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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Linda von Big Brother 2



Marc Degens
10.05.2001, 11:11
Ungefähr bis zur Hälfte habe ich die erste deutsche Big Brother-Staffel noch regelmäßig geschaut, dann war mein Wissensdurst gestillt, auf die zweite Staffel reagierte ich bereits mit Hautausschlag. Bis - ja, bis mir mein Intimus und Kompagnon Frank eines nachmittags am Telefon freudetrunken mitteilte, daß Linda Traber als Nachrückkandidatin in den Wohncontainer ziehen wird. Also glotzte ich fortan wieder häufiger BB, schließlich ging Linda mit Frank und mir in dieselbe Schulklasse.
Ach, Linda, Bellinda! Früher gab ich ihr insgeheim einen recht zweifelhaften Beinamen, dabei mochte ich sie sehr, Linda war wirklich eine ausgesprochen nette Person, aber sie hatte halt eben diese wunderschöne, lange blonde Mähne - irgendwie wollte ich sie immer striegeln. Und so benutzte ich ihren Übername durchaus als ernstgemeintes Kosewort, und das meine ich - Hand aufs Herz! - ohne Scherz, Ironie und tiefere Bedeutung!
Von der siebten bis zur neunten Klasse saßen Linda und ich gemeinsam - freilich nicht an einem Tisch - in der einzigen Französischklasse unserer Stufe, die geballte Ladung Lateindrückeberger. Mein Stiefvater hatte mich beraten, und da seine Schulkarriere seinerzeit am Lateinunterricht gescheitert war, wählte ich als gehorsamer Sohn Französisch als Zweitsprache - wir hatten beide ja keine Ahnung, daß das Latinum für ein späteres Studium vorausgesetzt wird!
Zwei lange Jahre saßen Linda und ich also täglich - bis auf die Sonn- und Feiertage - fast sechs Stunden am Stück in ein und denselbem Raum, trotzdem kann ich im Rückblick über Linda nicht viel mehr sagen, als daß sie nett war. Lieber würde ich an dieser Stelle auch über andere Mitschüler herziehen, über Ste... ach, lassen wir das, wer weiß, welche zukünftige Karriere eines Klassenkameraden ich mit meinen Zeilen noch ruinieren werde.
Mein Kontakt mit Linda brach relativ unvermittelt ab, als ich das Klassenziel der neunten Klasse verfehlte - übrigens einzig und allein wegen der Sechs in Französisch! Auch Linda wechselte nach der zehnten Klasse das Gymnasium oder besuchte fortan eine Gesamtschule, wahrscheinlich weil unsere Schule als ziemlich streng und schwierig galt.
Als ich Linda letzten Winter im Big Brother-Container wiedersah, war ich von ihr wiederum sehr angetan. Äußerlich hatte sie sich kaum verändert, - und wenn, dann nur vorteilhaft! - allein ihre Mähne erschien mir mittlerweile ein wenig gezähmter. Auch ansonsten wirkte sie wie früher: nett, zuvorkommend und liebenswürdig ö in meinen Augen war sie mit Abstand die Allersympathischste im ganzen Haus. Doch als ich nach einem zweiwöchigen Auslandsaufenthalt kurz vor Weihnachten nach Deutschland zurückkehrte, stand Linda im Wohnpark kurz vor dem Rausschmiß. Warum ö das konnte mir eigentlich niemand plausibel erklären. Und an dem Tag, an dem ich wegen familiärer Verpflichtungen in die alte Heimat aufbrach, flog Linda schließlich auch aus dem Container; während der gemeinsamen Heimreise unkten Frank und ich, daß wir ihr in Dorsten ja nun vielleicht über den Weg laufen werden.
Der Heiligabend im Kreis meiner Familie stand im Zeichen des Aufbruchs. Frank und seine Freundin Sylvia wollten mich gegen neun Uhr abholen, unser Abendmahl wurde deshalb vorgezogen, als Sylvia und Frank endlich kamen, war es schon kurz vor eins, ich hatte mir mit meinen Eltern im Weihnachtsfernsehprogramm bereits Predator und einen Kriegsfilm angeschaut. Frank und Sylvia erklärten, daß sie von einer Lokalität gehört hätten, die erstaunlicherweise ganz nett sein sollte, unverzüglich machten wir uns auf den Weg. Und nachdem wir den Ort gefunden und betreten hatten, glaubten wir, unseren Augen nicht trauen zu dürfen: Vor uns stand Linda, umringt von einer Menschentraube, sie begrüßte jeden Gast einzeln, es hatte fast den Anschein, als ob der ganze Abend allein für sie veranstaltet wurde: ein großer Linda-Empfang. Frank und Linda begrüßten sich herzlich, ich wollte mich an den beiden still vorbeidrängeln, da packte mich Linda am Arm und sagte lächelnd: Hallo Marc, schön dich zu sehen! Wie gehts? Machst du immer noch soviel mit Entenhausen?
Ich war einerseits sehr erfreut, denn ich hätte niemals damit gerechnet, daß sie sich noch an mich erinnern konnte, andererseits war ich irgendwie aber auch peinlich berührt, da ich ihre Frage nicht verneinen konnte. Später haben wir uns auch noch ausgiebig unterhalten, über Big Brother, ihre Zukunft, dies und das - und alles was sie sagte, hatte für mich Hand und Fuß. Sie wollte schon seit langem Sängerin werden und feilte bereits seit Jahren an ihrer Stimme, mal sehen, ob und welche Plattenangebote ins Haus trudeln werden, vielleicht könne sie sich ja sogar die Musikrichtung aussuchen... Der Abend dauerte noch viele Stunden, Frank und ich fanden eine heimatlose Getränkekarte, einen verlustig gewordenen unbegrenzten Verzehrbon, den wir gnadenlos betranken (176,40 DM), bevor wir gingen, wünschten wir Linda noch alles Gute, toitoitoi, wir zeigten an der Kasse unsere unbeschrifteten Karten vor, zahlten nichts und verschwanden beseligt im feierlichen Weiß des Dorstener Morgens.
Letzte Woche nun habe ich Linda in der Big Brother-Samstagsabendsendung wiedergesehen, sie stellte dort ihr Lied ³Iâm freeã vor. Nun ja, ich denke eigentlich nicht, daß sich ihr Wunsch nach Mitsprache erfüllt hat, ich halte den Song jedenfalls für eine ziemlich mittelmäßige Disconummer, bei der Lindas gute Stimme auch nicht richtig zur Geltung kommt, Frank meinte zwar, daß ihn das Stück entfernt an frühe Madonna-Lieder erinnert, keine Ahnung, einfach mal abwarten, sollte sich Linda aber als deutsche Madonna entpuppen, werde ich mich in diesbezüglich sicher noch einmal zu Wort melden!
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