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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : di Lorenzo, Giovanni



joq
12.07.2001, 21:06
In der Berliner Lützowstraße gibt es einen kleinen verblüffend schlechten China-Imbiss, direkt neben dem Kumpelnest 3000. Das faszinierende an diesem Imbiss ist, dass das Essen immer schon vor der Bestellung fertig ist. Man geht also hin und sagt 'Einmal die 73' und während die kleine Chinesin noch schreibt, kommt schon ein bemützter Koch aus einer flammenlodernden Küche und bringt einem die 73, was - wenn ich mich recht erinnere - doppelt gebackenes Schweinefleisch mit Austernpilzen usw. ist.
Nun saß ich also in diesem Imbiss, der sich, wie Ortskundige wissen, im Magnetfeld des Berliner Tagesspiegel befindet. Dummerweise war ich mit Corinna da verabredet. Corinna kann sehr schön singen, arbeitet bei einer Fernsehprogrammfirma in der Lützowstraße und hat eine sehr dicke sehr dumme Kollegin. Dass diese Freundin nun auch noch zum Mittagessen mitkam, war nicht verabredet.
Ach ja: Corinna ist schlau und nett, hat aber eine ganz peinliche, außerordentlich laute und sehr versaute Lache. Nun saßen wir drei also beim Chinesen, ich aß 73, Corinna und ihre Kolleg’n aßen T1 bzw. T2 (die preisgünstigen Tagesmenüs, die teilweise schon TAGE vor der Bestellung fertig sind!).
Beide Damen sind sehr bescheiden, was humoreske Unterhaltung angeht, und so wurde über alle meine Witze, auch die ältesten gelacht. Das verselbständigte sich aufs unangenehmste, als Goivanni di Lorenzo, gemeinsam mit Lorenz Maroldt, seinem heutigen Stellvertreter, sowie einem äußerst unangenehmen Tagesspiegel-Marketingheini (der, der immer diese abscheulichen Gewinnspiele ersinnt) aus dem Österreichischen den Imbiss betrat. Die beschriebene Trias nahm direkt neben uns Platz.
Man muss ergänzen, dass der China-Imbiss ähnlich ungeräumig und ähnlich frequentiert ist, wie das Kumpelnest 3000. Wir saßen einander aum Schoß!!
Und ich, wie ein Januskopf mittendrin. Mit zwei laut lachenden albernden Tanten. Die nicht wussten, wer neben uns sitzt. Giovanni di Lorenzo sah an diesem Tag besonders verstrubbelt und verschlafen aus. Die Jungliteratinnen!! Ihm war sicherlich nach Dezenz zumute. Das konnten wir nicht bieten.
Ich schämte mich so sehr!
Gut, dass mein Handy klingelte. Es war nur Yvonne, die sagte, ich solle aum Nachhauseweg Klopapier mitbringen, aber es gab mir die Möglichkeit, blitzschnell abzuhauen. Ich ließ einen Zwanni auf den Tisch segeln und verschwand unter Erzeugung wichtigster Gesichtsausdrücke.
Unangenehm!
(Beitrag wurde von jockel1 am 12.07.2001 um 20:10 Uhr bearbeitet.)

Tex Rubinowitz
12.07.2001, 21:12
Duuuu lieferst Yvonne Klopapier ins Haus? Ich dachte das macht Ebbespatz.

Sabeta
12.07.2001, 21:17
giovanni di lorenzo sieht ziemlich gut aus. verschlafene und verstrubbelte männer sehen sowieso immer gut aus. und dann noch giovanni di lorenzo. herrje.

joq
12.07.2001, 21:27
Es gibt außer der Yvonne auch noch eine andere, also sozusagen 'meine', wobei 'meine' weniger possessiv gemeint ist.

joq
12.07.2001, 21:28
@sabeta:
Ja, er ist sicherlich ein Womanizer, um dieses hässliche Wort zu benutzen. Aber es scheint ihm an Substanz zu mangeln, man hat ihn noch nie wirklich lange mit ein- und derselben gesehen. Vielleicht ist er auch einfach nur unordentlich. Oder abends müde.
Nett ist er auf jeden Fall.

Tex Rubinowitz
12.07.2001, 21:29
Es gibt noch andere Yvonnes?
Spuk, Wahnsinn, Teufelswerk!

Sabeta
12.07.2001, 21:33
unordentlich? du meinst er verlegt die damen morgens und weiss dann nicht mehr wo sie sind?

joq
12.07.2001, 21:42
Könnte sein. Wobei, er ist ja Chefredakteur und nicht Verleger.
Haha hihi hoho huhu!

U_Sterblich
13.07.2001, 13:44
Ein Bonmot nach meinem Geschmack, Jockelchen!
Genau wie Herr di Lorenzo. Aber das bleibt unter uns.

honz
13.07.2001, 18:39
Ich muß an dieser Stelle mal wieder mosern.
Das hier ist Jockels erste Paparazzi-Geschichte. Und sie ist gut. was macht der Hühnerhaufen? Selbstrefenzielles Toilettenpapiergeschwätz anstatt Jockel zu loben.
Seine klare Sprache, dichte Atmosphäre, dramaturgisch geschickt vorbereitete Gags (T1 und T2 , Gerichte, die schon Tage vorher kamen), seine Selbstironie mit dem Wichtigtuerhandy etc etc, muß man preisen.Der Mann macht Absätze,er kann eine Geschichte gliedern, schreibt nicht alles so wasserfallartig runter. Und kein Lob.
Deshalb lobe ich hier mal. Damit das mal klar wird.

Tristram Shandy
13.07.2001, 18:43
Jawoll. Schließe mich an. Guter Mann. Weitermachen.

honz
13.07.2001, 18:48
Wußst ichs doch, auf Shandy ist Verlass.

joq
13.07.2001, 18:52
honz, Sie beschämen mich. Danke!
Jetzt kann ich beruhigt in Urlaub fahren.

Elpenor
13.07.2001, 18:54
Der Hühnerhaufen befindet selbstreferentiell, das Jockels Geschichte nicht nur preisungswürdig ist (beim Durchlesen genoß ich sie auch, leider nur still, ein Fehler), sondern das der werte honz uns hier eine Kostprobe seines kleinen Kompendiums für gute Paprazzigeschichten darreicht. Wasserfälle, genau, das ist das Problem.
(Beitrag wurde von Elpenor am 13.07.2001 um 17:55 Uhr bearbeitet.)

Elpenor
13.07.2001, 18:58
Ach, Dreck, eigentlich wollte ich nur mit die Geschichte loben. Da packt ein Glied ins andere. Die abwegigen Antworten resultieren daraus, dass eben keine Fragen offen bleiben.

Wolfgang Mueller
13.07.2001, 23:22
Hallo Jockel1. Dank für Deine interessanten Ausführungen. Ich hätte nie gedacht, dass Giovanni di Lorenzo in diesem grauenvollen Imbiss isst. Obwohl ich vor einigen Jahren des öfteren im Kumpelnest als Barmann arbeitete, habe ich nur je einmal im Asia-Snack (und beim türkischen-Imbiss an der Ecke) gegessen, bzw. ein Essen bestellt. Danach bereitete ich mir für die Nachmittagsschichten im Kumpelnest zuhause diverse, recht geschmackvolle Salate zu, die ich in tupperähnlichen Behältnissen in das Lokal trug, um sie dort zu vertilgen.
Als ich schon nicht mehr dort arbeitete, sah ich eines Tages von der Potsdamer Straße aus Giovanni di Lorenze gegenüber dem Asia-Imbiss mit zwei Herren im schwarzen Anzug und Krawatte stehen. Ich dachte, er kommt geradewegs vom Tagesspiegel, der ja um die Ecke ist. Aber nie im Leben hätte ich je gedacht, dass dieser doch recht ansehnliche Frauenschwarm eine so unglaublich schlechte Küche frequentiert. Dank für diese interessante Nachricht! (Er wird dadurch auf gewisse Weise ja auch sehr sympathisch, nicht wahr?)

Murmel
15.07.2001, 01:11
honz und Shandy sind (kirch)privatfernsehkaputt. Deswegen loben sie auch so gerne. Der String hat übrigens gestern Abend eine Quote von 0.8 % gehabt und wird deswegen abgesetzt. Tut mir leid, Boys.
Trotzdem: Geschichte gut, Akrobat schön.
(Beitrag wurde von Murmel Clausen am 14.07.2001 um 12:11 Uhr bearbeitet.)

Erik Dorf
15.07.2001, 10:59
Noch mal zurück zum Thema Yvonne: Die wichtigste Yvonne ist m. E. Yvonne de Carlo, denn sie war es, die zusammen mit Dan Durea (?, bezüglich der Schreibweise bin ich momentan überfordert) zum Gelingen der ersten Bonanza-Folge beitrug. Dass sie während der gesamten Folge völlig ohne Klopapier auskam, sei hier nur nebenbei erwähnt.

Ebbesand Flutwasser
15.07.2001, 13:11
Was ist der 'String', der abgesetzt wurde? Eine Fernsehsendung offenbar?
- fragt der erfreulich fernsehlose EF
------------------
Hr. Flutwasser ist ein lieber Spatz.
Yvonne Caldenberg

Murmel
16.07.2001, 01:21
Äh, nein, ich schrieb verkatert und kann mir keinen Reim mehr darauf machen. Vermutlich meinte ich 'Strang', bin aber ahnungslos, worauf ich mich bezogen habe. Komisch, komisch.
Zur Geschichte: Ich arbeitete im Sommer 1999 im Hinterhaus des Tagesspiegels und besuchte das Lokal auch einige Male. Giovanni di sah ich jedoch nur einmal. Ich saß mit Benjamin Schiffner und CY Schmidt in einem kleinen Cafe gegenüber vom Tagesspiegel. Giovanni lief mit zwei jungen Männern, vermutlich Redakteuren, an uns vorbei und blickte meine Begleiter kurz skeptisch an. Dann war er fort.

Andrea Maria
16.07.2001, 01:28
Eine sehr schöne Geschichte, Murmel, gut erlebt und gut wiedergegeben. Vorbildlich! Bitte mehr Geschichten mit dieser Qualität.
------------------
OProfPap. Andrea Maria Dusl
Meisterklasse für politischen Paparazzismus

Die Wucht
11.10.2001, 21:48
.

Ullysses
12.10.2001, 02:19
wuchtiger Einstieg

Die Wucht
13.10.2001, 15:02
Weil's so schön ist.

honz
13.10.2001, 15:13
.

Die Wucht
19.10.2001, 22:43
Eine Freitagswucht - diesmal passend zum Fernsehprogramm.

Aporie
19.10.2001, 22:56
Als dieses schöne Stück zum ersten Mal hochgewuchtet wurde, war ich noch zu grün zum Mitloben. Das sei hier nachgeholt. Die Fettaugen aus dieser hervorragend zubereiteten chinesischen Suppe hat Honz schon gelöffelt. Beschränke mich daher auf: treffliche Wortwahl, verblüffende Wendungen und starker Abgang.

Andrea Maria
19.10.2001, 23:15
Ich will nicht verhehlen, dass ich Ihren Stil hier sehr schätze, Aporie!

Walter Schmidtchen
21.10.2001, 00:41
Andrea, Du kannst nicht gleichzeitig den Stil von Aporie und Finnegans Wake schätzen

Giorgio Scherl
21.10.2001, 00:42
Walter
Du stinkst! (uns an)
(Beitrag wurde von Giorgio Scherl am 20.10.2001 um 23:44 Uhr bearbeitet.)

Aporie
21.10.2001, 22:45
Warum Herr Schmidtchen? Danke Andrea Maria.

Die Wucht
30.10.2001, 15:18
Für Virchow zum Jockel1-Kennenlernen.

vir
30.10.2001, 15:33
Du bist 'ne Wucht!

gwen
30.10.2001, 15:39
Finde den Beitrag sehr amüsant und spannend geschrieben! Habe früher bei der SZ gearbeitet und da sah man Giovanni di Lorenzo auch ab und an über den Hof laufen oder in der Kantine, was beweist, dass er anscheinend viele Geschmacksfehltritte aushält was Essen angeht. Wusste garnicht, dass er als Prominent gilt?! Juhu, dann hab ich ja noch einen in meiner Sammlung!

Die Wucht
28.02.2004, 01:22
Fast noch Freitag. Weil Schönhuber gerade von Güterabwägung redet. Alles ist so ungerecht.

Stimmen
28.02.2004, 02:18
Wirklich nicht, um zu provozieren: Aber Schönhuber ist der Sympathischste. Di Lorenzo eigentlich auch noch gut, dann aber abgeschmiert mit den Hooligans und dann auch gegenüber Schönhuber, wo er ihm Ruhmsucht vorwirft (zitiert aus dessen Biographie), als unterschiede er sich damit von irgendeinem der Anwesenden. Der brabbelnde Thierse, oder ganz schlimm Kresnik, der bekanntlich nicht denken kann, und, wie man sieht, nicht mal reden, deshalb ja Tanztheater (zur Information, wir sehen gerade NDR, Talkshow von 1990). Auch gut: Schönhuber verurteilt als einziger die beiden Hooligans (Blutige Krawalle Mailand, WM 90), die als Knallchargen aus unerfindlichen Gründen auch noch in die Sendung mußten. Und was für welche: was für Höschen, was für Hemdchen, Vorstadt-Popper, aber dann Hackfressen. Di Lorenzo: "Was machen Sie beruflich?" "Student." Draußen vor dem Fenster Standardautonome, in die Außenkamera sagt einer, Polizisten würden mit ihren Hunden, nachdem sie ihnen den Maulkorb abgenommen hätten, Demonstranten schlagen, ist aber auch alles egal - was mich gerade beschäftigt, ich frage mich, wo die Glatzen heute sind? Nach dem Mauerfall praktisch KEINE Talkshow ohne Glatzen, sogar im Tagesschau-Interview. Wahnsinnig unangenehm immer, weil selbst unter Spektakelgesichtspunken völlig unergiebig, Motto damals: Dialog suchen, nie für die Gesellschaft verlorengeben. Und ich dachte immer, das hört nie auf. Nun hat es längst unbemerkt aufgehört, warum? Jemand mitgekriegt, daß es nicht unterhaltsam war? Kann ich mir nicht vorstellen. Vernunft ausgebrochen? Geheimes Medienabkommen? Nein. Rechte Gewalt ausgestorben? Bißchen unwahrscheinlich. Also wo sind die Glatzen, honz?

Highlight, Schönhuber zu Zwerenz: Sie werden mir doch nicht böse sein, daß ich einen Bestseller geschrieben habe.

slowtiger
28.02.2004, 14:26
Beim Wiederlesen von Jockels Einstandgeschichte frage ich mich nur, wieso er damals noch nicht das naheliegende "die Trias aus dem Jura" benutzt hat. Wahrscheinlich war er noch scheu.

Ruebenkraut
28.02.2004, 16:33
Offenbar gibts den Lorenzo immer nur im Dreierpack.

Aporie
28.02.2004, 18:00
Noch immer groß, diese Paparazzung: sehr elegant und amüsant geschrieben. Hoffentlich ist sie im Buch.