Walter Groebchen
14.01.2001, 06:09
Natürlich war das keine ungewollte Begegnung (niemand kommt 'zufällig' in die Nähe der Rolling Stones), aber auch keine, die ich auf Teufel komm' raus! angestrebt habe. Muß' ca. 1989 gewesen sein - Die Hard-Rolling Stones-Fans wissen alle Jahreszahlen sicher auswendig im Schlaf zu murmeln & werden mich jetzt mit verächtlichem Blick strafen -, die Stones spielten im Wiener Stadion, die übliche Mega-Giga-Hyper-Stadionrock-Chose, (ich erinnere mich an Ballon-Riesenphalli, oder war das ein André Heller-Event?), und ich war mit einem Spezial-Paß ausgestattet, weil ich mich als Journalist wichtiggemacht hatte, aber irgendwie konnte man sowieso nicht dran vorbei. Die ganze Stadt lag in einem Rolling Stones-Fieber, sogar Leute, die 'Rock hassten wie die Pest', gaben sich die alten Rollsteine, wahrscheinlich hatte jemand verlautet, es wäre 'the last tour' und dieses Ereignis die letzte Chance, Jagger & Co. nochmals lebendig auf der Bühne zu sehen. Ein Volksfest also, aber irgendwie wars mir egal, es gehörte halt zur Journo-Folklore, vor Ort zu sein und seine Duftmarke zu hinterlassen. Natürlich hatte kein Mensch damit gerechnet, daß er hinter die Bühne kommen könnte oder gar neben Keith Richards in der Stadion-VIP-Toilette urinieren würde ('nice cock, ain't it, man?', 'yeah, but what can a poor boy do but play in a r'n'r band', bla), aber plötzlich hieß es (die Pressebetreuerin war selbst überrascht und aus dem Häuschen) 'Mick Jagger würde sich freuen, uns die Ehre zu geben' oder so ähnlich, und so marschierten wir - Brigitte Schokarth, Peter Leopold und was weiß ich wer, die créme de la creme des Austro-Pop-Journalism, in die geheiligten Räume. Mir wars wurscht, aber ich trottete mit. Hatte ja sonst nix vor. Man darf sich das nicht so vorstellen, daß Mick Jagger und der Rest der Stones in einem engen schwitzigen Raum mit verlauster Dusche (samt herabgerissenem Duschvorhang) rumhockten und laues Gösser-Bier nippten, nö, klaro, aber MIT DIESEM AUFWAND UND PRUNK UND DEKADENTEM FLAIR hatte ich abgebrühter Schweinerock-Chronist auch wiederum nicht gerechnet - es war ein Extra-Zelt hinter der Bühne aufgebaut worden, in dem locker der Zirkus Knie (kennt jemand noch den Zirkus Knie? Heute rennen ja alle zum Cirque De Soleil oder gleich in 'Star Wars') Platz gehabt hätte, samt Löwenkäfig und Weißclown-Wohnwaggon (Was wurde eigentlich aus der großen Anti-Weißclown-Kampagne der Herren Rubinowitz & Ostermayer, ca. 1987?).. okay, ich schweife ab... Also: Luxus, wohin das Auge blickte... Einladende Sitzgarnituren, Spielautomaten, Billardtisch, Getränkeautomaten, lots of Groupies (jedenfalls hingen da 'ne Menge Weiber rum),ein Buffet, daß sich die Tische bogen, Kerzenständer, wasweißichalles, Plunder & Kram, alles lässig drapiert und inszeniert. Der Backstage-Relax-Bereich der legendären Stones, nicht zu verwechseln mit der Garderobe von Ronnie Urini im Jugendzentrum ('Haus der Begegnung') Meidling. NEIN. Offensichtlich. Wir, nicht gehfaul, marschierten in diesem bizarren Szenario ungeniert im Kreis, staunten mal da rum, hingen unsere Stielaugen mal dort rein. Was natürlich die Pressetante (von der Sony Austria, damals glaub' ich, hieß die noch 'CBS') nervös machte, weniger ihren Big Boss Heinz C., den bärtigen 'Darth Vader' der deutschsprachigen Musikindustrie, der heute bei der Konkurrenzfirma EMI runmhockt, an der Spitze natürlich. Heinz C. blieb gelassen und murmelte nur etwas mit sonorer Stimme in seinen Bart, als das Händeschütteln anhob, naja, 'anhob' ist übertrieben, weil es ihm allein überlassen blieb, mit den leibhaftigen Stones händezuschütteln.(Ob irgendeine goldene Schallplatte überreichte urde, wie immer bei solchen Terminen, entzieht sich meiner Erinnerung). Irgendwie fiel dann der Blick der Herren auf uns, eher beiläufig, wir wußten auch nicht recht, was wir da sollten, und irgendjemand (wahrscheinlich die Pressetante) meinte dann 'well, journalists from Austria... would you be so kind to have a photo taken alltogether', und meinte damit wahrscheinlich, ob die Stones mit uns auf ein Photo wollten. Mit uns? Wollten sie. Ich war trotz der allgemeinen Erregung links & rechts immer noch recht wurschtig drauf und wunderte mich nebstbei schon die ganze Zeit, wie KLEIN Jagger und Richards in Wirklichkeit waren, irgendwie wie die Schlümpfe (sorry. Tex). (Irgendwie gab es ja immer nur die Bandphotos als Maßstabs-Referenz, und niemand hatte einen normal großen Homo Sapiens danebengestellt auf diesen Photos. Oder man sah Jagger & Co. sowieso nur durch den Fernstecher, immer, wie später Madonna zum Beispiel). Und Richards, mehr aber noch Schlagzeuger Charlie Watts, sahen aus wie direkt von einem Boris Karloff-Imitatoren-Wettbewerb angereist. Greise!!! waren das. Legenden sowieso. Aber eh nicht unnett. Richards murmelte etwas, ähnlich Heinz C., in seinen imaginären Bart, und Jagger setzte sein berühmtes Lächeln auf, wo sich die Wulstlippen von einem Ohr zum anderen spannen. Wir lächelten auch, in die Kamera, Cheeese! (die Kamera wurde von der Promo-Schnitte bedient), aber wie gesagt, mir wars ziemlich wurscht, was sich darin manifestierte, daß ich, der ich hinter Bill Wyman stand, dem relativ größten Stone (den ich immer noch um 20 Zentimeter überragte), die Finger an den Hinterkopf hielt, so hahasenohrenmäßig, man kent das ja von 'witzigen' Fotos, wo Leute hinter einem stehen und ein 'V' mit den Griffeln machen und man sieht dann seltsam aus, wie ein Hase eben oder ein Opossum. Kaum war der Blitz verblitzt (und das geht doch relativ rasch), drehten sich die Herren wortlos wieder um und wendeten sich dem kurz & so schnöde unterbrochenen Billard-Spiel zu. Was in den Sekunden (Stunden? Tagen?) drauf passierte, weiß ich nicht mehr, aber es war wohl so, daß ich dann in Folge ungehindert aus dem Zelt ging und das Konzert 'teilnahmslos' verfolgte, wie mir meine Sitznachbarin vorwurfsvoll flüsterte. Keine Ahnung, ob die 'Paint It Black' gespielt haben, was ja doch mein zweitliebstes Jagger/Richards-Lied aller Zeiten ist.
Irgendwie hatte ich es geschafft, die Bedeutung der Rolling Stones (deren 'Angie', den erstliebsten Song, gleich nach '2000 Light Years From Home', ich auf der Wandergitarre spielen konnte, winselnd wie ein Hase oder Opossum)für meine Musik-Sozialisierung und, mehr noch, für die Pop-Historie an sich und die Weltgeschichte im allgemeinen, zurechtzurücken und auf ein 'Normalmaß' zurückzuschrauben. Bei den Beatles hätte ich mich das nicht getraut.
P.S.: Jahre später, ca.1997, fand ich das Foto, wo ein dämlicher Jüngling mit längeren Haaren (mir irgendwie ähnlich, aber auch wieder nicht) auf einem Rolling Stones-Gruppenfoto hinter Bill Wyman steht und ein 'V' macht und beide (!) grinsen schief in die Kamera und sonst merkt niemand was, an der Wand eines Chefzimmers eines Plattenbosses in Hamburg wieder. Es handelte sich um nämlichen Heinz C., und wir lachten ein wenig, 'der alten Zeiten' wegen. So in etwa.
(Beitrag wurde von Walter Groebchen am 14.01.2001 um 05:25 Uhr bearbeitet.)
(Beitrag wurde von Walter Groebchen am 14.01.2001 um 05:30 Uhr bearbeitet.)
(Beitrag wurde von Walter Groebchen am 14.01.2001 um 14:41 Uhr bearbeitet.)
Irgendwie hatte ich es geschafft, die Bedeutung der Rolling Stones (deren 'Angie', den erstliebsten Song, gleich nach '2000 Light Years From Home', ich auf der Wandergitarre spielen konnte, winselnd wie ein Hase oder Opossum)für meine Musik-Sozialisierung und, mehr noch, für die Pop-Historie an sich und die Weltgeschichte im allgemeinen, zurechtzurücken und auf ein 'Normalmaß' zurückzuschrauben. Bei den Beatles hätte ich mich das nicht getraut.
P.S.: Jahre später, ca.1997, fand ich das Foto, wo ein dämlicher Jüngling mit längeren Haaren (mir irgendwie ähnlich, aber auch wieder nicht) auf einem Rolling Stones-Gruppenfoto hinter Bill Wyman steht und ein 'V' macht und beide (!) grinsen schief in die Kamera und sonst merkt niemand was, an der Wand eines Chefzimmers eines Plattenbosses in Hamburg wieder. Es handelte sich um nämlichen Heinz C., und wir lachten ein wenig, 'der alten Zeiten' wegen. So in etwa.
(Beitrag wurde von Walter Groebchen am 14.01.2001 um 05:25 Uhr bearbeitet.)
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