Juergen Broemmer
03.01.2001, 21:11
In geraffter Form mein ganzer Paparazzo-Werdegang
An Sonn- und Ferientagen liebten es meine Eltern Ausflüge in die nähere Umgebung zu unternehmen. Man steckte mich auf die Rückbank des lindgelben Opel Rekord und fuhr nahegelegene Ziele im Rheintal, im Pfälzer- oder auch Odenwald an. Bei solchen Fahrten kam es hin und wieder vor, dass Vater oder Mutter aus dem Autofenster in die Gegend wiesen und verkündeten: ãDa ist das Haus vom Konrad Adenauer.ä Oder: ãDa wohnt die Caterina Valente.ä Bis ich mich allerdings umgedreht hatte, waren die entsprechenden Anwesen leider meistens aus meinem Blickwinkel verschwunden. Meine Vorstellungen vom Wo und Wie der Prominentenwohnsitze blieben auf diese Weise natürlich verschwommen. Und so kam es, dass in meiner Phantasie sowohl der erste Bundeskanzler wie auch die berühmte Schlagersängerin Bungalows südländischer Bauart bewohnten, wie ich sie von meiner Maerklin Modell-Eisenbahn kannte und schätzte.
Mit dem ersten eigenen Wagen machte ich dann gerne sogenannte Spritztouren in fremde Städte und Laender. Auf einer Fahrt nach Holland musste an einer Autobahnraststätte im Rheinischen für kurzen Toilettenbesuch haltgemacht werden. Die sanitären Einrichtungen dieser Raststätte lagen unterirdisch, über eine fahl beleuchtete und von der Frühlingsnässe schlüpfrig gewordene Treppe erreichte man den übelriechenden Ort.
Auf meinem Weg zurück an die Oberfläche bemerkte ich einen beleibten grauhaarigen Herrn mit aschenbecherdicken Augengläsern, der sich vorsichtig die Stufen hinabtastete. Auch im Halbdunkel dieser unwirtlichen Stätte konnte man leicht erkennen, dass es sich bei der offensichtlich gehbehinderten Person um den zu jener Zeit hochbeliebten Fernsehkomiker Willy Millowitsch handelte. Millowitsch unterbrach seinen Abstieg für einen Moment, hielt sich am Treppengeländer fest und richtete einen scharfen Brillenblick auf mich. Selbstverständlich war ihm klar, dass ich ihn erkannt haben musste. Da mir seine Fernsehauftritte eher in unguter Erinnerung waren, beliess ich es bei einem gemurmelten ãGuten Tagä. Auf dem Weg zum Auto fiel mir dann auch noch ein Kleinbus ins Auge, auf dessen Seitenflächen der Schriftzug ãWilly Millowitschä in Schreibschrift aufgetragen war. Seltsamerweise entzückte die recht handlungsarme und eigentlich ereignislose Begegnung die mitreisenden Freunde. Noch etliche Autobahnkilometer befragten sie mich nach den nicht vorhandenen Einzelheiten dieses Zusammentreffens.
Jahre darauf verrichtete ich im Mannheimer kommunalen Kino ãCinema Quadratä allerlei Aushilfstätigkeiten. Zu den erfreulicheren Aktivitäten zählte dabei die Ausrichtung eines bunten Abends von und mit Alfred Edel, dem legendären Filmschauspieler.
Als ich ihn vom Zug abholte, durfte ich gleich seinen ziemlich schweren Koffer tragen. Ausserdem ãAlfredä und ãDuä zu ihm sagen. ãIst eh Wurschtä, meinte Alfred. Natürlich war es mir auch Ehrensache, ihn am folgenden Tag vom Hotel zurück zum Bahnhof zu begleiten. Im Zeitungskiosk wollte sich der berühmte Schauspieler noch mit Lektuere für die Fahrt zurück nach Frankfurt versorgen, während ich draussen sein Gepaeck bewachte. Kurz nachdem Alfred im Laden verschwunden war, zuppelte in meiner Nähe eine Frau ihren Mann wie wild am Jackenärmel.
Beide starrten angestrengt und mit zunehmender Aufregung ins Innere des Zeitschiftenladens. ãDas ist doch der, der ·ä, lag es der Frau auf der Zunge, und auch der Mann hatte sich nach anfänglichem Nichterkennen entschieden: ãJa, das ist er·ä, kam aber gleichfalls nicht auf den Namen.
Ich staunte und war gleichsam gerührt. Wie man sich in den Menschen täuschen konnte! Gewiss hatte ich einem harmlosen Mannheimer Ehepaar nicht zugetraut, den ehemaligen Îwissenschaftlichen Hilfsangestelltenâ und jetzigen Superstar des Neuen Deutschen Films, der mit Regisseuren wie Kluge, Straub und Schlingensief gedreht hatte, zu identifizieren. Vielleicht kannten sie ihn ja von den kleinen Nebenrollen, die er hin und wieder in Vorabendserien spielte, oder vielleicht gar von seinem Auftritt als betrügerischer Briefmarkenhändler in Eduard Zimmermanns ãVorsicht Falleä?
Gerade wollte ich also zu den sympathischen Menschen treten und ihnen eröffnen ãJa, ganz recht, Sie haben richtig gesehen, das ist der bekannte Schauspieler Alfred Edel aus Frankfurt, den ich hier gerade zum Zug begleiteä als eine andere Person mit der ãWelt am Sonntagä unterm Arm das Geschäft verliess. Beide Eheleute starrten nun mit unverhohlener Begeisterung auf die sich rasch entfernende Gestalt im grauen Ledermantel. Und nun war dem Mann auch der Name wieder eingefallen: ãJa, genau, das war der Fritz Walter, der 1954 die Weltmeisterschaft gewonnen hat.ä
An Sonn- und Ferientagen liebten es meine Eltern Ausflüge in die nähere Umgebung zu unternehmen. Man steckte mich auf die Rückbank des lindgelben Opel Rekord und fuhr nahegelegene Ziele im Rheintal, im Pfälzer- oder auch Odenwald an. Bei solchen Fahrten kam es hin und wieder vor, dass Vater oder Mutter aus dem Autofenster in die Gegend wiesen und verkündeten: ãDa ist das Haus vom Konrad Adenauer.ä Oder: ãDa wohnt die Caterina Valente.ä Bis ich mich allerdings umgedreht hatte, waren die entsprechenden Anwesen leider meistens aus meinem Blickwinkel verschwunden. Meine Vorstellungen vom Wo und Wie der Prominentenwohnsitze blieben auf diese Weise natürlich verschwommen. Und so kam es, dass in meiner Phantasie sowohl der erste Bundeskanzler wie auch die berühmte Schlagersängerin Bungalows südländischer Bauart bewohnten, wie ich sie von meiner Maerklin Modell-Eisenbahn kannte und schätzte.
Mit dem ersten eigenen Wagen machte ich dann gerne sogenannte Spritztouren in fremde Städte und Laender. Auf einer Fahrt nach Holland musste an einer Autobahnraststätte im Rheinischen für kurzen Toilettenbesuch haltgemacht werden. Die sanitären Einrichtungen dieser Raststätte lagen unterirdisch, über eine fahl beleuchtete und von der Frühlingsnässe schlüpfrig gewordene Treppe erreichte man den übelriechenden Ort.
Auf meinem Weg zurück an die Oberfläche bemerkte ich einen beleibten grauhaarigen Herrn mit aschenbecherdicken Augengläsern, der sich vorsichtig die Stufen hinabtastete. Auch im Halbdunkel dieser unwirtlichen Stätte konnte man leicht erkennen, dass es sich bei der offensichtlich gehbehinderten Person um den zu jener Zeit hochbeliebten Fernsehkomiker Willy Millowitsch handelte. Millowitsch unterbrach seinen Abstieg für einen Moment, hielt sich am Treppengeländer fest und richtete einen scharfen Brillenblick auf mich. Selbstverständlich war ihm klar, dass ich ihn erkannt haben musste. Da mir seine Fernsehauftritte eher in unguter Erinnerung waren, beliess ich es bei einem gemurmelten ãGuten Tagä. Auf dem Weg zum Auto fiel mir dann auch noch ein Kleinbus ins Auge, auf dessen Seitenflächen der Schriftzug ãWilly Millowitschä in Schreibschrift aufgetragen war. Seltsamerweise entzückte die recht handlungsarme und eigentlich ereignislose Begegnung die mitreisenden Freunde. Noch etliche Autobahnkilometer befragten sie mich nach den nicht vorhandenen Einzelheiten dieses Zusammentreffens.
Jahre darauf verrichtete ich im Mannheimer kommunalen Kino ãCinema Quadratä allerlei Aushilfstätigkeiten. Zu den erfreulicheren Aktivitäten zählte dabei die Ausrichtung eines bunten Abends von und mit Alfred Edel, dem legendären Filmschauspieler.
Als ich ihn vom Zug abholte, durfte ich gleich seinen ziemlich schweren Koffer tragen. Ausserdem ãAlfredä und ãDuä zu ihm sagen. ãIst eh Wurschtä, meinte Alfred. Natürlich war es mir auch Ehrensache, ihn am folgenden Tag vom Hotel zurück zum Bahnhof zu begleiten. Im Zeitungskiosk wollte sich der berühmte Schauspieler noch mit Lektuere für die Fahrt zurück nach Frankfurt versorgen, während ich draussen sein Gepaeck bewachte. Kurz nachdem Alfred im Laden verschwunden war, zuppelte in meiner Nähe eine Frau ihren Mann wie wild am Jackenärmel.
Beide starrten angestrengt und mit zunehmender Aufregung ins Innere des Zeitschiftenladens. ãDas ist doch der, der ·ä, lag es der Frau auf der Zunge, und auch der Mann hatte sich nach anfänglichem Nichterkennen entschieden: ãJa, das ist er·ä, kam aber gleichfalls nicht auf den Namen.
Ich staunte und war gleichsam gerührt. Wie man sich in den Menschen täuschen konnte! Gewiss hatte ich einem harmlosen Mannheimer Ehepaar nicht zugetraut, den ehemaligen Îwissenschaftlichen Hilfsangestelltenâ und jetzigen Superstar des Neuen Deutschen Films, der mit Regisseuren wie Kluge, Straub und Schlingensief gedreht hatte, zu identifizieren. Vielleicht kannten sie ihn ja von den kleinen Nebenrollen, die er hin und wieder in Vorabendserien spielte, oder vielleicht gar von seinem Auftritt als betrügerischer Briefmarkenhändler in Eduard Zimmermanns ãVorsicht Falleä?
Gerade wollte ich also zu den sympathischen Menschen treten und ihnen eröffnen ãJa, ganz recht, Sie haben richtig gesehen, das ist der bekannte Schauspieler Alfred Edel aus Frankfurt, den ich hier gerade zum Zug begleiteä als eine andere Person mit der ãWelt am Sonntagä unterm Arm das Geschäft verliess. Beide Eheleute starrten nun mit unverhohlener Begeisterung auf die sich rasch entfernende Gestalt im grauen Ledermantel. Und nun war dem Mann auch der Name wieder eingefallen: ãJa, genau, das war der Fritz Walter, der 1954 die Weltmeisterschaft gewonnen hat.ä