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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Cooper, Ray (kauf ein Kinderbett)



Negitoro Temaki
23.05.2001, 16:18
Mein Erlebnis ist auf den ersten Blick keine Paparazzi-Geschichte im eigentlichen Sinne, da ich aufgrund meines Studentenjobs als Chauffer des öfteren mit Rock- und Pop-Berühmtheiten zu tun bekam. So vermittelte ich damals z.B. Murmel Clausen den Job mit Johnny Cash ( http://www.alles-bonanza.net/forum/showthread.php?s=&threadid=10500 ) Die Geschichte bekommt in ihrer zweiten Zündungsstufe jedoch einen schönen Double-Twist und entrückt somit meine Rolle darin wieder in die eines distanzierten, fast mittelbaren Beobachters. Aus diesem Grund will ich die Geschichte dem Forum auch nicht vorenthalten.
Es begab sich Folgendes: In der Regel sitzt der kleine Aushilfs-Chauffeur irgendwo im Backstage-Bereich umher und bedient sich an den feilgebotenen Catering-Delikatessen. Bei manchen größeren Acts jedoch scheint es um die Sicherheit der Musikanten jedoch so schlimm bestellt zu sein, daß es nötig wird, die Fahrer direkt am Bühnenausgang im Fahrzeug warten zu lassen. Auch gebietet es vermutlich die Professionalität der Künstler, sofort nach der letzten Zugabe einen sogenannten ³Runnerã hinzulegen; das heißt bei Open-Air-Concerten: die Fahrer warten in ihren S-Klassen mit gestartetem Triebwerk direkt hinter der Bühne darauf, daß die Musiker unter großem Tamtam und hektischen Abschiedsszenen in die Fahrzeuge stürzen, um dann bestenfalls mit Polizei-Begleitung vom Venue zum Hotel oder Flughafen zu rasen.
So geschah es in einem Sommer Mitte der Neunziger im Falle eines Konzertes von Elton John im Münchner Olympiastadion. Die Sitzplätze in den Fahrzeugen waren sogar bereits den einzelnen Musikern zuvor zugewiesen und mit den individuellen konfektionierten Proviantrationen bestückt worden. Ich hatte zwar nicht das Glück, Sir Elton persönlich in meiner Limousine begrüßen zu dürfen, jedoch gesellte sich ein ö wie sich später herausstellte ö ebenfalls angesehener Musiker mit einer mir bis heute unbekanten Begleitperson auf meine Rückbank. Es handelte sich um den Percussionisten Ray Cooper.
Da der Münchner Flughafen zurNachtzeit keine ausgehenden Flüge mehr bereithielt, waren wir alle gezwungen, nach Nürnberg zu fahren, wo die umliegende Bevölkerung offenbar keine so großen Scherereien um ihre Nachtruhe macht. Während der langen Fahrt erzählte Ray Cooper von der extremen beruflich bedingten Belastung für seine Fingernägel und Nagelbetten, was ihm der andere Musiker (ich glaube, er war Bassist) aus seiner Sicht bestätigte. Mit ohnehin zum Zerreissen gespanntem Trommelfell, aber ohne diesem Detail weitere Bedeutung zuzumessen, vernahm ich, als Ray dann in seinen Gesprächsthemen privater wurde, daß seine Frau so begeistert von einfachen Holzmöbeln sei, die im Southwestern-Stil mit tex-mex-artigen Mustern bemalt worden waren. Er hätte beschlossen, ein Kinderbett eben dieser Machart für seinen Haushalt zu erwerben. Am Nürnberger Flughafen angekommen, verabschiedete ich mich artig von den im Übrigen sehr freundlichen Fahrgästen und fuhr zurück nach München.
Im darauffolgenden Winter mußte ich an einem Sontag für einen anderen Chauffeur-Job mit der S-Bahn zum Münchner Flughafen fahren, um dort ein Fahrzeug anzumieten. An der U-Bahn-Haltestelle Münchner Freiheit standen zwei Frauen mit einem kleinen Mädchen am Fahrscheinautomaten und versuchten, die innere Logik des Preissystemes zu ergründen. Sie sprachen mich auf englisch an, ob ich ihnen behilflich sein könne. Sie müßten zum Flughafen und wüßten nicht, welchen Fahrschein sie nun erwerben sollten. Da ich dieselbe Fahrtsrecke hatte, schlug ich selbstlos vor, ein Gruppenticket zu erwerben und die Kosten zu teilen. Die Damen zeigten sich kooperativ, und so fuhren wir gemeinsam zum Flughafen. Während der Fahrt berichtete die eine Dame ihrer Begleiterin davon, wie selten sie ihren Mann zu Gesicht bekäme, da er ständig auf Tournee war und daher immer nur schubweise zuhause sei. Vor kurzem habe er aber ein wunderschönes hölzernes Kinderbett mitgebracht ö im Southwestern-Stil mit tex-mex-artigen Mustern bemalt. Ich horchte auf. Ob ihr Mann zufällig Musiker sei? Eventuell Percussionist? Vielleicht sogar Ray Cooper? Sichtlich verwundert bestätigte die Frau meine Anfrage. Und wie ich denn darauf käme? Nun erzählte ich von meiner Fahrt nach Nürnberg. Es gab ein großes Hallo in unserer kleinen Runde, und hocherfreut davon, wie klein die Welt doch sei, beendeten wir unsere S-Bahnfahrt am Flughafen und verabschiedeten uns. Noch heute freue ich mich gelegentlich, die Familie Ray Coopers derart dezent paparazzt zu haben und vielleicht bei deren nächstem Wiedersehen in ihren Gesprächsstoff miteingeschlossen worden zu sein.

(Beitrag wurde von Negitoro Temaki am 23.05.2001 um 15:20 Uhr bearbeitet.)
(Beitrag wurde von Negitoro Temaki am 23.05.2001 um 15:31 Uhr bearbeitet.)

Elpenor
23.05.2001, 17:03
Ganz wunderbar, Negitoro Temaki, so Insidergeschichten über Stars (mit laufendem Motor hinter der Bühne warten) höre ich doch gerne und das Ende der Geschichte - magisch.

DerCaptain
23.05.2001, 17:33
Wunderbare Geschichte, die auch in den Mikrophon-Strang passen würde. Aber, kleiner Tip: *raunt* ...für die Floskel 'So klein ist die Welt' gibts manchmal von Frau Passig hinter die Löffel...
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'Von ganzem Herzen, für alle Zeit...'

(Beitrag wurde von DerCaptain am 23.05.2001 um 16:34 Uhr bearbeitet.)

Claus E.
24.05.2001, 11:22
Das ist doch wieder typisch: Für den Gatten stehen S-Klasse, Chauffeur und Eskorte bereit. Die Frau muss mit der S-Bahn fahren, ist vermutlich schwer bepackt und hat obendrein ein Baby auf den Bauch gebunden.

Negitoro Temaki
24.05.2001, 15:44
Habe ich 'So klein ist die Welt' als mein eigenes Resumee gebraucht? Das war ein deutlich gekennzeichnetes Zitat aus meinem Erlebnis. Für weitere Beiträge werde ich mir diesen väterlich gemeinten Ratschlag aber gerne hinter die besagten Löffel schreiben.
Ein Baby auf dem Bauch gab's nicht; lediglich das kleine Mädchen, das übrigens die mit dem Kinderbett bedachte Tochter Coopers war. Sozusagen eine 'Mini-Cooper' (auweia). Die Truppe erweckte auch nicht den Eindruck, als machte sie sich etwas aus Limousinen und dem ganzen Brimborium.
Ich hingegen freute mich damals immer sehr über die Kutschen.

DerCaptain
25.05.2001, 04:17
Herr Temaki, das war doch nun wirklich freundlich gemeint. Die Passig ist nun manchmal - nun, schwierig. Und das war doch von Ihnen?

Es gab ein großes Hallo in unserer kleinen Runde, und hocherfreut davon, wie klein die Welt doch sei, beendeten wir unsere S-Bahnfahrt am Flughafen und verabschiedeten uns.
'Mini-Cooper' war übrigens klasse!
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'Von ganzem Herzen, für alle Zeit...'

(Beitrag wurde von DerCaptain am 25.05.2001 um 03:17 Uhr bearbeitet.)

Kathrin Passig
25.05.2001, 20:09
Das ist alles eine große Ungerechtigkeit, denn unschwieriger als ich kann man fast gar nicht sein. Ich trete diesen Verleumdungen mit aller Entschiedenheit entgegen, und wer nochmal sowas behauptet, der kann die Mofakette abschmecken.

Negitoro Temaki
25.05.2001, 20:41
Danke, Frau Passig. Habe wohl nochmal Glück gehabt. Was gibt es dann? Einen Satz heisse Ohren? Oder wenigstens Brennessel? Gehe ich denn ganz leer aus?
(Beitrag wurde von Negitoro Temaki am 26.05.2001 um 14:52 Uhr bearbeitet.)

rron
28.05.2001, 17:32
Mein lieber Herr Temaki,
so langsam keimt in mir der Verdacht, dass wir uns kennen könnten, bzw. müssten, zumindest aber gemeinsame Bekannte haben sollten.
Waren Sie denn ausschliesslich für Stimmen der Welt tätig, oder auch andernorts?
Bitte um Aufklärung per mail.