le_reptile
30.05.2001, 15:23
die grosse zeit des heidelberger stadttheaters, das war die zeit, in der ich dort wirkte. nicht mal als knallcharge, sondern als kulissenaushilfsschieber, immer drei monate am stück. wegen der verträge. was tut man nicht alles, damit man später 'arbeitete jahrelang als kulissenschieber' in die vita schreiben kann.
ausser mir und zwei kollegen, simon, dem kneipenpsychologen und hauschkatz, dem theologiestudenten, die wir die letzte soziale stufe vor der putzfrau im hause bildeten, arbeiteten dort auch johann kresnik und berserkte sich und sein tanztheater durch so manchen klassiker. wunderbar war es immer wieder, zu den abendschichten bei den proben zuschauen zu können, von der bühnenseite, bemerkt und doch geduldet, hatte man doch die zange links und den hammmer rechts an der hose hängen - wenn man rechtshänder war. sonst umgekehrt.
die bühnenarbeiter waren recht kulturlose bolzen, die eigentlich lieber bei der müllabfuhr gearbeitet hätten, wegen der kürzeren schichten, der besseren bezahlung und der schönen schreiorangen uniformen. sie tranken schlossquell und waren meistens grantig, wahrscheinlich wegen dem schlossquell, das unzweifelhaft eines der schlechtesten biere deutschlands ist. an fasching dekorierten sie den pausenraum, tranken zu viel schlossquell und schissen sich anschliessend gegenseitig in die kitteltaschen. danach kotzten sie die dusche voll, während die mondgesichtige putzfrau seelenruhig lächelnd ihre besenrunde zog und und die vorletze soziale stufe in der historischen unterbühnenmechanik verschwand, um dem badischen homegrown zuzusprechen, das eindeutig von besserer qualität war als schlossquell.
kresnik spricht eher schlecht englisch. vielleicht hat er's inzwischen gelernt, aber wir befinden uns am ende der 80er. damals konnte er nicht. jedenfalls nicht richtig. allerdings auch kein spanisch - was probleme aufwarf, denn die primadonna war südamerikanerin, womöglich argentinischer herkunft, eine sehnige mittvierzigerin, die man sich auch gut in einem flamencokostüm hätte vorstellen können - auch wegen der strengen gesichtszüge. wie alle mitglieder des ensembles war auch sie drahtig bis muskulös gebaut und sowohl zu ästhetischen als auch zu athletischen höchstleistungen fähig. kein leichter job! nicht bei kresniks 'macbeth' - das ganze ensemble trug schwarze spitzenunterwäsche zu eisenbeschlagenen knobelbechern, in manchen szenen rostige steigeisen. die technik sprach übrigens auch eher schlecht englisch und hatte für macbeth den internen code-namen meckbeck etabliert, mit dem auch die kulissenteile beschriftet wurden.
ich beobachtet eines abends, hammer rechts, zange links an der hose, wie der chef seiner cheftänzerin die verquickung von athletischem tanztheater mit lady meckbeck probte.
'then you go here and then you wish, and then you wish here, and then you wish there' sagte der meister immer wieder zu seiner argentinischen flamenco-primadonna, den part vortanzend.
nach einer weile war sowohl mir als auch lady meckbeck klar: er wollte zu verstehen geben, dass sie tänzerisch mit den füssen und einem feudel das blut vom bühnenboden beseitigen sollte.
in der schlussszene der aufführung sollte macbeth in einer badewanne liegen, das bild 'marats tod' immitierend, perfekt mit turban, badetuch, schreibfeder und loch. gute idee. da kam aber noch eine bessere daher, vom schicksal und den fotografen des 'sterns' geliefert: barschels tod. was lag näher, als den toten marat in der schlussszene in einen toten barschel umzudengeln? eben, nichts. dem provokatör ist nichts zu schwör.
prompt gabs zur premiere eine bombendrohung. sehr verdächtig.
also, ich war's nicht.
ausser mir und zwei kollegen, simon, dem kneipenpsychologen und hauschkatz, dem theologiestudenten, die wir die letzte soziale stufe vor der putzfrau im hause bildeten, arbeiteten dort auch johann kresnik und berserkte sich und sein tanztheater durch so manchen klassiker. wunderbar war es immer wieder, zu den abendschichten bei den proben zuschauen zu können, von der bühnenseite, bemerkt und doch geduldet, hatte man doch die zange links und den hammmer rechts an der hose hängen - wenn man rechtshänder war. sonst umgekehrt.
die bühnenarbeiter waren recht kulturlose bolzen, die eigentlich lieber bei der müllabfuhr gearbeitet hätten, wegen der kürzeren schichten, der besseren bezahlung und der schönen schreiorangen uniformen. sie tranken schlossquell und waren meistens grantig, wahrscheinlich wegen dem schlossquell, das unzweifelhaft eines der schlechtesten biere deutschlands ist. an fasching dekorierten sie den pausenraum, tranken zu viel schlossquell und schissen sich anschliessend gegenseitig in die kitteltaschen. danach kotzten sie die dusche voll, während die mondgesichtige putzfrau seelenruhig lächelnd ihre besenrunde zog und und die vorletze soziale stufe in der historischen unterbühnenmechanik verschwand, um dem badischen homegrown zuzusprechen, das eindeutig von besserer qualität war als schlossquell.
kresnik spricht eher schlecht englisch. vielleicht hat er's inzwischen gelernt, aber wir befinden uns am ende der 80er. damals konnte er nicht. jedenfalls nicht richtig. allerdings auch kein spanisch - was probleme aufwarf, denn die primadonna war südamerikanerin, womöglich argentinischer herkunft, eine sehnige mittvierzigerin, die man sich auch gut in einem flamencokostüm hätte vorstellen können - auch wegen der strengen gesichtszüge. wie alle mitglieder des ensembles war auch sie drahtig bis muskulös gebaut und sowohl zu ästhetischen als auch zu athletischen höchstleistungen fähig. kein leichter job! nicht bei kresniks 'macbeth' - das ganze ensemble trug schwarze spitzenunterwäsche zu eisenbeschlagenen knobelbechern, in manchen szenen rostige steigeisen. die technik sprach übrigens auch eher schlecht englisch und hatte für macbeth den internen code-namen meckbeck etabliert, mit dem auch die kulissenteile beschriftet wurden.
ich beobachtet eines abends, hammer rechts, zange links an der hose, wie der chef seiner cheftänzerin die verquickung von athletischem tanztheater mit lady meckbeck probte.
'then you go here and then you wish, and then you wish here, and then you wish there' sagte der meister immer wieder zu seiner argentinischen flamenco-primadonna, den part vortanzend.
nach einer weile war sowohl mir als auch lady meckbeck klar: er wollte zu verstehen geben, dass sie tänzerisch mit den füssen und einem feudel das blut vom bühnenboden beseitigen sollte.
in der schlussszene der aufführung sollte macbeth in einer badewanne liegen, das bild 'marats tod' immitierend, perfekt mit turban, badetuch, schreibfeder und loch. gute idee. da kam aber noch eine bessere daher, vom schicksal und den fotografen des 'sterns' geliefert: barschels tod. was lag näher, als den toten marat in der schlussszene in einen toten barschel umzudengeln? eben, nichts. dem provokatör ist nichts zu schwör.
prompt gabs zur premiere eine bombendrohung. sehr verdächtig.
also, ich war's nicht.