been
06.04.2001, 22:20
'89: mit O. und Kleinwagen Urlaub in Großbritannien. Wir fuhren umher und nächtigten in Gasthäusern die uns genehm erschienen. Eigentlich hatten wir vorgehabt, im Auto zu schlafen, nur stellte sich heraus, dass wir zu feige waren, das lange durchzuhalten. Wir phantasierten nämlich dort - wie getrieben - unheimliche Geschichten daher, die uns so sehr in Grauen versetzten, dass wir aus nackter Angst kein Auge zumachen konnten: Je malerischer, englischer und entzückender das Dörfchen und je freundlicher die anwesenden Personen, desto abstruser unsere Wahnvorstellungen, wie eben diese freundlichen Personen uns während der Nacht kaltblütig wegmeucheln würden.
Da wir also unbescholtene englische Dorfbewohner der scheusslichsten Greueltaten fähig wähnten, andererseits aber ahnten, wie unsympathisch und gemein das war, beutelte uns ein schlechtes Gewissen.
Das konnten wir nur ausgleichen, indem wir tagsüber alles möglichst großartig und wundervoll finden MUSSTEN. Wir fanden sogar ALLE Tiere entzückend und niedlich. Ansonsten ergötzte uns jede/r noch so banale Garten, Bach, Berg, Schloss, Haus, Mensch über alle Maßen.
Angekommen in Schottland, in oben beschriebenem tag/nächtlichen Wechselbad fand das besagte Zusammentreffen statt. Wir besuchten Balmoral Castle, den schottischen Sitz der Royal Family. Glücklicherweise waren diese soeben abgereist, sonst hätte man uns nicht reingelassen. Das Schloss interessierte uns aber gar nicht sonderlich. Vielmehr bot sich der Garten an, neues Futter für unsere Entzückungswilligkeit zu sein. Mehrere Stunden durchstreiften wir Rabatten, Wäldchen, Gewächshäuser mit Gemüse und Blühendem und ergingen uns in tiefer Bewunderung für die Fähigkeiten der königlichen Gärtner.
Selbstverständlich bot uns das Gelegenheit idyllische Tagphantasien zu entwickeln. So weit alles schön. Aber es gab einen Bruch. Wir gerieten tiefer in den Schlossgarten: das Efeu wucherte dichter, die Wege wurden schmaler. Die Wäldchen dunkler. Die Szenerie schmuddeliger. Und zwar nicht, je weiter man sich vom Schloss entfernte, es sah einfach HINTER dem Schloss so richtig verramscht aus. Dort befanden sich Scheunen, Kram, Gerätschaften. Wir waren auf Abwege geraten. Irgendwie wurde alles immer seltsamer und natürlich auch unsere Gespräche. Ärgerlich, weil sich die Tag/Nachtgrenze zu entschärfen begann.
Am Ende eines kleinen Weges war ein Pferdestall mit einladend geöffneten Türen. Keine Frage, dass wir hineingingen. Ganz hinten standen in drei Boxen 2 sympathische schwarze Ponies und ein schlanker Fuchs. Sehr hübsch. Wir begannen ausgiebig mit den Ponies zu kuscheln, um unsere idyllische Stimmung wiederzukriegen. (Der Fuchs war etwas feindlich.) Auf dem Rückweg sahen wir eine Pinwand im Stall, an der Fotos von Prince Charles auf dem Fuchs und den Prinzen Harry und William auf je einem Pony hingen. Wir waren völlig begeistert, weil wir uns unwissentlich in die privaten Stallungen der Prinzen hineinpaparazzt hatten. Meine Finger haben die gleiche Mähne gekrault wie ihre Finger. Ha.
Auf dem Rückweg stellten wir fest, dass der dunkle Weg, der zu den ramschigen Zonen von Balmoral Castle geführt hatte, mit hölzernen Barrieren zugebaut war, die überwunden werden mussten. Wir hatten scheinbar nur einen einzigen kleinen richtigen Moment unbemerkt genutzt.
Natürlich kann man sich ausmalen, dass unsere Phantasien darüber, was man mit uns angestellt hätte, wären wir erwischt worden, grauselig ausfielen.
Aber so ging eben die Psychodynamik in diesem Urlaub, der gekrönt wurde von der Detonation einer Plastikbombe, die im Nachbarhotel in London jemand für Salman Rushdie gebastelt hatte. Dummerweise hatte er nicht gut gebastelt, denn er jagte sich selbst zzgl. dem obersten Stockwerk in die Luft. Sämtliche Bewohner der Straße und wir wurden evakuiert, bis die Polizei die Lage wieder im Griff hatte. D.h., bis klar war, dass die Explosion nicht die anderen Häuser so geschwächt hat, dass sie auch einstürzen, oder das da noch andere basteln. Die Evakuierung war aber toll, weil wir alle in einer Kirche versammelt wurden und von Nonnen Wolldecken und Capri Sonne bekamen.
Versteht sich von selbst, dass wir uns in der Nacht - zurück im wieder freigegebenen Hotel - sehr fürchteten. Vor allem beim Öffnen von Schubladen. Es hätte was drin liegen können, was wir noch nie zuvor gesehen haben... und wer weiss schon, wie Semtex aussieht...
Da wir also unbescholtene englische Dorfbewohner der scheusslichsten Greueltaten fähig wähnten, andererseits aber ahnten, wie unsympathisch und gemein das war, beutelte uns ein schlechtes Gewissen.
Das konnten wir nur ausgleichen, indem wir tagsüber alles möglichst großartig und wundervoll finden MUSSTEN. Wir fanden sogar ALLE Tiere entzückend und niedlich. Ansonsten ergötzte uns jede/r noch so banale Garten, Bach, Berg, Schloss, Haus, Mensch über alle Maßen.
Angekommen in Schottland, in oben beschriebenem tag/nächtlichen Wechselbad fand das besagte Zusammentreffen statt. Wir besuchten Balmoral Castle, den schottischen Sitz der Royal Family. Glücklicherweise waren diese soeben abgereist, sonst hätte man uns nicht reingelassen. Das Schloss interessierte uns aber gar nicht sonderlich. Vielmehr bot sich der Garten an, neues Futter für unsere Entzückungswilligkeit zu sein. Mehrere Stunden durchstreiften wir Rabatten, Wäldchen, Gewächshäuser mit Gemüse und Blühendem und ergingen uns in tiefer Bewunderung für die Fähigkeiten der königlichen Gärtner.
Selbstverständlich bot uns das Gelegenheit idyllische Tagphantasien zu entwickeln. So weit alles schön. Aber es gab einen Bruch. Wir gerieten tiefer in den Schlossgarten: das Efeu wucherte dichter, die Wege wurden schmaler. Die Wäldchen dunkler. Die Szenerie schmuddeliger. Und zwar nicht, je weiter man sich vom Schloss entfernte, es sah einfach HINTER dem Schloss so richtig verramscht aus. Dort befanden sich Scheunen, Kram, Gerätschaften. Wir waren auf Abwege geraten. Irgendwie wurde alles immer seltsamer und natürlich auch unsere Gespräche. Ärgerlich, weil sich die Tag/Nachtgrenze zu entschärfen begann.
Am Ende eines kleinen Weges war ein Pferdestall mit einladend geöffneten Türen. Keine Frage, dass wir hineingingen. Ganz hinten standen in drei Boxen 2 sympathische schwarze Ponies und ein schlanker Fuchs. Sehr hübsch. Wir begannen ausgiebig mit den Ponies zu kuscheln, um unsere idyllische Stimmung wiederzukriegen. (Der Fuchs war etwas feindlich.) Auf dem Rückweg sahen wir eine Pinwand im Stall, an der Fotos von Prince Charles auf dem Fuchs und den Prinzen Harry und William auf je einem Pony hingen. Wir waren völlig begeistert, weil wir uns unwissentlich in die privaten Stallungen der Prinzen hineinpaparazzt hatten. Meine Finger haben die gleiche Mähne gekrault wie ihre Finger. Ha.
Auf dem Rückweg stellten wir fest, dass der dunkle Weg, der zu den ramschigen Zonen von Balmoral Castle geführt hatte, mit hölzernen Barrieren zugebaut war, die überwunden werden mussten. Wir hatten scheinbar nur einen einzigen kleinen richtigen Moment unbemerkt genutzt.
Natürlich kann man sich ausmalen, dass unsere Phantasien darüber, was man mit uns angestellt hätte, wären wir erwischt worden, grauselig ausfielen.
Aber so ging eben die Psychodynamik in diesem Urlaub, der gekrönt wurde von der Detonation einer Plastikbombe, die im Nachbarhotel in London jemand für Salman Rushdie gebastelt hatte. Dummerweise hatte er nicht gut gebastelt, denn er jagte sich selbst zzgl. dem obersten Stockwerk in die Luft. Sämtliche Bewohner der Straße und wir wurden evakuiert, bis die Polizei die Lage wieder im Griff hatte. D.h., bis klar war, dass die Explosion nicht die anderen Häuser so geschwächt hat, dass sie auch einstürzen, oder das da noch andere basteln. Die Evakuierung war aber toll, weil wir alle in einer Kirche versammelt wurden und von Nonnen Wolldecken und Capri Sonne bekamen.
Versteht sich von selbst, dass wir uns in der Nacht - zurück im wieder freigegebenen Hotel - sehr fürchteten. Vor allem beim Öffnen von Schubladen. Es hätte was drin liegen können, was wir noch nie zuvor gesehen haben... und wer weiss schon, wie Semtex aussieht...