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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Valentin, Karl jr.



nejteit
15.03.2001, 23:51
ende der achtziger wohnte ich in hamburg ottensen, und es war eine eher trübe zeit. trost war, nachts bei der nzz anzurufen und ein kostenloses vier-wochen-abo zu bestellen: trost nicht nur, weil sich mit dem damals noch verwendeten duenndruckpapier der kleine kohleoefen in meinem zimmer unvergleichlich gut anfeuern liess, sondern auch, weil auf dem anrufbeantworter eine frauenstimme in schoen rundem schwyzerdeutsch zu hoeren war. eines besonders trueben abends nahm ich die morgens zugestellte zeitung und ging in die 'traube', ein weinlokal mit alter holzgeschnitzter innenausstattung und einer freundlich-unaufdringlichen wirtin. trinkend und lesend sass ich, meine beine zu einer langen kordel gedreht, als ein aelterer herr sich ueber meinen tisch beugte und hoeflich fragte: ob ich wohl valentin hiesse. nein. ob dann mein vater ein herr valentin sei. nein. ob ich vielleicht einen grossvater mit vornamen karl ...? nein; und er dankte fuer die auskunft, gruesste freundlich und setzte sich wieder an seinen tisch, gelegentlich hinueberlaechelnd. verstrickt in truebsinn verstand ich die frage erst auf dem weg nach hause; und kam mir recht geschmeichelt vor - getroestet geradezu.
zugegeben: es ist sozusagen das negativ einer hoeflichen-paparazzi-story: ich war nicht der paparazzierende, sondern der paparazzierte. und dann war ich noch nicht einmal das eigentliche objekt des paparazzierenden, sondern wurde faelschlich dafuer gehalten, und das auch nur in mindestens zweiter generation. es ist eher ein fall halbklassischen pseudopaparazzismus. sollte dieses forum indirekter eitelkeiten dafuer nicht der rechte ort sein: her mit dem vorhaengeschloss!

hanswasheiri
16.03.2001, 00:26
Also ich finde Deine Geschichte ganz nett und keinenfalls fehl am Platz - obwohl ich als Forumsneuling und oft gescholtener noch dazu - wahrscheinlich nach Ansicht gewisser hP gar nichts dazu sagen dürfte.
Ich habe übrigens eine Bekannte, der eine ähnliche Geschichte widerfuhr: Sie sass im Zug und würde von einer Gruppe von Teenagerli für Mel C. von den Spice Girls gehalten. Diese wollten sie berühren und auch ein Autogramm. Sie stellte ihre Identität daraufhin richtig und die Mädchen verzogen sich wieder in ihr Abteil. Danach haben sich die für Mel C. Gehaltene und ihr Freund übrigens noch gestritten. Er wäre gerne von einer Schar Mädchen für den Lover von Mel C. gehalten worden.

Poser Rosenberg
16.03.2001, 00:30
Ich glaube, hier tut sich ein völlig neuer Aspekt des Paparazzitums auf, und zwar ein rundweg lobens- und begrüßenswerter! Hallo, Aspekt! Gut siehst du aus!

hanswasheiri
16.03.2001, 00:34
Wenn Du wieder einmal derart deprimiert sein solltest, schreib mir ein mail - dann kann ich Dir evt. den Kontakt mit einer schwyzerdütsch sprechenden, weiblichen Person vermitteln. Vielleicht wäre sogar die falsche Mel C. zu gewinnen...
Seht ihr, es ist eben doch immer mal wieder gut, einen Schweizer im Forum (und im Leben) zu haben.

hanswasheiri
16.03.2001, 00:45
Also ich finde Deine Geschichte ganz nett und keinenfalls fehl am Platz - obwohl ich als Forumsneuling und oft gescholtener noch dazu - wahrscheinlich nach Ansicht gewisser hP gar nichts dazu sagen dürfte.
Ich habe übrigens eine Bekannte, der eine ähnliche Geschichte widerfuhr: Sie sass im Zug und würde von einer Gruppe von Teenagerli für Mel C. von den Spice Girls gehalten. Diese wollten sie berühren und auch ein Autogramm. Sie stellte ihre Identität daraufhin richtig und die Mädchen verzogen sich wieder in ihr Abteil. Danach haben sich die für Mel C. Gehaltene und ihr Freund übrigens noch gestritten. Er wäre gerne von einer Schar Mädchen für den Lover von Mel C. gehalten worden.

DerCaptain
16.03.2001, 01:36
Klasse Geschichte und super Aspekt. Wäre ein supi-arger Strang: Normalos, die für Promis gehalten werden und paparaziert werden...
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'Von ganzem Herzen, für alle Zeit...'

Tex Rubinowitz
16.03.2001, 15:16
Gratulation für diese neue Facette, und dass Sie Ihre Beine zu einer Kordel drehen können.

rron
11.11.2002, 02:45
Warum hat man heutzutage eigentlich dazu keine Meinung mehr? Ich glaube ja, dass Mel C. mittlerweile unglaublich froh wäre, wenn sie erkannt - ganz zu schweigen von fälschlicherweise erkannt - werden würde. Bei Valentins imaginären Nachkommen bin ich mir da gar nicht so sicher.

Ligrano
11.11.2002, 06:38
Passt vielleicht hierher.

“MrCruyff, Mr.Cruyff..!” Eilige Schritte hinter mir von zumindest drei Personen. Sie ueberholen und bleiben direkt vor mir stehen. Es sind wirklich drei, ein aelterer Herr mit zwei Jungens im Alter von 12-18 Jahren. Sie sprechen mich mit Mr.Cruyff an, was mich irritiert, halten mir Zettel unter die Nase auf die ich meinen Namen schreiben soll. Natuerlich weiss ich in diesem Moment fuer wen sie mich halten, so ganz ernst nehme ich die Sache aber nicht, denn Auge in Auge mit mir sollte ihnen doch schnell auffallen dass ich nicht der verehrenswerte, angehimmelte, goettlich spielende Fussballer aus Holland bin. Also winke ich nur gelassen und schmunzelnd ab und erklaere in englisch dass ich nicht DER bin. Es nuetzt nichts, sie beharren darauf, dass ich ihnen ein Autogramm geben solle. Der aeltere Herr gibt mir zu verstehen, dass seine Jungs mich ( also Cruyff) schon immer verehren und ich es nicht abschlagen kann ihnen diese Freude zu machen. Ob ich nun hier in Urlaub bin oder nicht spiele keine Rolle, da sie mich ja erkannt haetten – egal wie elegant ich mich verstelle.
Also versuche ich es auf Deutsch. Hier in Greichenland, genauer gesagt auf der Insel Korfu, gibt es genuegend Menschen die sich schon mit Deutschen Touristen auseinandergesetzt haben. Zumindest findet man immer jemanden dem sein Bekannter, Onkel, Grossvater, Bruder, schon einmal in der BRD gearbeitet, Bekannte besucht hat. Mein Deutsch fuehrt zu nichts, denn sie halten es fuer hollaendisch.
Die Gruppe um uns herum waechst an. Ich werde inzwischen von 15 bis 20 Fussballfanatikern umringt. Tageszeitungen, Tagebuecher, alles worauf man schreiben koennte wird mir vors Gesicht gehalten. Ich komme in den Besitz von erstklassigem Schreibgeraet, jemand drueckt mir seinen Kuli, Fueller, Bleistift in die Hand. Immer abwechselnd wird entrissen und von anderer Hand ein neues Teil in meine Finger gedrueckt. Meine Widerstaende, Hilferufe, Flehen, bewirkt immer noch nicht das geringste.

Die Entscheidung reift in meinem Kopf. Sie sollen bekommen was sie wollen. Ich werde als Johann Cruyff unterschreiben. Allerdings so, dass die Unterschrift nicht zu entziffern ist, eine echte Doktorunterschrift, wie es sich fuer den Helden Cruyff geziemt. Gerade zu Ende gedacht hoere ich ein tapp, tapp, tapp auf dem Asphalt. Ein Ball.
Sie wollen eine Darbietung meiner Fussballkuenste. Sofort wurde Platz um mich herum geschaffen um meinen Ballkuensten den entsprechenden Raum zu geben. Ich war soeben so nah dran mich in Johann zu verwandeln und mit jovialer Geste Autogramme zu schreiben - und nun das. Schon allein wie ich den Ball auffing offenbarte meine Ballverliebtheit. Mit Stiften in der linken und rechten Hand kann man aber auch wirklich keinen Ball sicher greifen.
Erste Skepsis der Zuschauer.
In der C-Jugend unseres Heimatvereines gruen-weiss Irgendwas, spielte ich als Aussenstuermer. Etwas zu duenn geraten, Beine wie ein Storch und die Geschmeidigkeit eines Kranichs. Meine Gegenspieler waren immer dicker, schwerer als ich – rannten mich einfach um. Mir verleidete das Fussballspielen schnell.
Meine Ballbehandlung vor erstklassigem Fachpublikum ueberzeugte die letzten Zweifler in den Reihen. Keine drei mal konnte ich den Ball, ohne Bodenkontakt, auf meinem rechten Fuss halten. Ich war tatsaechlich nicht Johann, der goettliche, Cruyff – so stands auf den Gesichtern.
Ich wurde dann vom Vater und seinen Zoeglingen zum Retsina trinken eingeladen, was ich gerne annahm. Er hatte einen kleinen Uhrmacherladen in der Strasse, an der Wand im Hinterzimmer klebten tatsaechlich Posters von Johann C. Im direkten Vergleich mussten sie eingestehen, dass die Aehnlichkeit doch nicht so eindeutig sei.
Ich fuer meinen Teil dachte mir, so ganz weit hergeholt ist es aber auch nicht.

hanswasheiri
11.11.2002, 14:08
Tex, Wrobel, Kubinski und ich haben in der legendären Nacht den leibhaftigen Rudi Völler getroffen, er stellte sich stur und wollte nur Englisch verstehen, als er dann mit 'Rudi Voller' unterschrieb, glaubten wir ihm.

Ligrano
12.11.2002, 05:20
Wenn ich's mir so recht ueberlege.. Vermutlich haette ich damals, es liegt immerhin schon viele, viele Jahre zurueck, mit 'Johann Croiff' unterschrieben. Die Eigenheiten der niederlaendischen Schreibweise waren mir sicherlich nicht gelauefig - aber soweit kam es ja nicht.