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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Tucker, Mo



oha
11.03.2001, 00:42
Einmal, in einer Zeit, in der man noch kein Handy bei sich trug, ging ich für ein paar Tage eine Freundin in einer schwäbischen Mittelstadt besuchen. Große Dinge wollte ich mit ihr unternehmen. Die Freundin aber war frisch verliebt in einen jungen Soldaten und wollte den Abend lieber mit diesem gemütlich zuhause verbringen. 'Aaa-lleine' wie sie sagte. Ich verstand diese subtil an mich herangetragene Bitte, doch selbst für meine Abendunterhaltung zu sorgen.Und da ich ja grunsätzlich ein Herz für die junge Liebe habe, zog ich ohne Plan los. Mit den Örtlichkeiten wenig vertraut, verschlug es mich schliesslich an eine Tankstelle, von wo aus ich in einen der wenigen örtlichen Livemusikclubs geschickt wurde. 'Do isch halt unter der Woch ned viel los, se krieget aber a Bier' sagte der gemütliche Tankwart.
Ich weiss nicht mehr, wie der Club hiess. Leider. Sah aber ganz okay aus, also ging ich rein. Die an diesem Abend auftretende Band hatte schon aufgehört, zu spielen. Etwa 14-25 Leute hielten sich im Halbdunkel auf. Vier spielten Kicker, der Rest war im Raum verteilt oder ins Gespräch vertieft. Ich setzte mich an die Theke. Tatsächlich, ich bekam ein Bier,genau wie der Tankwart verheissen hatte.
Weil ich immer ein wenig befangen bin, wenn ich alleine irgendwo rumsitze, wo Getränke ausgeschenkt werden, blätterte ich durch ein paar auf dem Tresen liegende Flyer, schaute mich um und tat insgesamt so, als interessiere mich das in der Nähe stattfindende Tischfussballspiel brennend. 'Hi' sagte jemand links von mir. Ich schreckte ein wenig zusammen, schaute mich um. Aber die Person hatte nicht mich gemeint. Nein, es war Mo Tucker, die da so schlicht und selbstverständlich begrüsst worden war!
Ich war entzückt. Ich durfte ein Bier rechts von Mo Tucker trinken, die sich in aller Ruhe mit einem Mann links von ihr unterhielt. Es ging um die Tour, um einen Verstärker, um die schlecht besuchte Veranstaltung dieses Abends und ich glaube um eine Person namens Peter, von der mir bis heute nicht ganz klar ist, ob das ein 'Pehder' aus dem Schwabenland, ein Bandmitglied oder einer aus der Technik war. Ich bestellte noch ein Bier. Und noch eins. Und dann, weil alles so prima lief, noch eins. 'Mo Tucker!' dachte ich schon nach der ersten halben. 'Yeah!' (Alkohol wirkt bei mir leider recht schnell).
Nach meinem dritten Bier hatte Mo Tucker wohl genug von meiner Sauferei und ging. Das Vierte trank ich also eigentlich nur, um die ersten drei zu feiern. Danach verliess ich die Örtlichkeit. Vor lauter Aufregung verlief ich mich noch ein bisschen und brauchte für einen Rückweg von 15 Minuten knapp eine Stunde, aber das war nicht schlimm, denn ich hatte drei Bier neben Mo Tucker getrunken. Was für ein Abend!
Epilog
Die Freundin hatte Streit mit ihrem Soldaten gehabt und er war schon nach einer Stunde wieder gegangen. Hat die sich geärgert, dass sie nicht lieber mit mir neben Mo Tucker einen trinken war!


(Beitrag wurde von oha am 11.03.2001 um 00:01 Uhr bearbeitet.)

Angelika Maisch
11.03.2001, 02:39
in den Arsch wird sie sich beißen, einmal jährlich zum Gedenken, deine Freundin.Und zu recht, denn wer nicht mitkommt den bestraft das Leben.
Jetzt habe ich wenigstens jemanden elektronisch getroffen, der einmal Mo Tucker getroffen hat. Mir, der unbescheidenen, selbsternannten Erfinderin der Sechseckentheorie, bedeutet das ja schon was.
Wunderbare Geschichte mal wieder, liebe Oha.

oha
11.03.2001, 02:55
Das mit dem Arsch hoffe ich doch sehr!
Und mal wieder: danke

Andrea Maria
11.03.2001, 09:38
Ja, das ist eine sehr schöne Geschichte mit der stillen Poesie der Provinz. War der Soldat Deutscher oder Ami? Irgendwie hat die Geschichte was äusserst amerikanisches, vermutlich durch die hochwertigen Parameter Soldatenflirt, Tankwartclub, 'Mo Tucker' und Tischfussball. Folgerichtig hat mein Hirn die Erzählung dann auch in den südöstlichen Vororten von Portland/Oregon verfilmt. Oha, Du sahst dabei aus wie Uma Thurman. Der vermittelnde Tankwart wurde von Norbert Blüm gespielt.
(Beitrag wurde von Andrea Maria am 11.03.2001 um 08:47 Uhr bearbeitet.)

bobbes
11.03.2001, 10:07
ich glaube, die geschichte fand in ulm statt, und da es in der pre-handy-ära war, war es sicher ein amerikanischer soldat.
bob

oha
11.03.2001, 12:54
Ach, so schöne Visionen! Portland, Oregon!
Aber nein, es ward -wie immer - die Realität ein gerüttelt Maß schäbiger. Die Stadt war Ludwigsburg, der Soldat ein Schwabe. Aus Schwäbisch Hall (Oder wars Schwäbisch Gmünd?). Irgend so was. Und obwohl er über einen gut ausgebauten S-Fehler ähnlich dem des Stuttgarter Ex-Bürgermeisters Rommel ('Untherer Thtadth fählt dath Verruchte')verfügte, begrüsste er einen immer mit 'Thervuth'.
Ich erinnerte das mit dem Soldaten auch nur, weil ich ihn irgendwie eklig fand. Aus ideologischen Gründen, glaube ich, weil ich der Meinung war, dass wer zum Bund geht, irgendeinen politischen Defekt haben müsse. Mit so jemandem, fand ich, sollte man nicht geschlechtlich werden.
Das mit Norbert Blüm haut sogar irgendwie hin. Wenn man ihm die Brille abnimmt, die Haare roetlich-braun anmalt und einen Schnauzer anklebt.Aber das sollte ja für die Maske kein Problem sein.
Ich sah damals übrigens eher aus wie Nana Mouskouri nach einer Nacht abscheulich exzessiven Substanzenmissbrauchs.
Uma Thurmann wäre mir allerdings auch lieber gewesen.

(Beitrag wurde von oha am 11.03.2001 um 12:00 Uhr bearbeitet.)

Herr Weber
21.11.2001, 01:01
Respekt! Ich glaube nicht, dass ich Mo Tucker erkennen würde. War es wirklich DIE Mo Tucker. Von Velvet Underground? In Ludwigsburg?

Angelika Maisch
21.11.2001, 01:01
Heut Nacht hab ich übrigens von Oha geträumt. Gehört das jetzt ins Mikro- oder ins Freudforum?

MC Hausmacherleberwurscht
21.11.2001, 01:01
mo tucker! die sympathischte stehtrommlerin unter 1,60 Meter! ich kenne wenige menschen, die so bescheiden auf der bühne wirken.
am verlorensten erlebte ich sie einmal in basel mit vu im vorprogramm dieser irischen gigantomanen u2. die hatten als bühne sowas wie die leibhaftige hölle in pappmache 30 meter hoch aufgebaut. der set von vu wirkte wie mäusedreck.
und als die kleinen schwarzen männchen und das kleine schwarze weibchen auf die bühne kamen, wollte man schon den tierschutzverein anrufen, weil das irgendwie nach tierversuchen aussah.
mo tucker hatte glaube ich tatsächlich angst auf der bühne, weil sie sich ständig nach hinten und nach oben umkuckte. hätt ja was runterfallen können.

Walter Schmidtchen
21.11.2001, 01:01
Trommelte sie nicht ursprünglich auf Waschpulverschachteln?

noddyholder
21.11.2001, 01:01
Stimmt es eigentlich, dass Mo Tucker mikroskopisch klein ist?

Herr Weber
21.11.2001, 01:01
Das mit dem Waschpulver war Ringo Starr.

Walter Schmidtchen
21.11.2001, 01:01
nein, Mo!
Mikroskopisch klein? Klein wie ein Mikroskop?
Warum nicht klein wie eine Ameise?

Ignaz Wrobel
21.11.2001, 15:37
Heißen alle Mos eigentlich Monika?

Walter Schmidtchen
21.11.2001, 15:52
Und wie heisst der Mo aus Mos Taverne lang?

Yvonne Caldenberg
21.11.2001, 16:00
Modulator
So wie in 'MoDem' = Modulator / Demodulator.
'Dem' wäre ein doofer Vorname.

vir
21.11.2001, 16:50
Andrea Maria: Tischfussball-Amerika?
Herr Weber: Kartonschachtel - Ringo? Dachte das wäre Charlie.