PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Hagen, Nina, Jupp Derwall und andere (der Terroristen-Strang)



Angelika Maisch
06.01.2001, 17:58
Mir fällt herzlich wenig ein, das kommt sicher daher, dass ich a) nicht besonders viel verreise, und b) nicht in einer richtig großen Stadt wohne, wie Berlin, Hamburg oder Wien zb., wo sich die Vips ja am meisten rumtreiben. Ich habe bloß einmal in Berlin, vor vielen Jahren, als es den 'Zensor' noch
gab, ich meine den Laden, da hab ich mal Nina Hagen quasi aus dem Laden geschmissen, weil sie einfach reinkam und ein Plakat von einem ihrer Konzerte aufhängen wollte, ohne vorher zu fragen. Na und weil ich sie nicht
leiden konnte.
Aber ich glaube nicht, dass die schon zu den VIPs zählt, zu den Promis von mir aus, aber bis zu den VIPs das ist dann schon noch ein Schritt. Und einmal traf ich Jupp Derwall, aufm Flughafen, als er gerade in die Türkei rübergemacht hat. Wir haben aber bloß gesagt 'Tag Herr Derwall und alles Gute.'
Und sonst? gewiß, ich habe schon mal Onkel Franz aus der Lindenstraße beim Käsgauner auf dem Markt getroffen, und Markus Lüpertz in der Metzgerei, aber ich hab sie nie angequatscht. Außerdem sind das auch nur
Spezialpromis, die nur von manchen erkannt werden. Oder die Rafleute der 2. Generation, von denen kannte ich zwei, wozu's ne lustige Geschichte gäbe, ist aber auch nicht gerade VIP. Aber ich muß mal Burkhardt fragen, der erinnert sich oft viel besser an diese Sachen, während ich sie vielleicht einfach auch vergessen habe, womöglich. Burkhardt hatte immerhin mal eine Freundin die beim Trampen mal von Mick Jagger mitgenommen wurde. Aber ich geh davon aus, dass er keinen Kontakt mehr zu ihr hat.
Wie auch immer, ich werde alle Leute ausfragen. Die Helmut Berger Geschichte ist übrigens ganz typisch, was der alles nicht mitgekriegt hat, da staunt man schon. Neulich sah ich ihn bei Harald Schmidt, unter anderem wußte er nicht, wer Thomas Gottschalk ist, noch nie gehört den Namen. Mein Freund Tomcat hat aber eine Freundin, fällt mir grade ein, die hat im Urlaub
auf Jamaica auch mal Mick Jagger getroffen, und seither ist sie mit dem befreundet. Also Mick Jagger zu treffen, das scheint schon was Alltägliches zusein, scheint mir.

(Beitrag wurde von tex am 07.01.2001 um 17:51 Uhr bearbeitet.)

tex
07.01.2001, 18:54
Was? Du kennst RAF-Leute der zweiten Generation? Richtige Moerder?
Und dass Helmut Berger Thomas Gottschalk nicht kennt,macht ihn ja noch liebenswuerdiger.
Ich habe so einen ewigen Lieblingstraum:
In ein Zimmer eingesperrt, sagen wir mal 72 Stunden oder so, von Kameras beobachtet: Helmut Berger, Klaus Kinski, Oskar Werner und Blixa Bargeld.

lacoste
07.01.2001, 22:58
Ich habe auch mal eine RAF-Frau der zweiten Generation kennengelernt: Inge Vieth, die Frau, die den Polizisten erschossen hat, d.h. ich glaube er ist nicht tot, sondern gelähmt. Auch nicht schön. Es war auf der Leipziger Buchmesse 97, und an dem Abend war ich in der Gruppe um den Nautilus-Chef Lutz Schulenburg unterwegs. Dort (bei Nautilus)hatte Frau Vieth gerade ihre Biographie herausgebracht, deshalb war sie in derselben Gruppe unterwegs. Wir begegneten uns auf der Damentoilette einer Gaststätte (sie kam gerade aus einer Kabine und ich war auf dem Weg in eine hinein). Ich sagte ihr sinngemäß, dass ich es irgendwie cool fände, sie kennengelernt zu haben, und sie hat freundlich gelächelt und gesagt, das würde sie freuen.

tex
08.01.2001, 15:09
RAFler sind ja eigentlich nicht gerade VIPs, aber sind sie Promis?
Also in GALA kaemen sie nicht vor, Slobodan Milosevic schon eher.

Juergen Broemmer
08.01.2001, 15:37
Ich denke, man koennte sich auf Popstars einigen. Uebrigens habe auch ich Frau Vieth kennengelernt. Eine freundliche Dame, die was erzaehlen kann. Mehr ist dazu nicht zu sagen.

Wolfgang Mueller
08.01.2001, 15:39
Als ich noch mit der Tödlichen Doris Musik machte, hatten wir einen Song geschrieben, den wir aber letztlich nie vertont haben. Eine Satzzeile daraus lautete :'Mit Inge Viett und Betty Barclay auf Du und Du.' Das war 1981. Zu dieser Zeit hätte ich mir nie träumen lassen, dass ich mit Inge Viett einmal zusammentreffen würde. Wenngleich es auch nur bei einer Lesung in einem Berliner Antiquariat (Kalligramm) war. Das war im April 2000. Sie las aus ihrem Kubabuch vor, (für sie wohl so etwas wie für mich Island, nämlich eine Art vorbildliches Land.) Inge Viett sprach davon, dass der bewaffnete Kampf auch von ihrer heutigen Sicht aus rechtens gewesen sei und sie nicht bereue aktives Mitglied des politischen Widerstands gewesen zu sein. Ich war ziemlich fasziniert von der Veranstaltung. Hätte in den 70ern jemand erzählt, dass in zwanzig Jahren Inge Viett wie geschehen in der NDR Talkshow über ihr Leben und ihre politischen Ansichten talken würde, hätte das noch völlig verrückt geklungen. Jedenfalls habe ich mir dann ihr Kubabuch (Cuba libre bittersüß) gekauft. Sie hat hineingeschrieben: 'Für Wolfgang herzlichst Inge Viett 20.4. 2000'. Ob ich je Betty Barclay treffen werde, weiß ich nicht. Ich weiß nicht einmal, ob die englische Strickmodenkönigin überhaupt noch lebt. Wer kennt heute noch Betty Barclay? Ein Forumsteilnehmer vielleicht?

(Beitrag wurde von Wolfgang Mueller am 08.01.2001 um 20:29 Uhr bearbeitet.)

Angelika Maisch
08.01.2001, 20:47
Yeah, ich kenne, bzw kannte 2 Leute aus der RAFFabrik. Das war so 1975, glaub ich. Ich wohnte damals in einer WG, da kamen oft Christian Klar und Knut Folkerts zu Besuch. Sie haben kurze Zeit später den Buback platt gemacht, mit Günther Sonnenberg zusammen. Danach hat man sie dann nicht mehr so oft gesehen, aus guten Gründen. Also es war so. Der Winter stand vor der Tür, Kälte kam auf. Man überlegte sich, mit welchen Mitteln man an Heizöl fürn Winter käme. Man würde Eva ansprechen müssen, meine damals beste Freundin und gleichzeitig die skrupelloseste Person, der ich jemals im Leben begegnet bin. Sie wohnte auch in der WG und sie war reich. Besser gesagt, ihr Vater war reich, er hatte eine Baufirma. Ein richtiger Geldsack also. Eva zwackte immer das Heizöl für die WG von der Baufirma ab, der Vater hat das gar nicht gemerkt. Es war also mal wieder so weit. Klaus, ein anderer Bewohner der WG, machte sich also auf zu Eva, die Mütze in der Hand, mit einer drei siebtel Verbeugung. (Ich habs gesehen, nicht nur erzählt bekommen.) Es müsse etwas geschehen, sprach er, man fröre bereits.Eva meinte, alles kein Problem, als Gegenleistung hat sie aber verlangt, man müsse ihr entweder eine Nacht mit Christian Klar verschaffen, der war ziemlich attraktiv, oder zwei Nächte mit Knut. Der war nicht so attraktiv. Wir würden sie halt überreden müssen. Oh schwerer Gang, oh kalte Nacht. Es half nichts. Ich weiß heute nicht mehr, was Klaus nun wieder den beiden Jungs angedient hat, jedenfalls hat sich einer der beiden geopfert, ich weißbloß nicht mehr wer. Eva lebte damals nach der Maxime,daß kein Mann der ihr Zimmer einmal betreten hat, dasselbe wieder verlassen würde, es sei denn, er ginge mit ihr ins Bett. Und das hat sie wahr gemacht, belief it. Man hat damals in der WG immer davon getönt, daß man die Revolution machen würde; im Keller, da hätte man ein Waffenlager. Ich habe das immer alles für dummes Geschwätz gehalten, wie halt das Freakvolk immer dahergeredet hat, damals. An dem Tag, als sie dann Buback totgemacht haben, bin ich zufällig mit meinem Damaligen nach Essen gefahren. Wir kamen direkt am Tatort vorbei, irrsinniges Polizeiaufgebot natürlich.In Essen angekommen, war das erste was ich sah die Nachrichten, die liefen gerade bei diesen Leuten, ältere Bergleut irgendwie. Wegen dem Mord . Da kommt plötzlich groß das Gesicht von Knut Folkerts ins Bild, weil man ihn suchte. Ich schrie auf:'Jesses der Knut', denn mit ihm verband mich durchaus, na sagen wir mal eine gewisse Zarheit. Danach hatte ich etwas Erklärungsnotstand, denn diese Leute von unter Tage hatten bereits einen fix und fertigen Plan in der Tasche, was sie mit 'denen' machen würden, wenn sie sie in die Finger bekämen, und den gedachten sie eigentlich auch an deren Freunden zu erproben.Es ist dann aber doch nochmal alles gut geworden, jedenfalls für mich, für Knut Folkerts nicht so. Er hat auf der Flucht noch ein zwei Polizisten erschossen und sitzt heute noch ein, soviel ich weiß. War ein netter Kerl, der Knut. Hat immer Pfarrer werden wollen und Zinnsoldaten gesammelt, hat er mir erzählt
Grüße von Angelika

Milliways
03.04.2001, 20:13
Ich habe mal auf dem Schoß von Ulrike Meinhoff gesessen.
So wurde mir jedenfalls erzählt.
Das war in den Siebzigern und der Begriff 'Baader-Meinhoff-Bande' war schon geprägt. Auch Andreas Baader und anderen soll ich begegnet sein.
Aber ich war damals noch recht jung und ich kann mich daran nicht mehr erinnern.
Die Leute, die mir davon erzählt haben, rücken auch heute noch nicht mit allen Details raus.

------------------
Gruss aus Hamburg
M.
-----------------

Kathrin Passig
03.04.2001, 20:33
Das ist ja mal ein unglaublich beeindruckender Strang, der mich schier in Bewunderungsstarre versetzt. Was habt ihr bloß alle für Eltern! Und Freunde! Und Freunde der Eltern! Und warum nur bin ich in einem Umfeld aufgewachsen, das nach allen Richtungen hin bis in den dritten Bekanntschaftsgrad von allem Prominenten, gar Terroristischem keimfrei gereinigt war?

hanswasheiri
03.04.2001, 20:43
Da kann ich nur bejahend nicken! Atem- und sprachlos lese ich, mit was für Leuten ich mich in diesem Forum auf Du und Du bin. Ich muss mal meine Mutter fragen, ob nicht vielleicht doch ein klitzekleiner Terrorist in unserem Freundeskreis sich aufgehalten hat, wenigsten als ich ganz klein war. Aber hier in der Schweiz gibt es ja kaum Terroristen, die Chance dünkt mich also bedrückend klein.

oha
03.04.2001, 22:55
Vor vielen Jahren hatten einmal ein paar RAF-Anhängsel die obere Etage des Hauses meiner Ex-Schwiegereltern gemietet. Konspirativ, quasi, wie man das damals immer in den Nachrichten hörte. Das kam aber erst nach der Heidelberg-US-Army-Geschichte heraus, als die Anhaengsel schon längst über alle Berge waren. Noch heute wird von des Ex-Freundes Großmutter mit Freuden kolportiert, wie tagelang die Kripo ein und ausging, und bedeutungslose Gegenstände mit bedeutungsschwangerem Wichtigkeitsblick aus dem Haus trug. Und dass sie die jungen Leute ja schon immer ein wenig merkwürdig fand. Wohlig schauderte die Großmutter angesichts der ungeahnten Gefahr, die sich dort auftat, und ich mit, weil ich das Gefühl nicht loswurde, meiner eigenen Geschichte ein Stück näher zu rücken.
Und nun höre ich von Eurer unmittelbaren Geschichtsnähe und bin furchtbar beeindruckt.
Ob Herr Fischer eine Geschichte vom vermeintlichen Terroristendejeuner in Frankfurt zum besten geben würde?
(Beitrag wurde von oha am 03.04.2001 um 21:57 Uhr bearbeitet.)

Angelika Maisch
04.04.2001, 02:17
Auf dem Schoß von Ulrike Meinhof gesessen zu haben, Milliways, das ist ja schon so gut wie Reliquienberührung. Orginalsplitter vom Orginalkreuz, diese Größenordnung mindestens.
Was ich noch verschwiegen habe; bei mir, das Haus schräg gegenüber, da wohnen die Eltern von Günther Sonnenberg und der Besitzer von der Tankstelle an der nächsten Ecke ist der Vater des einen Polizisten, der damals mit dem Buback zusammen erschossen wurde. Ja so ist das, in meiner kleinen Straße, ganz wie in der Lindenstraße eben.

Pomito
04.04.2001, 11:18
Eigentlich seltsam, wieviele Menschen um siebzehn Ecken herum irgendwann einmal Berührung mit dem familiären und/oder sympathisierenden Umfeld von Terroristen hatten. Ein Freund von mir hatte in den Achtzigern eine richtige Paranoia, weil er mal etwas mit einer Frau aus dem RAF-Unfeld hatte und seitdem ständig unauffällige Limousinen vor seiner Haustür sah...

An meiner Schule lehrte der Bruder von Gudrun Ensslin Chemie, ein etwas zauseliger schwäbischer Grüner, der es aufgrund seiner Verwandtschaft und seiner in kleinstädtischen Kreisen nicht sehr wohlgelittenen links-alternativen politischen Einstellung nicht sehr leicht hatte. Großes Getuschel erhob sich, als er einmal mit einem Chemie-Kurs auf dem Gelände einer chemischen Fabrik Bodenproben entnahm - natürlich ohne Genehmigung der Geschäftsführung. Es gab lange Artikel in der Lokalzeitung, denn es wurden diverse Schwermetalle im Erdreich nachgewiesen.
Saubere Aktion, das Ganze, aber im miefigen rheinisch-konservativen Klima, in dem schon zu Lebzeiten der CDU-Bürgermeisterin ein Kindergarten nach ebendieser benannt wurde, kam so etwas nicht gut an. Er bekam dann auch eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch und politischer Verführung Minderjähriger, oder so ähnlich.

pinkas
05.04.2001, 01:05
In meiner Nachbarschaft betreibt ein ehemaliger RAFler einen Bücherladen. Seine Schwester, die bei demselben Verein war, ist meine Vermieterin. Beide sind also leidlich prominent, doch unter eher heiklen Umständen. Auch ich kannte eine Ensslin, die trotz äusserst weitläufiger Verwandtschaft und zu der Gudruns diametral entgegengesetzter Erscheinung als Grundschülerin von der Lehrerschaft sehr übel behandelt wurde. Als Versippte sozusagen.

pinkas
05.04.2001, 01:06
O nein, es ist mir schon wieder passiert. wie peinlich.
(Beitrag wurde von pinkas am 04.04.2001 um 12:06 Uhr bearbeitet.)

Tex Rubinowitz
05.04.2001, 01:06
Pinkas, Du hast einen nervösen Finger, ich möchte in Deiner Hand keine Uzi sehen

pinkas
05.04.2001, 01:06
Unsere Vermieterin hat uns bei Ihrem Auszug lediglich einen praktischen englischen Teekessel und einen hübschen Kerzenleuchter überlassen. Damit komme ich gut zurecht.

fifo
11.06.2002, 23:11
Hanswasheiri meinte zwar, in der Schweiz gebe es keine Terroristen, aber das stimmt nicht ganz. In den Siebzigern gabs (neben anderen, z.B. den im Film "Do it!" porträtierten) die sogenannte Gruppe Bändlistrasse. Ich lernte mal einige dieser Leute kennen, sehr sympathische Leute übrigens, jedenfalls die meisten von ihnen. Damals hatten sie gerade beschlossen, keine krummen Dinger (Einbrüche in militärische Waffenlager, Sprengstoffattentate auf Polizeistationen - ohne Verletzte übrigens - und so...) mehr zu machen (na, fast keine), sondern sich unter die arbeitende Bevölkerung zu mischen, um diesen die Augen bezüglich der herrschenden Zustände zu öffnen. Fand ich gut, wollte ich auch. Und Geld verdienen auch. Liessen wir (alle langhaarig, mit bemalten Parkas und in - damals auch schon modischen aber nicht käuflichen - zerrissenen Jeans, sehr abenteuerlich aussehend) uns also von einer Gemüsefirma anheuern (es herrschte damals Mangel an Arbeitskräften), wo wir den ganzen Tag am Fliessband standen und Salat, Kartoffeln und Karotten rüsteten. Bald aber war es uns so langweilig, dass wir - d.h. die weniger politisch motivierten - begannen, Schnecken und Steine in die Plastiktüten mit dem fertig gerüsteten Salat zu legen und Karotten und Kartoffeln dergestalt zu schnitzen, dass sie Geschlechtsteilen ähnelten. Na, mehr als nur ähnelten. Dieses veredelte Gemüse ging dann an Restaurants und Supermärkte. Bald gabs Ärger. Wir flogen raus. Die tough guys, also eben die mit den Gefängnisstrafen, waren etwas sauer auf uns Hascher, die nur Blödsinn im Kopf hatten, aber letztlich fanden sies auch ganz lustig. Als sie sich dann zwecks Geldbeschaffung wieder weniger Legalem widmeten, verlor ich die Jungs aus den Augen (sag ich jetzt mal). Ah ja, die anderen Leute, die bei der Gemüsefirma arbeiteten, wollten sich übrigens weder in Diskussionen noch in Lohnkämpfe verwickeln lassen. Im Gegenteil, einer von denen - ich war unangenehmerweise mit ihm einst zur Schule gegangen, er war damals einer der bösesten Buben, folterte Mädchen im Keller mit Autobatterien, wie man munkelte - entpuppte sich als Jesus-Freak, und beinah wär es ihm gelungen, die Freundin eines der Tough guys zum Übertritt in seine Liga zu bewegen...

Amara
22.08.2002, 20:56
Na, es ist ja fast Freitag. Und noch eine kleine Geschichte.

Für meine Diplom-Arbeit traf ich mich öfters mit dem Leiter des Auslandsamt einer Berliner Universität. Es gab jedesmal Kaffee und Kekse. Die Gespräche waren gut und informativ.
Etwas später erfuhr ich aus der Zeitung, dass er verhaftet wurde. Er wird angeklagt wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation, den Revolutionären Zellen.
Die Berliner RZ wurden bekannt durch ihre Knieschüsse auf den Leiter der Westberliner Ausländerpolizei Hollenberg und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Korbmacher.

DREA
23.08.2002, 16:49
Deutscher Nachherbst. Bochum. Teile eine Altbauwohnung mit zwei Männern. Die haben mich quasi adoptiert, besteht doch die Gefahr, dass ich als früher Nestflüchter weder das Abitur, gesunde Leber noch eine aufrecht-linke Gesinnung auf die Reihe bekomme. Die Ersatzpapis und ihre wechselnden Frauen sind nicht wirklich erfreulich, aber immer noch besser als die Massen-WG, in der sich 12-26 Leute drängelten, die private Schlafräume verachteten.

Es muss so gegen 7 Uhr morgens sein, als ich auf Sturmschellen hin völlig verschlafen und unvollständig bekleidet zur Wohnungstür tapere. Die Herren des Hauses sind auf einem hochgeheimen Treffen irgendwo im niederländischen Grenzgebiet, ich bin also allein zuhaus.

Inzwischen hat man sich von Klingeln auf verschärftes Anklopfen verlegt. Mit einem genervten "Mann, willst Du die Tür eintreten oder was" öffne ich die Tür. Doch statt irgendeiner verlorenen Szene-Seele (die 'wir' quasi rund um die Uhr betreuen) drängen sich sechs uniformierte Polizisten und drei Zivile, darunter eine Frau, in die Diele.

Ein paar der morgentlichen Invasoren haben ihre Waffen gezogen, und so fühle ich mich für ein oder zwei Sekunden wie in einem schlechten Film, bis ganz reeller heftiger Schrecken über mich kommt: Beim Zurückweichen stolpere ich, verfange mich in dem umgeschlungenen Bettlaken und falle hin.

Vielleicht liegt es daran, dass mir mir die männlichen Eindringlinge auf die Brust und den grossen entblössten Rest starren, vielleicht ist es auch Vorschrift, jedenfalls nimmt mich die Beamtin fest beim Arm, zieht mich in X.'s Zimmer und fordert mich barsch zum Ankleiden auf. "Ziehen Sie sich was an, aber ein bisschen pötzlich! Da, nehmen Sie das..." RAZZIA also. Bis mein müder Kopf darauf kommt, nach einem Durchsuchungsbefehl zu fragen, haben sich die Staatsschützer bereits in allen Zimmern unserer schlampigen WG verteilt.

Erstaunlicherweise hat einer das nachgefragte amtliche Schreiben tatsächlich dabei. Offiziell sucht man nach einem RAFler, der bei uns wohl seinen letzten legalen Wohnsitz gemeldet hatte. Das muss zwar etliche Jahre her sein. Ich zumindest habe Herrn Raabe in dieser Wohnung nie getroffen. Aber sei's drum, meine Wohngenossen sind nun mal mehr oder minder bekannte Sympathisanten.

Entsprechend wortkarg sind meine Auskünfte. Hocke stur "kenn ich nicht, weiss ich nicht, hab ich nichts mit zu tun" murmelnd in dem viel zu grossen Bademantel, den mir die Kriminalpolizistin aufgezwungen hat, am Küchentisch. Trinke kalten Kakao und schaue zu, wie die Staatsschützer das übliche Durchsuchungschaos anrichten.

Beim eher unsystematisch wirkenden Verwüsten werden sie zusehens frustrierter. Weder finden sich schlimmere Waffen als Illen, noch schriftliche Hinweise darauf, dass dieser Haushalt terroristischere Vereinigungen als den Mieterschutzbund unterstützt.

Nach etwa 90 Minuten geben die Beamten auf, nicht ohne Döschen aus dem Gewürz/Teeregal zu beschlagnahmen, die angeblich Substanzen enthalten, die gegen das BTM-Gesetz verstossen. 'Wir' sind zwar ein wenig verbissen und zum Würgen dogmatisch, aber so blöd, Indizien für illegale Hilftätigkeiten ausgerechnet zuhause herum liegen zu lassen, nee so blöd sind wir nicht.

DonDahlmann
09.04.2004, 17:12
Unfassbar ungewuchtet.

Helsinki
05.03.2010, 17:59
Genau einmal im Jahr, zur Berlinale, kommt mein Cousin beruflich nach Berlin und wir treffen uns dann. Neuerdings wird er von einem Buchhalter begleitet. Letztens hat dieser Kollege nach unserem Verwandschaftsgrad gefragt und dann behauptet, wir wären gar keine Cousins. "Stimmt gar nicht", haben wir gesagt. "Klar sind wir Cousins. Und außerdem sind wir mit Gudrun Ensslin verwandt." Das ist uns plötzlich nämlich wieder eingefallen. Früher habe ich damit in gewissen Kreisen oft angegeben und schnell Eindruck schinden können. Der Verwandschaftsgrad ist noch abenteuerlicher, als zu meinem Cousin, aber das hat der Buchhalter nicht bemäkelt. Dazu interessierte ihn das Thema zu wenig.

Meine Oma hatte eine Schwester und einen Bruder. Die Schwester hatte einen Sohn, den Vater von meinem Cousin und der Bruder hatte auch einen Sohn und der ist mit einer Cousine von Gudrun Ensslin verheiratet. Meine Mutter war in den 60ern auf der Hochzeit von einer Schwester von Gudrun. Da wurde schon getuschelt, über das schwarze Schaf in Berlin, mit dem schlechten Umgang, die Richtung schiefe Bahn driftet.

In den mittleren 80ern haben wir mal die Familie besucht. Also jetzt die Familie von dem Sohn vom Bruder meiner Oma. Da haben wir auch in einem Fotoalbum geblättert. "Das ist Felix", wurde beim Foto von einem 15-jährigen erklärt. Der Sohn von Gudrun Ensslin. "Ich wußte gar nicht, daß wir mit Verbrechern verwand sind." habe ich damals gesagt. Später habe ich dann meine Einschätzung geändert und versucht, etwas Glam abzustauben. Details über die familäre Bindung habe ich natürlich ausgespart. Und die 40-jährigen Kiffer aus Iserlohn konnte ich als Abiturient 1989 damals schwer beeindrucken.

Lis
05.03.2010, 19:12
Was? Du kennst RAF-Leute der zweiten Generation? Richtige Moerder?
Und dass Helmut Berger Thomas Gottschalk nicht kennt,macht ihn ja noch liebenswuerdiger.
Ich habe so einen ewigen Lieblingstraum:
In ein Zimmer eingesperrt, sagen wir mal 72 Stunden oder so, von Kameras beobachtet: Helmut Berger, Klaus Kinski, Oskar Werner und Blixa Bargeld.

Tex macht mich fertig. 1998 bewarb ich mich mit dem Regiekonzept für ein Dramolette à la "Geschlossene Gesellschaft" am Reinhardt Seminar.
Personen: Klaus Kinski, Oskar Werner, Helmut Berger und Romy Schneider.
Kam prompt in die zweite Runde, sagte aber ab, da ich Trampel doch lieber Jura fertigstudieren und meinen Job nicht aufgeben wollte.

Alberto Balsam
06.03.2010, 20:29
aber warum Romy? In die Reihe der blasierten Vollidioten passt sie doch gar nicht. Meine Idee war ja, zu beobachten wie sich diese krankhaften Geltungssüchtler in ihrer Fassungslosigkeit über die Laborsituation gegenseitig versuchen auszuschalten

danijam
06.03.2010, 21:53
Romy etweder als Stimulus oder um das Laborwaschbecken durch ein Tennisracket zu sieben.

joq
06.03.2010, 22:09
Talk 2000 gesehen mit Schlingensief, Beate Uhse und Helmut Berger? Sternstunde.

joq
06.03.2010, 22:11
http://www.youtube.com/watch?v=hyyMuO1MQZ4

Edding Kaiser
09.03.2010, 08:35
Bei 1:02 ist für eine halbe Sekunde so ein blutjunger, sehr gut aussehender Typ im Bild in einem grünen T-Shirt, den würd ich ja gerne mal kennenlernen, mit dem kann man bestimmt total gut quatschen.

Murmel
09.03.2010, 10:42
Der Kerl, der da gerade ne SMS tippt oder sonstwas macht, aber nicht zuhört?

Lis
09.03.2010, 11:02
Himmel, in diesem Dramolett gabs natürlich auch eine Regisseurstimme aus dem OFF, da sich bei einer geraden Personenanzahl kein Drama entwickeln kann. Und an wen habe ich dabei gedacht?
Ihr seid mir unheimlich.

raumoberbayern
10.03.2010, 07:44
Beate Uhse? Bei gerader Teilnehmerzahl entwickeln sich die schönsten Dramen. Oder wie der Küchengeräteverkäufer auf der Auer Dult neulich gesagt hat: "Es gibt nur eines, was ein Leben lang hält. Das ist die Ehe".

Lis
10.03.2010, 11:28
Gehört eigentlich in den Mikro-Strang:
Am 3. Jänner d.J. sah ich Tobler vor dem Schauspielhaus stehen. Er konnte es aber nicht sein, da er auf Oberösterreichisch ins Handy sprach. Ich muss ihn ziemlich lange angestarrt und angegrinst haben. Er legte auf und und sprach mich an: "Goi, wir kennen uns?" Ich: "Nein, eher nicht, habe Sie nur verwechselt."
Ja, er wurde schon ein paar Mal mit einem Mann vom Theater verwechselt, einem Zürcher.
Einmal hätte ihn sogar Schlingensief auf die Ähnlichkeit hingewiesen.
Wir gingen spontan auf einen Kaffee, - und er stellte sich als Robert vor. Jener Robert, dem ich das Forum im Erste-Sätze-Strang verboten habe.
Der 'Neue' heißt auch so, hat aber in seinem Leben nur ca. drei Bücher gelesen.

Die Wucht
06.05.2023, 16:38
Das scheint mir ein würdiger Strang zu sein, um den Nachruf auf Burkhardt Seiler in der taz zu verlinken: https://taz.de/Nachruf-auf-Westberliner-Plattenhaendler/!5931471/ Persönlich bin ich ihm nie begegnet, kenne aber mindestens zwei, die das sehr wohl sind, häufig sogar. In meinem Kopf habe ich ihn mir über die vielen Anekdoten als Halbgott jeder mir bekannten und unbekannten Musikrichtung der westlichen Welt zusammenkonstruiert, der mich mit meinem Mainstream Musikgrschmack wahrscheinlich nicht Mal des Missionierens für würdig befunden hätte. Und von der neuen deutschen Welle fand ich all die falschen Bands toll. Aber: Ich war noch ein Kind!

Dass nun gerade heute, am coronation day von Charles und Camilla, wo ein Kreuz im Westminster Abbey hing mit "Orginalsplitter vom Orginalkreuz" und auf exakt ein solches hier im Strang zu stoßen - ich sag Mal: Fügung.

Ignaz Wrobel hatte bei der Kurvenstarlesung von Lottmann übrigens einen Kurzauftritt als Diedrich Diederichsen - dito: Fügung.