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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Vermeintliche Bekanntheit u. Bekanntheit verwandter Art



Bartholmy
27.05.2001, 00:04
Oder auch: Almost Famous
Anfang der 90er Jahre, Berlin-Neukölln, neu renovierter Altbau, Vorderhaus. Die Geburtstagsfeier eines Bekannten, bei ihm zu Hause; die Holzdielen sind gerade frisch abgezogen und versiegelt worden.
Vielleicht aus letzt genanntem Grund gab es auf dieser Feier einen Wettbewerb. Die Gäste waren aufgefordert, Hausschuhe mitzubringen, die schönsten Puschen sollten prämiert werden. Ich hatte mir einige Mühe gemacht, zwei Tapezierbürsten gekauft, diese an die Sohlen von schwarzen Espandrillos getackert, vorne zwischen Bürste u. Sohle und um den Rist geblümte Streifen eines alten Tuchs geknotet und mit einem Schleifchen verschönt und an die Ferse jedes Schuhs aufrecht eine Zahnbürste genäht (das war der schwierige Teil der Bastelarbeit gewesen). Alle Puschen waren bei Eintritt abzugeben, bekamen eine Nummer angeheftet und wurden im Gang aufgereiht. Die meisten Gäste hatten normale Hausschuhe mitgebracht, eine Minderheit originelle Modelle, die Stoffbärchen oder kleine Krokodile usw. darstellten. Später wurde mit Zetteln abgestimmt; ich gewann. Locker.
Der erste Preis, der mir dann überreicht wurde, war eine Single von Phil Collins (Titel vergessen). Darüber war ich ein wenig unreif beleidigt, weshalb ich dann noch einige Jahre die Single als Untersetzer für das Olivenöl in der Küche benutzte. Das Küchenregal blieb so von Ölringen verschont. Irgendwann wurde mir diese symbolische Abstrafung aber albern und ich warf den Untersetzer weg.
Aber das nur am Rande. Der Bekannte, der Geburttag feierte ist ein sehr netter, charmanter Mensch, der mit einigen meiner besseren Berlin-Britzer-Bekannten gemeinsam die Schule besucht hat. Ansonsten ist er sehr sportlich, spielt Basketball, surft und snowboardet. Ich kam recht früh auf die Feier und kannte erst einmal kaum jemanden. Er hatte zahlreiche Sportskameraden aus dem Basketballverein eingeladen -nicht meine Welt.
Später kamen aber auch einige mir vertraute Gesichter, darunter auch mein alter Freund A.H., Journalist, DJ und begabter Exzentriker. Er führte sich auch damals schon auffällig auf, schrie, hüpfte herum, bewegte sich irgendwie anders, charmierte und fummelte an der Anlage herum (Er ist, sollte die Kurzbeschreibung hier irreführen, ein zwar anstrengender, aber wirklich sehr, sehr netter Mensch). - Hier ist er nur mit Initialen genannt: Weil, er ist gar nicht bekannt, hätte aber, sieht man vom ganz und gar fehlenden Kalkül ab, schon das Zeug dazu.
Das fiel auch der Freundin eines neben mir stehenden Basketballers auf (beide neideten mir ein wenig die Collins-Single - wäre ich damals nicht so kleinmütig gewesen, ich hätte sie ihnen geschenkt). Sie deutete auf A.H. und fragte ihren Freund: 'Wer ist denn das? Der ist doch bekannt, oder?' - Worauf der Freund sich umwandte, nickte und ihr sachlich erklärte: 'Ja. Das ist der Pop-Papst von Britz.'
Dieser recht präzisen Feststellung wäre nicht viel hinzuzufügen. Außer, dass auf der selben Party unerkannt ein anderer, eher unfreiwillig Bekannter war, dessen Foto sicher eine ganze Reihe von Leuten (wenn auch nicht die Ballsportler) von einem Plattencover her kannten.
Ungefähr 1980 hatte ich selbst diese Platte besessen und oft gehört. Einem der Lieder verdanke ich die Kenntnis des eigenartigen Begriffs 'Sechser', das, glaube ich, aus irgendwelchen altmodisch-verqueren Gründen ein Fünfpfennigstück bezeichnet: Sechser, na klar.
Die LP steht wahrscheinlich noch auf den Dachboden meines Elternhauses und heißt immer noch 'Sind so kleine Hände'. Auf dem Cover sieht man die Singer-Songwriterin Bettina Wegener in Pulli und Profil, im Arm einen sehr kleinen Jungen, den sie fest an sich drückt. Dieser Junge, ihr Sohn J., war als Jugendlicher auf der Party anwesend. Damals muss er mit seinen ca. 16 Jahren dort der jüngste Gast gewesen sein.
Sein Lied wurde selbstverständlich nicht gespielt. Er hätte das auch kaum zugelassen, schwärmte er doch mehr - wenn auch eher aus Prinzip - für Skinheads.
Später am Abend, die Ballspieler mit Freundinnen waren alle schon gegangen, wurde er dann sehr betrunken und musste sich auf den Ikea-artigen Teppich übergeben. Wir, die wir ihn kannten, kümmerten uns ein wenig um ihn und machten sauber. Er schlief dann auch bald im Sessel ein. Hausschuhe hatte er nicht mitgebracht.

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MBart

rogntuedue
27.05.2001, 01:41
Wunderbare Geschichte! - Ich erinnere mich noch gut an die Wegener-Platte u. das Cover. Ebenfalls so um 1980 mußte ich mir das bei meiner Freundin öfters anhören und das Plattencover stand oft gut sichtbar bei ihr neben dem Bett (was immer das bedeutet, muß ich mal drüber nachdenken, ein ander mal).
Einmal im Halbjahr durften wir auch an der Schule Platten mitbringen und im Musikunterricht Lieblingslieder vorspielen. Und sie ließ 'Sind so kleine Hände laufen' u. der SPD-Lehrer fand das natürlich gut, sagte er. Was ihr dann aber peinlich war und zu ihrem Bruch mit dem Lied führte, wenn ich mich recht erinnere.
Schön zu erfahren, daß auch die Besungenen da bald auf Distanz gegangen sind.

Yvonne Caldenberg
27.05.2001, 02:12
Bin jetzt fast schon zu müde, aber nach zweitem Lesen des Berichts hier:
Das leuchtet.
Das ist auch interessant, weil von dieser Ostopposition hatte ich immer nur so ein wenig gehört (gabs ja nicht) - und dann vor allem später, von Westbekannten, die das viel besser kannten als ich, und die mir dann was davon erzählten.
Den umgekehrten Fall gibt es wahrscheinlich nicht: Westdeutsche, die vor 1990 Ostkünster paparazzt haben. Oder? - Oder die auch bloß damit aufgewachsen sind. Pudhys in Bielefeld, oder so?

Herr Genista
27.05.2001, 02:59
Gibt es denn die prämierten Hausschuhe noch, vielleicht in einem Museum oder auf dem Gang der volkskundlichen Abteilung der Universität Köln?
Bielefeld ist meiner Erfahrung nach durchaus alles zuzutrauen, ohne jede Einschränkung. Die Stadt hat noch nicht mal einen eignen Fluß, kann sie sich wohl nicht leisten, aber jeder kommt von da (oder ging da weg), es ist unheimlich, ich will hier gar keine Namen nennen, weil das den Rahmen sprengt. Sogar Dr. Oetker kommt aus Bielefeld oder macht wenigstens seinen Pudding da. Wenn ein Mensch nur kurze Zeit zu leben hat, dann sollte er am Ende wenigstens nach Bielefeld gehen, und dann da sterben.
@rogntuedue (Wirklich? 'rogntuedue'?): Mich zwang unser Musiklehrer einmal, stets um Respekt der ihn nicht respektierenden Horde unmusikalischer Pubertätsbratzen bemüht, die frisch erworbene Tote-Hosen-Schallplatte auszuhändigen, damit er sie auflegen konnte. Nach minutenlangem unbewegten Zuhören sagte er, 'Interessante Dynamik' und machte die Platte wieder aus. Besonders verwirrt haben dürften ihn die Ausrisse aus Beethovens Neunter, die da zwsichen den Lärmbatzen positioniert waren.
Erreicht hat er mit der Ranschmeißerei, daß ich Tote Hosen nicht mehr gutfinden wollte, und dafür bin ich dem ansonsten unbedeutenden Lehrkörper bis heute still dankbar.

Albrecht Conz
27.05.2001, 03:03
Tatsächlich habe ich als Westdeutscher in meiner Jugend als eines der ersten Konzerte die Puhdys gesehen, in einer Stadthalle, im Süddeutschen.
Geprägt hat mich das aber nicht so. Obwohl ich auch immer so Platten von Verwandtschaft aus dem Osten geschickt bekam.
Ich kannte aber auch, als ich noch zur Schule ging, zahlreiche Basketballspieler und kann nur bestätigen, dass die eher Phil Collins (bzw. Genesis) hörten, als Bettina Wegener, das auf jeden Fall.
War eigetlich je Phil Collins mit einem seiner Kinder auf einem Plattencover? Oder der andere von Genesis. Wie nannte der sich noch? : Games without frontiers. - Und was ist aus denen geworden? Basketballer? Skinheads? Tories?
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Conz

Bartholmy
27.05.2001, 16:57
Lieber Herr Genista,
die prämierten Schuhe gibt es leider nicht mehr - sie sind den Weg aller Phil Collins-Singles gegangen. Es existieren nur noch die Tapezierbürsten, die ich von Zeit zu Zeit noch zum Schuhe polieren missbrauche.

Edmund
27.05.2001, 18:42
Bin auch voll des Lobes, lieber Bartholmy!
Liebe Yvonne:
Schönes Wort, Ostopposition.
Die einzige Ostcombo, die ich zur Vorwendezeit kannte, war Hubert Kah (schreibt man das so?). Heute höre ich gern mal alten Ostrock. Hey, das wär doch 'nen Rime für Hiphoppoeten: Ostrock - Rostock.
Lieber Herr Genista:
Die Oetkers produzieren da nicht nur Pudding, die sind alter Bielefelder Adel.
Zum Öluntersetzer:
Da ich andere Geldausgebeschwerpunkte habe als die meisten jungen Leute, besitze ich nur etwa 10-12 digitale Schallplatten. Eine von denen habe ich 1994 geschenkt bekommen und noch nie gehört: Die Single 'Philadelphia' zu dem erfolgreichen Aidsfilm. Ist das nicht auch von Phil Collins? Oder habe ich da jetzt eine falsche Phil-Phil-Assoziation?

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Münchner frohlocken Grießgrämig,
Edmund

rogntuedue
27.05.2001, 19:08
zu Edmund:
Ich dachte, Hubert Kah wäre aus dem Westen gewesen? Oder täusch ich mich da? - Frau Yvonne, übernehmen Sie!
zu Hr. Genista:
Eigentlich sollte der Benutzername 'rogntüdü' heißen. Das Programm hier scheint aber bei den Namen keine Umlaute am Wortende zu akzeptieren. - So kann's gehen. Und nun hab ich dann eben so einen albernen Namen: 'rogntuedue'. - Ärgerlich, das.
(Beitrag wurde von rogntuedue am 27.05.2001 um 22:19 Uhr bearbeitet.)

rogntuedue
27.05.2001, 23:31
Nochmal zu Herr Genista:
Daß Bielefeld gar keinen Fluß hat, war mir nicht bewußt (War selber nur einmal da, im Mövenpick am Bahnhof).
Aber, daß diese Art von Musikunterricht mit Flußmangel zusammenhängt, das glaube ich nicht. Bei mir war's in Esslingen und durch die Stadt zieht der Neckar nicht nur allein, sondern auch durch viele Kanäle verzweigt. Das Tertium Comp. muß also irgendwo anders im Argen liegen.
Worauf noch gleich eine Frage an Frau Yvonne: Durfte man das denn im Osten auch - Platten in den Musikunterricht mitbringen? Und wenn ja, welche?

Herr Genista
27.05.2001, 23:55
Die Flußtheorie ist nicht im geringsten gefährdet, denn, obacht: ich selbst komme gar nicht aus Bielefeld, sondern beobachte den quasi Menschenmoloch dort nur indirekt und aus der Ferne. Statt in Bielefeld oder Brackwede spielte sich das Totehosenhören in, festhalten, Ostfildern oder eben auch Oschtfildra ab. Da staunt der Esslinger. Ich gebe aber gerne zu, daß Ostfildern auch keinen rechten Fluß hat, und daß mich das aus der Bahn wirft. Aber nur mich persönlich, die Flußtheorie steht wie eine Eins, wie sich das gehört.

Yvonne Caldenberg
28.05.2001, 00:48
@rogntuedue:
Danke für die Nachfrage: Also wir durften das in meiner Schule in Nauen nicht, u. dergl. ulkige liberale Praktiken gab es, vermute ich, auch nur an Westschulen. - Es lebe der ulkige desillusionierende Liberalismus! Sag ich mal so.
Bei mir an der Schule wurde wenn, dann etwas als wertvoll Anerkanntes vormusiziert. Das brachte es aber auch nicht so. Öööde.
@Hr. Genista:
Ostfildern! Das ist ja putzig. Gab es da auch eine Mauer, hin zu Westfildern? Und Filderdissidenten? Solche mir Filder- und solche ohne Filderzigartetten?
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YCal

Herr Genista
28.05.2001, 01:06
Es gab und gibt Filderbauern, das ist fast genauso schlimm. Die machen aus Fluzgzeuglandebahnen Kohlköpfe, ungelogen, und tun sie in Dosen. Das ist nicht mehr menschlich, und manchmal stinkt die Hochebene der Filder nach der Kohlmaschine, daß es... äh... stinkt.

bettyford
28.05.2001, 01:21
edmund, 'philadelphia' ist von bruce springsteen

rogntuedue
28.05.2001, 02:02
Oder im Zweifelsfall auch von Will Smith. Ginge aber auch als Osthymne durch, Philadelphia. Es gibt doch, glaube ich mich zu erinnern, ein 'Philadelphia' irgendwo in der Ostzone, oder? Oder war's eine 'Oder'?

DerCaptain
28.05.2001, 12:44
Stimmt, Bielefeld ist wirklich alles zuzutrauen....
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'Von ganzem Herzen, für alle Zeit...'

(Beitrag wurde von DerCaptain am 28.05.2001 um 11:45 Uhr bearbeitet.)

pinkas
28.05.2001, 14:51
Werte Landsleute, ich bin von der Filderebene, und uns wurden bereits in der Grundschule ein Lückentext vorgesetzt, der sinnvoll ergänzt werden musste, so dass sich der Satz 'Das Krautwasser hat einen üblen Geruch' ergab. Hubert 'Kah' Kemmler übrigens war nicht nur absolut BRD, sondern sogar aus Reutlingen! Sowas weiss man doch. Aus Filderstadt kam Peter Schilling.

Herr Genista
28.05.2001, 14:54
Danke pinkas, ich kam schon innerlich ins Trudeln wegen des 'Kah ist aus der DDR'-Denkens. Jetzt freilich trudle ich, weil Schilling aus Filderstadt kommen soll, das ich, obwohl ich jahrelang daneben wohnte, nur wegen des gerüchtehalber gräßlichen Fildorado kenne.
Ich kann aber kontern: in Wahrheit bin ich nämlich aus Aalen, und von da kommt Andy 'Das Boot mit den beiden Fischer von San Juan' Borg. Das fand ich immer gruslig, obwohl Aalen an sich auch schon gruslig ist, da kommts darauf nicht an.
(Beitrag wurde von Herr Genista am 28.05.2001 um 13:54 Uhr bearbeitet.)

Edmund
28.05.2001, 21:08
Lieber Herr Genista,
Wegen Andy Borgs Akzent nehme ich an, dass von Aalen irgendwo da unten, und nicht von Aalen in Westfaalen die Rede ist? Oder von Aalen in Aspik? (Tschuldigung, konnte ich mir nicht verkneifen)
Aber irgendwas hatte Hubert Kah doch mit der DDR, oder? Ich bin mir 100%ig sicher, dass mir meine Mitschülerin Susanne Hennig etwa 1987 auf dem Volksbankparkplatz erzählte, Hubert Kah sei 'kein Sänger', sondern ein Bandname und die Band komme aus der DDR. Und wenn Susanne mich damals vergackeiert hätte, würden für mich wirklich gedankliche Globen kollabieren. Wegen Susanne natürlich, nicht wegen Hubert Kah.
Liebe Bettyford,
wer zum Teufel ist denn jetzt schon wieder Bruce Springsteen?
Nein, im Ernst: Hätte aber auch zu Phil Collins gepasst, oder? Wie dem auch sei, thanks for educating edmund.

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Mein faustischer Grundkurs,
Edmund

rron
29.05.2001, 00:54
Aalen hin oder her, fest steht doch hier nur eines: Andy Borg ist ein Gute-Laune-Generator, eine Funsplittergranate, der Karajan des Kalauers, ein, achwas, DER Zampano der Zwerchfellattacke.
1995 hatte ich beruflich auf der ³großen Hitparade des Schlagersã, vielleicht auch ³große Schlagerparade der Hitsã zu tun. Ich betone ³beruflichã nicht etwa, um ein eventuelles Outing als Mitschunkelmusik-Gutfinder aggressiv im Keim zu ersticken, sondern vielmehr um darzustellen, dass diese Begegnung in keinster Weise eine zufällige war und somit hier nicht erzählt werden sollte. Aber wo kämen wir denn da hin.
Im Backstagebereich durfte ich nämlich Zeuge folgender Begebenheiten werden: Nacheinander wurden Uwe Hübner, der charmant durch den Abend führte, Costa Cordalis, Ireen Sheer, Bernhard Brink und der Sohn von Costa Cordalis (der aber weniger Groupies abbekommt als sein Vater) von Andy Borg mit folgendem Hammer begrüsst: ³Ouhh, pass auf! Ich glaubÎ Du hast da was. Nein, da. Ein bissl höher. Ich glaubÎ du hast a dios am Ohr!ã A Dios am Ohr, versteht Ihr ? Wo doch sein größter Hit ³Adios Amorã hieß! Nicht ein-oder zweimal, sondern allein fünfmal in meinem Beisein. Ich jedenfalls hätte nicht weniger Spaß haben können. Ich hoffe Ihr könnt das jetzt mit mir teilen.


(Beitrag wurde von rron calli am 28.05.2001 um 23:55 Uhr bearbeitet.)

Bartholmy
29.05.2001, 00:55
Gut gefällt mir das musikalisch-geografische Crossover, dass sich aus den Kommentaren ergibt. Vielleicht sollten Phil Collins, Bruce Springsteen, Bettina Wegener und Hubert Kah sich einmal zusammentun zu einer Tournee durch Aalen, Ahlen, Bielefeld und die Fildern?
Provisorischer Projektname: Goldene Oldies mit gelegentlich Kritischem Anspruch für with and without River Towns
Kurz: GOKART
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MBart

Poser Rosenberg
29.05.2001, 19:18
'A.H., Journalist, DJ und begabter Exzentriker': doch, der Führer ist schon 'ne Bombe, zweifelsfrei. Und er lebt und lebt und lebt.

rogntuedue
30.05.2001, 00:57
Hitler mit Ostoppositionsnachwuchs und Basketballern auf einer westberliner Hausschuhparty und mit Phil Collins? - Das wäre doch etwas für Herrn Moers? Ich warte auf die Bildgeschichte.

Albrecht Conz
31.05.2001, 00:25
@Poser
Das mit dem A.H. war mir bei der ersten Lektüre der Geschichte ganz entgangen. - Da scheint das doch alles in ganz anderem Licht auf, in diesem Wissen. Oder macht doch sehr nachdenklich, zumindest, nicht?
Andererseits P.R. - sind das nicht vielleicht sehr selbstverliebte Initialen? Und kann man denen trauen? - Ich sag mal nur: Goebbels. Und das endete ja auch böse.

Bartholmy
31.05.2001, 01:29
Liebe letzte Beiträger,
interessiert lese ich die Interpretationswut. Und sie bestärkt mich im Glauben, dass ja all zu viele Interpreten heute arbeitslos sind, weil in der Germanistik, der Meinungsforschung und im Kreuzworträtselbereich allerhand wegrationalisiert wird. - Schade.
Aber: Die Initialen war ganz einfallslos und ohne Hinterhand aus dem Leben gegriffen, d.h. ECHT, weil die geschilderte Person ja nicht prominent und bei derlei Allerwelts-Initialen auch nicht zu erkennen ist.
Nachdenklich ist es dann schon, wenn solche, mehr auf die Geschichte zielenden Zutaten, gleich den Drang nach - wie irgendwer Cleveres mal sagte - : 'schweren Zeichen' auslöst. Und da geht es ja dann unter Hitler etc. wohl kaum.
Aber ruhig weiter so. Irgendwie lese ich solchen pawlowschen Irrsinn ja dann doch wieder ganz gerne.
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MBart

Albrecht Conz
04.06.2001, 02:13
Adolf Hitler und 'starke Zeichen'?
Ich kenne mich da ja nicht so aus, dachte aber immer, A.H. gehöre in die Kategorie 'schwache Zeichner'.

Tex Rubinowitz
04.06.2001, 12:24
Peter Handkes Tochter wurde am 20.April geboren, und wie hat er sie genannt? Amina.
Ein 'schweres Zeichen' Initialien-Scherzchen?
Andy Borg kann nicht aus Aalen oder Ahlen kommen, solche Namen gibt es in Oesterreich nicht, ich glaube, er kommt aus der Steiermark, da heissen die Orte GRALLA.
Ich komme aus Lueneburg, und das Einzige, was Lueneburg auf musikalischem Sektor gruseliges hervorgebracht hat, war eine Gruppe namens 'Clowns und Helden', und ich glaube, ich kannte sogar einen aus der Gruppe, es ist mir aber gelungen, seinen Namen erfolgreich zu verdraengen.

Jackson Mueller
04.06.2001, 19:59
Ist noch jemand vom 27. Mai anwesend?
Als an diesem Tag die präzisen Auskünfte über Bielefeld gegeben wurden, kulminierten sie in einer Flußtheorie, die darauf basierte, daß so manches Phänomen mit dem Fehlen eines Flusses zu erklären sei. Das stimmt und stimmt doch zugleich nicht, denn es gibt sehr wohl einen Fluß in Bielefeld: die Lutter. Naja, ein Flüßchen, aber immerhin einen natürlicher Wasserlauf, der die Stadt durchquert. Daß die Lutter gemeinhin nicht wahrgenommen wird, liegt schlicht daran, daß sie vor vielen Jahren zugemauert wurde. An ein, zwei unscheinbaren Ecken kann man sie noch rauschen hören. Womit die Flußtheorie nicht verworfen, sondern irgendwie tiefenpsychologisch gedeutet werden muß.
Und, liebe Frau Caldenberg, die Puhdys sind Anfang der 80er tatsächlich in Bielefeld aufgetreten. In der Gesamtschule. Ich war dabei, weil ich aus irgendeinem Grund keinen Eintritt zahlen mußte, und erinnere mich an mein fortwährendes Staunen, daß die zahlenden Gäste ganz aus dem Häuschen waren. Gerade so, wie man es damals immer in unseren Zeitungen über Autritte von Westbands im Osten lesen durfte.

rogntuedue
04.06.2001, 21:02
Es sollte also eigentlich heißen: 'Lutterstadt-Bielefeld', oder?
Gerade am Wochenende fragte ich eine Bekannte: Sie sah die Puhdys ca. 1980 in Esslingen, wofür sie auch einiges an Eintritt zahlte.
Ihr Grund (soweit sie sich erinnerte): 'Damals gab es fast nie große Konzerte. Da mußte ich einfach hin.' Und die Lightshow war dann wohl auch beeindruckend. Soweit sie weiß wurden die Puhdys wie in Bielefeld auch in Esslingen von mehreren hundert Jugendlichen sehr bejubelt.
Wie das jetzt mit den Flüssen durch Städte zusammenhängt, ist mir nicht klar. Ich werde aber drüber nachdenken.

Yvonne Caldenberg
05.06.2001, 01:13
Puhdys fand ich immer grässlich! So Musik für Ältere u. für Blauhemden. Und so was hat sich die Westjugend also angekuckt - tss, tss, tss.
Ich habe im Osten ja nie ein Westkonzert gesehen. Und Frau Wegener ist mir aus dieser Zeit auch nicht bekannt (Generationenfrage?).
Aber: Einmal war ich, es war noch in Nauen, - ich war vielleicht 14/15 - auch auf einer Hausschuhparty. Da gab es aber keinen Wettbewerb, sondern die Eltern hatten nur gerade renoviert. Dafür lief aber auch Phil Collins oder genesis. Was ich mir jetzt vielleicht auch nur einbilde. Gepasst hätte es schon.
Leider waren keine Kinder von Westlern da. Sonst könnte ich jetzt die Anekdote verbraten, wie ich damals den Sohn von Udo Jürgens traf. Ist aber leider nicht. Leider.

Edmund
05.06.2001, 22:45
Oh, Gott, Tex! Clowns und Helden, diese One-Hit-Band, die das Wort 'Trottelgesicht' in die deutschsprachige Musik eingepfropft hat. Für mich der Tripelpunkt aus Pubertät, Peinlichkeit und dem Schlechtesten der 80er.
Obzwar man es beinahe mutig nennen muss, anno 1986 deutsch zu singen (sonst nur: Ärzte, Kunze) - dieser mit seiner Stoffeligkeit kokettierende Sprechgesang musste wirklich nicht sein.
Liebe Yvonne,
wer hörte denn Possenspiel im Osten?
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Meerschweinchen fordern Genugtuung,
Edmund

Yvonne Caldenberg
06.06.2001, 00:21
Possenspiel? - Band? oder Titel? Oder sind die von T.R. erwähnten 'Clowns' gemeint?
Das hat nie jemand da gehört. Das habe ich bis heute noch nicht gehört, nirgend, nicht. Nicht mal als Erwähnung, irgendwo.

Jackson Mueller
06.06.2001, 15:59
Bielefeld hat Alles Bonanza gelesen und sofort gehandelt:
Heute titelt die Heimatzeitung WESTFALEN-BLATT 'Bielefeld, das westfälische Venedig' und berichtet auf einer ganzen Seite, daß sich einige Vereine dafür einsetzen wollen, die zugemauerte Lutter wieder freizulegen. Die in diesem Strang analysierten Probleme, die eine Stadt ohne Fluß produziert, sind offenbar erkannt worden.
Zu den Feierlichkeiten für die freigelegte Lutter könnten dann ja wieder die Puhdys nach Bielefeld geladen werden: 'Über sieben Brücken mußt du gehen.' ...oder war dies nichtssagende Vielsagende von einer anderen Kapelle?

Yvonne Caldenberg
06.06.2001, 16:29
Ich musste jetzt einfach mal nachsehen, ob denn zu diesem mir unbekannten Flüsschen auch was im Netz steht. Und prompt ein hübscher Fund:
'1452: Die Lutter wird vom Luttervolk in Brackwede nach Bielefeld abgeleitet.'
Also ein Schwindelfluss - abgeleitet! eingetopft! Brackwede! Und an allem ist das Luttervolk schuld - hätte ich mir ja denken können.
'Die 7 Brücken' sind von Karat, im Gebiet zu dem beigetreten wurde auch bekannt in der Version des Exil-Rumänen Maffay.
Gleich habe ich auch noch eine Abfrage 'Städte ohne Fluss' ins Netz geschickt und auf eine schöne Liste solcher Orte gehofft. - Gibt es aber nicht. Dafür das:
'Wie in Ida-oberstein hat man erkannt, daß der freie Raum über dem Flußlauf den passenden Raum für die Stadt-Autobahn liefert. Der Fluß bei Hölderlin und Heidegger, einst noch ein Halbgott, ist längst begehbar geworden. Ein Petrus bräuchte das Versinken in der Wasserfläche nicht mehr zu fürchten. Das Ende des Dualismus ist gekommen. Man braucht nicht den Fluß ohne Ufer zu fürchten, es gibt nur noch Städte ohne Fluß.'
Irgendwie schon ein Denkanstoss, nicht?

DerCaptain
06.06.2001, 16:52
Ja. Schrecklich.
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'Von ganzem Herzen, für alle Zeit...'

(Beitrag wurde von DerCaptain am 06.06.2001 um 15:52 Uhr bearbeitet.)

eberhard
06.06.2001, 21:38
Zum Thema Bielefelder Flüsse muss ich jetzt doch noch erwähnen (Abschweifen war ja ausdrücklich angesagt), daß Bielefeld meines Wissens die einzige Stadt ist, bei der aus einer Quelle zwei 'Flüsse' entspringen, nämlich die Original-Lutter (über Gütersloh zur Ems) und die 'umgeleitete' Lutter (über Herford zur Weser). Vom Johannisbach gar nicht zu reden...
Flußlos.
Ha!
(Na gut, n richtiger Fluß wär mir auch lieber)
Gruß aus der Hauptstadt des Lokalmasochismus!

Edmund
06.06.2001, 22:54
Liebe Yvonne,
ein Freund von mir hat sich in die DDR verliebt und hat mir einiges an Ostrock überspielt. Und da spielt die Band 'Possenspiel' zumindest mengenmäßig eine bedeutende Rolle. Das beste deutsche Lied ist aber sowieso das 'Lied der Partei' von Ernst Busch.
Hubert Kah sind wirklich nicht aus dem Osten. Ich habe mir heute die Mühe gemacht, da mal 'hinterherzurecherchieren'. Es lag wohl eine Verwechselung mit Kahrat vor.
Lieber Eberhard:
Es ist schon ein Weilchen her, dass man sich nicht ohne Häme zuraunte 'Bielefeld baut eine U-Bahn, brua-hah...'. Ist's denn was geworden mit der Metro? Oder hat hat man doch lieber die Lutter durch die halbfertigen Tunnel geleitet?
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Milder friedliebender Gutmensch:
Edmund

eberhard
07.06.2001, 00:37
Lieber Edmund,
die U-Bahn ist mittlerweile gebaut und hat letztes Jahr sogar zu den bereits existierenden fünf Haltestellen nochmal zwei dazubekommen ('Oetkerhalle'!).
Sie dürfte immer noch im Rennen um das kürzeste U-Bahn-Netz weltweit gut dabei sein, nehme ich an.
Für weiteres Bielefeld-Bashing (s. a. Wiglaf Droste, Ingolf Lück, Hera Lind, Benno Möhlmann) gerne zur Verfügung stehend...

eberhard
12.06.2001, 23:10
Oh, peinlich, jetzt hab ich doch den Strang nicht vernünftig gelesen. Jackson Müller hatte alles was ich hier ursprünglich schrieb (Lutter in Bielefeld soll wieder ausgebuddelt werden), schon viel prägnanter zusammengefasst.
Bitte entschuldigt das versehentliche Hochwuchten dieses etwas inkohärenten Strangs.
(Beitrag wurde von eberhard am 12.06.2001 um 22:16 Uhr bearbeitet.)