigen Frau. Doch die Dame war an diesem Abend störrisch und müde und missmutig schlich ich, wahllos irgendwelchen Stadtstreichern Bierdosen aus der Hand reißend über die Reeperbahn in Hamburg. Da wurde ich einem Menschen gewahr, der mit einer ganzen Pizza in der einen Hand und zwei Bechern leckeren Pizza-Hut Bier in der anderen hilflos und leicht schwankend ein Loch in die Luft starrte. Nach kurzen Geplänkel erkannten wir uns wieder und hastig trank ich sein Bier aus. Erst das eine, dann das andere. Er konnte sich ja nicht wehren, da er immer noch mit der Pizza kämpfte. Irgendwann - nachdem wir noch mehrere leckere PizzaHut Biere in uns fühlten, und ich dem teilnahmslosen Butch Vig die Geschichte meines Abend berichtet hatte - wurde Vig etwas unruhig. Was denn los sei, frug ich, er habe sich verlaufen, darauf er, das sei doch kein Problem, wo er denn hinwolle, antwortete ich, er zuckte nur mit den Schultern. Ein Bus sei das Ziel, das wisse er noch, auf gar keinen Fall ein Hotelzimmer, an sowas würde er sich erinnern, denn ein Hotelzimmer habe eine Dusche und er habe keine mehr seit längerer Zeit gesehen, schon gar nicht nach seinem Konzert am heutigen Abend. Da fiel mir die Stätte seines abendliches Wirkens wieder ein. Also schleppte ich ich den mittlerweile völlig betrunkenen Bandleader zur 'Großen Freiheit', wo seine Roadies schon aufgelöst hin und her rannten. Irgendjemand nahm mir Mr.Vig ab und ich erinnere mich noch an eine rothaarige Dame, die hysterisch lachend und mit nassen Haaren im Eingang des Busses stand. Mir fiel nichts besseres als die Frage ein, ob der Bus denn eine Dusche habe. Klar habe der Bus ne Dusche, so die leicht schnippische Antwort der Dame. Daraufhin bin ich sehr traurig nach Hause gegangen, denn an einem Abend von einer Dame störrisch behandelt zu werden, und von einem Popstar belogen, ist wirklich ein wenig viel.

Goodwill
08.10.2001, 18:17
Umgekehrt (Dame lügt, Star bockt) wär« es auch nicht besser gewesen. Ungelogen eine schöne Geschichte.

Walter Schmidtchen
08.10.2001, 18:21
Kann es sein, dass ich die störrische Dame vor wenigen Tagen in Berlin gesehen habe?

DonDahlmann
08.10.2001, 18:26
Nö. War ne andere.

DonDahlmann
08.10.2001, 20:14
Die anwesende Dame mochte allerdings die Pappengeschichten nicht so, aber deswegen ist sie nicht störrisch, oder?

naja
08.10.2001, 22:34
Kann das sein, daß die Dame in Berlin der Grund war, warum die andere muksch war?
Auf jeden Fall ist es eine sehr schöne Geschichte.

Ignaz Wrobel
09.10.2001, 07:43
'...schlich ich, wahllos irgendwelchen Stadtstreichern Bierdosen aus der Hand reißend über die Reeperbahn.'
Was für eine treffende Seelenzustandsbeschreibung! Hoffen wir, daß die schuldige Dame dies liest und bereut. Sollte sie hier auftauchen, wäre sie allerdings gestraft genug, das Bild gerösteter Hühnerbeine würde sie lange verfolgen. Der abgewiesene Liebhaber und der verwirrte Star ohne Dusche - ein trostloses Aufeinandertreffen, zu dem man nur Bier aus Pappbechern trinken kann...

DREA
09.10.2001, 10:01
Mist, jetzt ist mir Wrobel mit der Herausstellung des schoensten Satzes zuvorgekommen. Doll das, Dahlmann! Danke.

Yvonne Caldenberg
18.10.2001, 00:27
Ah!
Mal eine wilde Rock'n'Roll-Geschichte.
Am besten daran gefällt mir, glaube ich, dass es sich genau so verhält, wie man's vom Hörensagen kennt und wie ich's mir auch gerne vorstelle.
Affirmation durch großartige Details. Toll.

rron
18.10.2001, 00:45
Man sollte den Don wesentlich härter loben. Soo schön.

Yvonne Caldenberg
18.10.2001, 00:58
lobt noch härter

Yvonne Caldenberg
18.10.2001, 01:01
Soll heißen: härter
die Härte

frosch2
18.10.2001, 01:22
Härte mißt sich übrigens nach Brinell, Vickers oder Rockwell.
Die Geschichte ist unglaublich schön. Erstaunlicherweise obwohl ich die rosa Garbage CD fast gleichermaßen schön finde.

Commander
18.10.2001, 01:25
Am schönsten ist der erste Absatz, der Erzähler nimmt sich Zeit und man kommt in ruhige Leselaune.

nu del wolga
18.10.2001, 01:30
In dieser Geschichte sind alle Sätze gleich schön.