Jackson Mueller
03.06.2001, 14:04
Es ist Samstag, der 5. Mai als ich im Bahnhof Bielefeld die Stufen zu den Gleisen 3 und 4 hochhaste, doch vergeblich: Mein sog. Regionalexpress ist wenige Sekunden vorher abgefahren, und ich sehe ihn nun langsam verschwinden. 45 Warte-Minuten stehen mir bevor, ich setzt mich auf eine freie Bank und ärgert mich ein bißchen. Die wenigen Reisenden, die mir dabei Gesellschaft leisten, warten auf den ICE Adolph Kolping Richtung Ruhrgebiet, Rheinland und schließlich München, für den eine Lautsprecherdurchsage fünf Minuten Verspätung angekündigt hat.
Da fällt mir ein schlanker Mann Mitte 40 auf. Er ist dezent elegant gekleidet, sein silbrig-grauer Anzug schimmert leicht seidig. Seine mittelgroße schwarze Tasche hat er auf eine Bank gestellt. Vor der Bank stehend, hält er die taz in der Linken, und mit der Rechten blättert er sie recht zügig durch. Offenbar sucht er nach einem bestimmten Artikel. Dann nimmt er sein Handy zur Hand und beginnt ausgiebig zu telefonieren. Dabei läuft, nein schreitet er langsam, aber stetig von der Bank zur Bahnsteigkante und zurück und hin und her. Sein Telefonat dauert diverse Minuten, und ich kann meinen Blick nicht mehr von dem Mann lassen, weil ich ihn zu erkennen glaube. Der Diebels-Mann, denke ich nach kurzem oberflächlichem Grübeln. Ja, das ist doch der Diebels-Mann, der in voller Anzugmontur in einer Kneipe sitzt, von einer Frau einen Bierdeckel hingelegt bekommt und sich darüber derart freut, daß er sich zu Hause erstmal eine Flasche Diebels aufmachen muß, während die Diebels-Hymne von Klaus Doldinger erschallt.
Doch während ich ihn nun interessiert beobachte, fällt es mir schlagartig ein: Na klar! Das ist Volker Beck, der als rechtspolitischer Sprecher der Grünen schon von Sabine Christiansen Redeerlaubnis in ihrer gleichnamigen Unterhaltungssendung bekommen hat.
Ein echter Talkshow-Gast in Bielefeld? Ich hege Zweifel, ob der Diebels-Mann wirklich Volker Beck ist und mache mich betont gleichgültig auf einen schlendernden Gang - geradeso wie ihn Wartende praktiziern - in seine Richtung. Besser kann ich meine unfreiwillige Wartezeit nicht totschlagen. Sein Telefonat nimmt ihn ganz in Anspruch, ich kann mich also sicher fühlen, daß ihn mein spannerhaftes Verhalten nicht stört, und gleiche meine Talkshow-Beck-Erinnerung mit dem weiterhin unstet hin und her schreitenden Mann ab. Als ich meine zweite Bahnsteig-Runde antrete, weiß ich, daß er nicht der Diebels-Mann ist, sondern tatsächlich Volker Beck, denn mir ist der Grund eingefallen, wieso ein grüner Promifunktionärs an einem Samstag nachmittag in Bielefeld anzutreffen ist: Die Grünen halten an diesem Wochenende ihren Landesparteitag in der Stadthalle Bielefeld ab.
Inzwischen ist sein langwieriges Telefonat beendet, er hat sich wieder die taz genommen und liest nun ganz konzentriert und weiterhin im Stehen die Wahrheit-Seite. Als ich ihn dabei wieder passiere, blickt er auf und fixiert mich kurz. Ist das nur ein spontaner Aufblicker oder fühlt er sich beobachtet? Erwartet er von mir, daß ich ihn um ein Autogramm bitte, oder nervt ihn der Gedanke an einen ungebetenen Anquatscher? Ich ziehe mich natürlich sofort und möglichst gleichgültig zurück und überlasse ihn seiner weiterhin konzentriert gelesenen Wahrheit-Seite. Selbst als der Zug einfährt, läßt er nicht von ihr ab. Erst als der Zug steht und sich die Türen öffnen, faltete er die taz zusammen und besteigt Waggon Nr. 12, erste Klasse.
Später habe ich mir dann seine Homepage angeschaut und mußte feststellen, daß das mit dem Diebels-Mann gar nicht so weit hergeholt war. Auf der Startseite hat er drei Links mit Symbolen angebracht: Der deutsche Adler zu seinem Arbeitsplatz, dem Bundestag, das Grünen-Logo zu seiner Partei und eine Bierflasche zur Website der Firma Beck's. Ich hatte mich also nur mit der Marke vertan, aber Bier war schon richtig.
Da fällt mir ein schlanker Mann Mitte 40 auf. Er ist dezent elegant gekleidet, sein silbrig-grauer Anzug schimmert leicht seidig. Seine mittelgroße schwarze Tasche hat er auf eine Bank gestellt. Vor der Bank stehend, hält er die taz in der Linken, und mit der Rechten blättert er sie recht zügig durch. Offenbar sucht er nach einem bestimmten Artikel. Dann nimmt er sein Handy zur Hand und beginnt ausgiebig zu telefonieren. Dabei läuft, nein schreitet er langsam, aber stetig von der Bank zur Bahnsteigkante und zurück und hin und her. Sein Telefonat dauert diverse Minuten, und ich kann meinen Blick nicht mehr von dem Mann lassen, weil ich ihn zu erkennen glaube. Der Diebels-Mann, denke ich nach kurzem oberflächlichem Grübeln. Ja, das ist doch der Diebels-Mann, der in voller Anzugmontur in einer Kneipe sitzt, von einer Frau einen Bierdeckel hingelegt bekommt und sich darüber derart freut, daß er sich zu Hause erstmal eine Flasche Diebels aufmachen muß, während die Diebels-Hymne von Klaus Doldinger erschallt.
Doch während ich ihn nun interessiert beobachte, fällt es mir schlagartig ein: Na klar! Das ist Volker Beck, der als rechtspolitischer Sprecher der Grünen schon von Sabine Christiansen Redeerlaubnis in ihrer gleichnamigen Unterhaltungssendung bekommen hat.
Ein echter Talkshow-Gast in Bielefeld? Ich hege Zweifel, ob der Diebels-Mann wirklich Volker Beck ist und mache mich betont gleichgültig auf einen schlendernden Gang - geradeso wie ihn Wartende praktiziern - in seine Richtung. Besser kann ich meine unfreiwillige Wartezeit nicht totschlagen. Sein Telefonat nimmt ihn ganz in Anspruch, ich kann mich also sicher fühlen, daß ihn mein spannerhaftes Verhalten nicht stört, und gleiche meine Talkshow-Beck-Erinnerung mit dem weiterhin unstet hin und her schreitenden Mann ab. Als ich meine zweite Bahnsteig-Runde antrete, weiß ich, daß er nicht der Diebels-Mann ist, sondern tatsächlich Volker Beck, denn mir ist der Grund eingefallen, wieso ein grüner Promifunktionärs an einem Samstag nachmittag in Bielefeld anzutreffen ist: Die Grünen halten an diesem Wochenende ihren Landesparteitag in der Stadthalle Bielefeld ab.
Inzwischen ist sein langwieriges Telefonat beendet, er hat sich wieder die taz genommen und liest nun ganz konzentriert und weiterhin im Stehen die Wahrheit-Seite. Als ich ihn dabei wieder passiere, blickt er auf und fixiert mich kurz. Ist das nur ein spontaner Aufblicker oder fühlt er sich beobachtet? Erwartet er von mir, daß ich ihn um ein Autogramm bitte, oder nervt ihn der Gedanke an einen ungebetenen Anquatscher? Ich ziehe mich natürlich sofort und möglichst gleichgültig zurück und überlasse ihn seiner weiterhin konzentriert gelesenen Wahrheit-Seite. Selbst als der Zug einfährt, läßt er nicht von ihr ab. Erst als der Zug steht und sich die Türen öffnen, faltete er die taz zusammen und besteigt Waggon Nr. 12, erste Klasse.
Später habe ich mir dann seine Homepage angeschaut und mußte feststellen, daß das mit dem Diebels-Mann gar nicht so weit hergeholt war. Auf der Startseite hat er drei Links mit Symbolen angebracht: Der deutsche Adler zu seinem Arbeitsplatz, dem Bundestag, das Grünen-Logo zu seiner Partei und eine Bierflasche zur Website der Firma Beck's. Ich hatte mich also nur mit der Marke vertan, aber Bier war schon richtig.