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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Brood, Herman (Velberter Tristesse)



bAbC
02.04.2001, 21:29
Für alle, die lange, abschweifende Geschichten hassen und lieber gleich auf den Punkt kommen:
Ganz nach unten scrollen, da steht dann der Name des Paparazzierten in Fettdruck.
Alle anderen: da müßt ihr durch!
Vor 10 Jahren hatten meine Eltern in Velbert ein Hotel Garni gepachtet, also ein Hotel, in dem man zwar übernachten und frühstücken kann, aber niemals etwas Heißeres als ein warmes Ei erwischen wird, so hungrig man auch des Abends heimkehrt. Meine Mutter machte da aber manche Ausnahme, und wenn ihr wer sympathisch war und sie ganz lieb bat, dann machte sie demjenigen auch schonmal ein Schnitzel mit Pommes.
Es war ein schäbiges, aber sauberes kleines Hotel mit 14 Zimmern. Ich habe vier Jahre lang, bis ich in meine eigene Wohnung zog, in Nummer 3 gewohnt. Auf meinem Zimmer war ein Waschbecken, aber kein Klo und keine Dusche. Wenn ich nachts austreten mußte, hüpfte ich immer in meinem Schlafanzug quer über den Flur, stets bangend, einem fremden Gast in die Arme zu laufen.
Bei diesen nächtlichen Toilettengängen ist mir aber niemals ein Prominenter begegnet.
Zum Duschen schlüpfte ich morgens immer in meinen eigens für Zimmer-3 angeschafften Morgenmantel und huschte in die erste Tür links, wo sich die Wohnung meiner Eltern und meiner Schwester befand. ³Privatã stand auf der Tür. Ich wollte immer, daß die goldene 3 auf meiner Tür auch gegen ein ³Privatã ausgetauscht werden sollte, aber meine Eltern waren dagegen, denn das Hotel war, wie erwähnt, nur gepachtet.
Eines Morgens nun kam ich in die Wohnung, und hörte, wie im Wohnzimmer mit Gläsern geklimpert wurde. Ich trat ein und fand meine Mutter vor dem ³Giftschrankã, also dem Teil der Schrankwand Eiche rustikal, in dem sich die nicht unansehnliche Sammlung von Spirituosen befand, und der ausschließlich bei Familienfesten und ähnlichen Gelagen geöffnet wurde.
Ich krähte ein fröhliches ³Guten Morgen!ã und mein armes Mütterlein ließ beinahe eine Flasche Eckes Edelkirsch fallen. ³Ich suche den Wodkaã, erklärte sie mir. Ich vermute, ich habe nur ³Häh?ã gesagt. Ich bin morgens nicht sehr eloquent.
Es stellte sich heraus, daß ³Wodkaã dem Begehren eines Hotelgastes entsprach. Respektive dem Begehren einer ganzen Gruppe von Hotelgästen.
Hier schweife ich mal ab, sonst ist es so schnell vorbei..
Hat jemand schonmal von Velbert gehört? Eher nicht, nehme ich mal an. Das damals 70.000 Seelen-Kaff liegt auf halber Strecke zwischen Essen und Wuppertal, dümpelt somit am unteren Rand des Ruhrgebietes vor sich hin und möchte sich doch schon zum Bergischen Land zählen. Sauerland ist völlig woanders. In Velbert gibt es keine Bahnhof, außer einem stillgelegten Güterbahnhof. Es gibt auch keine Sehenswürdigkeiten, wenn man vom ³Bergischen Schloß- und Beschlägemuseumã absieht. Velbert, die Stadt der Schlösser und Beschläge. Türschlösser, natürlich. Türbeschläge, wohlgemerkt. Die produzieren wir dafür in so rauhen Mengen, daß am Schlüsselbund eines jeden Deutschen mindestens 80% der Schlüssel aus Velberter Produktion sind. Die Autoschlösser für Audi, BMW, VW.. alle aus Velbert. Gießereien sind häßlich und Velbert ist es auch. Kein einziges Haus älter als ein Jahrhundert. Wenn überhaupt! No Kopfsteinpflaster, no schnuckelige alte Kirche.
Tot. Jemand hat mal über irgendeine andere Stadt geschrieben ³Da möchte man nicht tot über«m Zaun hängen!ã. So eine Stadt ist Velbert. Wo ich bis zu meinem 21. Lebensjahr gewohnt habe und 2 Wochen im Jahr Urlaub mache.
Eine Velberter Urban Legend besagt, daß eines Tages ein Reisebus kamerabewehrter Japaner auf dem Rathausplatz (Rathaus totaaaal häßlich!) parkte und verzweifelt nach knipsenswerten Objekten Ausschau hielt. Auf die Frage, womit man denn dienlich sein könne, lautete die Antwort ³Wir suchen die Schlösser.ã Neuschwanstein, Velbert. Haha. Urban Legend, ich bin sicher.
Was ich damit andeuten will: Touristen verirren sich nicht nach Velbert, und Prominente schon gar nicht, es sei denn, sie werden von der ansässigen Buchhandlung zu einer Lesung eingeladen oder sind so weit heruntergekommen, daß sie auch bei Supermarkteröffnungen ihre Schlager von einst zum Besten geben. Jürgen Markus war mal in Velbert in der Disco, aber ich habe ihn nicht gesehen. Kennt jemand noch Jürgen Markus?
Und _wenn_ sich tatsächlich mal echte Prominenz nach Velbert traut, dann steigt sie im Hotel ³Zur Traubeã ab, aber nicht im ³Hotel Goeben Garniã, wo das Einzelzimmer mit Frühstück 60 DM gekostet hat. (Das Hotel gibt es übrigens nicht mehr, ist jetzt eine Gynäkologin eingezogen. Kein Schwein weiß, wofür die 14 Zimmer plus Wohnung braucht, denn sobald die Schwangerschaft akut wird, reist die Velberterin nach Essen ins Katholische Krankenhaus in Werden. Wie meine Mama. Drum steht in meinem Personalausweis auch Geburtsort Essen, und nicht Velbert. Schade, eigentlich.)
Bei uns sind meist Monteure abgestiegen, Industrieschlosser, Vertreter von Autozulieferbetrieben, manchmal auch Verwandte, die man auf dem Sofa nicht mehr unterbringen konnte und selten, sehr selten auch Künstler, die ihrer Agentur nicht einmal die 150 DM für die ³Traubeã wert waren.
Auf die abgehalfterten Künstler war meine Mama aber immer besonders stolz und die Rezeption, ein kleiner Kasten aus Spanplatten und Glas mit einem Schlüsselbrett und einer saukomplizierten Telefonanlage, wurde von Autogrammkarten verziert, die sie statt des Trinkgeldes bekam. Nein, das ist jetzt gelogen, aber es klang so hübsch. Ich weiß nicht, ob sie auch noch zusätzlich Trinkgeld bekam. Ist in Hotels eher unüblich. Der Bruder von Catarina Valente war mal bei uns, aber ich hab nur ein paar Tage später seine Autogrammkarte entdeckt. Er war mir gänzlich unbekannt, es ist also kein Wunder, daß ich seinen Namen vergessen habe. Francesco..? Ich komm nicht drauf.
Zurück zum Wodka. Ich nahm, als meine Mutter mir die Erklärung abgab, sofort an: Das kann nur ein Künstler sein. Jedem Monteur, der sich erdreistet hätte, des Morgens nach dem Frühstück nach Wodka zu schreien, wäre seine Bitte unweigerlich mit einem scharfen tadelnden Blick abgeschlagen worden.
Angesteckt vom servilen Eifer meiner Mutter erbot ich mich, eine Flasche Wodka im nahegelegenen Edeka-Laden zu kaufen (Ich war schon 22 oder 23).
Zurückgekehrt, packten wir 8 Schnaps-Pinnchen auf ein Silbertablett, stellten den Wodka in die Mitte und rangelten ein Weilchen darum, wer von uns denn nun ins Frühstückszimmer gehen dürfte, um das Gewünschte zu servieren. Ich hab gewonnen!
Ich ging also hinein, und sah mich acht lässig auf den Sesseln lümmelnden Holländern gegenüber: Herman Brood & the Wild Romance.
Ich ahne, daß jetzt etliche von euch mit den Schultern zucken, und ich kann es verstehen. Ich wußte überhaupt nur deshalb, daß es eine holländische Rockband dieses Namens gab, weil eine Freundin von mir ein oder zwei Platten besaß. Mir selber ist kein einziger Song erinnerlich und ich überlege die ganze Zeit, ob es nicht an der Zeit wäre, im Angedenken an diese Begegnung zumindest einen Song zu napstern. Immerhin waren sie mal unter den Top 40 der US-Hitparade 1979 oder so. Sie sind auch mit Nina Hagen aufgetreten. Oder sie hat bei einigen Stücken mitgesungen.
Außer, daß sie entgegen aller bergisch-ländischen Gewohnheiten ihre Frühstückseier mit Wodka runterspülten, gab es an der Wohlerzogenheit der ³wild romanceã nicht das geringste auszusetzen. Sie haben nicht in die Betten gekotzt und auf den Teppich gepinkelt, und wenn sie Drogenbesteck dabei hatten, so haben sie es wieder mitgenommen. Sie zahlten ihre Rechnung klaglos und waren uns kleinstädtischer Hotelpächterfamilie gegenüber höflich-gleichgültig. Lieber würde ich natürlich von einem spontanen Gig erzählen, bei dem ich genötigt worden bin, mit Herman Brood im Duett zu singen. Doch nichts dergleichen. Die Prominenz schillerte kurz in unsere Velberter Tristesse und verschwand, ohne mehr zu hinterlassen als diese Erinnerung.


(Beitrag wurde von bAbC am 02.04.2001 um 20:36 Uhr bearbeitet.)

Tex Rubinowitz
02.04.2001, 22:23
Liebe babc (kannst Du Dir nichtmal ein ordendliches Pseudonym zulegen?), diese Deine Geschichte ist so lukullisch und athmosphärisch gut erzählt, dass ich all Deine Peter Maffay Schmähungen gerne vergesse, sehr gerne sogar, obwohl Herman Brood noch viel ekelhafter ist, als Du findest, dass das Peter Maffay sei. Peter Maffay ist ein GUTER, und ich liebe Deine Geschiche! kein Widerspruch, keine Widerworte!

Angelika Maisch
02.04.2001, 22:44
Babc, du verstehst es wirklich, einen auf die Folter zu spannen. Nein, ich habe nicht vorher nachgeschaut, um wen es sich handelt. Aber Kompliment: Ich denke man kann sagen, daß du aus diesem einen und einzigen Prominentenereignis das äußerste herausgeholt hast. Jürgen Marcus habe ich noch in leidvoller Erinnerung, meine Schwester war mal in ihn verliebt und verklebte unser Zimmer mit Jürgen Marcus Postern. Er war der Nachfolger von Chris Roberts. Teenagelovetechnisch meine ich. Ächz. Das waren öde Zeiten, nicht nur bei dir offensichtlich. Der Bruder von Catharina Valente, hieß der nicht Silvio Francesco?
Velbert jedenfalls, man wird es sich merken müssen.

Juergen Broemmer
02.04.2001, 22:56
Einmal mehr bin ich mit unserem Moderator ganz eins: Seltsames Pseudonym aber eine ganz feine Erzaehlerin dahinter!
Der Bruder von Frau Valente heisst Sylvio Francesco. Herr Herman Brood wiederum verkehrt hier im Copyshop um die Ecke, wo er vom Geschaeftsfuehrer mit Handschlag und Umarmung begruesst wird. Ich persoenlich kenne Herrn Broods Liedgut nicht, vermute aber nichts Gutes. Es wird berichtet, dass er hin und wieder in der hiesigen Kalverstraat im berauschten Zustand selbstgemachte Bildchen verkauft, zum Schnaeppchenpreis wie es heisst.

Tessa
02.04.2001, 23:43
Coole Geschichte. Und das alles aus acht Wodkas gemacht. Am liebsten mag ich die Beschreibung von Velbert. Die Behauptung, Sauerland sei ganz was anderes, geht mir ebenfalls leicht über die Lippen; ich bin aus Solingen, auch so ein Fall von Bergischem Land, den man keinem erklären kann. Das finde ich überhaupt mit am besten an den Höflichen Paparazzi: wo die Leute so herkommen und wo sie Urlaube verbringen. Lange Jahre dachte ich, Veronica Ferres und ich seien die einzigen, die nicht in irgendeiner Weltstadt, sondern in Solingen aufgewachsen sind. Inzwischen weiß ich, dass Menschen auch aus Heilbronn kommen können.
Was das Pseudonym angeht, muss ich meinen Vor-Postern zustimmen. bAbC - das geht doch nicht. Ich les da immer 'Babsi'. Haben Sie das gewollt?

Erik Dorf
03.04.2001, 00:39
Werte Tessa, es gibt da noch einen bekannten Solinger, den Sie neben Veronica Ferres vergessen haben: Adolf Eichmann, berühmt durch seinen 'Eichmann-Prozess', den er Anfang der 60er-Jahre spektakulär verloren hat.

Tessa
03.04.2001, 00:50
Werter Herr Dorf,
was wollen Sie mir damit bedeuten?
Was auch immer, behalten Sie's für sich!

wuggi
03.04.2001, 02:15
Lange und schöne Geschichte. Nebenbei: Ich kenne Velbert, zugegebenermaßen zwar nur oberflächlich, aber Hermann Brood kenn ich gar nicht. Was ist besser?

tschisi
03.04.2001, 02:48
liebe wuggi, ich glaube, Fräulein Babsi hätte genauso gut schreiben können, sie käme aus Hermannbrood und sie servierte 'Vel Bert & the Schlüsselboys' einmal acht Wodkas und keinem wär was aufgefallen.
Umsomehr gilt: die Frau hat quasi alles aus nichts geholt. ein Meilenstein.

Angelika Maisch
03.04.2001, 02:51
du sagst es wies ist, mein Tschisi.

bAbC
03.04.2001, 09:29
Immer noch mit geröteten Wangen sitze ich hier und freue mich über euer Lob!
bAbC ist in der Tat eine Verballhornung von Babsi, was wiederum eine Verballhornung von Barbara ist (vor allem, wenn man sich mit 40 noch so nennt, aber es ist mein Chat-Pseudonym und da scheut man die deutliche Zurschaustellung des weiblichen Namens aus berechtigten Gründen).
Was die ungebührliche Länge und Ausschlachtung eines winzigen Ereignisses (nicht daß mir das hier vorgeworfen worden wäre, im Gegenteil!) anbelangt, erklärt sich dieser Notstand aus der kargen Munition, die sich im Revolver meiner Prominentenbegegnung befindet. Es bleibt mir jetzt nur noch eine Face-to-Face-Begegnung, ein kurzes Telefonat und eine Beinahe-Begegnung übrig. Quasi zwei Kugeln und eine Platzpatrone, da muß ich schon ein wenig weiter ausholen..
Übrigens, Tessa (sollen wir uns nicht duzen? Wo wir schon beide aus dem Bergischen Land kommen?): Solingen! Ha! Solingen ist gegen Velbert ja wohl das, was Gold gegen Blech ist! Solingen, Stadt der Klingen und Scheren! Solinger Stahl, der treibt jeder Damaszenerklinge den Rost auf die müde Scheide! Solinger Scheren, damit arbeiten Couturiers in Mailand, Paris und New York und zerschnippeln die edelsten Stoffe der Welt. Solingen liegt einen Katzensprung von Velbert und Wuppertal entfernt. Und ich bin in meinem ganzen Leben noch nie dagewesen. Ich werde das nachholen!

Tessa
03.04.2001, 16:03
Liebe bAbC,
natürlich ist Solingen schärfender als alles andere auf der Welt (und du solltest dringend mal hinfahren), aber versuch im deutschen Südwesten mal, das jemandem zu vermitteln. Dem Stuttgarter nämlich ist Solingen, was dem Augsburger Velbert, wie ich annehme: bohemian villages beziehungsweise Sauerland.

Ebbesand Flutwasser
03.04.2001, 16:19
Gestern noch fuhr ich mit dem Zug zweimal an Velbert vorbei (auf dem Weg in ein Programmkino in Essen, wo es '2001' gab, und zurück). Hat es nicht doch einen Bahnhof? Velbert-Neviges? Vermutlich eingemeindet/erobert, um auch an einer der größten Menschheitserfindungen, der Bahn, teilhaben zu können. Steht nicht mitten in Neviges diese Betongemeinheit, ein Zackending von Kirche, oder ist die in Langenberg?
Zur Anfahrt nach Solingen, liebe bAbC, empfehle ich den ÖPNV. Abfahrt Regionalbahn 49 in Neviges immer um .38. Beim Umstieg in Wuppertal-Vohwinkel wählen Sie dann ein meines Wissens sehr seltenes Verkehrsmittel - nein, nicht die Schwebebahn, sondern einen Bus (683) mit Oberleitung. Allergrößtenteils solche nämlich fahren in Solingen herum, und eine Linie ist durchgeführt bis eben nach Wuppertal-Wohwinkel.
Eine - länger dauernde - Variante wäre, bist Wuppertal-Hauptbahnhof durchzufahren und dort in die Regionalbahn 47 zu wechseln, welche über interessante Orte wie Remscheid-Lüttringhausen und auch die höchste Eisenbahnbrücke Deutschlands, die Müngstener Brücke, führt. Und dann am Solinger Bahnhof, einem der verfallensten, den ich je sah, ankommt. Wenn man vom Bahnhof nicht nach rechts ins Zentrum, sondern nach links, der Straße lang geht - zu empfehlen für diese Unternehmung ist ein Tag mit sonnigtrockenem, staubigem Wetter -, dann bekommt man ein nicht zu beschreibendes, intensiv körperliches Gefühl von Öde.
Einzig interessant an Solingen: Es gibt dort eine Straße - kein Sträßchen, sondern eine richtige Hauptstraße - namens Werwolf. Daß dieser Name weniger mit der Vorliebe der Solinger für Horrorgeschichten als mit irgendwelchem Nazidreck zusammenhängt, vermutete ich schon länger, die obige Erwähnung Adolf Eichmanns scheint es zu bestätigen (Solinger, widersprechen Sie!).
Der amerikanische Musiker Michael R. Gira (Swans, Angels of Light, Bodylovers/Bodyhaters) hat als Teenager ein paar Jahre in Solingen verbracht, und vielleicht stammen daher seine Gewalt- und Messer-Obsessionen.
Solingen besteht aus mehreren, anscheinend unzusammenhängenden (Erdspalten dazwischen? Reißende Flüsse? Schnellstraßen?) Teilen: Zentrum (in dem es wiederum eine Bushaltestelle namens 'Zentral' gibt samt einem Lokal namens 'Am Central'; übrigens keinesfalls zentral gelegen), Ohligs, Burg, Gräfrath und werweiß was noch.
Einmal, als junger Mensch habe ich in Solingen-Zentrum eine ******** *******, und wußte, weil es schon nach 24 Uhr an jenem Samstagabend war, nicht mehr nach Hause zu kommen. Der Versuch, nach Solingen-Ohligs, das an der auch später nachts noch befahrenen Bahnstrecke Köln - Hagen liegt, zu gelangen, scheiterte: Ein Taxifahrer, dessen Dienste ich aus Geldmangel nicht inanspruchnehmen wollte, erklärte mir fast schon lachend den Weg, der dann, eine Dreiviertelstunde später, vor einer der erwähnten Schnellstraßen (oder Erdspalten) endete (daher die unerhörte Freude des Taxifahrers). Ich kehrte um und verbrachte die Nacht in der Fußgängerzone, sitzend auf einer Bank oder herumlaufend, gelegentlich auch, befürchte ich, singend (vollkommen nüchtern, wie ich leider gestehen muß). Gegen 4.45 Uhr entdeckte ich zwischen zwei Geschäften, an denen ich mehrfach vorbeigelaufen war, den Eingang zu einem Nachtcafé, das um 5 Uhr schloß.
In Solingen-Burg wiederum gibt es 'das' Beverly, 'Deutschlands größte Swinger-Disco' (so oder ähnlich die Werbung), wo man für 300 Mark (als Einzelherr) mit ' garantiert mindestens 10 - 15 privaten Damen' (Werbung again) mehr oder weniger öffentlich Dinge tun kann.
Jetzt habe ich alles aus meinem Gedächtnis gewrungen, was über Solingen darin war (außer, daß eine Tochter des verstorbenen Cousins meiner Mutter vor ein paar Jahren, noch zu Lebzeiten des Vaters, dort die 'Miß Zöppkes'-Wahl gewohnnen hat, aber darüber weiß ich sonst gar nichts, es geht wohl um Zöpfe). Und bin damit - hoffentlich - dem von Herrn Rubinowitz anderswo geäußtern Wunsch nach Vermeidung von Nebuloismen nachgekommen. Obschon man auf Solingen durchaus größere Nebel ruhen lassen könnte, ja, sollte...
... ebenso wie auf Wuppertal, dem Ort meines Exils. Am Bauzaun eines im Herbst eröffnenden Einkaufszentrumsverbrechens findet sich das Schild: 'Damit Wuppertal noch schöner wird' - es könnte genau so gut: 'Damit Elvis noch lebendiger wird' lauten.
Schön zu lesen aber, daß hier doch nicht alle außer mir in den Metropolen wohnen, sondern manche sogar gleich um die Ecke.

Tessa
03.04.2001, 16:30
Und wer jetzt meint, Herr Flutwasser habe in seinem uns alle einenden Drang nach Originalität vielleicht ein wenig übertrieben, dem rufe ich ein dreifach donnerndes 'Aber nicht die Bohne!' zu.

Tex Rubinowitz
03.04.2001, 16:32
Was verbergen denn die Sternchen?
Warum hast Du denn dann nicht die Nacht bei den Sternchen verbringen können, wenn die Sternchen das verbergen, was ich vermute?
Und wie waren die 15 Minuten in dem Nachtcafe?
Die längsten oder kürzesten Deines Lebens?

Ebbesand Flutwasser
03.04.2001, 16:41
'Drang nach Originalität'? Ich wollte bloß genau sein.
Ins Café bin ich gar nicht mehr rein. Hat doch nicht gelohnt, nur für eine Viertelstunde.
Bei den Sternchen konnte ich nicht die Nacht verbringen, weil so gegen 1 Uhr die ******** als beendet galt und dann geschlossen wurde.

(Beitrag wurde von Ebbesand Flutwasser am 03.04.2001 um 15:42 Uhr bearbeitet.)

Tessa
03.04.2001, 17:00
Herr Flutwasser, das war überhaupt nicht ansnobbend gemeint. Im Gegenteil, Ihre schlimmen Solingen-Erinnerungen treffen den Nagel auf den Kopf. Die achtzehn Jahre, die ich da verbracht habe, waren die längsten meines Lebens.
Als ich später mit einem Freund hinfuhr, um ihn meinen Eltern vorzustellen, hat er sich halb schlappgelacht, 'wie in der DDR' (die gab' damals noch), 'hier sieht's ja aus wie in der DDR', jappste er an jeder Ecke, vor allem am sogenannten Hauptbahnhof, diesem Trauerspiel aus Staub und Verlassenheit. Ich meine, er konnte das echt beurteilen, eingeborener Kevelaerer, der er war. Ein paar Jahre drauf haben wir uns getrennt.

Tex Rubinowitz
03.04.2001, 19:32
Das wird ja immer rätselhafter, ich hätte wetten können, dass unter den Sternchen ein Frauenname steht, aber eine Frau kann ja schlecht geschlossen werden

Ebbesand Flutwasser
03.04.2001, 20:47
Stimmt, Frauenschließen geht nicht.

Tex Rubinowitz
03.04.2001, 21:25
WAS ist unter den Sternchen, also lass uns doch nicht so zappeln!
Bordell?
Opiumhöhle?
Verbotene Pokerrunde?

Ebbesand Flutwasser
03.04.2001, 22:23
Won't tell.

Tessa
03.04.2001, 22:42
Ein Bordell? In Solingen?? Innenstadt??? Never, I swear. In Aufderhöhe vielleicht, aber am Werwolf oder am Entenpfuhl? Bröhaha.- Die Sternchen bedeuten wahrscheinlich 'Schachgroßmeisterin in Schach vernichtend geschlagen'. Ja, die Solinger Schachspieler, das waren immer die verheerendsten. Oder 'Andreasaltbiertrinkerin unter den Tisch getrunken und dann abgeschleppt' könnte auch sein. Denn die Solinger Altbiertrinkerinnen...

Ruebenkraut
07.04.2001, 00:43
Habe erst eben diesen köstlichen Strang entdeckt - Herman Brood ist immerhin einer der vielen Lieblingsmusiker von Alan Bangs, 'dem' Radiomenschen (für mich). Und hätte Hermann Brood im Titel des Strangs Erwähnung gefunden, dann hätte ichs bestimmt eher gelesen.
Und weil ich den Strang mit den provinziellen Heimaterinnerungen besonders anregend finde, schick ich ihn nochmal nach oben, vielleicht haben es andere ja auch verpasst.
Der Böhm/Angeli-Strang ist sowieso überschätzt.
(Beitrag wurde von Ruebenkraut am 06.04.2001 um 23:47 Uhr bearbeitet.)

Tessa
08.04.2001, 13:27
Nagut, wenn Herr Rübe provinzielle Paparazzismen haben will, dann soll er sie bekommen.
Meine Heimatstadt Solingen ist, siehe oben, nicht eben der Nabel der Welt, das sehen eigentlich alle Solinger so, und deswegen machen Sie gern Ausflüge nach Wuppertal in den Zoo mit Schwebebahnfahren, nach Köln an den Rhein zum Zugangucken oder nach Düsseldorf zum Einkaufen und Verwandtebesuchen (meine Mutter, eine geborene Düsseldorferin, hat es nämlich unter Zurücklassung ihrer Eltern etc. erst ehehalber nach Solingen verschlagen, was sie gelegentlich leise bedauert). Bei einem solchen Einkaufsausflug muss es gewesen sein, dass wir zwei, meine Mam und ich, mit meiner Tante in der Philippshalle landeten (gibt's die eigentlich noch? Herr Flutwasser, Babsi, wisst ihr genaueres?), wo die Damen einer Modenschau beiwohnen wollten. Auf traten als Showblock die Jacob-Sisters, und zwar damals noch alle fünfe, mit Hunden, und sangen wenig überraschenderweise 'Wärst du doch in Düsseldorf geblieben'. Die will ich aber hier nicht paparazzieren, denn sie waren nur aus der Ferne auf der Bühne zu sehen, und das ist ja keine Kunst, nicht mal für ein kleines Kind.
Aber: an einem Nachbartisch erblickten wir plötzlich Wim Thoelke. Er schaute sich nicht etwa die Modenschau an, sondern bereitete sich darauf vor, am selben Abend seine Quizshow, die damals noch 'Drei mal neun' hieß, in der Philippshalle zu produzieren. Ich glaube, er rauchte sogar. Meine Mutter und meine Tante bequatschten mich nun wieder und wieder, ich solle doch hingehen und Wim Thoelke um ein Autogramm bitten, was er einem netten kleinen Mädchen wie mir bestimmt nicht abschlagen würde. Sie selbst trauten sich natürlich nicht. Und ich auch nicht.
Ich bin nämlich, Herr Angeli würde das bestätigen können, wenn ich ihn fragte, zur überaus höflichen Paparazza geboren.

Ruebenkraut
08.04.2001, 21:56
Wahrscheinlich bin ich so begeistert von diesen Provinzgeschichten, weil es auch meine Kinder und Jugend (Nachbar-)Heimatprovinz ist, die da treffend beschrieben wird. Die Stadt, aus der ich komme, ist auch so ein ziemliches Kaff, und die Promis, die man dort trifft, sind vor allem Sportler (siehe Liesel Westermann). Thoelke würde da nie hinkommen, aber Thoelke ist ja auch nicht nach Solingen gekommen.
Wim und Wum - Kindererinnerungen werden wach. Dafür mein Lob an Tessa.

Erik Dorf
15.05.2001, 22:13
Wer von euch Solingen-Fetischisten kann mir denn Auskunft geben über euren Ex-Mitbürger 'Hans-Günther Plücken' (Anfang der 80er-Jahre des vorigen Jahrhunderts ein Fehleinkauf des HSV). Mein letzter Kenntnisstand ist der, dass er von einem Schulmädel des GOA (Gymnasium Oberalster) ausgenommen wurde wie eine Weihnachtsgans.

Tex Rubinowitz
15.05.2001, 23:23
Hans Günther Plücken in Gänsefüßchen, why?
Ist das ein Pseudonym? Oder willst Du Dich über ihn erheben, indem Du ihn ironisch darstellst?
Was hat denn das Schulmädchen aus ihm ausgenommen? Äpfel? Ach, ich will das alles gar nicht wissen eigentlich.

Delgado
16.05.2001, 10:56
ich entdecke diesen schönen strang erst heute.
die perlen des bergischen landes, wuppertal, solingen und remscheid (und wenn man will, auch noch velbert) scheinen bei vielen befragten die einmal dort gewohnt oder dort zu tun gehabt haben, reflexartig Abneigung und lautstark geäußerte kritik hervorzurufen. Beruflicherseits hatte ich leider einige Zeit in Solingen und Wuppertal zu tun, ohne jedoch gott sei dank dort hinziehen zu müssen, und kann daher die hier gemachten Äußerungen in vollem umfang nur bestätigen, incl. der eigenart der bewohner der besagten städte, ihre straßen tatsächlich 'Werwolf' etc zu nennen.
Auch prominente scheinen einen großen bogen um dieses drei-(vier)-städte eck zu machen... lediglich in der kantine des wuppertaler landgerichts sah ich einmal den promi-strafverteidiger bossi sitzen, ohne jedoch den dazu gehörigen angeklagten prominenten. er (bossi) trank einen früchtetee und sah sehr alt aus. ich habe ihn natürlich schon damals sehr höflich lediglich aus der ferne beobachtet, sonst geschah leider nichts.
ein guter freund von mir lebte einige jahre als polizist in wuppertal (auch dieser konnte mir nichts über nächtliche eskapaden betrunkener prominenter in der wuppertaler innenstadt oder, noch origineller, in der schwebebahn erzählen) und schwört, wenn man ihn darauf anspricht, das er sich eher mit der dienstpistole erschießen wird, bevor er sich dorthin nochmal versetzen lässt.
bei der gelegenheit fällt mir aber ein, daß ich in solingen meine erste leiche (wieder kein promi) gesehen habe. ich finde, das passt!

anderer helge
16.05.2001, 11:44
Tach - nur eine kurze Anmerkung:
Es ist nicht so, daß Velbert nichts Photographierenswertes böte. Vielmehr steht im Ortsteil Neviges die wenigstens unter Architekturfreunden und Betonbauern sehr bekannte Wallfahrtskirche von Gottfried Böhm (http://www.theo.tu-cottbus.de/wolke/X-Positionen/Janhsen/janhsen.html). Das konnte ich mir über lange Jahre merken, weil ich selbst als junger Mensch in Wuppertal gewohnt habe und nach Neviges ins Freibad gegangen (bzw. gefahren worden) bin, dortselbst Eis für nur 5 Pf. / Kugel am Eiswagen gekauft und verzehrt habe - hm, kann auch 10 gewesen sein.
(Beitrag wurde von anderer helge am 16.05.2001 um 11:59 Uhr bearbeitet.)

Treutwein
16.05.2001, 16:31
Ich war noch nie in Velbert. Aber es gab Zeiten, zu denen bin ich gerne nach Wuppertal gefahren, und wenn man dort am Hauptbahnhof in einen Bus zur Station 'Neuer Triebel' steigt, fährt der Bus weiter nach 'Velbert'. Ich dachte damals, das sei ein Stadtteil von Wuppertal. Als ich dann nach Gießen gezogen bin, fuhren überall Autos mit dem Nummernschild 'VB' rum. Ich glaubte daraufhin, das hieße Velbert, es hieß aber 'Vogelsbergkreis'. In meinem Glauben war Velbert plötzlich aber kein Stadtteil mehr, sondern eine doch Nummernschild-werte Stadt.
Ich fand die Gegend immer schön, Wuppertal und Solingen und Remscheid. Und Velbert ist sicher auch schön.

Ruebenkraut
16.05.2001, 22:25
Da fährt einer von Wuppertal nach Velbert-Neviges, weil dort das Eis nur 5 Pfennig die Kugel kostet.
Erinnert mich an die Ballade 'Wenn der Senator erzählt' von Degenhart. Da geht der Senator als Kind täglich einen Umweg von mehreren Kilometern, weil im Nachbarort die Milch einen halben Pfennig billiger ist. Vom Ersparten baut er dann als Erwachsener eine Fabrik.
Anderer Helge, bist du Fabrikbesitzer?
(Beitrag wurde von Ruebenkraut am 17.05.2001 um 19:07 Uhr bearbeitet.)

Edmund
17.05.2001, 00:06
@BAbC
Noch vor einem Jahr hätte ich mich mokiert über die Beschreibung 'schäbig, aber sauber' für ein Hotel. Seit ich anlässlich meiner Wohnungssuche in Toulouse eine Nacht in einem solchen Etablissement verbrachte, weiß ich jedoch, dass das KEIN Widerspruch in sich ist.
Das Haus war mindestens schon 200 Jahre ein Hotel, und die letzten und wohl nach dem Kriege einzigen Renovierungsarbeiten bestanden darin, dass in den teureren Zimmern (DM 38) eine frei im Raum stehende Duschkabine installiert wurde. Toiletten gab's nur auf halber Treppe, über ein Bidet jedoch verfügte mein Zimmer. Die meisten 'Gäste' sahen so aus, als hätten sie diese Kaschemme als Postanschrift angeben müssen.
Im festen Glauben, überall im Zimmer würden schmutzige Geheimnisse und Ungeziefer lauern, kehrte ich so spät und müde wie möglich aus der Stadt zurück und schlief dann sehr schlecht und verkrampft. Vielleicht lag es auch an der unbequemen Nackenrolle.
Aus Lust am Gruseln führte ich vor der Abreise eine kleine Inspektion, doch oh Wunder: Alles war sauber! Allein auf den offenliegenden Wasserleitungen blühten Rost und Grünspan, doch sonst: Schäbig, aber gepflegt!
Velbert kenne ich vage von Bahnfahrten Wuppertal-Essen. Vom Haltepunkt Neviges aus fällt ein modernistischer Sakralbau ins Auge.
Zuerst dachte ich versehentlich, in diesem Strang, wäre von VELGAST die Rede, das in Vorpommern liegt, höchstens 700 Einwohner hat, dafür aber einen monumentalen Bahnhof mit IC-Halt und A,B,C,..Klötzchen.
@Ebbesand
Ja, über das 'noch schöner' Schild in Wuppertal habe ich mich auch täglich gefreut. Ist es nicht auch so, dass es dort eine 'Erholungsstraße' und eine 'Gesundheitsstraße' gibt? Und auch irgendwas mit Klotz... Helfen Sie mir!
Zum Trost hat die fahrradunfreundlichste und regenreichste Stadt Deutschlands immerhin die wirklich geniale und sehenswerte Schwebebahn.

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My fair Gentlemen,
Edmund


(Beitrag wurde von Edmund am 17.05.2001 um 18:15 Uhr bearbeitet.)

Pomito
17.05.2001, 17:25
Jetzt muß ich aber mal eine Lanze für Wuppertal brechen. Ich verbrachte nämlich in meiner Jugend einige der wertvollsten Tage meines damals noch überschaubar kurzen Lebens in eben dieser in meinen Augen mit zu den unterschätztesten Städten gehörenden Gemeinde.
Damals wohnten Freunde von mir dort und ich wurde stets neidisch ob des scheinbar in unbegrenzten Mengen zur Verfügung stehenden Altbau-Wohnraums - als Wuchermieten-gebeutelter Kölner brach ich darüberhinaus meist in Tränen aus, wenn das Thema Mietzins in W'tal angeschnitten wurde.
Auch das Nachtleben ist engegen allen Gerüchten gar nicht so mau. immerhin gab es mit der Beatbox Ende der 80er/Anfang der 90er einen der hippsten Clubs der bundesrepublikanischen Dancefloor-Gemeinde in der Stadt der schwebenden Nahverkehrsmittel.

Und erst der Zoo!
Das mit dem Regen stimmt allerdings.

Ignaz Wrobel
17.05.2001, 17:37
Also seit dem Film 'Der Krieger und die Kaiserin' denke ich, daß Wuppertal eine ganz tolle Stadt sein muß. Können Kinos lügen?

Treutwein
17.05.2001, 17:39
Naja Pomito: Einer der hippsten Clubs der Dancefloor-GemeindeÊ· Aber das mit dem Zoo stimmt. Wenn ich ich recht erinnere, kann man mit der Schwebebahn sogar über den Zoo drüberschweben, in der Gegend von Vohwinkel? Und dann hüpfen da Elefanten aus der Bahn, und aus der Wupper schnappen Welse nach der Gondel?

Pomito
17.05.2001, 17:46
Zoo und Vohwinkel haut nicht so hin, aber die Elefantengeschichte ist ja verbürgt. Tuffi hieß das Tier.

Edmund
17.05.2001, 19:15
Und ueberhaupt: Die Wupper!
Voller Getier ist die. Ich glaube, ich habe noch nie einen derart fischreichen Fluss gesehen.
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Macht fuenf Groschen,
Edmund

frosch2
17.05.2001, 19:21
Und was sagst Du zu den Schistosomen (Saugwürmern) und der niedlichen Bilharziose die sie verursachen. Die Wupper ist voll davon.

Edmund
17.05.2001, 19:29
Das kann wohl erst seit Tuffis Wuppersprung der Fall sein. Wie soll diese afrikanische Seuche sonst nach Wuppertal gekommen sein?
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Macht fuenf Groschen,
Edmund

Ruebenkraut
11.07.2001, 22:29
Aus der Netzeitung
Der niederländische Rockstar, Maler und Poet Herman Brood hat Selbstmord begangen. Der 54-Jährige sprang am Mittwoch vom Dach des Hilton-Hotels in Amsterdam in den Tod.
BERLIN. ÇIch habe keine Lust mehr,È waren Broods letzte Worte, die er am Mittwoch in einem Abschiedsbrief hinterließ. Der vielseitige Künstler, der vor allem in den 70ern und Anfang der 80er Jahre Furore machte, besaß Kultstatus bei seinen Fans.
Vor allem seine Konzerte, bei denen er sich völlig verausgabte, waren in der Rockszene legendär. Dabei überzeugte Brood besonders in kleinen Clubs durch erdigen, bodenständigen Blues-Rock.

Bis zuletzt Drogenentzug versucht
Doch immer wieder geriet der Holländer durch sein zügelloses Privatleben in die Schlagzeilen: Disziplinlosigkeiten, Ärger mit dem Musikbusiness und Drogensucht kennzeichneten sein Leben. Noch zuletzt soll er einen Entzug versucht haben, hieß es. Auch seine Liaison mit der Berliner Rock-Röhre Nina Hagen zählte zu diesem bewegten Leben, das er immer wieder in seinen Songtexten verarbeitete.
In seiner langen Musikerlaufbahn, die 1964 begann, gehörte Brood mehreren Bands an. Er war der Star von Bands wie The Moans und Cuby & The Blizzards, die wohl bekannteste Gruppe aber war Wild Romance, die immer wieder von Brood umarrangiert wurde.

Bilder statt Musik
Mit dem Song ÇSaturday NightÈ gelang der Truppe in den späten 70er Jahren ein europaweiter Discohit; das dazugehörige Album ÇShpritszÈ wurde in vielen Ländern ein Bestseller.
Mitte der 80er Jahre wurde es dann ruhiger um Brood, seine Musik fand vor allem in den Niederlanden Anklang. Er versuchte sich mehr und mehr als bildender Künstler und machte sich mit seinen Gemälden und Siebdrucken einen Namen. Wenige Monate vor seinem Tod brachte er noch eine CD mit dem Titel ÇCiao MonkeyÈ heraus. (dpa)

Edmund
11.07.2001, 22:59
ROCK-RÖHRE Nina Hagen also. Aaaaargh!

DerCaptain
12.07.2001, 01:03
U-Oh.
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'PROTECT ME FROM WHAT I WANT'


(Beitrag wurde von DerCaptain am 12.07.2001 um 00:04 Uhr bearbeitet.)

bAbC
19.07.2001, 00:11
Heute bekam ich eine, wie ich zunächst glaubte, anonyme Email, enthaltend einen sehr schönen Bericht über eine längst vergangene Begegnung mit Herman Brood. Nachdem ich den Absender nach seinem Namen gefragt und um Erlaubnis gebeten habe, kopiere ich euch folgende Zeilen:
Zitat:
Herman Brood war der Ruf, in Velbert schon am frühen Morgen hart zu trinken, schon 1982 eher unangenehm. Die butzenverglaste Kneipe in der Friedrichstraße, erzählte mein Vater mir später, hatte vor dem Krieg einen Fensterbanktresen nach draussen. Dort trank man für Pfennige Schnäpse, und damit das Glas vom Zecher nicht fortgetragen würde, gab es keines, sondern einen Zinnbecher, der mit einer Kette am Fensterbrett befestigt war. Es sei der ärmste und öffentlichste Weg gewesen, in Velbert harter Alkoholiker zu sein; aber auch sehr preiswert und praktisch. Also eine Tradition; wie auch die, die Namen der handelnden und somit paparazzierten Personen erst am Ende des Textes zu nennen.
1983 fand Hermann Brood, der davon unabhängig vor sieben Tagen in Amsterdam Selbstmord begangen hat, die lästig gemütliche Kneipe nicht schön. Er trank einen Saft und wollte für die Fotos lieber in ein Büromöbelgeschäft. In Amerika habe man auch schnell die Übersicht verloren und dabei sei ein Album herausgekommen, dass er zu seinen schlechtesten Arbeiten zähle. Wir sahen das auch so; schließlich war es ein Herman-Brood-Album, auf dem annähernd kein Klavier oder E-Piano zu hören war. Beflissen flocht ich ein, dass ja mit dem dort enthaltenen Titel 'Right on the Money' über Amerika alles gesagt sei; das sah er höflichkeitshalber auch so.
Kollege Carsten fand das mit dem Büromöbelfoto auch eine gute Idee. Es endete so, dass Herman Brood uns rücksichtsvoll das Popstar-Fotografieren beibrachte. Also auf einem Drehsessel uns den Rücken zuwandte, bis Drei zählte und in der dann plötzlichen Drehung auf die Kamera zu fotografiert zu werden empfahl. Trotzdem blieb die Geschichte tagelang liegen in der Redaktion der Velberter Zeitung, weil auch dort kaum wer wußte, wer Hermann Brood und warum er bedeutend war.
Das Hotel in der Goebenstraße hatte eine Art Frühstückszimmer zum Garten hinaus; und 1982 sass David Hollestelle, Gitarrist der 'Wild Romance', immerhin mit einer akustischen Gitarre am Frühstückstisch. Bis dahin war die Rock«n Roll-Band ok, die in einer schlichten Vertreterpension absteigt, weil es finanziell erotisch und also unterm Strich eben ziemlich Rock«n Roll ist. Auftritte im Festsaal 'Rheinischer Hof' der - übrigens 90.000 Einwohner zählenden - Gemeinde sind auch schön abgerissen; später sah ich Brood & Wild Romance in noch traurigeren Hinterzimmern. Im Dortmunder 'CheCoolala' ging dem Schlagzeuger die Fußmaschine der bassdrum kaputt, und Ersatz war nicht da, also hörte ich die unwiderbringlich traurigste Version von 'Saturday Night'.
Des weiteren hat Velbert auch einen, allerdings geschlossenen, Personenbahnhof an der anders auch schwer erklärlichen Bahnhofstraße. Urkundlich erwähnt ist diese Bahnhofstraße auf der B-Seite der Single 'Komm« wir übern Hund' (...komm« wir übern Stert, datt ändert sich von selwer all, datt is de Quatsch nich wert.') des damaligen Bürgermeisters. Aus dem Erlös der Schallplatte wurde der Velberter Rosenmontagszug finanziert. Der Politiker sang und spielte Gitarre dazu, gerade wie nun David Hollestelle. Herman Brood kam später hinzu, stellte seine Begleiterin vor, die im Velberter Klinikum Niederberg - wo der Velberter seit den 80ern geboren zu werden pflegt - mit behinderten Kindern arbeite.
Carsten kannte sie und wusste, dass das stimmt. Brood nahm eine Scheibe Graubrot, schnitt sie durch, bestrich eine Hälfte mit Margarine, schnitt diese durch, bestrich ein Viertel mit Leberwurst, legte dieses an den Rand des Tellers und sagte, man könne doch jetzt losgehen, die Fotos machen. Mehr haben wir also von der Pension in der Goebenstraße nicht gesehen.
Kollege Carsten Lorenz studierte an der Münchner Filmhochschule und hinterließ vor allem den Film 'Manta, Manta' als seine erste Großproduktion, bevor der nach Hollywood ging. Dort ist er heute ausführender Produzent nicht nur, aber auch für die Emmerich-Brüder. Heinz Schemken ist nicht mehr Velberter Bürgermeister, aber noch CDU-Abgeordneter im Deutschen Bundestag, weswegen er mir manchmal in Berlin begegnet, wo ich als Produzent von 'Maischberger', 'NewsQuiz' und 'Lesezirkel' arbeite. Mit Blick auf den Rang des Hotelgewerbes in diesen Beobachtungen ist es beinahe auch schon wieder zu Rock«n Roll, dass Herman Brood diese und seine Geschichte am Mittwoch vergangener Woche beendet hat mit einem Sprung vom Dach des Amsterdamer Hilton-Hotels.
Zitatende
P.S. Ach, ich unbelecktes Wesen! Das Einzige, was ich mir im Fernsehen zu Gemüte führe, sind halt amerikanische Serien. Schande auf mein Haupt, daß ich nicht den Schatten eines Schimmers einer Ahnung habe, was 'Maischberger', 'NewsQuiz' und 'Lesezirkel' sind...

Publikum
19.07.2001, 01:51
ehrlich gerührt im Chor Wie tragisch. seufzend ab

Kathrin Passig
19.07.2001, 02:42
Verdammt! Newsquiz! Ich möchte nicht lügen und kann mich jetzt schon wieder kaum mehr erinnern, aber ich meine, genau danach hätte mich damals Friedrich Küppersbusch gefragt: http://www.alles-bonanza.net/forum/showthread.php?s=&threadid=10450
Weil er das nämlich produziert. Glaube ich jedenfalls; ich sehe ja noch nicht mal amerikanische Serien wie die vergleichsweise gebildete bab-C. Unübersehbar hängt hier ein Mikro ins Leben.

Tex Rubinowitz
19.07.2001, 03:30
Ich find den Mann irgendwie sympathisch, aber möchte bitte, wie gesagt, keinen einzigen Ton jemals von ihm hören, denn wenn ich das täte, müsste ich ihn möglicherweise unsympathisch finden.

Andrea Maria
19.07.2001, 12:10
Liebe Babsi, was für eine spannende Geschichte! Und so saftig erzählt!
Vor lauter Rührung habe ich Herman kontaktiert. Er hat sich seinen schönsten Bühnensmoking angelegt, Farbe ins Gesicht geschmissen und ist mal schnell in den Blumengarten gelaufen um Dir einen Strauss selber gepflückter Tulpen zu bringen:
http://members.aol.com/uheep2/brood.jpg

(Beitrag wurde von Andrea Maria am 19.07.2001 um 11:37 Uhr bearbeitet.)

bAbC
20.07.2001, 01:12
Liebe Andrea Maria,
vielen Dank für deine warmen Worte. Falls sie sich jedoch auf den Beitrag von gestern beziehen, muß ich das Lob an Herrn Küppersbusch (Bravo, Kathrin! Setzen, eins!) weiterleiten. Obwohl er bestimmt mitliest.
Blumen von einem Toten...? Wie gut, daß mir vor fast nix fies ist. Der einzige Blumengarten, auf den Herman jetzt allerdings Zugriff haben dürfte, ist die Auslage der ihn umgebenden Gräber. Wenn ich könnte, wie ich wollte, würde ich ihm aber auch eine weiße Tulpe aufs Grab legen.

Andrea Maria
20.07.2001, 01:24
Um Gottes Willen! Herman ist tot? Deswegen sah er so seltsam aus.

DREA
20.07.2001, 01:34
Schoenes Bild, Andrea Maria. Weiss eigentlich jemand, ob der Herr Brood als Abschiedsnotiz wirklich nicht mehr geschrieben hat als 'Keine Lust mehr'?
Keine Lust mehr, das waere schnoerkellos und haette Respekt verdient. Kein Gerede ueber tiefe Verzweiflung, unendliches Leid, unertraegliche Schmerzen und Einsamkeit. Stattdessen Ueberdruss. Die langsam zur Erkenntnis gereifte Vermutung, dass auch die kommenden Jahre nichts wirklich Aufregendes und Spannendes bringen werden. Wozu durchhalten? Lieber jetzt aufhoeren als in Mittelmaessigkeit dem eigenen Verfall zuzuschauen...
Ich will jetzt sofort Prozac!!!

Tristram Shandy
20.07.2001, 01:37
Hmm, wir werden also paparazzt von einem, den man selber paparazzen könnte. Werter Herr Küppersbusch, bitte posten Sie doch Ihre Geschichten demnächst selber, Sie brauchen sich ihrer nicht zu schämen!

Andrea Maria
20.07.2001, 01:37
Tristram Shandy, bitte klären sie uns auf! Meinen Sie den Küchengerätehersteller oder den taz-Schurno? Der kommt nämlich auch aus Velbert.

honz
20.07.2001, 01:37
Küppersbusch, sie alte ZAK-Makrele, sie brauchen sich hier nicht verstecken. Kommen sie ans Licht, zur Not finden sie noch ein paar gut abgehangene Pseudonyme in des Hausmeisters Garderobe.
Denn sie sollten Shandys Drohung SEHR SEHR ernst nehmen, können sie sich vorstellen wie das bei ntv kommt, wenn Pappen wie lacoste, Murmel, Wrobel, 13 K, Elpenor, Herrndorf, Der Graf, Wolfang Müller, La Passig, meine Wenigkeit, oder gar der kantige Schädel Lottmanns sie zwangspaparazzen im Grünen Salon hinter Böhme in die Kameras winken und 'Küppi, Küppi' schreien.
Der Shandy zieht sowas nämlich eiskalt durch, ich kenn den Mann, der ist auf Zack! Das ist unhöflich ist weiß, aber schaun sie sich mal um hier , der Ton ist schon längst analfischiger geworden in den letzen Tagen.

Tristram Shandy
20.07.2001, 01:37
Küp-pi, Küp-pi!
Aber wieso 'Grüner Salon'? Wird das auch von 'Cui bono' produziert?
P.S.: Sorry, Friedrich. Misslungener Lateinerwitz, wahrscheinlich schon tausendmal gehört, oder?

honz
20.07.2001, 01:37
Der 'Grüne Salon' mit Eggert und Böhme ist die einzige Sendung bei ntv, wo Publikum hat, kannste hin gehn inne Volksbühne, in den grünen salon im 1. Stock, Karten koofen und winken.
Bei Maischberger kannste nich winken.

DonDahlmann
10.05.2002, 15:03
Ein Kleinod. Eine Perle. Ein Genuss.

bettyford
02.03.2004, 00:26
Für diese Geschichte habe ich BabC schon immer ganz schön verehrt, auch wenn der Herr über mir ein Schwamm ist.