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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Dietrich, Marlene (aus zweiter Hand)



Wolfgang Mueller
06.04.2001, 19:59
Ein Hinweis aus zweiter, beziehungsweise dritter Hand:
Ein alter Bekannter von mir, ein Architekt namens Thomas Schönball hatte mal die Bekanntschaft mit jemanden aus der DDR gemacht, der eine Biographie über Marlene Dietrich geschrieben hatte. Es war die einzige Biografie, die über sie zu DDR-Zeiten erschienen ist. Er sandte das Buch nach Paris an ihre Adresse. Ein halbes Jahr später klingelte sein Telefon und Frau Dietrich war am Apparat. Sie habe sich bedankt und sich sehr lobend über das biografische Werk geäußert, so der Autor. Seitdem rief sie häufig an, es sei zeitweise regelrecht nervig gewesen. Immerzu Anrufe. Leider wollte der Architekt nicht wiedergeben, was Marlene Dietrich nun gesagt hat. Das ist aber verständlich und sehr höflich. Aber wer um ihre Telefonrechnungen wusste (20.000 DM monatlich), kann sich vorstellen, dass es wahrscheinlich um Alles ging.
In der Biografie ihrer Tochter 'Meine Mutter Marlene' schreibt Maria Riva, dass ihre Mutter im Alter von 83 ihr kichernd berichtete, sie habe sich gerade in einen Arzt verliebt - am Telefon und habe schnell ein paar Dessous geordert, um sie ihm zu schicken. Mit Chanel parfümiert. Maria Riva schrieb, dass sie fürchterliche Angst davor hatte, dass dieser Arzt nun jemand sei, der lediglich die Presse füttern wolle, so auf die Art: 'Die greise Dietrich versendet ihre Unterwäsche!'
Allerdings kann ich hier an dieser Stelle sagen, dass ich höchstpersönlich auf der Beerdigung von Frau Dietrich war, auf dem kleinen niedlichen Friedhof in der Stubenrauchstraße. Ich habe zwei Stunden mit einem Freund in einer Schlange gestanden und schließlich eine Blume in die Gruft versenkt. Es war eine richtig nette Beerdigung mit ziemlich vielen Transvestiten. Es ist aber auch die einzige Promi-Beerdigung, zu der ich je gegangen bin. Kennt eine/r hier jemand, der jemand kennt, der Marlene Dietrich kannte oder kennenlernte?

Omas Enkel
06.04.2001, 22:22
Lieber Wolfgang,
darf ich Dich duzen ? Ich liebe Deine Beiträge. Sie sind ein wahrer Genuss. Dass ich bisher noch auf keinen geantwortet habe, liegt daran, dass diese einfach rund sind.
Aufnehmen und geniessen. Punkt.
Omas Enkel.

uwe2
07.04.2001, 12:34
super geschichte (klar, eine MÜLLER), die nach oben muss!
bussi uwe

Angelika Maisch
07.04.2001, 13:05
Lieber Wolfgang Müller, dieser Beitrag von dir ist mal wieder verehrungswürdig.
Und voller erschütternder Nachrichten, für mich zumindest. Die Übermutter aller Diven als Nervensäge, das ist mal was anderes. Telefonrechnungen zu 20000 Mark. Meine Herrn, und ich dachte meine Telefonrechnungen wären hoch. Leider, leider kenne ich keinen der einen kennt, der Marlene Dietrich kannte, oder weiß zumindest nichts davon.

hanswasheiri
07.04.2001, 15:20
Ohne dem grossen MÜLLER einen Plagiatsvorwurf machen zu wollen, erinnert mich der Schluss der Geschichte stark an etwas, dass ich so ähnlich schon mal gelesen habe? War es von Max Goldt? (Ich glaube, es war).
Jetzt stellt sich natürlich die Frage, ob sich Müller und Goldt da begegnet sind. Ob sie gar ein Minutchen miteinander getrauert haben: das Trauerduo Müller&Goldt.

anko
07.04.2001, 17:25
dies ist eine auftragsarbeit.
auftraggeber: wolfgang mueller
ausfuehrender: der hausm.
zeit: sa., 7.4.2001, 16:28
betreff: photo von 2 herren
bitte des auftragsgebers: Lieber Anko, kannst du bitte das beigefügteÊFoto in den Marlene Dietrich-Strang einfügen? Viele Grüsse sendet Wolfgang!
erklaerungstext des auftraggebers:
Überschrift: Die Elfenexperten Wolfgang Müller (links) und Ogar Grafe (rechts) bei der Beerdigung von Marlene Dietrich in Berlin/Stubenrauchstraße. Ogar Grafe hält Marlene Dietrichs Lieblingsblumen in der Hand: Maiglöckchen, Wolfgang Müller hält eine rote Rose, die erÊspäterÊin das geöffnete Grab wirft, direkt auf Marlene Dietrichs Sarg, in welchem sie mit einem schwarzen Chanel-Hosenanzug liegt. Dieses Foto ist eine exklusive Erstveröffentlichung für alle hoefliche-paparazzi-Freunde und Freundinnen!Ê
http://www.alles-bonanza.net/forum/gifs/user/OgarGrafe.jpg

(Beitrag wurde von anko am 07.04.2001 um 16:27 Uhr bearbeitet.)

Tex Rubinowitz
07.04.2001, 17:48
War es da so grell, oder warum die Sonnenbrillen?
Ich hab einmal den wenig bekannten Austrorockstar Ronni Urini dabei beobachtet, wie er mit 2 Sonnenbrillen aufeinander mitten in der Nacht sein verlorenes schwarzes Tuch suchte.
Später war er dann mit einem bekannten berliner Schriftsteller, der zufälligerweise auch auf der Dietrichbeerdigung war, gemeinsam im Pissoir, sich des Harns entledigen, dabei meinte der Rocker:' Pissen, find ich gut!', da meinte später der Dichter zu mir:' Dass das ausgerechnet Ronni Urini sagt, finde ich wiederum gut.'
Schöne Grüsse an Harvey Keitel!

Wolfgang Mueller
07.04.2001, 18:18
Lieber Hanswasheiri: Es würde mich überhaupt nicht wundern, wenn Max Goldt auch zu den Trauergästen gehört hätte. Gesehen haben wir uns aber nicht, es waren ja abertausende Trauergäste anwesend, um sich in das Kondolenzbuch einzutragen. Lebte Hermes Phettberg in Berlin, wäre bestimmt auch er da gewesen. Da die Stadt Berlin unter ihrem höchst unangenehmen Bürgermeister Diepgen es seinerzeit noch nicht einmal fertiggebracht hat, eine Festlichkeit anläßlich des Todes ihres Weltstars auszurichten, entwickelte sich diese Beerdigung zu einer fröhlichen Demonstration gegen die Piefigkeit der Stadtobersten. Weil Marlene Dietrich ausgerechnet zwei Wochen vor den Berliner Wahlen starb, hatte die CDU nämlich große Angst, die Massen von Berliner Kriegerwitwen zu vergrätzen, falls Marlene Dietrichs Finale zu prächtig ausfallen würde. Die verbitterten Kriegerwitwen sind zumeist treue Wähler der Christdemokraten und es gab tatsächlich kurz vor der Beerdigung wieder Leserbriefe in der Art: 'Wo war Frau Dietrich, als wir litten? Sie hat Kaviar gegessen, sich Pelze umgehängt, als wir Trümmer gestapelt haben.' Bitter, bitter! Selbst die Berliner SPD hielt sich auffallend zurück, tatsächlich gab es am Friedhof nur einen Kranz von den AL/Grünen. Obwohl die ja eigentlich auch nicht gerade Chanel tragen, (bzw. mittlerweile vielleicht ja doch, was aber kein versteckter Vorwurf sein soll). Und dann lag ein Kranz mit Schleife da, pflichtgemäß vom Innenminister der Bundesrepublik Deutschland. Der musste da sein, das Ausland hätte sich gewundert.
Zu deiner Frage Tex: Wir kannten das so aus Filmen, dass zur Beerdigung großer Stars trauernde Stars und Sternchen große Sonnenbrillen tragen. Wohl damit nicht jeder sieht, wie verschmiert das Make-Up unter der Brille ist. (Vom vielen Weinen)

(Beitrag wurde von Wolfgang Mueller am 07.04.2001 um 17:23 Uhr bearbeitet.)
(Beitrag wurde von Wolfgang Mueller am 07.04.2001 um 17:25 Uhr bearbeitet.)

Ruebenkraut
08.04.2001, 00:56
Die beiden haben was von den Blues Brothers, findet ihr nicht.
War früher mal so ne Mode: Zwei Freunde setzen sich Sonnenbrillen auf, ziehen schwarze Sachen an und dialogisieren Auswenbdiggelerntes aus dem Film.
Das Foto hat mich erinnert.

Hartmut Andryczuk
08.04.2001, 13:48
Der Stubenrauch-Friedhof liegt etwa 10 Minuten von meinem Wohnort entfernt. Neben Marlene Dietrich liegen dort noch andere berühmte Persönlichkeiten wie der Schriftsteller und Villon-Übersetzer Paul Zech, aber auch unserer früherer Hausmeister Herr Wickort, der sich totgetrunken und -geraucht hat und dessen langes Sterben wir in der Nacht mit anhören mussten. Ich gehe dort gelegentlich hin, weil es dort ein Urnenhaus gibt, wo die Behälter wie in einer Art Bibliothek auf zwei Etagen in der Wand aufgereiht sind. Nach einem Besuch dort begann ich auch meine Tagebuchserie 'MMM-DIARIUM' (oder auch 'Meine monatlichen Memoiren'). Einige Witzbolde haben die gravierten Namen auf den Urnen verändert; so wurde zum Beispiel Martha Pulver zu Martha Schwarzpulver verfremdet. Das Grab von Marlene ist auffallend unscheinbar. Auf ihrem Grabstein steht 'Hier stehe ich an den Marken meiner Tage'. Die beiden Personen auf dem Bild sehen aus wie Wolfgang Müller und Ogar Grafe. Vielleicht passen ja Maiglöckchen gut zu Chanel. Ich hätte aber Omphalodes verna bevorzugt (Der deutsche Pflanzenname fällt mir im Augenblick nicht ein; es ist aber eine Art perennierendes Vergißmeinnicht)...

Ruebenkraut
08.04.2001, 13:48
Ich dachte immer, ich kenne vieles, aber was zum Teufel heißt denn 'perennierend'?

Ruebenkraut
08.04.2001, 13:48
Ok, weiß schon Bescheid - so was wie winterhart.

Hartmut Andryczuk
08.04.2001, 13:48
So ähnlich...Ausdauernd, mehrjährig, winterhart...

hanswasheiri
08.04.2001, 13:48
Da haben wir ja einiges gemeinsam, lieber Hartmut A. Auch ich wohne 10 Gehminuten von einem Friedhof, dem Friedhof Sihlfeld, dem grössten der Stadt Zürich. Jetzt könnten wir natürlich schön Friedhofvergleichen spielen, auch im Sihlfeld liegt manch Prominenter. Ich habe das aber schon mal ausführlich beschieben, ich glaube im legendären Frau Schottländer Strang. Ich schau mal nach:
Hier:
http://www.alles-bonanza.net/forum/showthread.php?s=&threadid=10275
Darum hier kein Wort mehr, man will ja nicht langweilen, und eigentlich wollte ich ja nur kurz schauen kommen, ob der Karlheinz Böhm Strang schon beim Wetter angekommen ist.

Tex Rubinowitz
08.04.2001, 18:35
Bevor Falco sein jetziges grässliches gläsernes Monument auf sein Grab gestellt bekam, im Ehrenhain des wiener Zentralfriedhofs (3 Millionen Tote liegen da)(natürlich nicht im Ehrenhain) stand da monatelang provisorisch eine auf einem Handfegerstiel (auf österreichisch:Bartwischstiel) aufgespiesste ca 20 x 30 cm grosse Styroportafel, auf der mit Filzstift ungelenk Hans Hölzl (sein Name) und seine Eckdaten standen, darunter lagen Plastikblumen und immer wieder Zigaretten, auf denen Nachrichten standen, wie 'Wir vermissen Dich' oder Zitate aus seinen Liedern. Hatte aber immer noch mehr Charme als das, was da jetzt steht.

pinkas
10.04.2001, 01:59
Wundert mich, dass Hartmut 'Graf' Adr. trotz solcher glitzernder Klunker wie 'perennierend' und 'omphalodes verna' den hübschen Ausdruck 'Columbarium' vermieden hat - wie Taubenschlag.

Max Goldt
10.04.2001, 20:21
1.) Obwohl ich Wolfgang Müller 1992 schon kannte habe ich ihn auf der Marlene Dietrich Beerdigung nicht gesehen, denn man stand ja Schlange und rannte da nicht rum wie auf'm Rummel. Ich trug auch eine Sonnenbrille, denn die Sonne tat ihre sommerliche Pflicht.
Was Wolfgang Müller über die politischen Hintergründe der Dietrich-Beerdingung schreibt ist sehr richtig. Deswegen bin ich auch hingegangen.
In der Bunten war damals übrigens ein Photo von Marlene Dietrichs Telephon. Das war so zertelefoniert, daß es von Klebestreifen zusammengehalten wurde.
2.) Ich war auch dabei, als Ronni Urini mit zwei Sonnenbrillen auf der Nase im Dunkeln nach einem schwarzen Tuch suchte. Später sind wir alle in einem Schloß, in dem ich übernachtete, z.T. gering bekleidet in die Schloßküche eingebrochen und haben Braten gestohlen. Ich besitze herrliche Photos von dieser Nacht auf denen u.a. zu sehen ist, wie Ronni Urini in voller Ledermontur die ganze Nacht bäuchlings quer auf einer schlafenden Gräfin liegt, die übrigens die Beerdingungsfeierlichkeiten von Ex-Kaiserin Zita in Wien mitorganisiert hatte.
Ich war Anfang der 90er häufig in Österreich. Diese Aufenthalte entbehrten nicht der Details, die auf absurde Weise ordinär waren.

Christopher Wurmdobler
10.04.2001, 22:01
marlenes telefon (sicher war es elfenbeinfarben) wurde nicht von tesa-streifen zusammengehalten, weil die dame so ausgiebig telefonierte, sondern wahrscheinlich weil sie es dauernd runterschmiss. man kenn das ja von fernbedienungen! wessen fernbedienung hat noch keine macke? bitte melden!
cw

Tex Rubinowitz
10.04.2001, 22:15
zu etwas weiter oben:
In dem Schloss wurde nicht in die Küche eingebrochen wegen Braten, sondern wegen Käse!
(man muss nicht mehr das genitivanzeigende S an Nahrungsmittel anhängen, diese Zeit ist vorbei, Freunde)
PS zu etwas weniger weit oben: Man hat doch keine monatliche Telefonrechnung von 20 000 Mark, wenn man nur das Telefon im Raum herumschmeisst
(Beitrag wurde von Tex Rubinowitz am 10.04.2001 um 21:20 Uhr bearbeitet.)

Christopher Wurmdobler
10.04.2001, 22:27
zu tex' einwand:
oh doch, angenommen marlene hat von paris aus die zeitansage in deutschland angerufen und dann das telefon ein bisschen in der stube herumgeschmissen und einfach ein par stündchen liegen lassen ('beim nächsten ton ist es ...')

cologneobserver
12.04.2001, 12:30
lieber herr rübenkraut:
bei den worten 'dialogisieren freunde auswendiggelerntes' durchzuckte mich ein wohliger schauer (oder wovon wird man sonst durchzuckt? wird man von schauern nicht überlaufen?) der erinnerung an ferne tage, in welchen ich ALLE helge schneider filme textlich auswendig beherrschte und mit meinem damals ebenso beschlagenen besten freund praktisch nur in zitaten kommunizierte. das war sooo lustig, und es gibt wirklich für jede situation anwendbare dialoge. für missverständnisse, verlegenheit, ausdrücke von lebensfreude, gier, neid usw. usf.
bis heute war ich der meinung ganz allein mit solcherlei (ex)marotten dazustehen. schöne überraschung, das andere auch ...
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... personalpolitik ist die kunst, mitarbeiter so schnell über den tisch zu ziehen, dass sie die reibungshitze als nestwärme empfinden. by spiesser alfons

Angelika Maisch
12.04.2001, 12:53
ich habe einmal den Film die drei Amigos fehlerfrei auswendig beherrscht und mich mit dem Meinigen damals über weite Strecken in Zitatform unterhalten. Noch heute, wenn mein Sohn mit seinen Freunden 'coole Grüße' austauscht und ich mit einbezogen bin, dann dann sagen wir gerne: Laßt uns den Amigogruß entbieten!

stu
04.01.2003, 13:39
ich darf heute wuchten dass die schwarte kracht, weil ich nämlich arbeite. und ihr nicht. und dann ist das gerecht.

wenn ich glück habe, lässt man mich allerdings in ein paar minuten schon frei. dann kann ich noch unterwäsche kaufen gehen, bei claudia im hinterhof. (claudia vertickt das zeug normalerweise in einem schicksenladen in mitte, wo es dann dessou heisst und selbstverständlich zuviel kostet). aber heute, das kostet es wenig. fast nichts. so heisst es.
wenn die post danach noch auf hat, schick ich vielleicht etwas davon an herrn müller. oder, ne. doch lieber nicht.

Elpenor
04.01.2003, 20:20
Eine vortreffliche Wuchtung. Das Zitieren von Filmszenen verübelte (Notbehelf für verleiden, was hier stehen sollte, mir ist nur gerade die korrekte Vergangenheitsform ausgegangen) mir jahrelang das Betrachten auch nur eines Filmes von Monty Python, da allein die Vorstellung, dort auf das Wort "Otternasen"

kotzt kurz

zu treffen, meinen Magen in Aufruhr brachte. Vor einigen Monaten las ich dann einige Szenen aus "Das Leben des Brian" und war amüsiert - noch amüsierter allerdings über die Information, daß einst Alfred Biolek in einer Herkulesaktion die Truppe in das deutsche Fernsehen gehievt hatte.

Filmzitierer werden noch von Leuten getopt, die ungefragt mit ihrem guten Musikgeschmack hausieren, wobei guter Musikgeschmack dadurch definiert wird, daß man imstande ist, in ein Kaufhaus zu gehen, um dort CDs zu erwerben. Bei Instrumentalisten tun sich Hobbyklavierspieler, welche schwarenweise anzutreffen sind, unangenehm hervor, während Bratschisten über noble Zurückhaltung verfügen.

Hilde
04.01.2003, 20:24
verleideten