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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : von Karajan, Herbert (und ein Bekannter von mir)



Angelika Maisch
22.01.2001, 03:09
Nun gut, man zwingt mich, der Herr Moderator und La Corinna befehlen mir, gegen meinen Willen eine Geschichte preiszugeben, die mir ein Bekannter erzählt hat, nachdem ich ihn in Sachen höfliche Paparazzis ausgefragt habe. Da ich den Forumsmitgliedern vollendet ergeben bin, bleibt mir keine andere Wahl.
Es trug sich zu, so mein Bekannter, daß er einmal die Berlinerische Hauptstadt bereiste,
um eine Freundin zu besuchen. Diese war Geigerin in einem der bedeutenden Hauptstädtischen Orchester. Jung und alt warf sich in sein Sonntagsgewand und bereitete sich auf die 750 Jahrfeier vor. Auch der Herr Karajan befahl seinen Mannen, ein Liedlein zu spielen. Es würde im Fernsehen zu sehen sein sollen. Die Geigenfreundin meines Bekannten mußte ebenfalls mittun. Damit er aber in ihrer Abwesenheit nicht in ihrem Heim vereinsamen müßte, schlug sie ihm vor, sie doch zu der Aufnahme zu begleiten, ja sogar den Darm zu streichen, schließlich sei es nur eine Bildaufnahme vom Orchester, die Musik sei längst im Kasten und käme in Wahrheit playback vom Band. Mein Bekannter, muß man wissen,versteht vom Geigen nicht viel mehr als mein Hund.Das sollte jedoch kein ernsthaftes Hindernis sein, so die Geigerin, sie gäbe ihm eine Geige, er solle sich neben sie setzen und einfach alle ihre Bewegungen nachahmen. Hören würde man ihn ohnedies nicht. Gesagt also und getan. Der Maestro dirigierte auch gar nicht selbst, sonder ein japanischer Scherge. Er hat aber die Angelegenheit über den Monitor in einem besonderen Gemach verfolgt. Bald hat er gesehen das mein Bekannter ein Hochstapler war. Er wies den Dirigenten an innezuhalten und sprach durchs Mikrophon:' Der Geiger mit den schwarzen Locken soll doch bitte einmal nach vorne kommen. Er soll sich für den Rest der Aufnahme nach vorne an das Pult des ersten Geigers setzen.' So kam mein Bekannter in den Genuß bei Karajan einmal die erste Geige zu spielen. Für jemanden der noch nie eine Geige in der Hand gehalten hat ist das doch eine ungeheuerliche Kariere. Und: wer hätte Karajan, also praktisch Gott, soviel Humor zugetraut? Ich nicht, das gestehe ich. Ich werde mir trotzdem weiterhin Furtwängler anhören, aber dennoch: Ein wenig milder stehe ich Karajans Beethoveninterpretationen gegenüber, seit ich diese Geschichte erzählt bekam.

anko
22.01.2001, 11:31
lieben angelika m.,
wunderbare geschichte - wollte ich nur morgens als erster ins noch stille forum gerufen haben.
so long, anko

Juergen Broemmer
22.01.2001, 15:41
Liebe Angelika, wir sind Dir alle zu grossem Dank verpflichtet, dass Du diese wunderliche Geschichte trotz Bedenken mit uns geteilt hast. Und dem eben noch dahindämmernden Forum neues Leben eingehaucht hast. Obwohl wir jetzt Karajan mit anderen Augen betrachten müssen, was wir gerne vermieden hätten.

Tex Rubinowitz
22.01.2001, 15:55
Auch ich moechte mich dem Gratulationschor anschliessen.
Schoen waere es auch zu hoeren, was da so zusammengeschrummelt wurde. Das frag ich mich immer, was man da so hoert bei Playback, gitarren kann man ja ausstoepseln und Posaunen ungepresst blasen, aber Geigen und Schlagzeuge,die kann man nicht leiser drehen, was wird dem anwesenden Publikum gesagt?

Angelika Maisch
22.01.2001, 16:48
Ich nehme schon stark an, daß in diesem Fall das richtige Stück, welches zu der Musikaufnahme paßte, intoniert wurde. Es ist wohl auch gar kein Publikum anwesend gewesen, es muß sich nur um eine reine Bildaufnahme des Orchesters gehandelt haben. Mir ist auch nicht ganz klar, wieso der Maestro das nicht selbst dirigiert hat,ob er vielleicht extra hinzugeschnitten wurde und ob das Publikum dann wieder gesondert, womöglich einzeln, Mann für Mann? Da aber außer meinem Bekannten alle gewiß richtig gespielt haben, denke ich mir schon, daß sowas möglich ist, er hat eben nur ein klein bischen über die Saiten gestreift und das fällt dann in der Menge nicht so auf. Wenns nur einer macht. Ein sogenanntes Tuttischwein eben. Ich habe auch schon in Fernsehsendungen Darstellungen von Harfenistinnen gesehen und auch einmal auf einem Werbeplakat in der Apotheke, wo man sich nicht die Mühe gemacht hat, das Harfenspielen anständig zu imitieren oder ein Double einzustellen. Dennoch, ich muß auch sagen, hier liegt ein Feld brach, welches dem Absurditätensammler zugänglich gemacht werden müßte, Orginalaufnahmen von der Musik zum Playback. Auch ich bin betrübt darüber, mein makelloses, etwa 10Meter dickes,Titanbeschichtetes Vorurteil über Karajan von Rissen durchzogen zu wissen, aber so ist das nun einmal im Leben. Nichts ist richtig für immer.

pinkas
24.01.2001, 01:19
In dem Zusammenhang möcht ich mal anregen, die Original-Filmaufnahmen zu Kinskis 'Paganini' auszugraben, ohne die später darübergelegte Musik. Die verfälscht nur den unerreichten Eindruck des wild mit dem Fiedelbogen fuchtelnden Meisters.

Tex Rubinowitz
24.01.2001, 01:19
Reizvolle Vorstellung, die Originaltonspur von diesem grauenvollen Film, oder sie habens gleich ohne Ton gedreht.
Leute, die Leonard Bernstein Geschichte entfernt sich rapide vom Karajan weg! Sie wird nach unten gedrueckt!

Angelika Maisch
24.01.2001, 01:19
Wie kann man denn an die Original Filmaufnahmen zu dem Paganinifilm rankommen?
Auch das, Jürgen, ein unentbehrlicher Beitrag zu einem Bunten Abend. Man sollte doch einmal darüber nachdenken.

lacoste
24.01.2001, 01:19
bezieht sich auf meine Bemerkung bei Lenni: Mit den Diamanten meinte ich Lenni und Herbert

Juergen Broemmer
24.01.2001, 01:19
Angelika, für Bunte Abende stehe ich wie gesagt jederzeit zur Verfügung, kann aber zum Thema nur eine kurze Filmsequenz mit Alfred Edel als Teufelsgeiger anbieten. Und zur Wetterlage sei bemerkt, dass wir heute gemütlichen Nieselregen hatten, nachdem wir am Sonntag noch ein Entenpärchen auf einer Eisscholle friedlich durch die Grachten treiben sahen.

Tex Rubinowitz
24.01.2001, 01:19
Bernstein treibt schon wieder ab!

Tristram Shandy
01.08.2001, 12:38
Dank Ankos Aufräumen kommt man jetzt viel leichter an die unten liegenden Gurken des Glases. Deshalb muss ich mal kurz dieses Kleinod wuchten.

Angelika Maisch
02.08.2001, 01:26
Danke Tristram, das war mal eine hübsche Überraschung heute Morgen.
Dabei fällt mir gerade eine andere Simulantengeschichte ein, aber nix mit Prominenten.
Meine lange Jahre beste Freundin Valeria hat einen Vater, der Musiker ist und darüber hinaus ein Ungare. Oft hat er in einer ungarischen Tanzkapelle mitgespielt. Er ist Geiger. In der Tanzkapelle ist aber einmal der Klavierspieler ausgefallen. Da das Klavier unverzichtbar war, hat er den Part des Pianisten übernommen. Er hat aber gar nicht Klavierspielen können. Nachher haben die Leute gesagt, ja, soweit sei alles ganz prima gewesen, bloß der Pianist war' nicht so gut'. Der Vater meiner Freundin hat mir erzählt, noch nie sei er über eine Beurteilung begeisterter gewesen, immerhin, er hat doch gar nichts können und 'nicht so gut', das ist dann schon eine Auszeichnung. Er hatte erwartet, dass es eine Katastrophe würde und 'der Pianist konnte ja gar nicht Klavierspielen', das hätte es wohl eher getroffen. Nur so nebenbei.

honz
05.08.2001, 01:20
Angelique,
hör mal hier rein: Enrique Iglesias singt Playback -Aufzeichnung des toten Mikrofons:
http://autsch.rtl.de/frames.html
Äh, das geht so nicht, auf der Seite musst du weiter zu 'APOTHEKE' dann TRAXX dann findest du weiter unten Iglesias.
Die Seite ist grauenhaft, was für Grinsevermüller, aber der Playback entschädigt für alles. Vielleicht weiß ja der Kapitän wie man das gleich hier rein bastelt.
(Beitrag wurde von honz am 04.08.2001 um 12:24 Uhr bearbeitet.)
(Beitrag wurde von honz am 04.08.2001 um 12:53 Uhr bearbeitet.)

Angelika Maisch
05.08.2001, 01:20
Honz, hab Dank. Das also ist Enricque Iglesias. Ein Wahnsinn. Wie extra für meinen peinlichen Geschmackskomposthaufen zusammengemüllt. Ergötzlich bis zum letzten Krächzen.

Lautmakel
05.08.2001, 01:20
°

rron
21.06.2002, 11:56
.

Mr. Knister
24.06.2002, 10:06
Eine schöne Geschichte, in der Tat (G. Netzer). Wahrscheinlich hat der alte Berliner-Philharmoniker-Witz hier seinen Ursprung, der irgendwie so geht:

Ein Kontrabassist hat abends Dienst im Orchester - er will aber lieber Fußball gucken. Also fragt er seinen Frisör, ob er ihn vertreten kann. Der guckt ihn groß an, aber der Musiker sagt: "Das ist ganz einfach. Mach alles, was Dein Nebenmann macht. Die Kontrabässe stehen hinten, außerdem achtet kein Mensch auf sie und das, was sie spielen." Der Frisör willigt ein.

Am Abend im Konzert stellt sich dann heraus, dass statt der acht Bassisten vier Frisöre, zwei Automechaniker und zwei Fachverkäufer aus dem Getränkegroßmarkt hinter den Instrumenten stehen.

Irgendwie so geht er, der alte Witz. Doch, schöne Geschichte, liebe Frau Maisch. Zeitlos schön.