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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Biermann, Wolf



Poser Rosenberg
10.09.2001, 19:38
Sehnsucht nach harmlosen Menschen, bei denen auch ich als harmlos gelten kann trieb mich am Wochenende nach Hamburg. Im Zug gar nichts. Man steigt eben aus, wenn es nicht mehr weitergeht, das ist alles: kein Ankommen, das wäre ein Irrtum, eine Lüge. Kaum auf die Mönckebergstraße gestellt, Anna eingehakt, Wind von vorne, erscheint uns Wolf Biermann. Roter Kopf, hastig hakenschlagend in die Lücken zwischen den Passanten hechtend, die wie Automaten umeinanderrennen. Jede Lücke ist ein kleines Glück, eine Pause. Biermann klammert sich an eine ³Zweitausendeinsã-Tüte. Ich denke gezielt nicht darüber nach, was er gekauft haben könnte (er hat gekauft, die Tüte ganz jungfräulich glänzend): den neuen Eco? Georgia OâKeefe? Seine eigenen CDs? Das alles denke ich nicht, nicht mal jetzt, sondern erst später. Biermann ist ganz klein geworden. Bald schon können wir ihn nicht mehr sehen. ³Du, lass dich nicht verhärten / in dieser harten Zeit. / Die allzu hart sind brechen, / die allzu spitz sind stechen / und brechen ab sogleich.ã Das bleibt mir im Ohr. Fünf Minuten werde ich ganz sterbekitzlig. Mit dem Büchnerpreis haben sie ihn erschlagen. Aufgeschlagen, dann ist er leergelaufen. Selber schuld. Ich hasse Hamburg, diese wunderbare Stadt.

Reverend Tex
10.09.2001, 21:26
Schöne Geschichte, Poser, fragt sich nur, welcher der 4 Rosenbergs Du bist

Herr Genista
10.09.2001, 21:33
Poser wird noch ein richtiger Mensch, wenn das so weitergeht. Wer ist eigentlich der Postler? Und der zusammengeschriebene Poser?
Und wer der vierte?
Schöne Geschichte, allerdings.

Frau H aus B
10.09.2001, 21:48
Kurz und gut.
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Bücherforum - 100% anonym und diskret

PoserRosenberg
10.09.2001, 21:52
Ich find's bißchen langweilig.

Ignaz Wrobel
10.09.2001, 22:01
Doch, gute Geschichte.
'Kein Ankommen, das wäre ein Irrtum, eine Lüge' - armer, getriebener Mensch.

Bartholmy
10.09.2001, 22:07
Doch, kommt gut, die Geschichte, Ignaz hat recht, auch ohne 'an'. Oder gerade ohne.

James Dean Brown
10.09.2001, 22:07
'sterbekitzlig', Poser, kommt das aus dem Bücherforum?
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Bücherforum: da werden Sie geholfen

Herr Genista
10.09.2001, 22:14
Kaum mag man den Poser, schon passieren wieder merkwürdige Dinge mit seinen Strängen. Dabei gehört doch dieser hier nach oben!

Frau H aus B
10.09.2001, 22:15
Ja, wirklich schade. Er möchte offensichtlich nicht gemocht werden.

Murmel
10.09.2001, 22:15
Poserl, hast Du Wrobel gesehen? War auch in Hamburg.
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Zukunftsforum - au, ja!

Frau H aus B
10.09.2001, 22:32
Ich möchte mich bei Poser Rosenberg entschuldigen, weil ich ihn verdächtigt habe, Julian Casablancas zu sein.

Edding Kaiser
11.03.2003, 12:32
«Als die Chancen auf einen Heil-Hitler-Frieden in Europa verloren waren, schrie Goebbels im Berliner Sportpalast: Wollt ihr den totalen Krieg? Und die hakenkreuzbraven Deutschen brüllten begeistert: Jaaaaaa!!! Und nun? – Nur 60 Jahre später fragt in der Berliner Republik die gewählte Obrigkeit: Wollt ihr den totalen Frieden? – und die geläuterten Deutschen sagen von ganzem Herzen abermals: Jaaaaaa!» (Wolf Biermann im Spiegel 9/03, S. 144ff)

Das Robbensterben ist an Wolf Biermann vorübergegangen und wir haben jetzt den Schaden. Schön ist das nicht.
Sei’s drum.

Mein Elternhaus war ein gemässigt sozialdemokratisches. Für Ostermärsche hat es nicht gereicht, wohl aber für Amnesty International-Abende und Schallplatten der Wohlmeine-Mafia (Wegner, Mey, Wecker, usw.). Entsprechend sortiert war auch der Freundeskreis meiner Eltern, eine gewissensreine Clique von Aufrechten. Juristen waren darunter, Lehrer, Ärzte und Künstler. Nur keine Journalisten, die gab es damals noch nicht. Besondere Freunde der Familie waren der Maler Hank (Hänk) und seine Frau Inge. Hank war ein später Pointilist, der als Maler nie wirklich reüssierte, bis er schliesslich Mitte der 90er den Auftrag erhielt, eine Kirchendecke in Köln neu zu gestalten und fortan Fenster und Böden in diversen Dömen, Münstern und Kapellen des Rheinlandes mit seiner Kunst bestückte. Hei, wie einem der Kirchenlohn den mühsam angelesenen Atheismus austreiben kann! Die ganze Mischpoke musste damals zum Modellsitzen kommen und wer in Köln nach St. Pantaleon geht und ein Opernglas mitnimmt, der kann mich unter der Decke sehen, wie Gott mich schuf, bzw. Hank.

Hank war ein glühender Verehrer von Robbe Biermann seit er ihn auf dem berühmten Konzert 1976 in Köln gesehen hatte (jenes Konzert, das dazu führte, dass West-Deutschland Biermann behalten musste – ein perfider Trick des DDR-Regimes!). Als Hank 50 zu werden drohte, fasste Inge, seine Frau, einen Plan. Bei einem Auftritt Biermanns in Köln verdrückte sie sich in der Pause in Richtung Toilette, bog dann jedoch heimlich zur Bühne hin ab und schaffte es tatsächlich, hinter dem Vorhang Wolf «Rumpeldipumpel» Biermann abzupassen. Mit schweissnassen Händen erzählte sie von ihrem Mann, dem Maler, der so sehr die Kunst von ihm, Biermann, verehre und dass er doch nun morgen 50 werde und ob es da nicht vielleicht möglich sei, so quasi als Überraschung, dass er, Biermann, vielleicht als Gast zum Wein und es gäbe auch eine Kleinigkeit, also, ob er sich vorstellen könne, der Hank, er würde sich doch so sehr freuen. Und Biermann sagte zu.

Gefeiert wurde in Hanks Atelier, man sass und trank so umeinander und alle, ausser dem Jubilar, der nichts ahnte, warteten auf den Superstar. Zur verabredeten Zeit klingelte es und vor der Tür stand Biermann mit einem Strauss Blumen und einer Flasche Wein in der Hand. Hank brauchte lange, um sich von diesem Schock zu erholen. Wie angestochen tigerte er durchs Atelier um bald einen Sessel, bald etwas zu rauchen, bald Wein für Biermann zu bringen. Der nahm es locker, machte es sich bequem und suchte, den Künstlerkollegen in ein Gespräch zu verwickeln (dem naturgemäss alle im Raum mehr oder weniger verhohlen lauschten). Nach einem kurzen Geplänkel über das Zustandekommen des Besuches, fragte Hank Biermann, woran er gerade arbeite. Damit war das Ende des Besuches eingeleitet, auch wenn das noch keiner ahnte. Er übersetze Sonette von Shakespeare, sagte Biermann. Hank lachte, etwas zu laut. Wieso er denn so etwas mache? Er sei doch Musiker! Das Übersetzen solle er doch anderen überlassen. Überhaupt gäbe es doch schon diverse Übersetzungen, teilweise aus dem letzten Jahrhundert, also, nein, also so was!
Biermann schaute ihn an und deutete dann auf die Bilder Hanks, die im Atelier standen und hangen. Das sei wie mit der Malerei, sagte Biermann. Wieso Hank denn in diesem Stil male? Das habe doch schon Herr Seurat gemacht. Und besser.
Es stehe ihm, Biermann, nicht zu, das zu beurteilen, sagte Hank indigniert.
Da möge er recht haben, sagte Biermann und stand auf.
In den restlichen circa zwei Minuten, die Biermann noch da war, sprachen die beiden nicht mehr miteinander. Nur Inge redete auf den Sänger ein, dass das doch sicher ein Missverständnis und man könne doch. Biermann aber bat sie um ein Taxi und empfahl sich.
«So ein dummes Arschloch!» knurrte Hank ihm hinterher.
Und da hat der Hank ja nun einfach mal recht.

Ignaz Wrobel
11.03.2003, 13:12
Hello again
Ich sag’ einfach: Hello again
Du, ich möchte Dich heut’ noch sehen
Dort, wo alles begann
Hello again
Dort am Fluß wo die Bäume stehen
Will ich Dir in die Augen sehen
Ob ich dableiben kann

Uhuhu uhu
Ich sag nur: Hello again
Uhuhu uhu

Nee, echt jetzt.

Max DeRire
11.03.2003, 13:53
gerade dachte ich noch: der neue "wollt ihr den totalen" toblerdiesau möge sich bitte setzen mich zu entjeremisieren oder ggfs. zu exgeorgeducken, aber so richtig mit schmackes. ach käme er täglich.

Aporie
12.03.2003, 23:22
Ja, käme er doch täglich und am Samstag zu uns.

Benzini
12.03.2003, 23:42
Tobler kann nicht mehr kommen?

Benzini
12.03.2003, 23:43
Ich meine, nicht mehr täglich?